Sie ging weiter auf und ab. »Ja«, sagte sie. »Der Tod auch.« Sie blickte mich finster an.

»Ist was?«

»Wo ist Mae?«, fragte sie erneut.

»Ich wei? es nicht. Ich habe nicht die leiseste Ahnung.«

Sie blickte weiter finster. »Wir mussen sie finden, Jack.«

»Das werdet ihr bestimmt.« »Ja, mit Sicherheit.«

»Dann braucht ihr mich ja nicht«, sagte ich. »Macht euren Kram allein. Ich meine, ihr seid die Zukunft, wenn ich mich recht entsinne. Uberlegen und unaufhaltsam. Ich bin blo? ein einfacher Mensch.«

Julia ging jetzt um mich herum, betrachtete mich von allen Seiten. Ich sah, dass mein Verhalten sie verunsicherte. Oder sie taxierte mich. Vielleicht hatte ich es ubertrieben. War zu weit gegangen. Sie witterte etwas. Sie ahnte etwas. Und das machte mich sehr nervos.

Ich drehte das Feuerzeug in den Handen, fahrig.

»Jack«, sagte sie. »Du enttauschst mich.«

»Das hast du bereits gesagt.«

»Ja«, sagte sie. »Aber ich bin mir noch immer nicht sicher ...«

Wie auf ein lautloses Stichwort hin fingen auch die Manner an, im Kreis zu gehen. Sie bewegten sich in konzentrischen Kreisen um mich herum. War das so eine Art ScannerVerfahren? Oder bedeutete es irgendetwas anderes?

Ich uberlegte, wie viel Zeit vergangen war. Ich schatzte, funf Minuten.

»Komm mit, Jack. Ich will dir was zeigen.«

Sie legte mir einen Arm um die Schultern und fuhrte mich zu einer der gro?en Krakenrohren. Sie hatte einen Durchmesser von gut und gern einem Meter achtzig, und die Oberflache war verspiegelt. Ich konnte Julia neben mir stehen sehen. Einen Arm um meine Schultern.

»Sind wir nicht ein hubsches Paar? Es ist ein Jammer. Wir konnten so eine schone Zukunft haben.«

Ich sagte: »Tja ...«

Und als ich das sagte, loste sich ein Fluss blasser Partikel von Julia, stromte im Bogen durch die Luft und senkte sich dann wie ein Schauer uber meinen Korper und in meinen Mund. Ich presste die Lippen aufeinander, aber es spielte keine Rolle, denn im Spiegel schien sich mein Korper aufzulosen, um von Julias Korper ersetzt zu werden. Es war, als hatte sich ihre Haut von ihr gelost, ware durch die Luft geschwebt und hatte sich uber mich gestulpt. Jetzt standen zwei Julias nebeneinander vor dem Spiegel.

Ich sagte: »Lass den Quatsch, Julia.«

Sie lachte. »Wieso? Macht doch Spa?.«

»Hor auf damit«, entgegnete ich. Ich klang wie ich selbst, obwohl ich wie Julia aussah. »Hor auf.«

»Magst du das nicht? Ich finde es lustig. Du kannst eine Weile ich sein.«

»Ich hab gesagt, hor auf!«

»Jack, du verstehst einfach keinen Spa? mehr.«

Ich zog an dem Julia-Abbild auf meinem Gesicht, wollte es wie eine Maske abrei?en. Aber ich spurte nur meine eigene Haut unter den Fingerspitzen. Als ich an meiner Wange kratzte, zeigte das Julia-Abbild im Spiegel Striemen. Ich griff nach hinten und beruhrte mein Haar. Ich war so panisch, dass ich das Feuerzeug fallen lie?. Es klapperte auf den Betonboden.

»Ich will das weghaben«, sagte ich. »Mach es weg.«

Es rauschte in meinen Ohren, und die Julia-Haut verschwand, zischte in die Luft, senkte sich dann auf Julia hinab. Nun sah sie aus wie ich. Jetzt standen zwei Jacks Seite an Seite im Spiegel.

»So besser?«, sagte sie.

»Ich wei? nicht, was du damit beweisen willst.« Ich holte tief Luft.

Ich buckte mich und hob das Feuerzeug auf.

»Ich will gar nichts damit beweisen«, entgegnete sie. »Ich fuhle dir blo? auf den Zahn, Jack. Und wei?t du, was ich herausgefunden habe? Du hast ein Geheimnis, Jack. Und du hast gedacht, ich wurde nicht dahinter kommen.«

»Ach ja?«

»Aber ich bin dahinter gekommen«, sagte sie.

Ich wusste nicht, wie ich ihre Worte verstehen sollte, wusste nicht mehr, wo ich war. Und das standige Verandern des Au?eren hatte mich so zermurbt, dass ich jedes Zeitgefuhl verloren hatte.

