In diesem Augenblick kam von irgendwo hinter ihnen ein kurzes krachendes Gerausch - eindeutig ein einzelner Schu?. Es konnte nur Fernandez gewesen sein, dachte Partridge. Mit diesem Schu? aus der Browning, von der Partridge bewu?t den Schalldampfer abgeschraubt hatte, erwies der verla?liche Kontaktmann den anderen einen letzten Dienst - er warnte sie vor den heranruckenden Verfolgern. Wie zur Bestatigung folgten kurz darauf weitere Schusse.

Vielleicht glaubten die Verfolger, als sie den vermutlich bereits toten Fernandez am Wegrand liegen sahen, auch die anderen seien in der Nahe, und feuerten wild drauflos. Augenblicke spater horte die Schie?erei wieder auf.

Partridge war am Rande der Erschopfung. In den letzten Stunden hatte er kaum geschlafen und sich das Au?erste abverlangt. Jetzt hatte er Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren.

In einem dieser Augenblicke des gedanklichen Abschweifens merkte er plotzlich, da? er sich nichts sehnlicher wunschte als Entspannung von der permanenten Hektik seines aktionsgeladenen Lebens... Wenn dieses Abenteuer uberstanden war, wollte er den abgebrochenen Urlaub fortsetzen, er wurde einfach verschwinden und nicht verfugbar sein... Vielleicht sollte er Vivien mitnehmen, die einzige Frau, deren Liebe fur ihn erreichbar war. Jessica und Gemma gehorten der Vergangenheit an, Vivien konnte die Zukunft sein. Vielleicht hatte er sie bis jetzt unfair behandelt, vielleicht sollte er doch an eine Heirat denken... Es war noch nicht zu spat... Er wu?te, da? Vivien es sehr gern hatte...

Dann zwang er seine Gedanken in die Gegenwart zuruck.

Plotzlich endete der Dschungel. Die Landepiste war in Sicht! Uber ihren Kopfen kreiste ein Flugzeug - eine Cheyenne. Ken O'Hara - zuverlassig bis zum letzten, dachte Partridge - lud bereits eine grunmarkierte Patrone in die Signalpistole, die er die ganze Zeit bei sich getragen hatte. Grun fur Normal landen, alles in Ordnung.

Im selben Augenblick krachten hinter ihnen zwei weitere Schusse, doch diesmal schon viel naher.

»Schick eine rote Patrone hoch, keine grune!« schrie Partridge O'Hara zu. »Aber schnell!«

Rot fur Schnell landen, wir sind in Gefahr!

Es war bereits einige Minuten nach acht. In der Cheyenne II uber der Landepiste drehte sich Zileri zu Rita und Sloane um. »Hier ruhrt sich nichts«, sagte er. »Wir fliegen jetzt die beiden anderen Treffpunkte an.«

Das Flugzeug drehte ab. Doch plotzlich rief Crawford Sloane: »Moment noch! Ich glaube, ich habe etwas gesehen!«

Zileri nahm wieder Kurs auf die Piste. »Wo?« fragte er.

»Irgendwo da unten«, erwiderte Sloane. »Ich wei? nicht genau, wo. Einen Augenblick lang... habe ich gedacht...« In seiner Stimme war die Unsicherheit deutlich zu horen.

Zileri umkreiste die Piste, und alle vier suchten sorgfaltig das Terrain ab. Schlie?lich sagte der Pilot. »Ich sehe nichts. Ich glaube, wir sollten weiterfliegen.«

In diesem Augenblick scho? eine rote Signalpatrone vom Boden hoch.

O'Hara feuerte eine zweite Patrone ab.

»Das reicht. Sie haben uns gesehen«, sagte Partridge. Die Maschine flog bereits auf die Piste zu. Jetzt mu?te er nur noch wissen, aus welcher Richtung das Flugzeug einfliegen wurde. Dann konnte er sich die gunstigste Position aussuchen, um die Verfolger aufzuhalten, wahrend die anderen an Bord gingen.

Die Absicht des Piloten wurde sofort klar. Die Cheyenne beschrieb eine enge Kurve, verlor dabei rasch an Hohe und wurde dicht uber ihren Kopfen zur Landung ansetzen. Sie wurde schlie?lich am anderen Ende der Piste zum Stehen kommen, also in entgegengesetzter Richtung zum Dschungelpfad, von dem die Schusse kamen.

Partridge sah hinter sich, konnte aber trotz der Schusse die Verfolger noch nicht erkennen. Den Grund fur die Schie?erei konnte er nur erraten. Vielleicht feuerte einer im Laufen ziellos um sich, in der Hoffnung auf einen Zufallstreffer.

»Lauf mit Jessica und Nicky die Piste entlang und bleib bei ihnen!« rief er O'Hara zu. »Die Maschine wird am anderen Ende umdrehen und zuruckrollen. Rennt ihr entgegen und steigt sofort ein. Du auch Minh. Hast du verstanden?«

»Verstanden.« Minh hatte die Kamera am Auge und filmte seelenruhig, wie er es schon mehrmals wahrend der Flucht getan hatte. Partridge beschlo?, sich nicht weiter um Minh zu kummern. Der wurde schon selber auf sich aufpassen.

