war und schon manche Schlacht gegen Wind und Wellen gewonnen hatte.

Nach einer halben Stunde waren David und Joab mit ihrer Besichtigung fertig.

»Dieses Schiff ist eine absolute Mi?geburt«, sagte David, »aber ich bin fest davon uberzeugt, da? sie es schafft.«

»Bekommen wir dreihundert Leute an Bord?« fragte Ari.

David rieb sich das Kinn. »Na ja — vielleicht mit einem Schuhanzieher.«

»Wir werden allerhand ausbessern und reparieren mussen«, sagte Ari zu Mandria. »Wir mussen naturlich vermeiden, irgendwelche Aufmerksamkeit zu erregen.«

Mandria lachelte. Jetzt war er in seinem Element. »Ich verfuge da, wie Sie sich denken konnen, uber sehr gute Beziehungen. Es handelt sich nur darum, die richtigen Leute zu schmieren, und Sie konnen versichert sein, da? man nichts sieht, nichts hort, und keine Behorde etwas erfahrt.«

»Sehr gut. David, gib heute abend einen Funkspruch nach Palastina durch. Sag den Leuten, da? wir einen Kapitan und zwei Mann Besatzung brauchen.«

»Wird eine dreikopfige Besatzung ausreichen?«

»Na schon, warum soll ich es euch nicht sagen — ihr beiden und Seew werdet mit mir auf diesem Schlammkahn nach Palastina zuruckkehren. Wir werden die Crew vervollstandigen. Joab! Du hast ja schon immer etwas fur reifere Frauen ubrig gehabt, also, jetzt hast du eine. Du hast den Auftrag, diesen Kasten einigerma?en in Ordnung zu bringen.«

Zum Schlu? wandte er sich an Armatau, der noch immer hingerissen war von dem Tempo, mit dem Ari seine Fragen stellte und Anweisungen erteilte. »Also, Armatau, Sie konnen beruhigt sein, Sie haben uns das Monstrum verkauft — aber nicht zu dem Preis, den Sie sich gedacht haben. Gehen wir in die ,Vier Laternen', um den Handel abzuwickeln.«

Ari sprang vom Deck herunter auf die Pier und gab Mandria die Hand. »David und Joab — ihr mu?t allein zusehen, wie ihr nach Famagusta zuruckkommt. Herr Mandria wird mich, wenn wir unser Geschaft mit Armatau abgewickelt haben, nach Kyrenia fahren.« »Nach Kyrenia?« sagte Mandria verwirrt. »Wird denn dieser Mann niemals mude? Kyrenia ist auf der ganz anderen Seite der Insel«, sagte er protestierend.

»Ist Ihr Wagen nicht in Ordnung?« fragte Ari.

»Doch, doch«, sagte Mandria, »ich werde Sie nach Kyrenia fahren.« Ari begann, mit Mandria und dem Turken die Pier entlang zuruckzugehen.

»Ari«, rief David hinter ihm her. »Wie sollen wir die alte Dame nennen?«

»Der Dichter bist du«, rief Ari zuruck. »Gib du ihr einen Namen.« Joab und David sahen den drei Mannern nach, bis sie am Ende der Pier verschwunden waren. Dann fingen sie von einem Ohr bis zum andern zu grinsen an und sich gegenseitig zu umarmen.

»Dieser Kerl, der Ari! Eine feine Art, uns mitzuteilen, da? es nach Hause geht.« »Du kennst doch Ari«, sagte David. »Um Gottes willen nur keine Gefuhle zeigen!«

Sie atmeten tief und glucklich, und einen Augenblick lang dachten beide an Palastina. Dann betrachteten sie die Aphrodite. Sie war wirklich ein trauriges, altes Madchen. Sie gingen auf dem Deck umher und musterten das alte Wrack.

»Mir fallt ein guter Name ein«, sagte Joab. »Wollen wir sie nicht Bevin nennen?«

»Ich wei? einen besseren Namen«, sagte David ben Ami. »Von heute an hei?t dieses Schiff Exodus.«

IX.

Mark steuerte den Mietwagen von der Stra?e herunter und parkte. Er war mit Kitty hoch hinauf in das Gebirge gefahren, das sich unmittelbar hinter Kyrenia erhob. Vor ihnen zog sich ein riesiges, zerkluftetes Felsmassiv mehr als hundert Meter hoch nach oben. Auf seinem Gipfel standen die Ruinen von St. Hilarion. Ein Marchenschlo?, das noch verfallen an Macht und Glanz des Gotenreichs gemahnte.

Mark nahm Kitty an der Hand und fuhrte sie den Hang hinauf. Sie kletterten die Zinnen empor, bis sie auf der unteren Mauer standen und in den Schlo?hof sahen.

