Einzahlers, wenn er ihnen Hunderter bringt.«
»Ich hab' das schon manchmal auf Hundertern gesehen«, sagte Partridge, »und mich immer gefragt, wozu das dient.«
»Ich nicht«, warf Mony dazwischen. »Solche Scheine kriege ich nie in die Hand.«
Kettering lachelte. »Bleib beim Fernsehen, Junge. Dann kommen die auch zu dir.«
Dann fuhr er fort. »Diese Markierungen sind naturlich unzulassig. Sie gelten als Beschadigung von Banknoten und sind daher strafbar, obwohl das praktisch nie verfolgt wird. Auf jeden Fall stehen auf den Scheinen im ersten Stapel Nummern, auf denen im zweiten Namen. Wenn du willst, Harry, zeige ich die mit den Nummern meinen Freunden bei den Banken, die sie durch ihre Computer laufen lassen und moglicherweise feststellen konnen, wer sie benutzt hat. Wer die Scheine mit den Namen in der Tasche gehabt hat, bekomme ich vielleicht raus, wenn ich einfach im Telefonbuch nachschlage.«
»Ich glaube, ich wei?, worauf du hinauswillst«, sagte Partridge. »Aber erzahl weiter, Don, wonach du genau suchst.«
»Wir suchen bestimmte Banken, und die Informationen, die wir bekommen, werden uns helfen, die Banken zu finden, die diese Scheine irgendwann gehabt haben; vielleicht hat jemand in einer Bank diese Nummern und Namen auf die Scheine geschrieben. Und wenn wir Gluck haben, sto?en wir dabei auch auf die Bank, die das ganze Geld ausgezahlt hat.«
»Hab' schon verstanden«, sagte Mony. »Ausgezahlt an die Entfuhrer, die damit die Sarge von Mr. Godoy gekauft haben.«
Kettering nickte. »Genau. Die Sache ist naturlich ziemlich unsicher, aber falls es funktioniert, kennen wir die Bank, die unsere Entfuhrer benutzten und bei der sie wahrscheinlich ein Konto hatten.« Der Wirtschaftskorrespondent hob die Schultern. »Sobald wir das wissen, Harry, kannst du von da aus weitermachen.«
»Gro?artig, Don«, sagte Partridge. »Bis jetzt hatten wir nichts als unsichere Sachen.« Sein Blick fiel auf die
9
Die Stimmung in Alberto Godoys Buro wurde ein wenig geloster. Da seine Besucher vom Fernsehen offensichtlich zufrieden waren und er sich nun nicht mehr bedroht fuhlte, entspannte sich der Leichenbestatter. Schlie?lich, dachte Godoy, hatte er ja nichts Verbotenes getan, als er Novack, oder wie der Kerl auch immer hie?, die drei Sarge verkaufte. Wie sollte er wissen, da? diese verdammten Sarge zu kriminellen Zwecken dienten. Sicher, dieser Novack war ihm bei bei den Besuchen verdachtig vorgekommen, und er hatte ihm kein Wort seiner Geschichte geglaubt. Aber das konnte ihm kein Mensch beweisen.
Am Anfang der Fragerei hatte er es mit der Angst zu tun bekommen, weil er die Verkaufssteuer, die er fur die ersten zwei Sarge verlangt hatte, nicht abgefuhrt und weil er seine Bucher gefalscht hatte, so da? die zehn Riesen uberhaupt nicht als Einnahmen auftauchten. Wenn das Finanzamt davon Wind bekame, wurden sie ihm die Holle hei? machen. Jetzt hatten die Typen vom Fernsehen aber versprochen, da? sie den Mund halten wurden, und er glaubte ihnen. Soweit er wu?te, gingen Reporter ofters solche Abmachungen ein, um an Informationen zu kommen. Und jetzt, da es vorbei war, mu?te er zugeben, da? es schon faszinierend war zu sehen, wie sie arbeiteten. Aber er wurde kein Wort von dem erzahlen, was ihm eben passiert war, wenn dieser verdammte Schnuffler von dem Schmierblattchen
»Wenn Sie mir ein Blatt Papier geben«, sagte Kettering und wies auf die zwei Stapel, die noch immer auf dem Tisch lagen, »dann schreibe ich Ihnen einen Quittung fur das Geld aus.«
Godoy zog eine Schublade auf, in der er seinen ganzen Kleinkram aufbewahrte, und nahm ein Blatt liniertes Papier heraus. Beim Zuschieben fiel sein Blick auf einen Zettel mit seiner Handschrift. Er hatte den Fetzen vor mehr als einer Woche in die Schublade gesteckt und ihn vollkommen vergessen.
»Heh, da ist noch was! Als dieser Novack zum zweiten Mal... «
»Zum zweiten Mal was?« fragte Partridge scharf.
»Ich habe Ihnen doch gesagt, da? er einen CadillacLeichenwagen hatte, mit einem anderen Kerl am Steuer. Sie haben den Sarg damit abtransportiert.«
»Und?«
Godoy streckte ihnen den Notizzettel entgegen. »Das ist die Autonummer des Leichenwagens. Ich habe sie mir aufgeschrieben, den Zettel da hineingesteckt und ihn total vergessen.«
»Warum haben Sie das getan?« fragte Kettering.
