als Gegenleistung Ihr Leben aufs Spiel setzen?“

„Nun — ich denke, ah, Protektion, eine Ausbildung und so.“

„Karge Geschenke“, sagte sie. „Sie waren arm?“

„Eigentlich nicht. Ich bin der uneheliche Sohn eines kleinen Adligen. Er schickte mich auf gute Schulen und zuletzt auf die Marineakademie.“

„Aber Sie waren kaum jemals zu Hause?“

„Nein. Das war gar nicht moglich. Ich meine, meine Mutter war damals an der Oper. Sie mu?te an ihre Karriere denken. Mein Vater ist ein Privatgelehrter, und seine Studien gehen ihm uber alles. Was sonst noch ist, scheint fur ihn mehr nebensachlich zu sein. Das ist eben seine Art. Meine Eltern haben ihre Pflicht mir gegenuber erfullt. Ich kann mich nicht beklagen.“

„Jedenfalls tun Sie es nicht.“ Sie beruhrte seine Hand. „Mein Vorname ist Persis.“

Flandry schluckte.

„Was fur ein hartes Leben Sie hatten“, meinte sie sinnend. „Und doch kampfen Sie fur das Imperium.“

„Wirklich, mein Leben war nicht schlimm… Persis.“

„Gut! Sie machen Fortschritte.“ Diesmal lie? sie ihre Hand auf der seinen liegen. „Warum sind Sie bei mir so schuchtern?“

Er zog sich in seinen Sessel zuruck. „Ich-ich, sehen Sie, ich hatte nie Gelegenheit, zu lernen, ah, wie man sich benimmt, ich meine, in so einer Situation…“

Sie war so nahe, da? er ihre Korperwarme zu spuren glaubte.

Sie hatte ihre Augen halb geschlossen. „Nun haben Sie die Gelegenheit“, flusterte sie.

Spater, in ihrer Kajute, stutzte sie sich auf einen Ellbogen und betrachtete ihn lange. Ihr Haar flo? uber seine Schulter. „Und ich dachte, ich ware deine erste gewesen“, sagte sie.

9

Ardaig, die ursprungliche Hauptstadt, war um die Bucht herumgewachsen, wo der Flu? Oiss sich in den Wildwidh-Ozean ergo?, und ihr Hinterland war bis zu den Auslaufern der ostlichen Berge ein einziges Siedlungsgebiet geworden. Trotzdem hatte die Stadt ihre alte Atmosphare behalten. Ihre Burger waren traditionsbewu?ter, kultivierter und dem Mu?iggang zugeneigter als anderswo. Ardaig war das kulturelle und kunstlerische Zentrum Merseias. Obgleich der Gro?e Rat immer noch einmal im Jahr hier zusammentrat und die Burg Afon immer noch die Hauptresidenz des Roidhuns war, hatte sich das Schwergewicht der Regierungstatigkeit nach dem antipodischen Tridaig verlagert. Diese neue Hauptstadt war jung, technologisch orientiert, von brullendem Verkehrslarm erfullt, von Leben uberschaumend, durchzuckt von fiebrigen Ausbruchen der Gewalttat, Metropole der Industrie, des Handels und des Verbrechens. Darum hatte es Uberraschung ausgelost, als Brechdan Ironrede bestimmt hatte, da? das neue Marineministerium bei Ardaig errichtet werden sollte.

Auf Opposition stie? er nicht. Er war nicht nur Vorsitzender des Gro?en Rates; bis zu seiner Berufung in die Verwaltung war er Angehoriger der Marine gewesen und hatte es dort zum Flottenadmiral gebracht. So war es ganz naturlich, da? seine besondere Liebe und Forderung der Marine galt. Charakteristischerweise hatte er es verschmaht, Grunde fur seine Entscheidung zu nennen. Es war sein Wille, und so hatte es zu geschehen.

Tatsachlich hatte er nicht einmal sich selbst logisch unanfechtbare Grunde angeben konnen. Wirtschaftliche Gesichtspunkte, Entballung, Regionalausgleich, alle diese Argumente lie?en sich mit Gegenargumenten beantworten. Er schatzte es, da? er von Ardaig aus nur einen kurzen Luftsprung zu machen hatte, wenn er sich in die heitere Stille seines privaten Landsitzes Danghodan zuruckziehen wollte, aber er hoffte und glaubte, da? diese Uberlegung ihn nicht beeinflu?t hatte. Auf irgendeine obskure Weise war ihm klar, da? das Instrument, das wie kein anderes Merseias Schicksal war, von Merseias ewiger Stadt aus gefuhrt werden mu?te.

Und so erhob sich der Turm, da? sein Schatten im Abendlicht einen breiten Balken uber die ganze Stadt legte. Flugmaschinen umschwarmten die hochgelegenen Landeplatze wie Seevogel. Nach Einbruch der Dunkelheit verwandelte der Lichtschein aus ungezahlten Fenstern das gigantische Bauwerk in ein flimmerndes, scheinbar korperloses und unwirkliches Etwas, und das Leuchtfeuer auf der Spitze verscheuchte die Sterne. Trotzdem zerstorte das Haus der Admiralitat, wie es genannt wurde, nicht das alte Stadtbild Ardaigs. Dafur hatte Brechdan gesorgt. Es lag funf Kilometer vom Stadtkern entfernt und bildete so einen Gegenpol, eine moderne Antwort auf die alte Stadtsilhouette mit ihren Turmen und Kuppeln. Die oberste Etage, uber der nur noch eine Ebene mit technischen Anlagen und Verkehrseinrichtungen lag, war sein eigener Bereich.

