so gern«, sagte Johann.

Das habe ich allerdings, aber nicht mitten am schonsten Sommertag, und das hab ich ihnen gesagt.

Ich bekam die Erklarung fast sofort. Sie kam in all ihrer Herrlichkeit den Laufsteg heruntergegangen, und es war niemand anders als Krister, der damals, als wir herkamen, auch auf dem Dampfer gewesen war.

Ich bin es gewohnt, da? meine Bruder jeden, aber auch jeden ablehnen, der »ankommt und mit Malin schontut« – so drucken sie sich aus, nicht ich. Aber dieser arme Krister hat es offenbar schon von Anfang an geschafft, sich beliebter zu machen als irgendein anderer. Ich finde nicht, da? er besondere Mangel hat. Er ist vollkommen selbstsicher, aber das werde ich ihm schon noch austreiben, falls es notig wird. Er sieht gut aus und ist, wie Papa sagt, »gut angezogen«. Kaum war er ausgestiegen, da kam er auf mich zu, und als er lachelte, fand ich, er sah wirklich gut aus, denn er hat auch hubsche Zahne. Aber Johann und Niklas starrten ihn an, als hatte er ein Wolfsgrinsen aufgesetzt – und kein Wolf sollte hier etwa ankommen und ihre Schwester verschlingen, besten Dank!

»Arme kleine Malin«, sagte Krister, »steht da so allein an einem Mittsommerabend. Komm, jetzt kehren wir beide auf Saltkrokan das Unterste zuoberst.«

Das machte ihn bei Johann und Niklas nicht gerade beliebter.

»Sie ist nicht allein«, sagte Johann wutend. »Wir sind ja bei ihr.« Krister klopfte ihm auf die Schulter.

»Jaja, aber nun nehmt euren Eimer und eure Schaufel und geht wieder zu eurem Sandhaufen. Ich kummere mich schon um Malin.«

Ich glaube, in diesem Augenblick erklarten sie Krister ernstlich den Krieg. Ich konnte sehen, wie sie mit den Zahnen knirschten, als sie sich zu Teddy und Freddy zuruckzogen, und gleich darauf ertonte aus ihrer Richtung ein furchterliches Krahengekrachze, das sehr rachsuchtig und schicksalsschwer klang.

»Malin, heute abend gehen wir tanzen, das hab ich entschieden«, sagte Krister, und als ich ihm klarmachte, ich wurde allein entscheiden, mit wem ich tanzen wollte, da sagte er: »Dann entscheide dich fur mich, dann brauchen wir uns nicht weiter daruber zu streiten.«

Bjorn war nicht zu sehen, und ich wei? auch nicht, ob er tanzt. Und ich wollte tanzen, in meinem Hellblauen und am Mittsommerabend, und so sagte ich zu Krister: »Wir wollen mal sehen.«

Aber wenn noch so sehr Mittsommer ist, hohere Gewalten haben ein fur allemal bestimmt, da? ich meinen drei Brudern eine Mutter zu sein habe, und das kleinste Bruderchen hatte ich offenbar nicht Tjorven uberlassen durfen, nicht, wenn er seine Sonntagssachen anhatte. Ich horte plotzlich die Leute lachen und sagte zu Krister: »Komm, ich mochte sehen, was da so lustig ist.«

Und das sah ich dann. Was ich sah, war Pelle, der sich nicht na? machen sollte. Jetzt stand er bis zum Bauch im Wasser, Tjorven ebenfalls, und sie bespritzten sich, sosehr sie nur konnten. Sie waren wassertoll – es gibt kein Wort, das besser pa?t, und Tjorven schrie: »Jetzt konnen wir genausogut gleich baden!« Und das taten sie. Sie warfen sich ins Wasser und kamen wieder hoch und jauchzten und schrien und bespritzten sich noch mehr. Eben wassertoll und so ganz ihrer eigenen Freude hingegeben, da? sie die Umwelt vollig vergessen hatten. Aber sie erwachten aus ihrem Rausch, als Marta und ich angesturzt kamen. Erwachten und merkten, da? sie durchweicht waren, etwa so wie Adam und Eva sahen, da? sie nackt waren. Pelle und Tjorven waren leider nicht nackt, sondern in hochstem Ma? bekleidet, das stand fest, und ich hatte nie zuvor erlebt, da? ein ehemals steif gestarktes Stickereikleid aussehen konnte wie ein kleiner, weicher Lappen.

»Wir konnten nichts dafur«, sagte Tjorven, »es kommte blo? so.« Sie versuchte, Marta zu erklaren, wie es so »kommte«, und soviel ich mich erinnere, erklarte sie es ungefahr so:

»Wir wollten nur mal die Fu?e baden, und wir haben uns ganz doll vorgesehen, wir waren doch so fein. Aber Pelle hat gesagt, bis zu den Knien konnen wir reingehen, und da haben wir das gemacht, und dann ging Pelle noch ein bi?chen weiter rein. ›So weit trau ich mich jedenfalls zu gehen, sagte er, und da ging ich noch weiter rein und sagte: ›So weit trau ich mich jedenfalls zu gehen!‹ Aber da wurde ich ein bi?chen unten am Kleid na?, und da sagte Pelle: ›Ich, ich bin nicht na?!‹ Und da spritzte ich ihn ein bi?chen mit Wasser, damit er na? wird, und da spritzte er mich ein bi?chen, und dann spritzte ich ihn noch ein bi?chen, und da spritzte er mich noch ein bi?chen, und dann spritzten wir immer doller und doller, und dann badeten wir, das kommte blo? so.«

»Fur heute habt ihr aber genug gebadet«, sagte Marta streng.

