goldene Figurine. Welkin sah mitleidig zu Wadie, sagte aber nichts und ersparte ihm so die Peinlichkeit, ihn auf eine geistreiche Antwort, die ihm nicht uber die Lippen gekommen ware, warten zu lassen.
„… glaubst du, sie werden es tun?“ Bird Alyn zupfte am losen Ende ihres Gurtels. „Und wenn sie es nicht tun?“
„Sie werden.“ Er hatte seine Stimme wiedergefunden — und sein inneres Gleichgewicht. „In funfzig Millionen Sekunden hat Djem Nakamore keine einzige Partie Schach gegen mich gewonnen.“
„Du warst perfekt, Bertha.“ Welkin wandte sich wieder von ihm ab, seine alten Augen suchten den Blick Berthas, die den Kopf gesenkt hatte. „Eric hatte es nicht uberzeugender machen konnen.“
„Wenn Eric noch am Leben ware, hatte er das uberhaupt nicht getan.“
Wadie nickte erleichtert. „Ich habe fast selbst geglaubt, Sie wurden jedes Wort ernst meinen.“
Sie zundete ein Streichholz an. „Wie kommen Sie darauf, da? dies nicht der Fall ist, Abdhiamal?“ Sie entzundete den Tabak in ihrer Pfeife und starrte ihn mit demselben harten Blick an, der schon Schnee-der- Errettung in die Knie gezwungen hatte. „Was haben die Ringbewohner denn uns alles angetan?“
„In der Tat.“ Er verbeugte sich grimmig. „Ich habe meine Lektion gelernt — ich werde nie mehr etwas Schlechtes uber einen Ingenieur sagen.“ Er stie? sich zur Tur ab.
Bertha sah ihm nach, wie er die Treppe hinunterhangelte. In ihr war eine Kalte, die die entschuldigenden Worte, die ihr auf der Zunge lagen, ungesagt bleiben lie?.
„Bertha… wurdest du… willst du die Destille wirklich… zerstoren?“ flusterte Bird Alyn unglucklich.
Bertha sah ihr entsetztes, furchtsames Gesicht. „Nein, naturlich nicht, Bird Alyn, das wurde ich nicht tun. Ich bin nicht wirklich eine… eine Schlachterin.“
Bird Alyn nickte, blinzelte und manovrierte ruckwarts zur Tur.
Clewell rieb sich den Bart. „Warum verhaltst du dich dann so, Bertha? Das war auch fur mich ein wenig zu uberzeugend. Oder ist es kein Schauspiel mehr?“
Scham lie? ihr Gesicht gluhen und vertrieb die Kalte aus ihr. „Das wei?t du genau, Pappy! Aber dieser verdammte Abdhiamal…“
Clewell loste seinen Sicherheitsgurt und hob den Kopf ein wenig. „Er ist kein so ubler Kerl… fur einen ,verdammten Gecken’. Er hat sich unter einem Grav verdammt gut gehalten… bei allem, was ihm zugemutet wurde.“ Was bedeutete, da? sie ihm seine Lage nicht gerade vereinfacht hatte.
„Er ist eine Null. Er hatte nur Gluck, da? er sich nicht selbst verkruppelt hat.“ Sie sah zornerfullt weg.
„Er ist ein stolzer Mann, Bertha. Er selbst wird es vielleicht nicht so nennen… aber jeder, der aufrecht stehen und lacheln kann, wahrend die Gravitation ihn fast in Stucke rei?t — und seine Loyalitat obendrein —, hat meine aufrichtigste Bewunderung. In gewisser Weise erinnert er mich an…“
„Er ist nicht wie Eric!“
Er hob eine Braue. „Das wollte ich nicht sagen. Er erinnert mich an dich.“ Er hielt eine Hand hoch, um ihre protestierende Bemerkung abzublocken. „Aber jetzt, da du es erwahnst… er hat tatsachlich so etwas an sich, vielleicht seine Art, etwas an seinem Au?eren. Vielleicht liegt es daran, da? ich ihn gegen meinen Willen mag. Vielleicht macht dir das so sehr zu schaffen. Denn irgendwas macht dir zu schaffen.“
„Oh, Pappy…“ Sie hob eine Hand und pre?te ihre Ringe gegen den Mund. „Es stimmt. Immer wenn ich ihn ansehe, wenn er irgend etwas macht… erinnert er mich… Aber er ist
Er streichelte ihr glattes, schwebendes Haar. „Ich wei? es nicht. Ich kenne die Antwort nicht, Bertha.“ Er seufzte. „Ich wei? nicht, warum sie immer behaupten, betagte Haupter seien weise. Betagt sein ist nur ein anderer Ausdruck fur alt sein.“
Shadow Jack bewegte sich ruhelos. Er war in dem zu einsamen Zimmer gefangen, in dem er schlief und in dem er vom Geist eines Fremden verfolgt wurde. Bucher uber Okonomie, ein sinnloser Gedichtband, ein handgestrickter Pullover, der in der Luft schwebte — die Gegenwart eines Toten war in allen Schubladen, in allen unordentlichen Ecken und Winkeln zu spuren. Rusty klammerte sich an seine Schulter, ihr bereitwilliges Akzeptieren linderte die Schmach seines Exils. Er streichelte sie gedankenlos und lauschte dem Ticken der Uhr, ein bedeutungsloses Gerausch, das das Hinwegticken der Sekunden markierte. Er fragte sich, ob sie von den Ringbewohnern bekommen wurden, was sie wollten, fragte sich, wie er Bertha Torgussen jemals wieder gegenubertreten konnte… fragte sich, wie er den Rest seines Lebens meistern sollte.