»Wahrscheinlich aus 'nem unbestimmten Gefuhl heraus.« Godoy zuckte mit den Achseln. »Ist das wichtig?«
»Nein«, antwortete Partridge, »ist es nicht. Aber auf jeden Fall danke. Wir werden die Nummer uberprufen.« Er faltete den Zettel zusammen und steckte ihn in die Tasche, obwohl er wenig Hoffnung hatte, da? bei der Uberprufung etwas herauskommen wurde. Schlie?lich waren auch die Nummernschilder des Nissan, der in White Plains explodiert war, gefalscht gewesen und hatten zu nichts gefuhrt. Aber man mu?te jeder Spur nachgehen und durfte nichts als selbstverstandlich hinnehmen.
Doch dann fiel Partridge etwas ganz anderes ein. Er wu?te, da? sie mit einigen oder den meisten Informationen, darunter auch die uber Rodriguez, bald auf Sendung gehen mu?ten, mit ziemlicher Sicherheit in den nachsten ein oder zwei Tagen. Man konnte bei CBA nicht unbegrenzt Informationen zuruckhalten, ohne da? sie durchsickerten; sie hatten zwar bis jetzt Gluck gehabt, aber das konnte sich jeden Augenblick andern. Und schlie?lich waren sie ja in erster Linie Journalisten. Partridge wurde richtig aufgeregt bei dem Gedanken, uber diese Fortschritte berichten zu konnen, und er beschlo?, jetzt gleich fur eine angemessene Art der Prasentation zu sorgen.
»Mr. Godoy«, sagte er, »wir haben es am Anfang vielleicht nicht ganz richtig angefa?t, aber Sie waren sehr hilfreich. Hatten Sie etwas dagegen, einen Gro?teil Ihrer Aussagen vor einer Kamera zu wiederholen?«
Godoy gefiel naturlich die Vorstellung, im Fernsehen zu erscheinen, und dazu noch bei einem so bekannten Sender. Aber dann erkannte er, da? er sich nach dieser Publicity wahrscheinlich unangenehmen Fragen aussetzen mu?te, und eben auch solchen nach der Steuer. Er schuttelte den Kopf. »Nein, danke.«
Als konne er Gedanken lesen, sagte nun Partridge: »Wir brauchen Ihren Namen nicht zu nennen und auch Ihr Gesicht nicht zu zeigen. Wir konnen ein sogenanntes Silhouetteninterview machen, mit Scheinwerfern, die so positioniert werden, da? man von Ihnen nur einen Schattenri? sieht. Und wir konnen sogar Ihre Stimme unkenntlich machen.«
»Die klingt dann so, als wurde sie aus einer Kaffeemuhle kommen«, erganzte Kettering. »Die wurde nicht mal Ihre Frau erkennen. Also los, Godoy, was haben Sie schon zu verlieren? Drau?en im Auto haben wir einen Kameramann, der in solchen Sachen ein richtiger Experte ist, und Sie wurden uns helfen, die Entfuhrungsopfer wiederzufinden.«
»Hm...« Der Leichenbestatter zogerte. »Aber Sie versprechen mir, die Sache vertraulich zu behandeln und nichts weiterzuerzahlen?«
»Das verspreche ich Ihnen«, entgegnete Partridge. »Ich auch«, pflichtete Kettering ihm bei.
»Und ich ebenfalls«, erganzte Mony.
Kettering und Partridge wechselten einen fluchtigen Blick, denn sie wu?ten, da? dieses Versprechen, das sie Godoy gegeben hatten und das sie auch halten wurden - fur seriose Journalisten Ehrensache -, ihnen spater Probleme bereiten konnte. Das FBI und andere waren vielleicht mit der Geheimhaltung nicht einverstanden und wurden wissen wollen, wer diese Silhouette war. Aber darum sollten sich die Anwalte des Senders kummern; Probleme dieser Art hatte es schon mehrfach gegeben.
Partridge erinnerte sich an einen Fall aus dem Jahr 1986, als NBC ein spektakulares, wenn auch sehr kontroverses Interview mit dem palastinensischen Terroristen Mohammed Abul Abbas zustande brachte. Danach stand NBC im Kreuzfeuer der Kritik, nicht nur wegen des Interviews selbst, sondern auch wegen der zuvor getroffenen Abmachung - an die der Sender sich hielt -, den Ort des Treffens nicht preiszugeben. Unter den Kritikern waren auch einige Journalisten, doch bei denen war offensichtlich beruflicher Neid im Spiel. Ein Vertreter des Au?enministeriums schaumte vor Wut, und das Justizministerium drohte mit Vorladung und Verhor des verantwortlichen Fernsehteams, doch im Endeffekt passierte nichts. (Der damalige Au?enminister George Shultz antwortete auf eine entsprechende Frage lediglich: »Ich glaube an die Freiheit der Presse.«)
