Ich musste ihn auseinander rei?en.

Ich drehte mich im Kreis und suchte den Boden um mich herum ab. Ich sah nichts, was ich hatte verwenden konnen. Der nachste Wacholderbaum war zu weit weg. Die Feigenkakteen waren zu dunn. Ich dachte, kein Wunder, dass hier nichts zu finden ist, schlie?lich bin ich mitten in der verdammten Wuste. Ich lie? den Blick am Gebaude entlanghuschen, hoffte, dass jemand irgendetwas drau?en liegen gelassen hatte, vielleicht eine Harke .

Nichts.

Rein gar nichts. Ich stand hier drau?en mit nichts als dem, was ich auf dem Leibe trug, und kein Mensch war da, der mir helfen .

Naturlich!

Das Headset knisterte: »Jack, hor zu .«

Aber dann horte ich nichts mehr. Als ich mir das Hemd uber den Kopf zog, rutschte das Headset ab und fiel zu Boden. Und dann schwang ich mein Hemd in ausladenden, zischenden Kreisen durch die Luft. Und aus vollem Hals brullend, sturmte ich auf den Schwarm an der Tur los.

Der Schwarm vibrierte mit einem tiefen, trommelnden Klang. Er wurde etwas flacher, als ich auf ihn zurannte, und dann war ich mitten in den Partikeln und tauchte in ein seltsames Halbdunkel, wie in einem Sandsturm. Ich konnte nichts sehen, konnte die Tur nicht erkennen, tastete blind nach dem Turknauf, und die Augen brannten mir von den Partikeln, aber ich schwang mein Hemd weiter zischend durch die Luft, und plotzlich verschwand die Dunkelheit. Die Wolke riss auseinander, Partikel wurden in alle Richtungen geschleudert. Ich konnte wieder klarer sehen und auch normal atmen, obwohl meine Kehle wie ausgetrocknet war und wehtat. Dann spurte ich Tausende von winzigen Nadelstichen am ganzen Korper, aber sie verursachten kaum Schmerzen.

Jetzt sah ich die Tur. Der Knauf war direkt links von mir. Ich lie? das Hemd weiter durch die Luft sausen, und mit einem Mal loste sich die Wolke ganz auf, als wollte sie weg von mir. In dem Augenblick schlupfte ich durch die Tur und knallte sie hinter mir zu.

Ich blinzelte in der plotzlichen Dunkelheit. Ich konnte kaum etwas sehen. Ich dachte, meine Augen mussten sich nach der grellen Sonne erst umgewohnen, und wartete einen Augenblick, doch meine Sicht wurde nicht besser. Im Gegenteil, ich sah immer weniger. Ich konnte gerade noch die Glasturen der Luftschleuse direkt vor mir erkennen. Ich spurte noch immer die stechenden Nadeln uberall auf der Haut. Meine Kehle war trocken, und mein Atem ging rasselnd. Ich hustete. Meine Sicht trubte sich. Mir wurde schwindelig.

Auf der anderen Seite der Schleuse standen Ricky und Mae und sahen mich an. Ich horte Ricky rufen: »Mach schon, Jack! Schnell!«

Meine Augen brannten schmerzhaft. Das Schwindelgefuhl wurde rasch schlimmer. Ich lehnte mich gegen die Wand, um nicht hinzufallen. Mein Hals fuhlte sich dick an. Das Atmen fiel mir schwer. Keuchend wartete ich darauf, dass die Glasturen aufgingen, aber sie blieben geschlossen. Ich stierte stumpfsinnig auf die Luftschleuse.

»Du musst vor den Turen stehen! Stehen!«

Ich hatte das Gefuhl, als wurde die Welt sich in Zeitlupe bewegen. Meine ganze Kraft war verschwunden. Mein Korper war schwach und zittrig. Das Stechen wurde schlimmer. Der Raum wurde dunkler. Ich dachte, ich wurde mich nicht mehr auf den Beinen halten konnen.

»Du musst stehen! Jack!«

Irgendwie druckte ich mich von der Wand weg und torkelte auf die Schleuse zu. Zischend glitten die Glasturen auf.

»Los, Jack. Mach schon!«

Flecken tanzten vor meinen Augen. Mir war schwindelig und ubel. Ich taumelte in die Schleuse, schlug gegen das Glas, als ich eintrat. Mit jeder Sekunde, die verging, fiel mir das Atmen schwerer. Ich wusste, dass ich erstickte.

