Stirnrunzelnd hakte sie einen Fu? unter der Sicherheitsschiene ein, die entlang der Konsole verlief. „Die Tatsache bleibt bestehen, da? wir auch Rechte haben, wie alle Menschen, eingeschlossen das Recht, dieses System wieder zu verlassen, wenn dies unser Wille ist. Es stimmt, wir kamen her, um zu handeln, weil wir dachten, Himmels Gurtel hatte Guter, die uns fehlen. Aber Sie haben nichts zu bieten. Und wir konnen es uns nicht leisten, unser Schiff und den Rest unseres Lebens fur nichts zu vergeuden. Morningside kann sich das nicht leisten. Wir haben ganz einfach nicht die Ressourcen fur eine solche Verschwendung.“
„Ich… gebe zu, wir haben Ihre Position nicht uberdacht…“ Er brach ab, da die Verlogenheit seiner Worte ihn verlegen machte. „Damit haben wir einen folgenschweren Fehler begangen. Aber wir gehoren nicht zu den Ringbewohnern, wir wollen nicht einfach nur Ihr Schiff. Wir wollen Ihre Zusammenarbeit. Vielleicht haben wir immer noch etwas, was Sie gebrauchen konnen. Es mu?te ja auch nicht fur immer sein. Die Verwendung Ihres Schiffes, seines Reaktors und seines Frachtraums, sagen wir, hundertfunfzig Megaseks lang. Wir wurden einen ehrlichen Handel mit Ihnen abschlie?en.“ Aber der Teil von ihm, der MacWong in Frage gestellt hatte, fragte nun selbst:
Der Kapitan bewegte sich rastlos. „Das glaube ich nicht. Was ich bisher gesehen habe, zeigte mir, da? ich mich nicht auf das Demarchy verlassen kann. Ihr konnt euch nicht mal gegenseitig aufeinander verlassen. Und selbst wenn es Ihnen mit jedem Wort ernst war, wird jemand anders kommen und uns angreifen… Ich bin nicht blind, Abdhiamal, ich kann sehen, was hier geschehen ist, und ich wei?, es stimmt, da? ihr Hilfe benotigt. Wenn ich nur ein Zeichen hatte, das mir beweist, da? wenigstens das Demarchy unser Vertrauen wert ist. Aber das habe ich nicht. Wir konnen Ihnen nicht helfen; Ihre Leute wurden es nicht zulassen. Unmoglich.“
„Kapitan, ich…“
„Damit ist das Thema erledigt.“ Etwas in ihrer Stimme verriet ihm, da? das Thema tatsachlich erledigt war. Mi?trauen allein konnte allerdings nicht der Grund sein — die Sache ging tiefer.
Verstandnislos konnte er nur nicken, Mudigkeit und Entbehrung lie?en ihn sich geschlagen geben. „Bis zu welchem Ende mu? ich mich demnach als Ihr Gefangener betrachten?“
Ihr Blick umwolkte sich. „Das wei? ich nicht. Bis zu dem Ende, das uns bevorsteht, im Guten oder Bosen… wir stehen auch in Ihrer Schuld, Abdhiamal. Sie haben uns aus einer fast ausweglosen Situation herausgeholfen. Zwar unwissentlich, aber immerhin. Ich werde versuchen, zu Ihnen fair zu sein. Wenn wir den benotigten Wasserstoff bekommen, werden wir einen Weg finden, Sie wieder zuruck zum Demarchy zu bringen, bevor wir das System verlassen. Ihr Aufenthalt bei uns wird nur… begrenzt sein.“ Einen Augenblick lang betrachtete sie ihn auf seltsame Art, dann wandte sie sich ab und griff nach dem Arm des alten Mannes. „O Gott, Pappy, ich bin so mude.
Und so froh, wieder hier zu sein.“ Er zog sie nahe zu sich, hielt sie fest, bis sie sich von selbst wieder befreite und ihn zartlich ku?te.
Der alte Mann sah den Kapitan an, und sie schuttelte den Kopf. „Spielt keine Rolle, er wird es ohnehin fruher oder spater herausfinden.“ Ihre Hand deutete zum Schirm, ballte sich plotzlich zur Faust. „Sie sind alle bei Diskus gestorben. Und dorthin kehren wir jetzt zuruck. Pappy, du kannst den Kurs nach Diskus programmieren. Wir durfen es nicht langer riskieren hierzubleiben. Wir werden uns vom Ringvolk nehmen, was wir brauchen, Abdhiamal, egal auf welche Weise, und es wird mir ein verdammtes Vergnugen sein.“ Bevor sie sich an Shadow Jack und das Madchen wandte, warf sie ihm noch einen feindseligen Blick zu. „Ich bringe uns so schnell wie moglich weg von hier. Ich will sichergehen, da? uns das Demarchy nicht einholen kann. Wir werden funf oder sechs Tage mit einem Grav beschleunigen, das wird uns schnell genug nach Diskus bringen.“
„Es wird sich lohnen.“ Shadow Jack lie? seine Knochel knacken. Der Mund des Madchens wurde zu einer dunnen Linie. Sie nickte. Sie ging naher zu Shadow Jack und streichelte zartlich seinen Arm. Er sah zornig auf ihre Hand, entzog sich ihr aber nicht.
