»Klar. War kein gro?es Ratsel, Jack. Die Korrosion hatte die typischen Kennzeichen von Gamma-Assemblern. Kennst du dich damit aus? Nein? Nun, wir haben in der Produktion neun verschiedene Assembler im Einsatz. Jeder Assembler hat eine andere Funktion. Die Gamma-Assembler spalten Kohlenstoffmaterial in Silikatschichten auf. Sie arbeiten tatsachlich auf der Nanoebene - schneiden einzelne Stucke Kohlenstoffsubstrat heraus.«

»Die Assembler haben also die Speicherchips in den Autos zerstort.«

»Ja, ja, aber .« David zogerte. Er tat so, als wurde ich den springenden Punkt ubersehen. Er zupfte an seinen Manschetten, fummelte an seinem Kragen herum. »Du darfst eines nicht vergessen, Jack, diese Assembler konnen bei Raumtemperatur arbeiten. Und die Wustenhitze ist auf jeden Fall noch besser fur sie. Je hei?er, desto effizienter.«

Einen Augenblick lang verstand ich nicht, was er sagen wollte. Was spielte der Unterschied zwischen Raumtemperatur und Wustenhitze fur eine Rolle? Und dann auf einmal fiel der Groschen.

»Ach du Schei?e«, sagte ich.

Er nickte. »Genau.«

David versuchte mir zu erklaren, dass eine Komponentenmischung in die Wuste gepustet worden war. Und diese Komponenten - die so programmiert waren, dass sie sich innerhalb des Produktionsgebaudes selbsttatig zusammenfugten - verbanden sich auch drau?en im Freien selbsttatig. Die Montage konnte selbststandig in der Wuste erfolgen. Und genau das geschah offensichtlich.

Ich fasste noch einmal die wichtigsten Punkte zusammen, um sicherzugehen, dass ich alles verstanden hatte. »Die Montage fangt sozusagen mit den Bakterien an. Die sind so konstruiert, dass sie alles fressen, sogar Abfall, damit sie in der Wuste uberleben konnen.«

»Richtig.«

»Das hei?t, die Bakterien vermehren sich und fangen an, Molekule zu produzieren, die sich von allein zusammenfugen und gro?ere Molekule bilden. Schon bald habt ihr Assembler, und die Assembler machen sich an die endgultige Arbeit und stellen neue Mikroagenten her.«

»Ganz genau.«

»Was bedeutet, dass die Schwarme sich tatsachlich reproduzieren.«

»Ja. Richtig.«

»Und die einzelnen Agenten haben Speicherkapazitat.«

»Ja. Ein klein wenig.«

»Und sie brauchen auch nicht viel, das ist ja gerade die Starke verteilter Intelligenz. Sie ist kollektiv. Sie verfugen also uber Intelligenz, und da sie Speicherkapazitat haben, konnen sie aus Erfahrung lernen.«

»Ja.«

»Und das predprey-Programm bedeutet, sie konnen Probleme losen. Und das Programm generiert genug Zufallselemente, dass sie neue Verhaltensweisen lernen konnen.«

»Richtig. Ja.«

Mir drohnte der Schadel. Ich erkannte jetzt das ganze Ausma? des Problems, und es gefiel mir ganz und gar nicht.

»Also«, sagte ich, »fassen wir zusammen: Der Schwarm reproduziert sich, kann sich selbst versorgen, lernt aus Erfahrung, besitzt kollektive Intelligenz und kann sich neue Verhaltensweisen aneignen, um Probleme zu losen.«

»Ja.«

»Was im Grunde nichts anderes hei?t als: Er lebt.«

»Ja.« David nickte. »Zumindest verhalt er sich so, als ob er lebt. In funktioneller Hinsicht lebt er, Jack.«

Ich sagte: »Das sind verdammt schlechte Neuigkeiten.«

Brooks erwiderte: »Das kannst du laut sagen.«

»Verrat mir eins«, sagte ich, »warum wurde das Ding nicht schon vor langer Zeit vernichtet?«

David sagte nichts. Er strich sich blo? die Krawatte glatt und blickte verlegen drein.

