Drau?en wartete Ainslie nervos auf die Belehrung der Verdachtigen. In der Zwischenzeit beobachtete er die junge Frau. Ihr Gesicht kam ihm irgendwie bekannt vor, aber er wu?te nicht, wo er es einordnen sollte.
Die Verdachtige nickte kaum merklich.
Ainslie horte aufmerksam zu. Die verspiegelte Scheibe vor ihm war nicht schalldicht, so da? er, falls notwendig, hatte bezeugen konnen, da? Thorne uber ihre Rechte belehrt worden war. Da? sie kaum auf den von Jorge heruntergeleierten Text achtete, war nicht entscheidend.
Nun wurde es Zeit fur Jorges zweites kalkuliertes Risiko.
Zweifel auf dem Gesicht der jungen Frau:
Jorge kannte die Anzeichen. Der Erfolg war greifbar nahe.
Thorne setzte ihre gekritzelte Unterschrift unter den amtlichen Vordruck, der bestatigte, sie habe sich nach einer Belehrung uber ihre Rechte dafur entschieden, ohne Anwesenheit eines Rechtsanwaltes mit Detective Rodriguez zu reden.
Ainslie steckte seine Notizen ein. Jorge konnte nichts mehr passieren, und Ainslie, der bereits von der Schuld des Paars uberzeugt war, rechnete mit mindestens einem vollen Gestandnis innerhalb der nachsten halben Stunde.
Wie sich zeigen sollte, gab es sogar zwei.
Als Jorge die Verhore in getrennten Raumen fortsetzte, zeigte sich, da? Thorne und Kaprum planlos vorgegangen waren und so statt eines einfachen Raubs ein Kapitalverbrechen verubt hatten. Nach der Tat hatten sie ernstlich geglaubt, sich durch ein kompliziertes Lugengebilde retten zu konnen, das ihnen vermutlich raffiniert erschien, aber auf jeden erfahrenen Kriminalbeamten lacherlich wirken mu?te.
Jorge zu Thorne:
Jorge trank einen Schluck Kaffee und wartete. Thorne tat dasselbe.
Beim Verhor des jungeren Schwarzen, der wirklich Glupschaugen wie ein Frosch hatte, war der Umgangston rauher.
Der neunzehnjahrige Kaprum sprang auf und brullte emport: »Die Schlampe lugt! Sie hat's getan, das ist ihre Idee gewesen, nicht meine! Ich hab' nur... «
Geschafft! dachte Jorge befriedigt. Kaprum, der auf Maggie Thornes vermeintlichen Verrat reagierte, war geradezu darauf versessen, seine eigene Version der Ereignisse zu erzahlen. Ainslie, der wieder zuhorte, hatte beinahe gelachelt, aber er mu?te an den toten Deutschen denken.
Jorge schrieb mit, wahrend Kaprum hastig Tatsachen heraussprudelte, ohne die Folgen zu bedenken, weil er nicht erkannte, da? es kaum einen Unterschied machte, wer was getan hatte, solange feststand, da? die beiden gemeinsam das Verbrechen begangen hatten. Als Jorge ihn fragte, warum uberhaupt geschossen worden sei, antwortete Kaprum: »Der alte Furzer hat uns beschimpft. Hat dauernd was gebrullt, das wir nicht verstanden haben. Er hatt' seine gottverdammte Klappe halten sollen, Mann.«
Kaprum zeichnete jede Seite des Protokolls mit dem Kugelschreiber ab, den Jorge ihm gab, und unterschrieb dann sein Gestandnis.
Einige Stunden spater lag das Ergebnis der ballistischen Untersuchung vor. Von den drei in der Leiche gefundenen Kugeln stammte eine aus Kaprums Revolver, zwei waren aus Maggie Thornes Waffe abgefeuert worden. Der Gerichtsmediziner berichtete, Kaprums Schu? habe den
Uberfallenen nur verletzt, aber beide Schusse Thornes seien sofort todlich gewesen.
Ainslie wurde weggerufen, kam aber gegen Ende der zweiten Vernehmung Thornes durch Jorge zuruck. Zum Schlu? fragte die junge Frau mit ernster Miene: »Was passiert jetzt? Kriegen wir Bewahrung?«
Jorge gab keine Antwort, und Ainslie wu?te, warum.
Wie hatte er einer jungen Frau erklaren konnen:
Als Ainslie sich an die Gestandnisse Thornes und Kaprums erinnerte, mu?te er wieder an Elroy Doil und den Grund fur diese nachtliche Fahrt ins Ungewisse denken. Er fragte sich, wie schon wahrend des Anrufs aus Raiford: Was fur ein Gestandnis werde ich zu horen bekommen?
Er sah nach vorn, wo beleuchtete Wegweiser auftauchten. Sie hatten die I-95 verlassen und befanden sich auf dem Florida's Turnpike, auf dem Orlando - ihr erstes Etappenziel - etwa dreihundert Kilometer entfernt war.
Malcolm Ainslie, der kurz hinter Fort Lauderdale eingenickt war, schreckte durch einen dumpfen Schlag hoch - vielleicht von einem uberfahrenen Waschbaren, deren Kadaver haufig auf der Fahrbahn lagen. Er reckte sich, setzte sich auf und sah auf die Uhr: zehn Minuten nach Mitternacht. Vor sich erblickte er die Ausfahrt West Palm Beach, was bedeutete, da? sie ungefahr ein Drittel der Strecke nach Orlando zuruckgelegt hatten.