III.
DAS NEST
Ich erwachte in meinem Bett im Wohnmodul. Die Luftung drohnte so laut, dass es sich im Raum wie in einem Flughafen anhorte. Mit truben Augen wankte ich zur Tur. Die Tur war abgeschlossen.
Ich klopfte eine Weile, aber niemand machte auf, auch nicht, als ich laut rief. Ich ging zu dem kleinen PC auf dem Schreibtisch und schaltete ihn ein. Ein Menu erschien, und ich suchte nach irgendeiner hausinternen Kommunikationsfunktion. Ich fand nichts, obwohl ich eine ganze Weile im Interface herumstoberte. Irgendetwas hatte ich aber wohl aktiviert, denn ein Fenster offnete sich, und Ricky tauchte auf und lachelte mich an. Er sagte: »Du bist ja wieder wach. Wie fuhlst du dich?«
»Schlie? die verdammte Tur auf.«
»Ist deine Tur abgeschlossen?«
»Schlie? auf, Mann.«
»Das war nur zu deinem Schutz.«
»Ricky«, sagte ich, »mach die verdammte Tur auf.«
»Hab ich schon. Sie ist auf, Jack.«
Ich ging zur Tur. Er hatte Recht, sie lie? sich offnen. Ich sah mir das Schloss an, es gab einen ferngesteuerten Schlie?mechanismus. Ich nahm mir vor, ihn abzukleben.
Auf dem Monitor sagte Ricky: »Du mochtest bestimmt gern duschen.«
»Ja, mochte ich. Wieso ist die Klimaanlage so laut?«
»Wir haben die Luftung in deinem Zimmer voll aufgedreht«, erwiderte Ricky. »Fur den Fall, dass noch ein paar Partikel ubrig sind.«
Ich kramte in meiner Reisetasche nach Kleidungsstucken. »Wo ist die Dusche?«
»Brauchst du Hilfe?«
»Nein, ich brauche keine Hilfe. Sag mir einfach, wo die verdammte Dusche ist.«
»Du klingst verargert.«
»Leck mich, Ricky.«
Die Dusche tat gut. Fast zwanzig Minuten lang lie? ich dampfend hei?es Wasser uber meinen schmerzenden Korper laufen. Ich hatte einige blaue Flecke abbekommen - auf der Brust, dem Oberschenkel -, aber ich konnte mich nicht erinnern, wie.
Als ich aus der Dusche kam, sa? Ricky davor auf einer Bank und wartete auf mich. »Jack, ich bin sehr besorgt.«
»Wie geht's Charley?«
»Wieder ganz gut. Er schlaft.«
»Hast du sein Zimmer auch abgeschlossen?«
»Jack. Ich wei?, du hast die Holle durchgemacht, und ich mochte dir sagen, dass wir dir alle sehr dankbar sind fur das, was du getan hast - ich meine, die Firma ist dankbar, und .«
»Die Firma kann mich mal.«
»Jack, ich versteh ja, dass du sauer bist.«
»Lass den Schei?, Ricky. Keiner hier hat mir geholfen. Weder du noch sonst wer.«
»Ich versteh ja, dass du das so siehst .«
»Es
»Jack, Jack. Bitte. Das alles tut mir schrecklich Leid. Ich fuhl mich richtig mies. Ehrlich. Wenn ich es irgendwie ungeschehen machen konnte, ich wurde es tun.«
Ich blickte ihn an. »Ich glaube dir nicht, Ricky.«
Er setzte ein gewinnendes, kleines Lacheln auf. »Ich hoffe, das wird sich irgendwann andern.«
»Bestimmt nicht.«
»Du wei?t, dass mir unsere Freundschaft immer viel bedeutet hat, Jack. Sie war fur mich immer das Wichtigste.«
Ich starrte ihn blo? an. Ricky horte mir gar nicht zu. Er hatte lediglich diesen albernen Lachle-und-alles- wird-gut-Ausdruck auf dem Gesicht. Ich dachte: Ist er auf Drogen? Auf jeden Fall benahm er sich sonderbar.