Wir mu?ten nach Hause gehen, jeder mit seinem nassen Kind. Hinter dem Schreinerhaus habe ich zwischen zwei Apfelbaumen eine Wascheleine. Dort hangte ich Pelles Sachen auf, und dort tanzten sie mit dem Sudwind ihren Mittsommertanz, den einzigen, den sie erleben sollten.

Aber zum nachsten Mittsommer, falls wir dann noch leben, werde ich dafur sorgen, da? ich eine doppelt so lange Wascheleine habe – denn das ist ohne Frage notig. Daruber spater mehr!

Marta und ich kamen mit unseren gewohnten Alltagskindern zur Quellwiese, und Marta sagte:

»Es wird eine Weile dauern, bis ich Tjorven wieder ein Stickereikleid anziehe.«

»Prima«, sagte Tjorven.

Marta selbst war ungemein hubsch und fein in ihrem Trachtenkleid mit dem baumwollenen Faltenrock und dem wei?en Tuch mit den Zipfeln. Oh, diese Marta! Wer sorgt dafur, da? Saltkrokan einen Mittsommerbaum bekommt und Mittsommerspiele gemacht werden – Marta! Wer ist Wortfuhrerin im Hausfrauenverein – Marta! Wer leitet den Frauenchor – Marta! Und wer bringt ganz Saltkrokan, jede einzelne Seele, dazu, um den Mittsommerbaum zu sprinten und das Lied von den Froschen zu singen – Marta und immer wieder Marta!

Unser Mittsommerbaum steht auf der Quellwiese hinter Sodermans Wiese, und als wir hinkamen, Marta und ich, hatte es angefangen zu regnen. O doch, es war ja schlie?lich Mittsommerabend, und das Wetter konnte Marta nicht bestimmen. Aber ihre Hausfrauen versammelten sich tapfer unter ihren Regenschirmen und sangen trotzdem getreulich: »Ich schaukle auf hochstem Zweige von Harjulas hochstem Berg.« Und ich merkte, da? das auch auf mich pa?te, ich schaukelte auf dem hochsten Zweig und sah, da? die Erde lieblich war und der Himmel schon, obwohl es regnete. Aber oh, erhore des kleinen Vogels Gebet, und la? es zum Abend aufklaren, denn hier ist ein kleiner Vogel, der gern auf dem Anleger tanzen mochte!

Das durfte ich auch. Aber bevor es soweit war, passierte noch eine ganze Menge, und die Wascheleine zwischen den Apfelbaumen hangte sich beinahe durch. Denn hier hingen schlie?lich au?er Pelles Hemd und Jackett und Hose auch ein Hemd von Krister, ferner Papas Hemd und Hose, ferner Johanns Hemd und Hose. Ich wei? nicht, was Niklas' Hose verbrochen hatte, die gestern den ganzen Tag nicht hat baden durfen, wo es doch alle anderen Hosen durften; aber das Leben ist nun einmal voller Ungerechtigkeiten.

Kristers Hemd hatte nicht gebadet. Das hatte ich fur ihn gewaschen. Er war beim Eierlaufen hingefallen und auf dem Bauch im Gras gelandet, genau da, wo Papa eine Sekunde vorher sein Ei hatte fallen lassen.

»Man kann nicht den ganzen Mittsommerabend mit einem weichgekochten Ei auf der Brust rumlaufen«, sagte Papa. Und gutmutig, wie er ist, ging er nach Hause und holte eins von seinen Hemden fur Krister. »Danke«, sagte Krister, »ich geh inzwischen baden.«

Johann und Niklas und die Grankvist-Amazonen standen dabei und feixten. Niemand kann behaupten, da? sie wegen Kristers Mi?geschick mit dem Ei besonders unglucklich waren. Ich horte, wie Krister sie fragte, wo man baden konnte, und Teddy zeigte es ihm.

»Ist es dort flach?« fragte Krister.

»Ja, da ist es flach, du kannst bis nach Finnland spazieren«, sagte Johann mit einem Grinsen.

»Und das solltest du auch tun, finde ich«, sagte Niklas. Aber da war Krister schon gegangen, und so horte er das nicht mehr.

Fur die Kleinen sollte gerade das Sacklaufen anfangen, und ich ging hin, um zuzugucken. Aber plotzlich kam Johann angerannt, ganz bla? im Gesicht. Er packte mich am Arm.

»Wei?t du, ob Krister schwimmen kann?« fragte er. »Wenn aber nicht, was dann? Da druben ist es ja gleich ganz tief!«

Ich wu?te auch, da? es an der Stelle steil abwarts ging, aber ebensowenig wie Johann war mir der Gedanke gekommen, da? es tatsachlich Menschen gibt, die nicht schwimmen konnen, und ich hatte keine Ahnung, ob Krister dazugehorte.

»Komm«, sagte ich, und dann rannten wir hin, so schnell wir konnten, Johann und Niklas und Teddy und Freddy und ich.

Wir kamen gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie Krister ins Wasser hineinstapfte.

»Halt!« schrie Johann.

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