anders handeln.«
»Es ist schlie?lich Ihr Beruf und Ihr Brot, Hawks. Ich denke, Sie sind nicht der erste Soldat, dem es gelang, die Stimme seines Gewissens zum Schweigen zu bringen.«
»Was nutzt es, jetzt noch daruber zu reden? Was geschehen ist, ist geschehen.«
»Sie mogen durch das, was Sie getan haben, Ihrer soldatischen Pflicht Genuge geleistet haben, Hawks, aber Sie tun mir leid. Denn Sie sind es, der die Belagerung von Gan Dafna auf seinem Gewissen haben wird, vorausgesetzt, da? Sie noch ein Gewissen haben.«
Hawks wurde bleich. »Sie werden die Kinder doch wohl nicht da oben lassen? Sie mussen sie wegbringen!«
»Das hatte Ihnen eigentlich klar sein mussen. Nachdem jetzt Fort Esther in der Hand der Araber ist, bleibt uns gar nichts anderes ubrig, als Gan Dafna um jeden Preis zu halten, wenn wir nicht das ganze Hule-Tal verlieren wollen.«
»Horen Sie, Ari, ich bin bereit, den Geleitschutz zu stellen, um die Kinder in Sicherheit zu bringen.«
»Und wohin? Sie sind nirgends sicher.«
Ari sah, wie Hawks die Hande zur Faust ballte und damit auf den Schreibtisch schlug, wahrend er vor sich hinmurmelte. Es schien nicht notig, diesem Mann noch weitere Vorwurfe zu machen. Es war ihm deutlich anzusehen, wie sehr ihm das, was er tun hatte mussen, zu schaffen machte.
Auf der Fahrt nach Safed hatte Aris Gehirn eifrig an einem Plan gearbeitet, der zwar riskant war, ihm aber unter Umstanden doch geeignet erschien, die Schlusselstellung Gan Dafna zu retten.
Er beugte sich uber Hawks Schreibtisch. »Ich mochte Ihnen eine Chance geben, einen Teil des Schadens, den Sie angerichtet haben, wiedergutzumachen.«
»Was konnte ich jetzt noch tun, Ben Kanaan?«
»Als Gebietskommandeur sind Sie durchaus dazu berechtigt, nach Gan Dafna zu kommen und uns den guten Rat zu geben, den Ort zu evakuieren.«
»Ja, aber —.«
»Dann tun Sie das bitte. Fahren Sie morgen nach Gan Dafna hinauf und nehmen Sie funfzig Lastwagen mit. Sichern Sie die Wagenkolonne vor und hinten mit Panzerwagen. Wenn Sie jemand fragt, was Sie vorhaben, dann erzahlen Sie den Leuten, Sie beabsichtigen, die Kinder zu evakuieren.«
»Ich verstehe Sie nicht ganz. Sind Sie denn bereit, Gan Dafna zu raumen?«
»Nein. Aber alles ubrige uberlassen Sie bitte mir. Sie brauchen weiter nichts zu tun, als mit Ihrer Wagenkolonne nach Gan Dafna zu kommen.«
Hawks verlangte von Ari keine Auskunft daruber, was er vorhatte. Er tat, worum Ari ihn gebeten hatte, und fuhr mit einer Kolonne von funfzig Lastwagen und einem Geleitschutz von Panzerwagen nach Gan Dafna. Die Kolonne, die eine halbe Meile lang war, passierte auf dem Weg zum Hule-Tal sechs arabische Ortschaften. Sie lief die Berge hinauf und vor den Augen der Irregularen von Fort Esther durch Abu Yesha und langte gegen Mittag in Gan Dafna an. Major Hawks begab sich zu Dr. Liebermann und forderte ihn formell auf, den Ort zu evakuieren; dieser lehnte auf Aris Rat, offiziell ab. Nach dem Mittagessen setzte sich die Wagenkolonne von Gan Dafna aus wieder in Bewegung und kehrte zum Stutzpunkt in Safed zuruck. Inzwischen vertraute Ari einigen seiner arabischen Freunde in Abu Yesha unter dem Siegel der Verschwiegenheit an, da? Major Hawks tonnenweise Waffen in Gan Dafna zuruckgelassen habe, angefangen von Maschinengewehren bis zu Granatwerfern. »Schlie?lich und endlich«, sagte Ari, »ist es ja bekannt, da? Hawks ein Freund der Juden war, und er hat auf eigene Faust etwas fur uns getan, um uns dafur zu entschadigen, da? Fort Esther den Arabern ubergeben wurde.«
Die Saat war gesat. Innerhalb von Stunden hatte sich in dem ganzen Gebiet das Gerucht verbreitet, da? Gan Dafna von Waffen starre und uneinnehmbar sei. Dies erschien besonders durch die Tatsache glaubwurdig, da? keine Evakuierung der Kinder stattfand; denn die Araber wu?ten nur zu genau, da? die Juden die Kinder fortgeschafft hatten, wenn ernstliche Gefahr fur Gan Dafna bestanden hatte. Nachdem sich genugend herumgesprochen hatte, wie stark Gan Dafna war, begab sich Ari nach Abu Yesha, um dort in dem steinernen Haus am Strom seinen alten Freund Taha, den Muktar, zu besuchen. Mochte die Stimmung auch noch so gespannt sein, das anderte nichts an dem jahrhundertealten Brauch, da? ein Mann im Hause eines Arabers gastlich bewirtet werden mu?te. Doch obwohl Taha allen Formen der Gastlichkeit genugte, spurte Ari eine Kalte, wie er sie bei Taha noch nie erlebt hatte.
