„Ihr Volk und meines, wir alle stammen von derselben Alten Welt ab. Zu Beginn bedeuteten Yin und Yang uns nicht viel. Damals hatten wir eine Menge Symbole, die uns trennten. Heute brauchen wir nur noch dieses eine.“

Yin und Yang und die Wikingerkonigin…“ murmelte Abdhiamal. Sein Lacheln wurde reuevoll. „Und Wadie im Wunderland. Warum gab es mehr Manner als Frauen in Ihrer… Familie?“

Weil es so einfach besser funktionierte. Fast ware Clewell mit der Wahrheit herausgeruckt. Doch er uberlegte es sich. „Mein Sohn, wenn Sie mich fragen, weshalb eine Ehe mehr Manner als Frauen benotigt, dann sind Sie noch junger, als ich Sie eingeschatzt hatte.“ Er grinste. „Und es ist nicht etwa deshalb, weil ich langsamer werde.“

Abdhiamal wich zuruck, Unglaube zerstorte seine ausdruckslose Maske. Er hielt ihm das Armband wieder hin.

Clewell schuttelte den Kopf. „Behalten Sie es. Tragen Sie es. Denken Sie daruber nach, wenn Sie sich fragen, warum wir Fremde fur Sie sind.“

Bertha betrat wieder den Kontrollraum. Shadow Jack und Rusty lagen immer noch Kopf an Kopf auf dem grasgrunen Teppich. Sie ging lautlos an ihnen vorbei, setzte sich an die Kontrollkonsole und fokussierte Diskus ins Bild, ein winziges, silbernes Punktchen von der Gro?e eines Daumennagels. Das allein zahlte jetzt, sonst nichts. Sie wurde dieses Schiff nach Hause bringen, dieses Mal wurden sie Erfolg haben. Niemand durfte sich ihren Zielen entgegenstellen, kein Mann, tot oder lebend, keine Erinnerung…

Ihre verletzte Hand brannte. Sie pre?te sie gegen die kalte Konsole, wo sie eine Blutspur hinterlie?. Ihr Verstand wanderte uber dreieinhalb Lichtjahre und eine halbe Lebensspanne zuruck zu einem Fabrikhof an der Nachtgrenze, wo sie ihre Hand an hei?em Metall verbrannt hatte, als sie dabei zusah, wie ein Traum Wirklichkeit wurde. Sie war nach drau?en gegangen, um zu sehen, wie ihre ersten Entwurfe zu Gegenstanden geworden waren, die auf dem Forderband vorbeiglitten, silbern schimmernd im blendenden Licht der ewigen Nachmittagssonne und unglaublich schon. Sie war im dritten Viertel ihres zwanzigsten Jahres, gerade zuruck vom Eisterminator. Der goldene Hitzeregen, die erhitzte Luft, die uber die Ebenen strich, die Grenze zur vollkommenen Einsamkeit direkt vor der Tur, und dann war da noch ein ganz bestimmter Student… Sie wartete, bis er neben ihr stand, um ihr zu sagen, wie schon ihre Entwurfe waren. Und dann, — rauhe Handschuhe umklammerten ihre blo?en Arme — fragte er sie: „He, Schneevogelchen, willst du etwa erblinden?“ Sie sah Eric van Helsings sonnengebrauntes Gesicht, das ihr durch die Schutzscheibe des Helmes zulachte, wahrend sie sich an den Aufschlagen seiner groben Jacke festhielt. „Sie sagen immer, Ingenieure seien zu empfindlich, um es lange in der Sonne aushalten zu konnen. Du gehst besser wieder hinein.“

„Fur einen Soziologen hast du verdammt wenig uber Motivation gelernt, Eric van Helsing.“ Zornig, weil er alles ruiniert hatte — und weil sie wie eine Narrin auf ihn gewartet hatte —, ri? sie sich los und rannte fast uber den endlosen Schotterhof, um von der Hitze in die kuhle Zuflucht im Innern des nachstgelegenen Gebaudes entkommen zu konnen. Dort blieb sie still stehen, kampfte ihre aufsteigenden Tranen nieder und horte, wie er hinter ihr durch die Tur kam.

Du bist der Regen, meiner Liebe su?es Wasser, Das durch die Wusten meines Lebens flie?t…

Jemand betrat den Raum, Bertha nahm den Geruch von Apfeln wahr. Sie hielt Ausschau nach Claires glattem, rundem Mondgesicht… und sah Bird Alyn, durr, braun und ungeschickt in der hohen Schwerkraft, eine Dryade in einem rosafarbenen Pullover und Blue Jeans, Blumen im Haar… Bird Alyn, die sich gegenwartig um die Hydroponik kummerte, nicht Claire.

Shadow Jack rakelte sich, als Bird Alyn sich neben ihm auf den Teppich sinken lie?, ihre Pfirsichwangen schimmerten rosenrot. Bertha wandte sich wieder dem Schirm zu, sie verbarg ihr Lacheln.

