Richtungen. Cunningham nahm an, da? diese Knopfe die Funktion von Augen hatten, obwohl er aus dieser Entfernung nur gestaltlose schwarze Kugeln erkennen konnte. Die Fuhler schwangen auch in seine Richtung, und dann sank die Kreatur wieder zu Boden und krabbelte davon.

Cunningham fragte sich, ob sie seine Gegenwart gefuhlt und Angst hatte. Aber er war uberzeugt, da? kein Auge, das an die denebische Helligkeit gewohnt war, in das Dunkel seines Verstecks blicken konnte. Vielleicht furchtete sich das Tier auch nur vor Hohlen oder vor dem Dunkel im allgemeinen.

Da? es Grund zur Furcht hatte, merkte Cunningham, als sich ein anderes Krustentier aus dem Staub erhob, das viel gro?er war als die Tiere, die er zuerst entdeckt hatte. Es bekampfte eines der kleineren Wesen. Der Kampf fand so weit von der Hohle entfernt statt, da? Cunningham keine Einzelheiten erkennen konnte. Aber das gro?ere Tier uberwaltigte das kleinere rasch. Danach schien es sein Opfer auszusaugen und verschwand, offenbar auf der Suche nach neuer Beute. Es war kaum Cunninghams Blicken entschwunden, als ein weiteres Wesen auftauchte. Seine Gestalt glich der eines Tausendfu?lers, aber es war vierzig Fu? lang. Es bewegte sich mit der gleitenden Anmut seines irdischen Gegenstucks.

Der Neuankommling beschnuffelte die Reste der Mahlzeit des Fleischfressers und verschlang sie dann. Dann blickte er sich um, offensichtlich auf der Suche nach weiterer Nahrung.

Als er die Hohle sah, kroch er darauf zu, zu Cunninghams Entsetzen.

Er war unbewaffnet, und der Tausendfu?ler sah ganz so aus, als sei er durchaus in der Lage, die Opfer selbst zu toten, die er verspeisen wollte, wenn er vorhin von der Beute auch profitiert hatte. Ein Dutzend Yards vor der Hohle hielt er an, wie das kleine krebsartige Tier zuvor. Und wie dieses erhob er sich, um sich besser umsehen zu konnen. Die baseballgro?en schwarzen Augen schienen sekundenlang in Cunninghams Sichtfenster zu starren, dann wandte sich der Tausendfu?ler zu Cunninghams grenzenloser Erleichterung ab und glitt rasch davon. Hatte das Tier Cunninghams Anwesenheit entdeckt?

Oder verspurte es Angst vor dunklen Hohlen, wie offensichtlich auch das kleine Krebstier?

Wenn letzteres nicht zutraf, so gab es vielleicht irgendwelche Spuren von fruheren Bewohnern der Hohle. Nach einem letzten Blick, der ihm sagte, da? die beiden Manner noch immer bei der Arbeit waren, drehte er sich um und begann seine nahere Umgebung genau zu studieren.

Uberall lag Staub, besonders an den Wanden und in den Winkeln der Hohle. Es herrschte genug Licht im Innern der Hohle, das Cunningham dem Widerschein einiger Gegenstande drau?en zu verdanken hatte, und er konnte alles genau sehen.

Bald fand er Spuren im Staub, die von den Tieren stammen konnten, die er gesehen hatte. Es gab so viele Spuren, da? er annahm, die Hohle sei in letzter Zeit stark frequentiert worden.

Und es sah ganz so aus, als blieben die Tiere ihrem Unterschlupf jetzt fern, weil ein Mensch ihn besetzt hielt.

An der hinteren Wand fand er die leere Hulle, die einst ein viergliedriges Bein umgeben hatte. Er sah, da? das Fleisch entweder verzehrt worden oder verwest war, obwohl es ihm schwerfiel, zu glauben, da? in dieser luftlosen Gegend etwas verwesen sollte. Cunningham fragte sich, ob das Bein mit seinem rechtma?igen Eigentumer in die Hohle gelangt war oder ob es Teil der Mahlzeit eines anderen Tieres gewesen war.

Wenn die erste Annahme zutraf, dann mu?te er noch mehrere Reste des Tieres finden.

Er fand sie. Nachdem er minutenlang im Staub gegraben hatte, entdeckte er das Skelett eines der kleineren krebsartigen Wesen. Cunningham trug die sterblichen Uberreste zum Eingang der Hohle, um sie zu untersuchen und gleichzeitig auch das Schiff beobachten zu konnen.

