stehen zu lassen, schlug ich ihn nieder. Anschlie?end schaffte ich ihn durch die Kapelle in den Keller, wickelte ihn in die Plastikfolie und legte ihn in diesen Sarg.«

»Und dann haben Sie Ihren Mitbrudern erzahlt, der Abt sei nach Koln abgereist?«, fragte der Polizist.

Bruder Johannes nickte. »Ja. Als wir nichts mehr von ihm horten und von unterschiedlichsten Stellen immer wieder nach dem Abt gefragt wurden, erkundigte sich Bruder Andreas in Koln nach ihm. Naturlich wusste man dort nichts von einem Termin mit Abt Bruno. Die anderen waren ratlos. Wir sahen in seinem Zimmer nach, ob es dort einen Hinweis auf sein Verschwinden gab, und dabei entdeckte ich dann ›zufallig‹ den besagten Kontoauszug. Wir fanden au?erdem die gefalschten Antrage, und das brachte meine Bruder auf den Gedanken, er musse wohl das Geld abgehoben und sich ins Ausland abgesetzt haben. Keiner von uns machte sich auf die Suche nach dem Abt, schlie?lich wusste niemand, wohin er sich gewandt haben konnte. Es gab ja keine Reiseunterlagen. Und die polizeilichen Ermittlungen liefen ins Leere.«

»Nur Kater Brown suchte ihn«, warf Alexandra ein und streichelte den Kater, der nun auf einem der anderen Sarge sa? und von dort das Geschehen interessiert verfolgte.

»Ja, der Kater sprang jedes Mal auf diesen Steinsarg, wenn er mit einem unserer Bruder in den Keller ging. Zum Gluck wunderte sich niemand daruber, aber dann … dann veranstaltete er dieses Theater auf dem Brunnenrand, das Sie auf Herrn Wildens Leiche aufmerksam hatte werden lassen.«

»Und deshalb beschlossen Sie, den Kater zu vergiften, bevor er auch noch auf den toten Abt aufmerksam machen konnte?«, fragte Alexandra zornig.

Bruder Johannes hob hilflos die Arme. »Verstehen Sie denn nicht? Er hatte alles in Gefahr gebracht. Das musste ich verhindern. Zum Gluck verwahrten wir in unserem Sanitatsraum noch Medikamente, die Bruder Elmar mitgebracht hatte, als er seine Tierarztpraxis aufgab und sich uns anschloss.«

Tobias schuttelte den Kopf. »Dann waren wir sicher die Nachsten gewesen?«

Bruder Johannes zuckte resignierend mit den Schultern, antwortete jedoch nicht.

Alexandra konnte nicht verhindern, dass ihr ein Schauder den Rucken hinunterlief.

»Zum Gluck haben wir Wildens Handy noch rechtzeitig gefunden«, sagte Tobias, kam zu ihr und legte einen Moment den Arm um sie.

Alexandra wehrte sich nicht dagegen. »Es gibt noch etwas, was mich interessiert. Bruder Dietmar und Bruder Siegmund, was treiben Sie beide hinter dem Rucken von Bruder Johannes?«

Die beiden Monche schraken zusammen, als sie plotzlich wieder im Mittelpunkt des Interesses standen, und schauten sich an. Ihre schuldbewussten Mienen sprachen Bande. Dann rausperte sich Bruder Dietmar und gestand leise:

»Nun, es ist so … da ist dieser belgische Getrankegro?handler, der uns das Trappistenbier von der Abbaye de Walthery liefert. Nach der zweiten Lieferung hat er uns einen Vorschlag gemacht …« Der Monch sah kurz zu Bruder Johannes hinuber, dann blickte er betreten zu Boden. »Er hat ein Imitat im Angebot, das aus China importiert wird und das vom Geschmack und von der Farbe her nicht vom Original zu unterscheiden ist. Es kostet im Einkauf nicht einmal ein Zehntel des Originals, und der Gro?handler liefert uns sogar die Etiketten, die tauschend echt wirken. Zu jeder Palette Duc de Walthery bekommen wir zwei Paletten Billigbier. Wir kleben die falschen Etiketten auf und verkaufen es zum ublichen Preis.« Er hob entschuldigend die Arme. »Aber wir stecken den Gewinn nicht in die eigene Tasche. Vielmehr steigern wir so die Einnahmen unseres Klosters.«

»Ihr tauscht und betrugt unsere Gaste?«, rief Bruder Johannes aufgebracht. Sein Gesicht war vor Zorn gerotet.

»Es hat niemand gemerkt«, rechtfertigte sich Bruder Siegmund. »Nicht einmal dir ist es aufgefallen. Wir wollten nur einen Beitrag dazu leisten, die Schulden moglichst zugig abzubauen.«

»Ich muss schon sagen, Sie haben ein seltsames Empfinden von Recht und Unrecht«, murmelte Pallenberg kopfschuttelnd, als Bruder Johannes so aufbrauste, und legte ihm wieder die Handschellen an. »Frau Berger, Herr Rombach, ich … also … ich mochte mich bei Ihnen entschuldigen. Ich hatte nach dem Auffinden der ersten Leiche am Samstagmorgen durchaus grundlicher ermitteln mussen. Es tut mir leid.«

Alexandra nickte nur stumm. Wer konnte schon sagen, ob das entscheidende Beweisstuck, das Handy mit der entlarvenden Aufnahme, fruher gefunden worden ware, wenn Polizeiobermeister Pallenberg gleich die Ermittlungen aufgenommen hatte? Sie selbst hatten es bei der ersten Durchsuchung von Wildens Wagen ja auch nicht entdeckt. Sie reichte dem Polizeiobermeister ihre Visitenkarte und notierte auch noch rasch Tobias’ Handynummer darauf. »Falls Sie noch Fragen an uns haben, rufen Sie uns an.«

Pallenberg bedankte sich, dann verabschiedete er sich und fuhrte Bruder Johannes ab.