Rustys winziges, nichtmenschliches Gesicht verschwand von seiner Schulter, das Tier wackelte mit den Ohren. „Bird Alyn?“ Er stie? sich zur Tur und sah Wadie Abdhiamal in einem anderen Zimmer verschwinden. Fast unhorbar vernahm er Abdhiamals Stimme: „Zum Teufel mit dieser Frau! Sie hat in das Antlitz Gottes gespien.“
Shadow Jack ging in den Korridor, vor Abdhiamals Tur verharrte er. „Was ist los? Hat sie in Ihr Antlitz gespien?“
Abdhiamal wandte sich um, und einen Augenblick lang druckte seine Miene Verlegenheit aus. Er glattete abwesend sein Arbeitshemd, bis es fast so glatt wie sein Gesichtsausdruck war. „Ja… so etwas war es wohl.“
„Was geschah da oben? Bekommen wir den Wasserstoff?“
„Wahrscheinlich… Warum waren Sie nicht im Kontrollraum?“
Er verzog das Gesicht. „Ich konnte nicht. Ich… ich habe den Kapitan als pervers bezeichnet.“
„Was hast du?“ Abdhiamal runzelte unglaubig die Stirn.
Shadow Jack umklammerte den Turrahmen, um sich weiterzuziehen, doch Verzweiflung lie? ihn innehalten. „Kann… ich mit Ihnen sprechen… von Mann zu Mann?“
Abdhiamal bat ihn mit einer Geste in sein Zimmer. Sein Gesicht war todernst. „Schon moglich. Woruber?“
Shadow Jack rausperte sich. Rusty stie? sich von seiner Schulter ab, erhob sich wie ein startendes Schiff in die Luft und schwamm auf Abdhiamal zu. „Wie kommt es, da? Sie nicht verheiratet sind?“
Abdhiamal lachte verwirrt. „Ich wei? es nicht.“ Er sah der Katze zu, die sich anschickte, sich mit einer Pfote auf seine Schulter herabzuziehen. „Vielleicht, weil ich bisher noch keine Frau getroffen habe, die es wagte, Gott ins Antlitz zu speien.“
Shadow Jack ri? die Augen auf, und wahrend er Abdhiamal ansah, fragte er sich, wer wohl von ihnen beiden uberraschter war.
Abdhiamal lachte wieder achselzuckend. „Aber irgendwie bezweifle ich das.“
„Ich meine… Sie sagten kurzlich, nun wurden Sie niemals mehr heiraten. Ich dachte, das hatte vielleicht… ein paar andere Grunde.“ Er umklammerte den Turrahmen.
„Hat es.“
Er verharrte, immer noch festgeklammert.
„Ich bin viel herumgereist. Das hei?t, ich war hoher Strahlung ausgesetzt, wodurch die Gefahr genetischer Schaden besteht. Wir konnen Sperma konservieren, damit wenigstens die Manner reisen und trotzdem gesunde Kinder haben konnen. Aber nach dem verhangten Urteil bin ich jetzt, rechtlich gesehen, tot. Sie werden meinen Vorrat vernichten.“ Abdhiamal atmete tief ein. „Und ich bin sterilisiert.“
Shadow Jack sah ihn an, und langsam kamen ihm die Worte uber die Lippen: „Ich wollte, ich ware steril!“ Er schuttelte den Kopf. „Ich wollte nicht… so habe ich es nicht gemeint. Aber wir konnen niemals heiraten, Bird Alyn und ich, weil ich nicht steril bin und sie auch nicht. Wir
Abdhiamal kraulte Rusty unter dem Kinn. „Das ist eine einfache Operation. Konnen sie die auf Lansing nicht durchfuhren?“
„Konnen schon… aber sie wollen nicht.“ Ein Gefuhl des Elends lag wie ein Zentnerstein auf ihm. „Als Materialist mu? man fur alle seine Aktionen selbst die Verantwortung tragen. Es wird von einem erwartet, da? man selbst die Konsequenzen fur sein Tun tragt und sie nicht anderen aufburdet. Wie meine Mutter… als meine Schwester geboren worden war und sie sagten, sie sei zu sehr deformiert… meine Mutter mu?te sie aussetzen… Sie lie? es nicht einmal mehr zu, da? mein Vater sie sah.“ Er betrachtete seine Hande. „Aber um die medizinische Technologie ist es schlecht bestellt. Manchmal glaube ich einfach nur, sie wollen nichts von dem, was