Drau?en vor dem Gebaude horte ich, wie das tiefe Trommeln wieder einsetzte. Ich drehte mich langsam um, wollte hinausgucken.

Die Glasturen schlossen sich.

Ich schaute an meinem Korper hinunter, aber ich konnte kaum etwas sehen. Meine Haut sah schwarz aus. Ich war voller Sand. Mein Korper tat weh. Auch mein Hemd war schwarz vor Sand. Der Spruhnebel brannte schmerzhaft, und ich schloss die Augen. Dann setzte das Geblase ein, laut zischend. Ich sah, wie der Sand von meinem Hemd gesaugt wurde. Meine Sicht wurde klarer, aber ich konnte noch immer nicht atmen. Das Hemd rutschte mir aus der Hand, klatschte flach auf den Rost, auf dem ich stand. Ich buckte mich, um es aufzuheben. Mein Korper fing an zu zittern, schlotterte. Ich horte nur noch das Rauschen des Geblases.

Ubelkeit uberkam mich. Meine Knie gaben nach. Ich sackte gegen die Wand.

Durch die zweite Glastur sah ich zu Mae und Ricky hinuber. Sie wirkten weit weg. Und wahrend ich sie ansah, wichen sie immer weiter zuruck, entschwanden in der Ferne. Bald waren sie fur mich viel zu fern, um mir noch langer Gedanken zu machen. Ich wusste, dass ich sterben wurde. Als ich die Augen schloss, fiel ich zu Boden, und das Drohnen des Geblases verklang zu Totenstille.

6. Tag, 11.12 Uhr

»Nicht bewegen.«

Etwas Eiskaltes stromte durch meine Venen. Ich frostelte.

»Jack. Nicht bewegen. Nur eine Sekunde, ja?«

Etwas Kaltes floss meinen Arm hinauf. Ich offnete die Augen. Das Licht war direkt uber mir, glei?end, grunlich hell; ich zuckte zusammen. Der ganze Korper tat mir weh. Als ware ich verprugelt worden. Ich lag ausgestreckt auf der schwarzen Arbeitsplatte in Maes Labor. Gegen das grelle Licht blinzelnd, sah ich Mae neben mir stehen, uber meinen linken Arm gebeugt. Eine Infusionsnadel steckte in meiner Armbeuge.

»Was tust du da?«

»Jack, bitte. Nicht bewegen. Ich hab das bisher nur bei Versuchstieren gemacht.«

»Wie beruhigend.« Ich hob den Kopf, um zu sehen, was sie da machte. Meine Schlafen drohnten. Ich stohnte und legte mich wieder hin.

Mae sagte: »Dir geht's schlecht, was?«

»Miserabel.«

»Kann ich mir denken. Ich musste dir drei Spritzen geben.«

»Weshalb?«

»Du hattest einen anaphylaktischen Schock, Jack, eine schwere allergische Reaktion. Dein Hals war fast zu.«

»Allergische Reaktion«, sagte ich. »Das war das?«

»Eine schwere.«

»Von dem Schwarm?«

Sie zogerte kurz, dann: »Naturlich.«

»Konnen Nanopartikel denn so eine allergische Reaktion auslosen?«

»Moglich war's ...«

Ich sagte: »Aber du glaubst das nicht.«

»Nein, glaube ich nicht. Ich denke, die Nanopartikel sind nicht antigen. Du hast wahrscheinlich auf ein Coliform-Toxin reagiert.«

»Ein Coliform-Toxin . « Meine pochenden Kopfschmerzen kamen in Wellen. Ich holte Luft, atmete ruhig aus. Ich versuchte zu verstehen, was Mae da sagte. Mein Verstand arbeitete langsam; mir tat der Kopfweh. »Ein Coliform-Toxin.«

»Genau.«

»Ein Toxin von E. coli-Bakterien? Meinst du das?«

»Genau. Ein proteolytisches Toxin vermutlich.«

»Und wo sollte so ein Toxin herkommen?«

»Vom Schwarm«, sagte sie.

Das ergab fur mich absolut keinen Sinn. Laut Ricky wurden die E. coli-Bakterien nur zur Herstellung von Vorstufenmolekulen verwendet. »Aber in dem Schwarm selbst konnen doch keine Bakterien sein«, sagte ich.

»Ich wei? nicht, Jack. Ich glaube doch.«

Wieso war sie so zaghaft?, fragte ich mich. Das sah ihr gar nicht ahnlich. Normalerweise war Mae prazise,

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