Bird Alyn starrte den Schirm an und murmelte etwas Unverstandliches.
„Was?“
„…wei? es nicht… sagte… glaubt nicht, ertragen zu konnen, wie…“ Sie zuckte die Achseln. Statische Storgerausche wurden laut, als sie den Empfanger einschaltete. Urplotzlich wurde die Statik von Worten abgelost. Bird Alyn justierte die Kontrollen, woraufhin die Worte lauter wurden. „Hier…“
„Was senden sie?“
„Ich glaube, sie unterhalten sich mit einem Schiff, einem Tanker. Ich horte das Wort ,Wasserstoff’.“
„Gut. Dann werden wir sie jetzt ziemlich unsanft unterbrechen.“ Der Kapitan griff nach dem Sendeknopf. „Und sie wissen auch ganz bestimmt, wer wir sind, Abdhiamal?“
„Da bin ich mir sicher. Sogar die Ringbewohner durften mittlerweile mitbekommen haben, was mit diesem Schiff passiert ist. Und wenn ihre Propaganda so extrem ist wie immer, dann werden sie in Ihnen eine wahre Schlachterin sehen. Man wird ihre Drohung… respektieren.“
„Ausgezeichnet.“ Sie befeuchtete ihre Lippen und druckte den Knopf. „Schnee-der-Errettung, Schnee-der- Errettung, bitte kommen…“
Der Lautsprecher schrillte laut auf. Bird Alyn ri? den Kopfhorer herunter.
„Wer ist da? Zum Teufel, verschwinden Sie von dieser Frequenz! Wir mussen hier die Verschiffung verschiedener Waren uberwachen! Wollen Sie…“
Die Hand des Kapitans auf dem Knopf unterbrach seinen Wortschwall. „Sagen Sie ihnen, sie sollen aufhoren. Wir haben etwas Wichtigeres zu sagen.“
„Wer spricht?“
„Hier ist…“ — sie zogerte — das Schiff, das von Ihrer Flotte vor zwei Megasekunden angegriffen wurde… das Schiff von
Keine Antwort.
„Sie haben sie beeindruckt.“ Wadie lachelte humorlos.
Nun kam eine andere Stimme durch, eine Stimme, die ihm seltsam vertraut war und die den Tanker in einen Warteorbit beorderte. Welkin griff an Bird Alyns Schulter vorbei zum Funkpult, woraufhin auf dem Bildschirm ein neues Segment in einem Blizzard statischen Schnees aufwallte. „Wir empfangen jetzt Breitband.“ Er druckte mehrere Tasten an der Konsole, und plotzlich zeigte der Schirm ein verzerrtes Dreifachbild. Er gab eine Korrektur ein, wonach sich ein einzelnes Schwarzwei?bild neu formierte. Sie sahen ein kantiges Gesicht, das hinter einer dunnen, runden Drahtbrille hervorsah: ein Mann in mittleren Jahren in einer schweren Jacke mit einer pomposen Schirmmutze. „Wir senden jetzt ganz respektabel“, sagte Welkin. Der Kapitan nickte, sie schien sich voll auf die Fingerfertigkeit des alten Mannes zu verlassen.
„Was wollen Sie hier?“ Zu der vertrauten Stimme gesellte sich ein vertrautes Gesicht, das Zorn oder Furcht verzerrte.
Ihr Gesicht verhartete sich, bis er den Blick abwandte. „Wir wollen tausend Tonnen verarbeiteten Wasserstoff, die mit einem Traktorstrahl, dessen Koordinaten ich Ihnen angebe, zu unserem Schiff gesandt werden. Weigern Sie sich, so werde ich mit meinem Schiff Ihre Destille zerstoren, und Sie werden alle sterben.“ Die harten Worte schienen ihr leicht uber die Lippen zu kommen. Wadie war uberrascht.
Er sah, wie ihre Gesichter sich veranderten; die der beiden Fremden im Hintergrund zeigten echte Anzeichen von Furcht. Nakamore versteifte sich, und er schwebte etwas aus dem Bereich des Schirms.