Muhsam bahnten sie sich einen Weg durch die Trummer und wanderten durch konigliche Gemacher und riesige Hallen, durch die Stalle, das Kloster und die Bollwerke. Es war totenstill, doch die Raume schienen zu atmen, belebt von Geistern der Vergangenheit, die raunend Geschichten von einer langst vergangenen Zeit erzahlten, da Menschen hier geliebt und geha?t und gekampft hatten. Dann stiegen Mark und Kitty fast eine Stunde lang hinauf zur hochsten Spitze des Berges. Schlie?lich standen sie oben, hei? und au?er Atem, hingerissen von dem Anblick, der sich ihnen bot. Vor ihnen fiel der Fels als steiles Kliff fast neunhundert Meter hinunter nach Kyrenia. Am Horizont lag als schmaler Strich die turkische Kuste, und rechts und links an den Randern steiler Schrunde hingen uppige grune Walder, terrassenformig angelegte Weingarten und Hauser. Von weiter unten schimmerten Olivenhaine silbern herauf, durch ihre Blatter strich ein Windhauch. Mark sah Kitty an, die sich als Silhouette gegen den Himmel abhob, wahrend eine Wolke hinter ihr vorbeizog. Wie schon sie ist, dachte Mark, wie wunderschon. Kitty Fremont war anders als alle Frauen, die er kannte. Sie war etwas Einmaliges fur ihn.

Er begehrte sie nicht, wollte sie nicht begehren. Es gab fur Mark Parker nicht viel auf dieser Welt, wovor er Achtung hatte. Es war ihm ein Bedurfnis, Kitty Achtung entgegenzubringen. Au?erdem war sie die einzige Frau, in deren Gesellschaft er sich absolut wohl fuhlte; denn bei ihr konnte er sich geben, wie er war, hatte er es nicht notig, Eindruck zu machen, brauchte er das alte Spiel nicht zu spielen.

Sie setzten sich auf einen gro?en Felsblock und betrachteten staunend die Fulle von Schonheit, die sie umgab. Das Schlo?, das Meer, der Himmel, die Berge.

»Ich glaube«, sagte Mark schlie?lich, »das hier ist die schonste Aussicht, die es auf der ganzen Welt gibt.«

Sie nickte.

Es waren wunderbare Tage fur sie beide gewesen. Kitty schien seit der Ankunft von Mark ein ganz neuer Mensch geworden zu sein. Sie hatte die wunderbar heilende Wirkung einer Beichte an sich erfahren.

»Ich mu? gerade an etwas Schreckliches denken«, sagte Kitty. »Ich denke daran, wie froh ich bin, da? man diesen Colonel Howard Hillings nach Palastina geschickt hat, und da? ich dich ganz fur mich allein habe. Wie lange kannst du bleiben?«

»Ein paar Wochen, solange du mich dahaben willst.«

»Ich mochte, da? wir uns nie wieder so weit voneinander entfernen.«

»Bist du dir eigentlich klar daruber«, sagte er, »da? im Dom-Hotel alle Welt davon uberzeugt ist, wir hatten eine Affare?«

»Wunderbar!« sagte Kitty. »Ich werde heute abend ein Schild an meine Tur hangen, auf dem mit gro?en roten Buchstaben steht: Ich liebe Mark Parker wahnsinnig.«

Sie blieben eine weitere Stunde sitzen und begannen dann lustlos hinabzusteigen, um vor Einbruch der Dunkelheit in der Stadt zu sein. Kurze Zeit, nachdem Mark und Kitty zum Hotel zuruckgekehrt waren, langte Mandria in Kyrenia an, fuhr zum Hafen und parkte am Kai. Ari stieg aus und sah hinuber zu dem Turm des Kastells, das auf der anderen Seite des Hafens am Rande des Meeres stand. Er ging zusammen mit Mandria hinuber, und beide stiegen die Treppe im Innern des Turms hinauf. Oben vom Turm hatte man einen sehr guten Uberblick, und Ari musterte die Gegend aufmerksam und schweigsam wie immer.

Den Abschlu? des Hafens gegen die See bildeten die beiden Arme der Mole, von denen der eine von dem Turm des Kastells aus, auf dem sie standen, und der andere gegenuber von dem Kai mit seinen Hausern in annahernd kreisformigen Bogen hinausgingen, bis sie sich fast beruhrten. Nur eine schmale Offnung blieb frei, die Hafeneinfahrt. Das Hafenbecken war nicht gro?, nur einige hundert Meter im Durchmesser, und es war voll von kleinen Fahrzeugen.

»Glauben Sie, da? man die Aphrodite hier in den Hafen hereinbekommen kann?« fragte Ari.

»Sie hereinzubekommen ist kein Problem«, sagte Mandria. »Aber mit ihr zu wenden und wieder hinauszufahren, das wird schwierig.« Ari schwieg nachdenklich, wahrend sie zum Wagen zuruckgingen. Sein Blick war auf den kleinen Hafen gerichtet. Es begann bereits dunkel zu werden, als sie bei dem Wagen anlangten.

»Sie fahren wohl am besten allein nach Famagusta zuruck. Ich habe im Dom-Hotel noch etwas mit jemandem zu besprechen«, sagte Ari, »und ich wei? nicht, wie lange das dauern wird. Ich werde schon irgendwie nach Famagusta kommen.«

Bei jedem anderen hatte Mandria es ubelgenommen, wie ein TaxiChauffeur weggeschickt zu werden, doch bei Ben Kanaan gewohnte er sich allmahlich daran, Befehle entgegenzunehmen. Er drehte den Zundschlussel herum und startete.

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