»Du machst dir Gedanken wegen der Zeit, nicht wahr, Jack?«, sagte sie. »Brauchst du nicht. Wir haben jede Menge Zeit. Wir haben hier alles unter Kontrolle. Erzahlst du mir jetzt dein Geheimnis? Oder mussen wir nachhelfen?«

Hinter ihr konnte ich die aufgereihten Monitore des Kontrollsystems sehen. Bei den Bildschirmen, die am au?eren Rand montiert waren, blinkte oben ein Balken, in dem etwas geschrieben stand, ich konnte es jedoch nicht lesen. Ich erkannte, dass auf einigen Diagrammen die Kurven steil anstiegen und von Blau uber Gelb zu Rot wechselten, je hoher sie kletterten.

Ich tat nichts.

Julia drehte sich zu den Mannern um. »Okay«, sagte sie. »Bringt ihn zum Reden.«

Die drei Manner naherten sich mir. Es war Zeit, es ihnen zu zeigen. Es war Zeit, meine Falle zuschnappen zu lassen.

»Kein Problem«, sagte ich. Ich hob das Feuerzeug, entzundete es und hielt die Flamme unter den nachsten Sprinklerkopf.

Die Manner verharrten auf der Stelle. Sie beobachteten mich.

Ich hielt das Feuerzeug ganz ruhig. Der Sprinklerkopf wurde schwarz vor Ru?.

Und nichts tat sich.

Die Flamme brachte das dunne Blech, das den Sprinklerkopf schutzte, zum Schmelzen. Silberkleckse tropften auf den Boden zu meinen Fu?en. Und es tat sich noch immer nichts. Die Sprinkler sprangen nicht an.

»Schei?e«, sagte ich.

Julia beobachtete mich nachdenklich. »Kein schlechter Trick. Sehr einfallsreich, Jack. Gute Idee. Aber du hast eines vergessen.«

»Was denn?«

»Es gibt hier ein Sicherheitssystem. Und als wir gesehen haben, dass du die Sprinkler erreicht hast, hat Ricky das System abgeschaltet. System aus, Sprinkler aus.« Sie zuckte die Achseln. »Deine Glucksstrahne ist wohl zu Ende, Jack.«

Ich machte das Feuerzeug aus. Ich konnte nichts tun. Ich stand einfach da und kam mir blod vor. Ich glaubte, einen schwachen Geruch wahrzunehmen. Einen su?lichen, widerwartigen Geruch. Aber ich war mir nicht sicher.

»Zugegeben, wirklich kein schlechter Trick«, sagte Julia. »Aber jetzt reicht's.«

Sie sah die Manner an und machte eine ruckartige Kopfbewegung. Die drei kamen auf mich zu. Ich sagte: »He, Jungs, macht keinen Blodsinn ...« Sie reagierten nicht. Ihre Gesichter waren teilnahmslos. Sie packten mich und wollten mich niederringen. »He, hort doch auf .« Ich riss mich los. »He!«

Ricky sagte: »Mach es uns nicht noch schwerer, Jack«, und ich sagte: »Leck mich, Ricky«, und ich spuckte ihm ins Gesicht, als sie mich zu Boden warfen. Ich hoffte, das Virus wurde ihm in den Mund dringen. Ich hoffte, ich konnte ihn aufhalten, hoffte, dass wir richtig kampfen wurden. Hauptsache, ich gewann Zeit. Aber sie warfen mich zu Boden und fielen dann uber mich her und fingen an, mich zu wurgen. Ich spurte ihre Hande am Hals. Bobby druckte mir seine Hande auf Mund und Nase. Ich versuchte, ihn zu bei?en. Aber er hielt seine Hande einfach fest an Ort und Stelle und starrte mich nur an. Ricky lachelte kuhl. Als wurde er mich nicht kennen, als hatte er keine Gefuhle fur mich. Sie waren Fremde, die mich entschlossen und rasch toteten. Ich schlug mit Fausten auf sie ein, bis Ricky mir sein Knie auf einen Arm schob und ihn auf den Boden presste und Bobby den anderen Arm fest hielt. Jetzt konnte ich mich nicht mehr ruhren. Ich wollte nach ihnen treten, aber Julia sa? auf meinen Beinen. Half ihnen. Schon begann die Welt, vor meinen Augen zu verschwimmen. Wurde zu einem schwachen und diesigen Grau.

Dann ertonte ein leises Knallen, fast wie Popcorn oder springendes Glas, und Julia schrie: »Was ist das?«

Die drei Manner lie?en von mir ab und standen auf. Sie gingen von mir weg. Ich lag auf dem Boden und

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