»Und was ist mit dir, Harry?« fragte Jessica besorgt.

»Ich werde euch mit der Kalaschnikow den Rucken freihalten. Sobald ihr an Bord seid, komme ich nach. Aber jetzt los!«

O'Hara legte den Arm um Jessica, die Nicky an seiner gesunden Hand hielt. Zu dritt eilten sie davon.

Im selben Augenblick sah Partridge am Dschungelrand einige Gestalten auftauchen, die mit ihren Waffen im Anschlag auf die Piste zuliefen.

Partridge lie? sich hinter einen kleinen Erdhugel fallen. Er lag auf dem Bauch, stutzte die Kalaschnikow ab und nahm die Verfolger ins Visier. Er druckte ab und sah durch das Mundungsfeuer einen der Manner fallen und die anderen hastig in Deckung springen. Gleichzeitig horte er dicht uber seinem Kopf das Drohnen der Cheyenne II. Er brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, da? sie landete.

»Dort sind sie!« rief Crawford Sloane, beinahe hysterisch vor Aufregung. »Ich kann sie sehen. Es sind Jessica und Nicky!« Mit hoher Geschwindigkeit holperte die Maschine uber die unebene Piste.

Das Ende der Rollbahn kam immer naher, und Zileri bremste scharf ab. Er blieb auf der Bremse, gab bei einem Motor Gas und wendete so die Maschine. Dann beschleunigte er wieder beide Motoren, und die Cheyenne rollte in Gegenrichtung die Piste entlang.

An der Stelle, wo Jessica, Nicky und O'Hara warteten, blieb die Maschine stehen. Felipe war bereits aufgesprungen und nach hinten gegangen. Er loste die Verriegelung der Kabinentur und klappte sie auf.

Hilfsbereite Hande halfen zuerst Nicky, dann Jessica und O'Hara ins Flugzeug. Minh kam gelaufen und kletterte hinter den anderen in die Maschine.

Wahrend Sloane, Jessica und Nicky sich leidenschaftlich umarmten, rief O'Hara atemlos: »Harry ist noch da vorn. Wir mussen ihn holen. Er halt die Terroristen in Schach.«

»Hab' ihn schon gesehen«, sagte Zileri. »Kein Problem.« Er gab Gas, und die Maschine scho? vorwarts.

Am anderen Ende der Rollbahn wendete er das Flugzeug erneut. Es stand nun wieder so, wie es gelandet war, startbereit, aber noch mit geoffneter Kabinentur. Wieder horte man Gewehrfeuer.

»Euer Freund mu? sich beeilen.« Zileris Stimme klang eindringlich. »Ich will schleunigst von hier weg.«

»Keine Sorge«, entgegnete Minh. »Er hat uns gesehen und mu? gleich da sein.«

Partridge hatte die Maschine gesehen und gehort. Er warf einen kurzen Blick uber die Schulter und wu?te, da? sie nicht mehr naher kommen wurde. Ungefahr hundert Meter lagen zwischen ihm und dem Flugzeug. Wenn er schnell lief und sich geduckt hielt, konnte er es schaffen. Doch zuerst mu?te er den Dschungelpfad noch einmal unter Beschu? nehmen, um die Sendero-Leute am Vordringen zu hindern. In den letzten Minuten waren noch mehr Manner aufgetaucht, Partridge hatte geschossen und einen weiteren zu Boden gehen sehen. Die anderen duckten sich in den Schutz der Baume. Mit einem letzten Feuersto? hoffte er, sie lange genug dort zu halten, um das Flugzeug erreichen zu konnen.

Eben hatte er ein neues Magazin in die Kalaschnikow eingelegt. Er druckte ab, hielt den Finger am Abzug und bestrich beide Seiten des Dschungelpfads mit einem todlichen Kugelhagel. Schon seit Beginn des Schu?wechsels spurte er wieder seinen alten Schlachtinstinkt in sich... diesen sinnlichen Kitzel, der ihm das Adrenalin ins Blut jagte und seinen Kreislauf auf Hochtouren brachte... diese unlogische, verruckte Sucht nach den Bildern und den Gerauschen des Krieges...

Er leerte das Magazin, lie? dann die Waffe fallen, sprang auf und sturzte geduckt los. Das Flugzeug war vor ihm. Er wu?te, da? er es schaffen wurde!

Partridge hatte etwa ein Drittel der Strecke zuruckgelegt, als eine Kugel ihn ins Bein traf. Er fiel sofort zu Boden. Alles ging so schnell, da? er einige Sekunden brauchte, bis er begriff, was passiert war.

Die Kugel war in die rechte Kniekehle eingedrungen und hatte das Gelenk zertrummert. Er konnte nicht mehr weiter. Ein entsetzlicher Schmerz, schlimmer, als er es je fur moglich gehalten hatte, raste in seinem Bein. In diesem Augenblick wu?te er, da? er das Flugzeug nicht mehr erreichen wurde. Er wu?te auch, da? fur die anderen keine Zeit mehr blieb. Die Maschine mu?te starten. Und er mu?te das tun, was Fernandez vor kaum einer halben Stunde getan hatte.

Er nahm noch einmal alle Kraft zusammen, erhob sich und winkte der Cheyenne zu. Er hoffte nur, da? der

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