An diesem Abend war er allein. Au?er ihm hatten nur drei seiner Vertrauten Zutritt zum Allerheiligsten. Wollten sie zu ihm, mu?ten sie an einem Wachtposten vorbei durch einen leeren Vorraum, wo sie Gesicht und Hande vor eine photoelektrisch gesteuerte Abtastvorrichtung zu halten hatten. Erst nach ihrer positiven Identifizierung offnete sich die innere Panzertur. Begehrten mehrere Zutritt, mu?te sich jeder einzelne identifizieren lassen. Der Vorschrift wurde durch eine Alarmanlage und automatische Strahlfeuerwaffen Nachdruck verliehen.

Die Moblierung seines Buros war zweckma?ig und nicht extravagant: Schreibtisch, Stahlkammer, Rechenanlage, Diktatschreiber, Fernsprecheinrichtungen. Er druckte auf einen der Knopfe, und sein Ruf ging als unkenntlich gemachtes Gerausch in den Ather hinaus. Funfzehntausend Kilometer entfernt — ein Drittel des Planetenumfangs — erreichte er das Ohr dessen, fur den er bestimmt war.

„Du hast mich geweckt“, knurrte Schwylt. „Konntest du nicht eine anstandige Tageszeit wahlen?“

Brechdan lachte. „Die ware fur mich unanstandig gewesen. Diese Sache mit Therayn hat nicht Zeit bis zur nachsten Konferenz. Ich habe die Situation uberpruft und halte es fur zweckma?ig, so schnell wie moglich eine Flotte hinzuschicken, zusammen mit einem geeigneten Nachfolger fur Gadrol.“

„Leicht gesagt. Gadrol wird damit nicht einverstanden sein, und das mit Recht, und er hat machtige Freunde. Au?erdem sind da noch die Terraner, und wenn sie von diesem Unternehmen horen, werden sie reagieren, obwohl es weit von ihren Grenzen entfernt stattfindet. Wir brauchen eine Prognose ihres Verhaltens, und wie sich das auf die Verhaltnisse auf Starkad auswirken wird. Ich habe Lifrith und Priadwyr bereits verstandigt. Je fruher wir vier uns uber das Problem aussprechen konnen, desto besser.“

„Das la?t sich im Moment schlecht einrichten. Die Delegation der Terraner ist heute eingetroffen. Nachher findet ein Begru?ungsempfang statt.“

„Was?“ Schwylt zeigte Erstaunen und Unwillen. „Einen von ihren stumpfsinnigen Riten? Ist das dein Ernst?“

„Leider. Und die nachsten Tage mu? ich ihnen zur Verfugung stehen. Fur ihre Begriffe ware es ein schlimmer Versto? gegen die Hoflichkeit, wenn der Premierminister von Merseia den Vertreter seiner Majestat links liegen lassen wurde.“

„Was kann bei den Gesprachen schon herauskommen? Das ist doch nur ein Manover, um uns Sand in die Augen zu streuen! Ich sehe die ganze Sache als Farce an.“

„Gewi?. Aber wir mussen so tun, als ob wir darauf eingingen. Wenn wir nicht vorsichtig taktieren, konnte uns die Entwicklung aus der Kontrolle geraten, und wir mu?ten unsere Aktionsplane vorzeitig verwirklichen. Au?erdem mochte ich wissen, wie ernst es ihnen mit einer Regelung der Starkad-Affare ist. Wenn sie es ehrlich meinen, werde ich ihre Hoffnungen ermutigen. Auf diese Weise konnen wir den Schock dampfen, den wir mit unserer Besetzung Therayns auslosen werden. Alles das aber hei?t, da? ich die Gesprache, Einladungen und Zusammenkunfte mehr in die Lange ziehen mu?, als ich es ursprunglich beabsichtigte. Es ist wichtig, da? ich mit den Kopfen der Delegation personliche Bekanntschaft schlie?e.“

Schwylt zog eine Grimasse. „Du hast einen sehr merkwurdigen Geschmack bei der Auswahl deiner Freunde.“

„Denkst du an dich?“ spottete Brechdan. „Pa? auf. Der Plan fur Starkad ist alles andere als eine Stra?e, die wir blo? zu gehen brauchen. Die Situation mu? beobachtet und entsprechend den neuen Entwicklungen modifiziert werden, jeden Tag aufs Neue. Etwas Unvorhergesehenes, ein brillanter Schachzug der Terraner, ein Nachlassen ihrer Moral, ein Meinungsumschwung unter den Eingeborenen — alles ist in dieser prekar ausbalancierten Situation wichtig und kann eine vollige Neuplanung unserer Strategie erforderlich machen. Je genauer die Daten sind, die wir besitzen, desto besser konnen wir beurteilen, was zu tun ist. Wir mussen nicht nur auf ihre militarischen Aktionen achten, sondern wir mussen auch ihre Gefuhle kennen und zu beeinflussen lernen, was um

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