Manne haben?«

»Er mu? weinen konnen. Sie tun mir leid, Ari ben Kanaan.«

Kitty verlie? Daliyat el Karmil noch am gleichen Morgen.

XIX.

Bruce Sutherland hatte seit zwei Tagen in Haifa im Zionhotel auf Kitty gewartet. Es schien Kitty, als sei sie noch nie in ihrem Leben so glucklich gewesen, jemanden zu sehen. Nach dem Abendessen fuhr Sutherland mit ihr auf den Har Hakarmel, den Berg im judischen Sektor von Haifa. Sie gingen in ein Restaurant mit einer gro?artigen Aussicht; man sah auf die Stadt und den Hafen hinunter, sah die Bucht entlang bis nach Akko, und dahinter die Berge des Libanon.

»Nun, wie geht es uns denn jetzt?«

»Danke, Bruce, schon viel besser. Ich bin so froh, da? Sie gekommen sind.« Sie betrachtete die Aussicht. »Am ersten Abend in Palastina war ich auch schon hier oben. Ari war mit mir hierhergefahren. Soviel ich mich erinnere, hatte unsere Unterhaltung irgend etwas mit der Spannung zu tun, in der wir leben.«

»Fur die Juden in Palastina ist die Bedrohung und der Kampf ein ebenso selbstverstandlicher Bestandteil ihres Lebens wie fur euch Amerikaner der Baseball. Dadurch werden die Menschen hier hart.«

»Dieses Land setzt mir derma?en zu, da? ich gar nicht mehr klar denken kann. Je mehr ich versuche, mir logisch uber alles klar zu werden, desto mehr werde ich das Opfer von Gefuhlen und unerklarlichen Kraften. Ich mu? hier weg, ehe mich dieses Land auffri?t.«

»Kitty, wir wissen inzwischen, da? sich Dov Landau in Sicherheit befindet. Er halt sich in Hamischmar verborgen. Ich habe es Karen noch nicht gesagt.«

»Ich glaube, sie mu? es erfahren. Sagen Sie, Bruce, was wird hier werden?«

»Bin ich ein Prophet?«

»Meinen Sie, da? die UNO den Arabern gegenuber nachgeben wird?«

»Ich glaube, da? es Krieg geben wird.«

»Und wie wird sich das fur Gan Dafna auswirken? Das mu? ich wissen.«

»Die Araber konnen hier in Palastina funfzigtausend Mann auf die Beine stellen und au?erdem ungefahr zwanzigtausend Mann, die illegal uber die Grenze kommen. Es gab einen Burschen namens Kawuky, der die Streitkrafte in den Unruhen der Jahre 1936 bis 1939 anfuhrte. Er ist bereits wieder eifrig dabei, eine ahnliche Gangsterbande zu organisieren. Es ist leichter, den Arabern als den Juden Waffen zukommen zu lassen; sie sind rings von guten Freunden umgeben.«

»Und was werden die anderen machen, Bruce?« fragte Kitty.

»Die anderen? Sowohl Agypten wie der Irak verfugen uber eine Armee von rund funfzigtausend Mann. Syrien und der Libanon konnen weitere zwanzigtausend Mann auf die Beine stellen. Transjordanien hat die Arabische Legion, hervorragende Soldaten, mit den modernsten Waffen ausgerustet. Nach unseren heutigen Begriffen haben die Araber keine wirklich erstklassigen Armeen; immerhin haben sie allerhand moderne Einheiten und verfugen uber Artillerie, Kriegsschiffe und Kampfflugzeuge.«

»Sie waren doch als Berater der Hagana tatig, Bruce. Was haben Sie den Leuten gesagt?«

»Ich habe ihnen geraten, eine Verteidigungslinie zwischen Tel Aviv und Haifa zu errichten und zu versuchen, diesen schmalen Streifen zu halten. Kitty, die Aussichten fur die Juden sehen nicht rosig aus. Sie haben den Palmach mit vier- bis funftausend Mann, und sie haben die Hagana mit funfzigtausend Mann. Doch das ist eine Armee, die nur auf dem Papier steht. Sie besitzt nur zehntausend Gewehre. Die Makkabaer konnen rund tausend Mann stellen, die mit leichten Waffen ausgerustet sind, nicht mehr. Die Juden haben keine Artillerie, keine Luftwaffe, keine Flotte. Doch sie haben meinen Rat ebensowenig angenommen wie den irgendeines anderen militarischen Beraters, der ihnen gesagt hat, sie sollten sich auf eine schmale Verteidigungslinie zuruckziehen. Die Juden sind entschlossen, um jeden Moschaw, jeden Kibbuz, jedes Dorf zu kampfen. Das hei?t also, da? sie auch Gan Dafna verteidigen werden. Wollen Sie noch mehr horen?«

Kittys Stimme wurde unsicher. »Nein«, sagte sie. »Ich habe genug gehort. Und dennoch! Ist es nicht merkwurdig, Bruce? Eines Nachts, als ich mit den Menschen vom Palmach auf dem Berg Tabor war, hatte ich den Eindruck ihrer Unbesiegbarkeit, empfand ich sie als die Soldaten Gottes. Ja, Lagerfeuer und Mondschein scheinen auch auf mich ihre romantische Wirkung nicht zu verfehlen.«