Alexandra nahm Kater Brown auf den Arm und druckte ihn an sich. Der warme Katzenkorper fuhlte sich seltsam trostlich an, und einen Moment verbarg sie das Gesicht in dem weichen Fell des Tieres. Dann stiegen auch Tobias und sie ins Erdgeschoss hinauf.

Die Monche und die Hotelgaste hatten sich auf dem Platz vor dem Kloster versammelt und sahen schweigend zu, wie Bruder Johannes von Polizeiobermeister Pallenberg zum Streifenwagen gefuhrt wurde.

Als der Polizeiwagen davonfuhr, blickte Bruder Johannes starr vor sich hin. Seine Mitbruder wurdigte er keines Blickes mehr.

»Tja, das war’s dann wohl«, sagte Alexandra leise, wahrend sie langsam in Richtung Parkplatz schlenderten.

»Unsere erste Zusammenarbeit«, erganzte Tobias. »Das wird ein interessanter Artikel. Mal sehen, wem wir die Story von den Klostermorden verkaufen konnen! Bin schon gespannt, was uns als Nachstes erwartet.«

Sie sah ihn uberrascht an. »Habe ich das gerade richtig verstanden? Was uns als Nachstes erwartet?«

»Na ja, wir sind doch ein gutes Team, oder nicht?«

Einen Moment schwieg Alexandra, dann konnte sie sich ein Lacheln nicht verkneifen. »Ja, das waren wir tatsachlich.« Spontan beugte sie sich vor und druckte ihm einen Kuss auf die Wange. Er fiel kurzer aus als ursprunglich beabsichtigt. Aber sie wollte keine falschen Hoffnungen in Tobias wecken. »Danke fur deine Hilfe.«

»Ich danke dir«, erwiderte er, und seine Augen strahlten. »Und was machen wir jetzt?«

»Was du jetzt vorhast, wei? ich nicht, ich werde jedenfalls noch heute Abend abreisen. Ich verbringe keine Minute langer hinter diesen Klostermauern.« Sie setzte Kater Brown auf den Boden und wollte gerade die Leine aus ihrer Handtasche nehmen, als der Kater wie ein Blitz davonschoss und auf eine Amsel zujagte, die im Erdreich unter einer der Hortensien gepickt hatte und nun panisch aufflog.

»Ach, verflixt!«, schimpfte Alexandra, als der Kater um die nachste Ecke verschwunden war.

»Der wird schon wieder auftauchen«, sagte Tobias, klang aber selbst nicht allzu uberzeugt.

Missmutig ging sie neben ihm zu ihrem Zimmer und packte ihre Sachen zusammen.

Zuruck im Foyer, verabschiedete sie sich von Bruder Andreas und verlie? dann das Klosterhotel.

Alexandra stellte eben die Reisetasche in den Fu?raum vor dem Beifahrersitz ihres Wagens, als jemand nach ihr rief.

»Frau Berger! Frau Berger!« Bruder Jonas eilte mit wehender Kutte auf sie zu. In den Handen hielt er eine Kiste. »Ich habe gerade gehort, dass Sie abreisen, und … Na ja, ich kann gut verstehen, dass Sie nicht langer bei uns bleiben wollen. Trotzdem mochte ich mich auch im Namen meiner Bruder entschuldigen. Ich wei?, fur das, was Bruder Johannes getan hat, gibt es keine Entschuldigung, und Bruder Dietmar und Bruder Siegmund werden die Konsequenzen ihres Handelns tragen mussen. Aber wir anderen hier konnen nur hoffen, dass Ihre Kritik uber unser Hotel nicht allzu vernichtend ausfallen wird. Als Zeichen unseres guten Willens mochten wir Ihnen und Ihrem Kollegen eine Kiste Trappistenbier schenken – echtes Trappistenbier naturlich.«

»Danke, Bruder Jonas«, antwortete sie nach kurzem Zogern. »Ich wei? diese Geste zu schatzen, doch das ist nicht notig. Was meinen Reisebericht angeht, halte ich es im Moment fur besser, wenn ich vorerst gar nicht uber das Hotel schreibe. Es ware nicht fair, Sie alle unter den Eindrucken leiden zu lassen, die ich wahrend meines Aufenthaltes gewonnen habe. Er war eben von den schrecklichen Morden uberschattet … Ich werde meiner Redaktion vorschlagen, in zwei oder drei Monaten eine andere Reporterin herzuschicken. Sie kann dann unter hoffentlich erfreulicheren Bedingungen recherchieren.« Sie schwieg einen Moment und rausperte sich. »Sie sollen allerdings wissen, dass mein Kollege und ich vorhaben, den Kriminalfall als Story an eine Zeitung oder an ein Magazin zu verkaufen. Aber da wird dann Bruder Johannes im Mittelpunkt stehen. Vielleicht muss der Name des Klosterhotels ja gar nicht genannt werden.«

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