beantwortete Frage zu wiederholen: „Wohin gehen wir eigentlich?“
Jan lehnte sich gegen den Elefanten, und seine Hande ruhten auf der Haut, die rauh war wie die Rinde eines Baumes. Er blickte zu den gro?en Sto?zahnen und dem geschwungenen Russel auf, der durch die Geschicklichkeit des Ausstopfenden im Augenblick der Herausforderung oder der Begru?ung festgehalten war. Was fur noch unheimlichere Geschopfe, fragte er sich, aus welchen unbekannten Welten, wurden eines Tages diesen von der Erde Verbannten betrachten?
„Wie viele Tiere habt ihr den Overlords geschickt?“ fragte er Rupert.
„Mindestens funfzig, aber naturlich ist dies hier das gro?te. Er ist prachtvoll, nicht wahr? Die meisten andern waren recht klein. Schmetterlinge, Schlangen, Affen und so weiter. Aber voriges Jahr habe ich ein Flu?pferd bekommen.“
Jan verzog das Gesicht zu einem Lacheln. „Es ist ein krankhafter Gedanke, aber ich vermute, sie haben jetzt schon eine ansehnliche ausgestopfte Gruppe des Homo sapiens in ihrer Sammlung. Ich uberlege, wer wohl beehrt wurde.“
„Du hast wahrscheinlich recht“, sagte Rupert ziemlich gleichgultig. „Man konnte es leicht durch die Krankenhauser bewerkstelligen.“
„Was wurde geschehen“, fuhr Jan nachdenklich fort, „wenn jemand freiwillig als lebendes Musterstuck mitginge? Angenommen naturlich, da? fur spater eine Ruckkehr garantiert ware.“
Rupert lachte, nicht ohne Anteilnahme. „Ist das ein Angebot? Soll ich es an Raschaverak weiterleiten?“
Einen Augenblick erwog Jan diesen Gedanken mehr als nur halb ernsthaft. Dann schuttelte er den Kopf. „Hm — nein. Ich habe nur laut gedacht. Sie wurden bestimmt ablehnen. Triffst du ubrigens Raschaverak in diesen Tagen?“
„Er rief mich vor etwa sechs Wochen an. Er hatte gerade ein Buch gefunden, hinter dem ich her war. Sehr nett von ihm.“
Jan ging langsam um das ausgestopfte Riesentier herum und bewunderte die Geschicklichkeit, die es fur immer in diesem Augenblick gro?ter Kraft festgehalten hatte.
„Hast du je herausgefunden, was er sucht?“ fragte er. „Ich meine, man kann die Wissenschaft der Overlords schwer mit einem Interesse an dem Okkulten vereinen.“
Rupert sah Jan etwas argwohnisch an und fragte sich, ob sein Schwager sich uber sein Steckenpferd lustig mache. „Seine Erklarung erschien glaubhaft. Als Anthropologe interessiert er sich fur jede Seite unserer Kultur.
Bedenke, da? sie ungeheuer viel Zeit haben. Sie konnen sich viel mehr in die Einzelheiten vertiefen, als dies ein menschlicher Forscher jemals konnte. Wenn Raschy meine ganze Bibliothek gelesen hat, war das fur ihn wahrscheinlich nur eine geringe Anstrengung.“
Das mochte die Antwort sein, aber Jan war nicht uberzeugt. Bisweilen hatte er daran gedacht, Rupert sein Geheimnis anzuvertrauen, aber seine naturliche Vorsicht hielt ihn zuruck. Wenn Rupert seinen Freund, den Overlord wieder traf, wurde er ihm wahrscheinlich etwas verraten — die Versuchung ware zu gro?.
„Ubrigens“, sagte Rupert und wechselte plotzlich das Thema, „wenn du dies fur eine gro?e Sache haltst, so solltest du den Auftrag sehen, den Sullivan bekommen hat. Er hat versprochen, die beiden gro?ten Geschopfe uberhaupt zu liefern: einen Pottwal und einen Riesentintenfisch. Man wird sie im todlichen Kampf zeigen. Das ist ein Schauspiel!“
Einen Augenblick antwortete Jan nicht. Der Gedanke, der sich in seinem Kopf entzundet hatte, war zu gewaltig, zu phantastisch, um ernst genommen zu werden. Aber gerade wegen seiner Kuhnheit konnte es gelingen.
„Was ist?“ sagte Rupert besorgt. „Greift die Hitze dich an?“
Jan zwang sich in die Wirklichkeit zuruck. „Ich bin vollig in Ordnung“, sagte er. „Ich uberlegte nur, wie die Overlords so ein kleines Paket befordern werden.“
„Oh“, sagte Rupert, „da kommt eines ihrer Transportschiffe, offnet eine Luke und nimmt es auf.“
„Genau das hatte ich mir auch gedacht“, erwiderte Jan.