»Alles, was ich in meinem ganzen Leben als Soldat gelernt habe, sagt mir, da? die Juden nicht gewinnen konnen. Doch wenn man sich ansieht, was sie hier in diesem Land erreicht haben, dann ist man kein Realist, wenn man es ablehnt, an Wunder zu glauben.«

»Wenn ich nur auch so denken konnte, Bruce!«

»Was fur eine Spielzeug-Armee diese Juden doch haben! Ein paar Burschen und Madchen ohne Gewehre, ohne Range und Uniform, und sogar ohne Bezahlung. Der Kommandant des Palmach ist kaum drei?ig Jahre alt und seine drei Brigadefuhrer sind rund funfundzwanzig. Aber in ihnen ist etwas, das von Militarexperten zwar nicht in Rechnung gestellt werden kann, womit die Araber aber doch sehr zu tun haben werden: Die Juden sind bereit, den letzten Mann, die letzte Frau und das letzte Kind zu opfern, nur um das zu behalten, was sie hier erreicht haben. Und wieviel Blut sind die Araber zu opfern bereit?«

»Glauben Sie, da? die Juden siegen konnen? Glauben Sie das wirklich?«

»Nennen Sie es ein Gotteswunder, wenn Sie wollen, oder sagen wir lieber schlicht und einfach, da? die Juden nicht nur einen Ari ben Kanaan haben.«

Am nachsten Tag fuhr Kitty nach Gan Dafna zuruck. Sie war uberrascht, in ihrem Buro Jordana zu sehen, die hier auf sie gewartet hatte.

»Was fuhrt Sie zu mir, Jordana?« fragte Kitty kuhl. »Ich bin sehr beschaftigt.«

»Wir haben gehort, was Sie fur Ari getan haben«, murmelte Jordana verlegen, »und ich wollte Ihnen gern sagen, wie dankbar ich Ihnen bin.«

»Ihr Nachrichtendienst scheint also wieder zu funktionieren. Ich bedaure, da? ich meine Abreise verschieben mu?te. Im ubrigen brauchen Sie sich nicht verpflichtet zu fuhlen. Ich hatte dasselbe fur einen angeschossenen Hund getan.«

Kitty machte Reiseplane. Doch dann bat Dr. Liebermann sie, noch ein paar Wochen zuzulegen. Aliyah Bet hatte weitere hundert Kinder ins Land geschmuggelt, und fur diese Kinder mu?te neues Pflegepersonal ausgebildet werden. Viele der Neuangekommenen waren in sehr schlechter Verfassung, nachdem sie mehr als zwei Jahre in DP-Lagern zugebracht hatten.

Kitty blieb, und machte dann erneut Reiseplane. Schlie?lich waren es wieder nur noch zwei Tage, bis sie, zusammen mit Karen, Gan Dafna und Palastina verlassen wollte.

Gegen Ende August 1947 machte der Untersuchungsausschu? der UNO von Genf aus verschiedene Schlichtungsvorschlage.

Jeder dieser Plane befurwortete die Aufteilung Palastinas in ein arabisches und ein judisches Gebiet, wobei Jerusalem internationales Territorium werden sollte. Die lauteren Absichten des Ausschusses standen dabei au?er Frage, denn er setzte sich gleichzeitig dafur ein, da? ab sofort monatlich sechstausend Juden aus den DP-Lagern Europas Erlaubnis zur Einwanderung erhalten und da? die Juden Grund und Boden erwerben durfen sollten.

Die Juden hatten darum gebeten, dem Gebiet des judischen Staates die Negev-Wuste hinzuzufugen. Die Araber besa?en Millionen Quadratmeilen unfruchtbarer Wuste. Die Juden wollten dieses kleine Gebiet, das einige tausend Quadratmeilen umfa?te, gern dazuhaben, weil sie hofften, es urbar machen zu konnen. Der Untersuchungsausschu? der UNO war damit einverstanden.

Aber auch mit der Negev-Wuste war das abgeteilte Gebiet ein lebensunfahiger Staat. Es bestand aus drei Gebietsstreifen, die durch schmale Korridore miteinander verbunden waren. Die Araber erhielten drei gro?ere Gebietsstreifen, gleichfalls durch Korridore verbunden. Die Juden verloren ihre Ewige Stadt, Jerusalem. Sie behielten das Scharon-Gebiet und die Teile von Galilaa, die sie dem Sumpf abgewonnen hatten. Das Ganze war ein unhaltbares Staatengebilde, doch der Jischuw-Zentralrat und die Zionistische Welt-Organisation erklarten sich bereit, den Kompromi?vorschlag anzunehmen. Auch die Araber erteilten ihre Antwort. Sie erklarten, die Teilung Palastinas bedeute den Krieg.

Trotz der Drohungen der Araber beschlo? der Untersuchungsausschu?, den Plan der Teilung Palastinas im September der Vollversammlung der UNO in New York vorzulegen. Alles war verpackt, geordnet und geregelt. Wieder einmal stand die Abreise von Kitty und Karen unmittelbar bevor. Am nachsten Morgen wurde Bruce Sutherland sie in seinem Wagen zum Flugplatz Lydda bringen, und am Abend sollten sie nach Rom abfliegen. Die gro?en Koffer waren schon per Schiff vorausgeschickt worden. In der Wohnung war alles aufgeraumt und

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