Zuerst widmete er sich den Knopfen, die er fur Augen gehalten hatte. Eine Untersuchung der Oberflache ergab nichts, also ri? er sorgfaltig einen der Fuhler aus. Der Arm des Fuhlers war hohl, wie er erwartet hatte. Er fand innen keine Spuren einer Netzhaut, aber er entdeckte auch in den anderen Teilen des Skeletts keine fleischlichen Spuren, also bewies das gar nichts.

Dann hielt Cunningham das Vorderteil des schwarzen Panzers vor die Augen, und als er in die Richtung des glei?enden Raumschiffs sah, funkelte Licht durch ein mikroskopisch kleines Loch. Die Kugel war also doch ein Auge, aber das eigentliche Sehorgan befand sich im Panzer, wo es besseren Schutz vor dem uberhellen Licht von Deneb fand. Bei Nacht war es wohl nutzlos. Cunningham sah sich nun erneut mit dem Problem konfrontiert, ob die Tiere seine Anwesenheit in der Hohle bemerkt hatten. Seine ursprungliche Annahme, da? kein an die strahlende Helligkeit von Deneb gewohntes Auge etwas in der dunklen Hohle ausmachen konnte, schien zuzutreffen.

Er setzte seine Untersuchungen fort. Ein Gehor- oder Geruchssinn fiel bei dieser luftleeren Umgebung wohl aus. Und er fand nichts, was auf einen Tast- und Geschmackssinn schlie?en lie?.

Cunningham war so in seine Studien vertieft, da? er sich keinerlei Gedanken uber seine gefahrliche Situation machte. Er hatte das Skelett noch nicht zu Ende seziert, als er durch das Erscheinen eines der fleischfressenden Tiere unterbrochen wurde. Es blieb ein Dutzend Yards vor der Hohle stehen, richtete sich auf seinen dunnen Beinen auf und schien um sich zu glotzen. Cunningham warf eines der Beine, die er dem Skelett ausgerissen hatte, auf das Tier. Offensichtlich sah es die fliegenden Gliedma?en, aber es machte keine Anstalten, danach zu schnappen. Statt dessen wandte es seine Augen in Cunninghams Richtung und ergriff dann schleunigst die Flucht.

Das Tier schien uber kein nennenswertes Gedachtnis zu verfugen, denn zwei Minuten spater kroch es erneut heran, nagte an den Pflanzen und totete eines der kleineren Wesen, die uberall herumkrabbelten. Diesmal konnte er den Kampf und das darauffolgende Festmahl genauer beobachten, denn beides fand ganz in seiner Nahe statt. Diesmal erschien der Riesentausendfu?ler bereits, als der Fleischfresser noch mit seiner Mahlzeit beschaftigt war. Beide schwarzen Tiere, das tote und das lebendige, verschwanden im Rachen des Riesen.

Was die Episode fur Cunningham so interessant machte, war die Tatsache, da? die Pflanzenfresser mit Hochstgeschwindigkeit auf die Hohle zukrochen, sobald der Tausendfu?ler zwischen ihnen erschien. Zuerst dachte er, sie wurden zuruckschrecken, wenn sie ihn sahen oder spurten, aber offensichtlich war er das kleinere von zwei Ubeln, denn sie krochen an ihm vorbei und vergruben sich im Staub. Cunningham beobachtete sie mit Vergnugen, als ob sie sich nur ihm zu Gefallen hier versammelt hatten.

Als die letzten Tiere im Staub verschwunden waren, wandte er sich wieder der Szene drau?en zu. Der Tausendfu?ler beendete gerade sein Mahl, dann glitt er zum Gipfel einer gro?eren Staubdune und lie? sich darauf nieder. Von dieser Position aus konnte er nach allen Richtungen Ausschau halten.

Da der Tausendfu?ler nicht die Absicht zu haben schien, sich in der nachsten Zeit zu ruhren und die Manner noch immer bei der Arbeit waren, beschlo? Cunningham, die kleinen Krebstiere in seiner Hohle naher zu betrachten. Er kroch an die nachste Wand und begann vorsichtig im Staub zu graben. Schon nach kurzer Zeit bekam er ein sich windendes Tier zu fassen und hielt es ans Licht. Wenn er es mit der Unterseite nach oben hielt, konnte es mit seinen Beinen nirgends Halt finden, und er konnte trotz der wild zuckenden Gliedma?en in aller Ruhe das Tier betrachten. Die Kiefer, die sich jetzt wutend offneten und schlossen, waren mit Zahnreihen ausgestattet, die seltsame Spekulationen in bezug auf die Pflanzenwelt zulie?en, die damit verzehrt wurde. Die Zahne sahen aus, als seien sie imstande, die Metallfinger von Cunninghams Raumanzug zu zermalmen, und er hielt seine Hand vorsorglich au?er Reichweite.