„Durstig?“ fragte sie. Er richtete sich aus seiner zusammengesackten Schwebehaltung auf, lachelte unvermittelt und wischte sich mit der Hand uber den Mund. „Ja.“ Er stie? sich von der Wand ab, und sie verlie?en den Raum.
Der alte Mann war in seinem Sessel angeschnallt und arbeitete an der Konsole. Der Kapitan erhob sich in die Luft, um einen Bleistift und eine undefinierbare Metallrohre zu holen. Sie schob die Katze in ein Fach in der Wand.
„Kapitan…“
Sie driftete wieder zur Konsole zuruck. „Was?“
„Ich ersuche um Erlaubnis, Ihre Funkanlage benutzen zu durfen.“
„Abgelehnt.“ Sie erreichte einen Sessel, zog sich hinein.
„Aber ich mu?…“
„Abgelehnt.“ Sie wandte ihm den Rucken zu und begann zu arbeiten, womit sie ihm das Wort abschnitt. Er wartete und betrachtete die geschmacklose Kombination von hellblauen Wanden und einem grunen Teppich. Da bemerkte er einen etwas dunkleren Streifen an der Wand, daneben einen Pfeil mit der Aufschrift ABWARTS.
„Die
„Sind drin. Ich bin bereit.“
„Gut. Start in… drei?ig Sekunden. Fu?e auf den Boden. Das gilt fur alle!“ Die letzten Worte hatte sie uber Interkom gesprochen, sie hallten gespenstisch durch das leere Schiff. Wadie sah ihre Hande ein paar Tasten an der Konsole drucken, er fuhlte fast gleichzeitig, wie sich die vertraute Hand der Gravitation auf seine Schultern senkte. Und immer fester zupackte. Er beruhrte den Boden, der Druck auf seine Beine uberschritt den Punkt der Vertrautheit, den der Behaglichkeit. Er umklammerte eine Strebe und erinnerte sich plotzlich an drei?ig Sekunden mit einem Grav auf einem Ringerschiff, dann wurde ihm klar, wie es die nachsten funfhunderttausend Sekunden sein wurde. Schmerz verkrampfte seine Muskeln, die blaue Wand fullte sein ganzes Sichtfeld aus. ABWARTS… Seine Hand umklammerte die Strebe fester, er blieb stehen und erduldete den Schmerz, ignorierte sein Herz, das wie wild gegen seine Rippen zu pochen schien.
Er stand — und bewegte sich unsicher von der Wand weg, wahrend der Druck, der an ihm zerrte, sich manifestierte. Benommenheit lie? ihn schwanken, doch er kontrollierte sie. Als der Kapitan und der alte Mann sich erhoben, balancierte er wie auf rohen Eiern durch den Raum. Sie betrachteten ihn erwartungsvoll. Die Katze kam durch eine kleine Plastiktur herein und umkreiste seine Beine. Sie leckte seinen Stiefel hingebungsvoll mit ihrer rauhen Zunge. Er uberkreuzte die Arme, sah hinab, dann wieder zuruck zu den beiden. Er lachelte nichtssagend.
Der Kapitan wandte sich um und verlie? den Raum. Die Katze sprang hinter ihr her, ihr Schwanz wehte hinterher wie eine Flagge.
„Abdhiamal, so hei?en Sie doch?“ Der alte Mann kam zu ihm heruber und streckte ihm seine Hand hin. „Ich bin Welkin, Navigator an Bord der
Wadie nickte und schuttelte die Hand, fragte sich nebenbei fluchtig, aus welchem Grund sie ihm dargeboten wurde. Wie er bemerkte, glanzten auch an Welkins Hand Ringe, wie an der Berthas. Sein Griff war stark und fest… Der alte Mann mu?te zah sein, wenn er ein Grav — zehn Meter pro Sekunde im Quadrat —, die Schwerkraft der Alten Erde, so ohne weiteres ertragen konnte. So also war es gewesen, auf der Erde zu leben.
Von unten war ein dumpfer Schlag zu horen, gefolgt von Shadow Jacks Fluch: „Zum Teufel!“
Ranger (Im Transit, Demarchy nach Diskus)
+ 2,25 Megasekunden
Funfzig Kilosekunden spater kletterte Wadie den verlassenen Leiterschacht hoch, einen Schritt, dann noch einen, er wollte kriechen und wu?te genau, es war niemand da, der es hatte sehen konnen, doch er wollte wenigstens uber etwas die Kontrolle behalten — und wenn auch nur uber seine eigene Wurde. Er hatte die