»Weil dir doch wohl klar ist«, sagte ich, »dass ihr es hier mit einer mechanischen Pest zu tun habt. Genau das ist es namlich. Genau wie eine Bakterienpest oder eine Virenpest. Nur dass es mechanische Organismen sind. Ihr habt, verdammt noch mal, eine von Menschen geschaffene Pest am Hals.«

Er nickte. »Ja.«

»Die evolviert.«

»Ja.«

»Und sie ist nicht an biologische Evolutionsgeschwindigkeiten gebunden. Sie evolviert wahrscheinlich schneller.«

Er nickte. »Sie evolviert tatsachlich schneller.«

»Wie schnell, David?«

Brooks seufzte. »Verdammt schnell. Heute Nachmittag, wenn der Schwarm wiederkommt, ist er schon wieder anders.«

»Kommt er denn wieder?«

»Er kommt immer wieder.«

»Und warum?«, fragte ich.

»Er will hier rein.«

»Und warum?«

David rutschte unbehaglich hin und her. »Wir haben nur Theorien, Jack.«

»Lass horen.«

»Eine Moglichkeit ist, dass es was Territoriales ist. Wie du wei?t, beinhaltet der ursprungliche predprey- Code auch das Konzept eines Gebietes, des Territoriums, in dem die Rauber sich bewegen. Und innerhalb dieses Kerngebietes bestimmt er eine Art Stutzpunkt, der fur den Schwarm vielleicht im Innern unseres Gebaudes liegt.«

Ich sagte: »Glaubst du das?«

»Eigentlich nicht, nein.« Er zogerte. »Um ehrlich zu sein«, fuhr er fort, »die meisten von uns glauben, dass er wiederkommt, weil er deine Frau sucht, Jack. Er sucht Julia.«

6. Tag, 11.42 Uhr

Und so kam es, dass ich mit morderischen Kopfschmerzen im Krankenhaus in San Jose anrief. »Julia Forman, bitte.« Ich buchstabierte den Namen fur die Stimme in der Zentrale.

»Sie ist auf der Intensivstation«, sagte die Stimme.

»Ja, stimmt.«

»Tut mir Leid, aber direkte Anrufe bei den Patienten sind nicht erlaubt.«

»Dann die Station, bitte.«

»Moment, ich verbinde.«

Ich wartete. Niemand ging ans Telefon. Ich rief erneut in der Zentrale an und hatte schlie?lich eine Krankenschwester von der Intensivstation am Apparat. Julia sei beim Rontgen, sagte die Schwester, und sie wisse nicht, wann Julia zuruck sei. Ich sagte, sie musse langst zuruck sein. Die Schwester erwiderte ziemlich gereizt, sie konne vom Telefon aus Julias Bett sehen und sie konne mir versichern, dass Julia nicht drinliege.

Ich sagte, ich wurde wieder anrufen.

Ich legte den Horer auf und wandte mich an David. »Was hat Julia eigentlich mit der ganzen Geschichte zu tun?«

»Sie hat uns geholfen, Jack.«

»Das denk ich mir. Aber wie genau?«

»Am Anfang hat sie versucht, den Schwarm anzulocken«, sagte er. »Um ihn per Funk unter Kontrolle bringen zu konnen, mussten wir dafur sorgen, dass er nahe am Gebaude blieb. Julia hat uns dabei geholfen.«

»Wie denn?«

»Na ja, sie hat ihn unterhalten.«

»Sie hat was?«

»Ich denke, so konnte man es nennen. Es war uns sehr bald klar, dass der Schwarm rudimentare Intelligenz besitzt. Julia kam auf die Idee, ihn wie ein Kind zu behandeln. Sie ist mit bunten Klotzen nach drau?en gegangen, Spielzeug. Sachen, an denen ein Kind Spa? hatte. Und der Schwarm schien auf sie anzusprechen. Sie war ganz

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