Er begann sich zu fragen, wie das Tier ohne Luft leben konnte, und um diesem Problem auf den Grund zu kommen, mu?te er das Tier toten, ohne ihm gro?en inneren Schaden zuzufugen.

Offensichtlich war es fahig, viele Stunden ohne direkte Sonneneinstrahlung zu uberleben, die die wichtigste Energiequelle auf diesem Planeten zu sein schien. Die Korpertemperatur des Tieres war hoch genug, um Cunningham auch durch den Raumanzug hindurch ein unangenehmes Hitzegefuhl zu vermitteln.

Er blickte sich nach einer passenden Waffe um.

Einige tiefe Spalten gruben sich in den Stein am Hohleneingang, die wahrscheinlich von der Ausdehnung und Kontraktion der Materie bei Temperaturwechsel herruhrten. Mit geringer Anstrengung gelang es ihm, einen spitzen, ziemlich schweren Stein herauszubrechen. Er legte das Tier mit dem Rucken auf den Boden und hoffte, da? es etwas besa?, was in irgendeiner Form mit einem Solarplexus korrespondierte.

Das Tier war zu schnell fur ihn. Die Beine, die seine Hand nicht erreichen konnten, als es auf dem Ruckenschild in seine Handflache eingebettet gelegen hatte, konnten sich auf dem unebenen Grund rasch Halt verschaffen. Noch bevor er zuschlagen konnte, hatte das Tier sich umgedreht und rannte mit einer Hast davon, die die ubersturzte Flucht vor dem Tausendfu?ler noch in den Schatten stellte.

Cunningham zuckte mit den Schultern und grub ein anderes krebsartiges Wesen aus. Diesmal hielt er es in der Hand, wahrend er mit der Steinspitze auf seine Brust hieb. Kein Effekt war zu sehen. Er hatte nicht gewagt, allzu fest zuzuschlagen, aus Angst, die Brustschale zu zertrummern. Er schlug noch mehrmals zu, mit gleichem Erfolg und wachsender Ungeduld.

Und dann geschah, was er befurchtet hatte. Die Brustschale gab nach, die Steinspitze bohrte sich tief in den Tierkorper und beschadigte fast alle inneren Organe. Die Beine zuckten noch ein- oder zweimal, dann bewegten sie sich nicht mehr, und Cunningham stie? einen Fluch aus.

Er entfernte die zerbrochenen Teile der Brustschale und blickte erstaunt auf die Flussigkeit, die den Korper des Tieres gefullt zu haben schien. Sie besa? eine silbrige, beinahe metallische Farbe. Sie sah aus wie Quecksilber, aber andererseits netzte sie die Organe und hatte offenbar einen Siedepunkt, der uber dem jenes Metalls lag. Cunningham dachte gerade uber die merkwurdige Beschaffenheit dieser Flussigkeit nach, als ihm das tote Tier heftig aus der Hand gerissen wurde. Er schlug einen Purzelbaum nach hinten und prallte gegen die ruckwartige Hohlenwand. Als er sich wieder aufrappelte, sah er zu seinem Entsetzen, da? der Angreifer niemand anderer als der Riesentausendfu?ler war.

Er fra? Cunninghams Lernobjekt auf und lie? nur die au?ersten Spitzen der Beine ubrig. Und dann richtete er sich auf und richtete die unsichtbaren Nadelpunkte seiner Pupillen auf den Mann im Raumanzug. Cunningham holte tief Atem, umklammerte fest das Steinstuck, obwohl er wenig Hoffnung hatte, die Kreatur uberwaltigen zu konnen. Die Zahne, die er gerade arbeiten gesehen hatte, waren noch gefahrlicher als die des kleinen, krebsartigen Tieres, und die Kiefer waren gro? genug, um ein menschliches Bein umfassen zu konnen.

Etwa funf Sekunden lang starrten sie einander reglos an.