»Na, wie dem auch sei.« Er atmete durch und wechselte das Thema. »Julia kommt zu uns raus, das ist schon mal eine gute Nachricht. Sie musste irgendwann heute Abend hier sein.«
»Aha. Warum kommt sie?«
»Na, doch bestimmt, weil sie sich Sorgen wegen der Schwarme da drau?en macht.«
»Allzu gro? kann ihre Sorge ja nicht sein«, sagte ich. »Diese Schwarme hatten namlich schon vor Wochen vernichtet werden konnen, als die Evolutionsmuster zum ersten Mal deutlich wurden. Aber das ist nicht geschehen.«
»Ja. Na ja. Die Sache ist die, damals hat das noch keiner so richtig begriffen ...«
»Ich denke, doch.«
»Aber nein.« Es gelang ihm, den zu Unrecht Beschuldigten und leicht Gekrankten zu mimen. Aber ich hatte sein Theater allmahlich satt.
»Ricky«, sagte ich. »In dem Hubschrauber, der mich hergebracht hat, sa?en auch ein paar PR-Leute. Wer hat die verstandigt, dass es hier ein PR-Problem gibt?«
»Ich wei? nichts von irgendwelchen PR-Leuten.«
»Man hatte ihnen gesagt, dass sie den Hubschrauber nicht verlassen sollten. Dass es hier gefahrlich sei.«
Er schuttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung . Ich wei? nicht, wovon du redest.«
Ich hob abwehrend die Hande und verlie? das Badezimmer.
»Ich wei? es wirklich nicht!«, rief Ricky mir beteuernd hinterher. »Ehrenwort, ich wei? nichts davon!«
Eine halbe Stunde spater brachte Ricky mir den fehlenden Code, um den ich gebeten hatte, wahrscheinlich als eine Art Friedensangebot. Es war nicht viel, blo? ein Blatt Papier.
»Tut mir Leid«, sagte er. »Musste erst ein Weilchen suchen. Rosie hatte vor ein paar Tagen ein ganzes Unterverzeichnis offline genommen, um einen Teil zu uberarbeiten. Ich schatze, sie hat vergessen, es wieder ins System zu geben. Deshalb war es nicht im Hauptverzeichnis.«
»Aha.« Ich uberflog das Blatt. »Woran hat sie gearbeitet?« Ricky zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. An irgendwelchen anderen Daten.«
/*Mod Compstat_do*/
Exec (move {0 ij (Cxi, Cyl, Czl)}) /*Initialisierung*/ {dij (xl,yl,zl)} /*Zustand*/ {dikl (xl,yl,zl) (x2,y2,z2)} /verfolgen*/ Push (z(i)} /*speichern*/
React <advan> /*ref. Zustand*/
?l{(dx(i,j,k)}{(place(Cj,Hj)} ?2 {(fx,(a,q)} Place {z(l)} /*speichern*/ Intent <advan> /*ref. Intention*/
?ijk{(dx(i,j,k)}{(place(Cj,Hj)} ?x {(fx,(a,q)} Load {z(i)} /*speichern*/ Exec (move {0 ij (Cxi, Cyl, Czl)}) Exec (pre{0ij (Hxl,Hyl,Hzl)})
Exec (post{0 ij (Hxl,Hyl,Hzl)})
Push {dij (xl,yl,zl)}
{Sikl (xl,yl,zl) move (x2,y2,z2)} /* verfolgen*/ {0,1,0,01}
»Ricky«, sagte ich, »der Code sieht fast genauso aus wie das Original.«
»Ja, find ich auch. Die Veranderungen sind minimal. Ich wei? nicht, warum da so ein Drama draus gemacht wird.« Er zuckte die Achseln. »Ich meine, sobald wir die Kontrolle uber den Schwarm verloren hatten, wurde der genaue Code doch irgendwie nebensachlich. Man konnte ihn ja doch nicht an-dern.«
»Und wie habt ihr die Kontrolle verloren? In dem Code hier gibt es keinen Evolutionsalgorithmus.«
Er breitete die Arme aus. »Jack«, sagte er. »Wenn wir das wussten, wussten wir alles. Dann hatten wir den ganzen Schlamassel hier nicht.«
»Aber man hat mich hergeholt, damit ich mich um den Code kummere, den mein Team damals geschrieben hat, Ricky. Mir wurde gesagt, die Agenten wurden ihr Ziel aus den Augen verlieren .«