Sie a?en und sprachen uber belanglose Dinge. Als Ari meinte, da? der Formalitat allmahlich Genuge geleistet sei, kam er auf den eigentlichen Anla? seines Besuches zu sprechen.
»Es ist an der Zeit«, sagte Ari, »da? ich deine Einstellung kennenlerne.«
»Meine personliche Einstellung ist im Augenblick wenig wichtig.« »Es tut mir leid, Taha, aber als Gebietskommandeur der Hagana mu? ich dich danach fragen.«
»Ich habe dir mein Wort gegeben, da? Abu Yesha neutral bleibt.« Ari stand auf. Er sah Taha fest in die Augen und sprach Worte, die fur das Ohr eines Arabers hart waren.
»Du hast mir dein Wort gegeben«, sagte er, »aber du hast es gebrochen.«
Taha sah ihn an, und in seinen Augen blitzte es zornig.
»Wir sind daruber unterrichtet, da? Kawukys Leute scharenweise uber Abu Yesha eingesickert sind.« »Und was erwartest du von mir?« gab Taha heftig zuruck. »Soll ich ihnen vielleicht sagen, sie mochten bitte nicht mehr kommen? Ich habe sie dazu nicht aufgefordert.«
»Ich auch nicht. Sieh mal, mein Freund — es gab einmal eine Zeit, da haben wir beide nicht so miteinander gesprochen.«
»Die Zeiten andern sich, Ari.«
Ari ging ans Fenster und sah zu der Moschee am anderen Ufer des Flusses hinaus. »Ich habe dieses Stuckchen Erde hier immer sehr gern gehabt. Wir beide haben in diesem Raum und an diesem Flu? viele gluckliche Tage verlebt. Wei?t du noch, wie wir beide nachts da drau?en gezeltet haben?«
»Das ist lange her.«
»Es mag sein, da? ich ein allzu gutes Gedachtnis habe. In den Zeiten der blutigen Unruhen haben wir uns oft daruber unterhalten, wie lacherlich es sei, da? alle Menschen meinten, sie mu?ten gegeneinander kampfen. Wir haben ewige Blutsbruderschaft geschlossen. Taha — ich habe die ganze letzte Nacht nicht geschlafen, weil ich mir uberlegte, was ich dir heute sagen sollte. Dabei fiel mir alles wieder ein, was wir beide, du und ich, gemeinsam getan und erlebt haben.«
»Es pa?t nicht zu dir, Ari, sentimental zu werden.«
»Es pa?t genausowenig zu mir, dir drohen zu mussen. Mohammed Kassi und die Manner in Fort Esther sind genau das gleiche Kaliber wie die Manner, die deinen Vater ermordet haben, wahrend er im Gebet versunken war. In dem Augenblick, wo die Englander hier abziehen, wird er von Fort Esther herunterkommen und von dir verlangen, da? du die Stra?e nach Gan Dafna sperrst. Wenn du es zula?t, wird er deinen Leuten Gewehre in die Hand drucken und ihnen befehlen, Yad El anzugreifen.«
»Und was erwartest du von mir?«
»Und was erwartest du von mir?« gab Ari die Frage zuruck.
Ein feindliches Schweigen entstand im Raum. »Du bist der Muktar von Abu Yesha. Du kannst deinen Leuten sagen, was sie zu tun und zu lassen haben, genau wie dein Vater das getan hat. Du mu?t aufhoren, gemeinsame Sache mit diesen Irregularen zu machen.« »Oder?«
»Oder wir werden dich als unseren Feind betrachten.«
»Und was dann? Sag es mir, Ari.«
»Dann hatte dein Verhalten zur Folge, da? Abu Yesha zerstort wird.«
Weder Ari noch Taha hielten das, was Ari gesagt hatte, fur vollen Ernst. Ari war mude, er ging zu Taha hin und legte ihm die Hand auf die Schulter.
»Bitte«, sagte Ari, »hilf mir.«
»Ich bin Araber«, sagte Taha.
»Du bist ein Mensch. Du wei?t, was recht und unrecht ist.«
»Willst du mir erzahlen, ich sei dein Bruder?«
»Du bist es immer gewesen«, sagte Ari.
»Wenn ich dein Bruder bin, dann gib mir Jordana. Ja, das ist das Richtige — gib sie mir, da? sie das Bett mit mir teile und die Mutter meiner Kinder werde.«
Aris Faust scho? vor und traf Tahas Kinn. Der Araber ging betaubt zu Boden, auf Hande und Knie. Er sprang auf, ri? den Dolch, der an seinem Gurtel hing, aus der Scheide und ging in geduckter Haltung auf Ari los.