Dann kam das Tier zu Cunninghams Erleichterung zu dem gleichen Entschlu?, den es bereits einmal gefa?t hatte, als es den Menschen examiniert hatte. Es glitt eiligst davon. Diesmal blieb es nicht in Sichtweite. Es bewegte sich noch immer au?erst rasch, als es die Grenze von Cunninghams Blickfeld er reichte.

Leicht zitternd bezog er wieder Position am Hohleneingang, setzte sich so, da? er das Schiff beobachten konnte, und begann nachzudenken. Viele Erfahrungen, die er bisher hier gesammelt hatte, erschienen ihm hochst interessant, wenn nicht gar faszinierend.

Der Tausendfu?ler hatte den Pflanzenfresser nicht gesehen, der aus Cunninghams Hohle floh, oder er hatte ihn zumindest nicht verfolgt. Die Kreatur schien nur anzugreifen, wenn bereits Blut vergossen worden war. Zweimal hatten die Fleischfresser Vorarbeit geleistet, einmal Cunningham. Offensichtlicht machte es keinen Unterschied, wo die Opfer sich befanden — zwei hatten im vollen Sonnenlicht gelegen, eines war im Dunkel der Hohle. Das bewies, da? der Tausendfu?ler sowohl im Licht als auch in der Finsternis sehen konnte. Er war nicht nur ein Aasfresser. Cunningham hatte beobachtet, da? der Fleischfresser mitsamt seiner Beute im Rachen des Tausendfu?lers verschwunden war. Gewi? besa? er die Fahigkeit, einen Menschen zu uberwinden, aber zweimal hatte er rasch die Flucht ergriffen, obwohl er doch in einer ausgezeichneten Angriffsposition gewesen war. Was war es, das die Kreatur zu den Kampfstatten zog, wo Blut vergossen wurde? Was war es, das sie angstlich vor einem Menschen die Flucht ergreifen lie? wie alle Wesen auf dieser Welt, die er bisher gesehen hatte?

Auf jedem Planeten, der von einer Atmosphare umgeben war, hatte Cunningham die Antwort gewu?t. Es hatte am Geruchssinn liegen mussen. Fur ihn waren die Geruchsorgane immer mit einem Atemapparat verbunden, der diesen Tieren offensichtlich fehlte.

Und warum hatte sich der Tausendfu?ler so lange mit der Flucht Zeit gelassen? Dauerte es langer, als er annahm, bis die Augen des Tieres ihm Informationen lieferten? Normalerweise sieht man wohl schneller, als man riecht…“

Endlich kam er darauf, und er argerte sich, weil das so lange gedauert hatte. Fur den Menschen ist das Auge ein Organ, das Bilder formt, Bilder von dem Gegenstand, dessen Strahlungen es aufnimmt. Und eine Nase ist eine Vorrichtung, die seinen Eigentumer vom Vorhandensein von Molekulen unterrichtet.

Aber welches Organ kann ein Bild von einer Geruchsquelle formen?

Denn gerade das taten diese ›Augen‹. Im nahezu vollkommenen Vakuum dieses Planeten zerstreuten sich Gase mit hoher Geschwindigkeit, und ihre Molekule wanderten in geraden Linien. Und auf dieser Welt brauchte man ein Auge, dessen Netzhaut mit Geruchsnerven kombiniert war anstatt mit lichtempfindlichen Nerven.

Deshalb waren die Tiere dieses Planeten Lichtdifferenzen gegenuber unempfindlich. Im offenen Raum, unter den Strahlen Denebs, ›sahen‹ sie genauso wie in der dunklen Hohle, vorausgesetzt, da? irgend etwas in ihrer Nachbarschaft Molekule verbreitete.

Und jede Substanz, sei sie von fester oder flussiger Beschaffenheit, sendet ihre Dampfe aus. In der Hitze von Deneb gaben sicher auch die unwahrscheinlichsten Materien ihre Dunstwellen von sich, die auf die Organe dieser Tiere einwirkten — besonders Metalle. Die Lebensflussigkeit der Tiere war metallisch — vielleicht Blei, Zinn, Wismut oder ein ahnliches Metall. Oder vielleicht trug eine Metallmischung die vitalen Substanzen zu den Zellen der Tiere. Sicher bestanden auch die Zellen der Tiere gro?tenteils aus Metall.

Aber diese Fragen zu beantworten, war Sache eines Biochemikers.

Cunningham versuchte, sich die Analogie von Geruch und Farbe vorzustellen, die hier existieren mu?te. Leichte Gase wie Oxygen und Nitrogen waren hier sicher selten, und die winzigen

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