„Sie werden uns nicht zerstoren. Dann wurde sogar das Demarchy Ihren Tod wollen.“
„Wir sind nicht aus diesem System — ihr bedeutet uns nichts. Auch das Demarchy nicht. Ich hoffe, ihr geht alle zum Teufel fur das, was ihr uns angetan habt. Aber Schnee-der-Errettung wird ganz sicher zuerst dorthin gehen, wenn Sie meinen Befehlen nicht gehorchen.“
„… sie meinen es ernst…“, sagte eine leise Stimme im Hintergrund. Nakamore wandte sich abrupt weg und schaltete den Ton ab. Er unterhielt sich mit den anderen, deren Augen immer noch furchtsam in den Schirm blinzelten. Ihr Atem kondensierte beim Sprechen in der kalten Luft. Nakamore wandte sich wieder der Konsole unter ihm zu, die nicht zu sehen war, und schaltete den Ton ein. „Wir haben keine tausend Tonnen Wasserstoff parat. So viel hatten wir noch nie, und wir bereiten gerade eine gro?e Schiffsladung vor.“
Wadie schuttelte den Kopf. „Sie lassen ihre Vorrate niemals so weit absinken. Der Aussto? liegt bei nahezu dreitausend Tonnen pro Megasekunde, und sie haben mindestens das Vierfache in Reserve, sollte die Destille einmal repariert und stillgelegt werden mussen.“
Der Kapitan drehte sich zu ihm und schaltete nun ihrerseits den Ton ab. „Sind Sie so vertraut mit ihrer Produktionsweise?“
Er nickte. „Wie ich schon sagte — ich habe fast funfzig Millionen Sekunden dort unten verbracht. Ich habe gesehen, wie die Destille zusammengebaut und in Betrieb genommen wurde. Ich kenne ihre Kapazitat. Und ich wei?, was fur ein Mann…“ Er erinnerte sich an Djem Nakamores Gesicht, den roten, kahlen Schadel, erinnerte sich an das amusierte Gesicht von Djems Halbbruder Raul. Er horte das Zischen, als Kondenswasser von der Decke auf die rotgluhende Ofenplatte tropfte, wahrend er wartete, bis Djem langsam seinen nachsten Zug ausgedacht hatte, der ihn der hundertsten, wenn nicht gar tausendsten verlorenen Schachpartie gegen Wadie Abdhiamal wieder etwas naher bringen wurde. Storrisch, belehrend und phantasielos… aufrichtig, rechtschaffen und hingebungsvoll mit seiner Aufgabe verbunden. Kein Gegner, wie Djem selbst ihm wieder und wieder versichert hatte, fur Wadie mit seinem klaren, prazisen Verstand — aber er konnte es einfach nicht lassen, halsstarrig immer wieder zu versuchen, ein Spiel fur sich zu entscheiden. Wadie richtete die Ohrenschutzer seiner dicken Mutze und griff nach seiner Konigin.
Der Kapitan runzelte leicht die Stirn, dann wandte sie sich wieder Nakamore zu. „Das akzeptiere ich nicht. Sie haben funfundzwanzigtausend Sekunden Zeit, uns den Wasserstoff zu liefern, dann werden Sie vernichtet.“
„Das ist unmoglich…! Wir brauchen mindestens hunderttausend Sekunden dafur.“
„Das ist eine Luge“, sagte Wadie leise und schuttelte wieder den Kopf. „Er will Zeit gewinnen. Die Gro?e Harmonie hat genugend Kriegsschiffe in diesem Sektor stationiert; er hofft wahrscheinlich darauf, da? ein paar Einheiten rechtzeitig hier eintreffen konnen.“
Sie nickte. „Sie haben funfundzwanzig Kilosekunden Zeit“, sagte sie gnadenlos. „Ich wei?, Sie haben einen leistungsstarken Linearbeschleuniger dort unten. Setzen Sie ihn ein. Ich will keine bemannten Fahrzeuge in unserer Nahe sehen. Notieren Sie die Koordinaten…“ Sie sprach jede Zahl langsam und deutlich aus.
Nachdem sie fertig war, sah Nakamore an ihr vorbei, wutend und geschlagen, doch davon zeigte sein Gesicht wenig. „Gibst du dort die Anweisungen, Wadie?“
Wadie schwebte starr, bewegungslos… sprachlos. Schlie?lich stie? er sich in Nakamores Blickfeld. „Ja, Djem, ich bin’s.“
„Wir haben die Debatten des Demarchy empfangen… wie man dich zum Gesetzlosen erklart hat. Ich dachte, vielleicht…“ Nakamores Gesicht zeigte den zornigen Ausdruck eines Mannes, dem Loyalitat uber alles geht und der eben die schmerzliche Erfahrung hatte machen mussen, von einem Freund betrogen worden zu sein. „Wir waren Narren, nicht zu erkennen, was du und deine… Au?erirdischen versuchen wurden. Warum willst du dich mit tausend Tonnen Wasserstoff zufriedengeben? Warum nimmst du nicht alles?“
„Wir benotigen nur tausend Tonnen, Djem. Und die brauchen wir dringend, sonst wurde ich dir das nicht antun.“ Ohne sie war das Raumschiff gefangen, leichte Beute fur den erstbesten, der es nehmen konnte. Und dann waren die Gro?e Harmonie, das Demarchy und alle anderen die Beute, und die Drohungen keine Bluffs mehr. So war es am besten, es war die einzig vernunftige Entscheidung, die er treffen konnte. „Wenn er nur Djem“, begann er, „ich…“ Aber die Worte kamen ihm nicht uber die Lippen.
Nakamore wartete, seine schwarzen Augen sahen ihn gnadenlos an. Schlie?lich beugte er sich nach vorn und griff nach dem unsichtbaren Pult. „Verrater!“ Sein Gesicht verschwand und mit ihm die letzte Chance auf Asyl fur einen Verbannten. Diskus fullte den Schirm aus.
Der Kapitan starrte wie gebannt auf den Schirm, die Lippen zusammengekniffen, eine zerbrechliche,