„Ich habe das schon gehort“, erwiderte Abrams, „und ich glaube kein Wort davon. Vielleicht habe ich zuviel uber Assyrien, Rom, Deutschland und Israel gelesen, ich wei? nicht. Tatsache ist, da? Merseia, wenn es eine wirkliche Entspannung wunschte, noch heute eine haben konnte. Wir sind nicht mehr an einer Expansion interessiert. Das Imperium ist alt und fett. Merseia ist jung und hat gro?e Rosinen im Kopf. Es giert nach dem Universum, und wir stehen ihm im Weg. Deshalb mussen wir gefressen werden. Alles andere ist nur Dessert.“

„Kommen Sie“, sagte Hauksberg. „Die sind auch nicht dumm. Eine galaktische Regierung ist unmoglich; sie wurde unter ihrem eigenen Gewicht zusammenbrechen. Wir haben alle Hande voll zu tun, um unser Reich zu kontrollieren, und dabei uben wir die Regierungsgewalt sehr lax aus. Die meisten Selbstverwaltungsorgane sind so stark, da? sich innerhalb des Imperiums eine Art von Feudalismus zu entwickeln beginnt. Konnen die Merseier nicht vorausschauen?“

„Naturlich konnen sie das. Aber ich glaube nicht, da? sie uns kopieren wollen. Das Roidhunat ist nicht wie das Imperium.“

„Gewi?, die Wahler der landbesitzenden Clans suchen sich ihren obersten Herrscher in dem einen Clan der Landlosen, aber das ist ein Detail.“

„Ja, nur der Vach Urdiolch darf die Spitze der Regierung stellen. Das ist kein Detail. Es spiegelt ihre ganze Gesellschaftsauffassung. Was sie fur die fernere Zukunft anstreben, ist eine Anzahl autonomer, von Merseiern regierter Regionen. Fur sie zahlt die Rasse, nicht die Nation. Das macht sie viel gefahrlicher als einfache Imperialisten wie uns, die nur an erster Stelle stehen wollen und den ubrigen Spezies ein gleiches Recht zu existieren einraumen.“

„Eine sehr euphemistische Umschreibung fur unseren Kolonialismus“, sagte Hauksberg lachelnd. „Fuhlen Sie sich als Gast der Merseier. Fuhlen Sie sich als mein Gast. Solange Sie nicht ehrgeizig werden und die Dinge mit Spionagegeschichten verderben, sind Sie hier an Bord willkommen.“ Das Lacheln erstarb. „Wenn Sie Arger machen, werde ich Sie zerbrechen.“

Abrams blickte in die blauen Augen; sie waren plotzlich sehr kalt und entschlossen. Es dammerte ihm, da? Hauksberg alles andere war, nur nicht der aristokratische Snob, fur den er sich ausgab.

„Danke fur die Warnung“, sagte er. „Aber, verdammt noch mal, die Merseier sind doch nicht nach Starkad gekommen, weil ihnen vor Mitleid mit dem armen, bedrangten Seevolk das Herz blutete! Auch glaube ich nicht, da? sie aus Versehen da hineingestolpert sind und nur auf einen geeigneten Vorwand warten, um sich ohne Gesichtsverlust zuruckziehen zu konnen. Sie erwarten, da? fur sie etwas dabei herausspringt.“

„Zum Beispiel?“

„Wie sollte ich das wissen? Ich mochte schworen, da? nicht einmal ihre eigenen Leute auf Starkad wissen, welches der wahre Grund fur ihre Anwesenheit ist. Wahrscheinlich wei? nur eine Handvoll hochgestellter Personen auf Merseia selbst, was die gro?e Strategie ist. Und diese Leute haben sie bis ins Detail ausgearbeitet.“

„Denken Sie vielleicht an wertvolle Mineralien am Meeresboden?“

„Nein, das tue ich nicht. Ich glaube nicht, da? das Seevolk irgendwelche geheimnisvollen Schatze besitzt. Wenn es auf Starkad so etwas gabe, hatten die Merseier es still und ohne Aufhebens an sich bringen konnen. Nach meiner Ansicht geht es ihnen um eine Basis, um, sagen wir mal, die Region am Beteigeuze unter Druck zu setzen. Nein, sie suchen die Auseinandersetzung. Das ist meine Uberzeugung.“

„Ich habe auch in dieser Richtung Spekulationen angestellt“, sagte Hauksberg nachdenklich. „Unter anderem dachte ich an die Moglichkeit, da? einige fanatische Militaristen unter ihnen auf einen Zusammensto? mit uns hinarbeiten. Die Entfernungen sind so gro?, da? keine der beiden Machte an einen direkten Vorsto? ins Zentrum der anderen denken kann. Lassen sie es dagegen auf einem relativ unwichtigen Planeten wie Starkad zu einer Auseinandersetzung kommen, dann konnte es tatsachlich hier drau?en zu einer Kraftprobe kommen — in einer Gegend, wo kein wichtiger Planet in Mitleidenschaft gezogen wurde.“

Abrams nickte. „Was Sie da sagen, ist eine Art Arbeitshypothese fur mich. Aber ich bin noch nicht ganz zufrieden damit. Irgendwie riecht es nicht richtig.“