„…mochtest du ein paar Apfel?“

„Oh, danke, Bird Alyn.“ Er lachte selbstbewu?t. „Du denkst immer an mich.“

Sie murmelte fragend etwas.

„Was ist los mit dir? Nein! Wie oft mu? ich dir das noch sagen? Geh raus hier, la? mich allein!“

Schmerz zog Berthas Magen zusammen. Sie horte, wie Bird Alyn sich aufraffte und weglief. Auf der Turschwelle stolperte sie. Bertha drehte den Sitz und starrte Shadow Jack an, der ihren Blick erwiderte, wahrend er sich aufrichtete.

„Vielleicht geht es mich nichts an, Shadow Jack, aber was, zum Teufel, ist mit dir los?“

„Nichts ist mit mir los! Glaubst du denn, jeder mu?te so wie ihr sein? Das stimmt nicht, ihr seid ein verdammter, perverser Haufen!“ Seine Stimme bebte. „Ihr macht mich krank.“ Er sturmte aus dem Raum. Bertha konnte horen, wie er mit raschen Schritten die Treppe hinabeilte.

Bertha blieb still sitzen und umklammerte mit den Handen die Lehne des Sessels. Sie fragte sich, woher sie die Kraft zum Aufstehen nehmen sollte… Rusty schmiegte sich schnurrend an ihre Beine. Mit steifen Bewegungen griff sie hinab und hob die Katze in ihren Scho? und hoffte auf den Augenblick, an dem Himmel nur noch ein verlorener Stern am unerme?lichen Firmament sein wurde. „Rusty, du bist die einzige, auf die ich im Augenblick noch zahle. Was ware ich ohne dich?“ Rustys winzige, rauhe Zunge ku?te zweimal kurz ihre Handflachen, eine versohnliche Geste. „O Rusty“, flusterte sie, „du stempelst uns alle zu verachtenswurdigen Toren.“ Langsam erhob Bertha sich und betrachtete den verlassenen Raum.

Schatten huschten gerauschlos uber die Fliesen, die feucht und grun waren wie das Wasser des Traummeeres. Bird Alyn schluchzte lautlos auf den hexagonalen Platten, von den herabhangenden Fingern eines Farns liebkost. „… nicht fair, das ist einfach nicht fair…“ Ihre Liebe war eine einzige Folter, da sie sich nur von Traumen nahren konnte. Er beruhrte sie niemals, strich ihr niemals uber das Haar… liebte sie niemals, und doch konnte sie auch nicht aufhoren, nach seiner Liebe zu dursten.

Sie horte, wie er das Labor betrat, und das Schluchzen blieb ihr in der Kehle stecken. Sie richtete sich mit geschlossenen Augen auf, salzige Tranen tropften ihr vom Kinn herab.

„Nicht weinen, Bird Alyn. Das vergeudet Wasser.“ Shadow Jack stand vor ihr, die Hande in die Seite gestemmt, und betrachtete ihr tranenverschmiertes Gesicht.

Sie offnete die Augen und sah ihn durch tranenbenetzte Wimpern an, fuhlte noch mehr Tranen in sich aufwallen. „Wir haben… genugend Wasser, Shadow Jack.“ Elend und Schmerz schnurte ihr fast den Atem ab. „Wir sind nicht auf Lansing. Hier ist alles anders.“

Seine Augen verneinten dies. Er runzelte die Stirn, sagte aber nichts.

Sie wandte sich von ihm ab. „Aber ich bin nicht… ich wei?, ich bin gewi? nicht… Warum mu?te mir das passieren? Warum bin ich so ha?lich, wo ich dich doch so liebe?“

Er lie? sich neben sie auf die Bank fallen und zog ihre Hande, eine verkruppelt und eine perfekt, weg von ihrem Gesicht. „Bird Alyn, das bist du nicht! Du bist nicht… du bist wunderschon.“ Sie sah ihr Spiegelbild in seinen Augen, das ihr verriet, da? er die Wahrheit sprach. „Aber… du kannst mich nicht lieben.“

„Ich kann nichts dafur… wie soll ich es denn andern?“ Sie fuhr ihm mit ihren nassen Fingern uber das Gesicht. „Ich liebe dich.“

Er umklammerte sie rauh, schlo? seinen Griff hinter ihrem Rucken und zog sie fest an sich. Sie strampelte uberrascht, doch sein Mund beendete ihr Weinen und dann auch ihre hilflosen Bewegungen. „… liebe dich, Bird Alyn… fur immer und ewig… wei?t du das denn nicht?“

Ihre ausgebreiteten Arme umklammerten seine Schultern, zogen ihn tiefer in ihren Traum, Freude erfullte sie wie ein Lied…

La? mich erbluhend zu dir eilen, La? meinen Durst mich bei dir stillen…
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