7
Es hatte die Kabine eines Raumschiffes sein konnen, aber sie war es nicht. Die Wande waren mit Me?geraten und Instrumenten bedeckt. Fenster waren nicht darin, nur ein gro?er Bildschirm vor dem Piloten. Das Schiff konnte sechs Passagiere aufnehmen, aber im Augenblick war Jan der einzige.
Er beobachtete gespannt den Bildschirm und nahm jede Einzelheit dieser sonderbaren und unbekannten Region, wahrend sie vor seinem Auge vorbeiglitt, in sich auf. Unbekannt war sie, ja, so unbekannt wie irgend etwas, was er jenseits der Sterne sehen wurde, wenn sein toller Plan gluckte. Er begab sich jetzt in ein Reich von Geschopfen, die wie aus Alptraumen stammten, die einander in einer seit Anbeginn der Welt ungestort gebliebe nen Finsternis belauerten. Es war ein Reich, uber das die Menschen Jahrtausende lang dahingefahren waren: Es lag nicht mehr als tausend Meter unter dem Kiel ihrer Schiffe, aber bis vor hundert Jahren hatten sie weniger daruber gewu?t als uber das sichtbare Antlitz des Mondes.
Der Pilot ging von der Oberflache des Ozeans in die noch unerforschten Tiefen des sudlichen Pazifiks hinunter. Jan wu?te, da? er der unsichtbaren Fuhrung der Schallwellen folgte, die von den auf dem Grunde des Ozeans angebrachten Apparaten erzeugt wurden. Noch befand sich das Schiff so hoch uber dem Meeresgrund wie die Wolken uber der Erdoberflache.
Es gab sehr wenig zu sehen. Die Sucher des Unterseebootes durchforschten die Gewasser vergeblich. Die durch seine Dusen hervorgerufene Storung hatte wahrscheinlich die kleineren Fische verscheucht: Wenn irgendein Geschopf sich naherte, um die Storung zu untersuchen, so wurde es so gro? sein, da? es den Begriff Furcht nicht kannte.
Die kleine Kabine vibrierte von Kraft, jener Kraft, die das ungeheure Gewicht des Wassers uber ihren Kopfen meistern und diese kleine Blase von Licht und Luft schaffen konnte, in der Menschen zu leben vermochten. Wenn diese Kraft versagte, dachte Jan, so wurden sie Gefangene in einem Metallsarge sein, tief im Schlamm des Ozeangrundes begraben.
„Zeit, eine Messung zu machen“, sagte der Pilot. Er drehte an einigen Schaltern, und das Unterseeboot kam langsam zum Stillstand, als die Dusen den Antrieb einstellten. Das Schiff lag regungslos da und schwamm in volligem Gleichgewicht, wie ein Ballon in der Atmosphare.
Es dauerte nur einen Augenblick, mit Hilfe der Schallwellen ihre Position festzustellen. Als der Pilot seine Instrumente abgelesen hatte, bemerkte er: „Ehe wir die Motoren wieder anstellen, wollen wir versuchen, ob wir irgend etwas horen konnen.“
Der Lautsprecher erfullte den stillen kleinen Raum mit einem leisen, andauernden Gemurmel von Tonen. Es gab darin kein auffallendes Gerausch, das Jan von den ubrigen hatte unterscheiden konnen. Es war ein gleichma?iger Hintergrund, in dem alle einzelnen Tone ineinander ubergingen. Jan wu?te, da? er hier dem Gesprach der Myriaden von Meerestieren miteinander lauschte. Es war, als stande er mitten in einem Walde, der von Leben strotzte, nur da? er dort einige Stimmen erkannt hatte. Hier konnte nicht ein einziger Faden des Tongewebes herausgelost und identifiziert werden. Es war so fremd, so fern allem, was Jan je erlebt hatte, da? sein Schadel zu brummen begann. Und doch war dies ein Teil seiner eigenen Welt…
Der Schrei durchschnitt den vibrierenden Hintergrund wie ein Blitz, der in einer dunklen Gewitterwolke aufzuckt. Er verebbte rasch in einem trauervollen Klagen, einem Geheul, das leiser wurde und erstarb, jedoch einen Augenblick spater aus einer entfernteren Quelle wiederholt wurde.
Dann brach ein Chor von Schreien los, ein Pandamonium, das den Piloten veranla?te, rasch nach dem Lautstarkeregler zu greifen.
„Um Himmels willen, was war das?“ achzte Jan.
„Unheimlich, nicht wahr? Es ist ein Walschwarm, etwa zehn Kilometer entfernt. Ich wu?te, da? sie in der Nachbarschaft waren und dachte mir, da? Sie sie gern horen wurden.“
Jan schuttelte sich. „Und ich habe immer gedacht, das Meer ware still! Warum machen sie so einen Krach?“
„Sie reden miteinander, vermute ich. Sullivan konnte es Ihnen sagen — man behauptet, er konne die