„Ich beabsichtige, die Merseier zu warnen“, sage Hauksberg, „da? sie die Dinge nicht durch Stolz und Ehrbegriffe irgendeiner Art komplizieren. Wenn wir die vernunftigen Elemente in ihrer Regierung ausfindig machen konnen, mussen wir versuchen — sehr diskret, versteht sich —, eine Zusammenarbeit mit diesen Kraften anzubahnen und die Kriegstreiber zu isolieren.“

„Das Dumme ist nur“, wendete Abrams ein, „da? sie alle vernunftig sind. Aber ihre Vernunft liegt auf einer anderen Ebene als unsere.“

„Nein, Sie sind der Unvernunftige, alter Freund. Ihre Voreingenommenheit zu diesem Gegenstand ist paranoid.“ Hauksberg fullte die Glaser auf. „Trinken Sie noch ein Glaschen, wahrend ich Ihnen zu erklaren versuche, was an Ihrer Betrachtungsweise falsch ist.“

* * *

Die Offiziersmesse war verlassen. Persis hatte sich eine Flasche Portwein von der Bar bringen lassen und sa? im Halbdunkel der Veranda. Nur durch das breite Aussichtsfenster drang schwaches, diffuses Licht herein und erfullte den Raum mit grauen Schatten und sanft schimmernden Reflexen.

Sterne waren die Lichtquelle, unzahlige Scharen von Sternen, wei?, blaulich, rotlich, kalt und klar vor der absoluten Nacht des Weltraums. Und die Milchstra?e war wie leuchtender Rauch, und von der Grenze des Sichtbaren schimmerte die Ellipse des Andromedanebels heruber. Es war ein Bild von furchteinflo?ender Schonheit.

Flandry sah nichts davon, nicht mit Bewu?tsein. Ihre Augen und ihre nur von einem pyjamaahnlichen Hausanzug verhullten Formen nahmen ihn gefangen. Steif sa? er in seinem Sessel, ihr gegenuber. „Ja“, sagte er, „Sie haben recht, der helle Stern dort druben, das ist eine Nova. Auch Saxo wird in absehbarer Zeit zu einer solchen Nova werden.“

„Ist das wahr?“ Ihre Aufmerksamkeit schmeichelte ihm.

„Ja, die Sonne ist genau der Typ, ein Unterzwerg vom Spektraltyp A. Naturlich kann man es nicht mit Sicherheit sagen, aber eines Tages wird der Ausbruch kommen.“

„Die armen Einwohner von Starkad!“

Flandry schmunzelte uberlegen, was ihm einige Muhe bereitete. „Machen Sie sich keine Sorgen. Nach den spektroskopischen Untersuchungen werden noch an die hundert Millionen Jahre vergehen, bis es soweit ist. Zeit genug, um den Planeten zu evakuieren.“

„Hundert Millionen Jahre.“ Sie erschauerte. „Vor hundert Millionen Jahren liefen unsere Vorfahren noch auf allen vieren, nicht wahr?“ Sie nippte von ihrem Wein, dann beugte sie sich vor. „Aber erzahlen Sie mir doch von sich. Sie sind zu schuchtern.“

„Von-von mir?“ stammelte er erschrocken. „Wozu? Ich meine, ich bin niemand.“

„Sie sind der erste junge Held, dem ich begegnet bin. Die anderen, zu Hause, sind grau und alt und mit Orden uberkrustet. Mit denen kann man sich nicht nett unterhalten. Ehrlich gesagt, ich langweile mich auf diesem Schiff. Sie sind der einzige, bei dem ich mich entspannen und menschlich fuhlen kann. Und Sie stecken kaum einmal Ihre Nase aus dem Buro.“

Flandry errotete. Er hatte den Uniformkragen geoffnet, aber sein Hals fuhlte sich immer noch beengt.

„Oberst Abrams gibt mir viel Arbeit. Ich wollte nicht ungesellig sein, aber dieses ist das erste Mal, da? er mich gehen lie?. Aber Graf Hauksberg…“

Persis zuckte die Achseln. „Er versteht mich nicht. Gewi?, er ist gut zu mir gewesen, und ohne ihn ware ich wahrscheinlich noch heute eine unterbezahlte Tanzerin. Aber er versteht mich nicht.“

Flandry fullte sein Glas auf, um Zeit zu gewinnen und seiner Verlegenheit Herr zu werden.

„Warum sind Sie nach Starkad gegangen?“ fragte Persis freundlich.

„Das war ein Befehl.“

„Soll das eine Antwort sein? Sie hatten es doch sicher vermeiden konnen. Den meisten scheint es zu gelingen. Sie mussen einen Glauben an das haben, was Sie tun.“

„Ich wei? nicht. Ich konnte mich noch nie aus einer ordentlichen Keilerei heraushalten. Vielleicht ist es das.“

Sie seufzte. „Ich hatte besser von Ihnen gedacht, Dominic.“

„Wie bitte?“ Flandry murmelte eine Entschuldigung. Sie half ihm uber die Peinlichkeit des Augenblicks hinweg.

„Ich mochte wissen, was Ihnen wichtig ist. Sie sind die Zukunft. Was hat Ihnen die Erde gegeben, da? Sie

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