und unternahm Angriffe auf diejenigen Stadtviertel, die von Kawukys Irregularen besetzt waren. Es waren Kampfe um einzelne Stra?en, bei denen Jungens und Madchen der Gadna als Meldeganger beteiligt waren und Manner in Stra?enanzugen das militarische Kommando fuhrten. Nachstes Ziel der Hagana war die Einnahme eines arabischen Vororts, der die Juden auf dem Skopus von denen der Neustadt trennte. Nachdem das erreicht war, sahen sich die Juden einer schwierigen Frage gegenuber. An sich ware es ihnen jetzt moglich gewesen, die Altstadt zu besetzen. Befand sich auch diese in ihrer Hand, hatten sie eine geschlossene, gut zu verteidigende Front, wahrend sie ohne die Altstadt verwundbar waren. Uberlegungen politischer Art und die Sorge, da? die heiligen Statten dabei Schaden leiden konnten, bewegen die Hagana jedoch, die Altstadt nicht zu besetzen, obwohl innerhalb ihrer Mauern mehrere tausend frommer Juden lebten.
Ein Beobachtungsposten im Turm einer in der Altstadt gelegenen armenischen Kirche wurde auf die Bitte der Monche von den Juden geraumt. Kaum waren die Juden abgezogen, als sich die Irregularen in diesem Turm einnisteten und sich weigerten, ihn zu raumen. Dennoch waren die Juden davon uberzeugt, da? es auch die Araber nicht wagen wurden, die Altstadt anzugreifen, diesen von drei Religionen verehrten heiligsten Ort der ganzen Welt.
Diese Hoffnung sollte sich jedoch als trugerisch erweisen. Glubb Pascha, der britische Kommandeur der Arabischen Legion, hatte die feierliche Zusicherung gegeben, da? die Legion nach Jordanien zuruckkehren werde, wenn die Englander Palastina geraumt hatten. Doch als die Englander aus Jerusalem abgezogen waren, eilte die Arabische Legion in offener Verletzung des gegebenen Versprechens herbei, griff die Stadt an und konnte den Juden einen Teil des Viertels, den die Hagana schon besetzt hatte, wieder abnehmen. Die Verteidigung des Vororts, der die Neustadt mit dem Skopus-Berg verband, war den Makkabaern ubertragen worden; sie verloren ihn an die Legion, so da? die judischen Streitkrafte auf dem Skopus isoliert waren. Und dann gab Glubb der Arabischen Legion den Befehl, die Altstadt anzugreifen und restlos zu zerstoren.
Nach den Erfahrungen, die sie in all den Jahren mit den Arabern gemacht hatten, gaben sich die Juden keinerlei Illusionen mehr hin. Doch dieser Angriff auf das Allerheiligste ubertraf alles andere. Der eindringenden Legion stand nichts entgegen au?er ein paar tausend strengglaubiger Juden, die keinen Finger zu ihrer Verteidigung ruhren konnten. Die Hagana schickte eilig so viele ihrer Leute, wie sie irgend entbehren konnte, in die Altstadt hinein. Mehrere hundert zorniger Makkabaer gingen freiwillig mit ihnen. Fur sie gab es, nachdem sie erst einmal innerhalb der Mauern der Altstadt waren, kein Entrinnen mehr.
JERUSALEM-KORRIDOR
Die Stra?e von Jerusalem nach Tel Aviv bildete weiterhin den Schauplatz der erbittertsten Kampfe des ganzen Krieges. Die HugelBrigade des Palmach hatte ein halbes Dutzend der beherrschenden Hohenstellungen in den Hugeln von Judaa erobert. Kastei befand sich fest in ihrer Hand, und sie hatten Comb, Suba und genugend andere Schlusselstellungen angegriffen und erobert, um Bab el Wad, die bedrohte Zufahrt nach Jerusalem, offenzuhalten.
Und dann kam es zu einem der unruhmlichsten Ereignisse der judischen Geschichte. Die Verteidigung des arabischen Bergdorfes Neve Sadij war den Makkabaern ubertragen worden. Durch eine Reihe sonderbarer und unerklarlicher Vorgange brach unter den Makkabaern eine Panik aus, und es begann eine wilde und grundlose Schie?erei, die nicht mehr aufzuhalten war, nachdem sie einmal angefangen hatte. Mehr als zweihundert arabische Zivilisten kamen dabei ums Leben. Durch das Massaker von Neve Sadij hatten die Makkabaer, die sich so gro?e Verdienste erworben hatten, der jungen Nation einen Makel angeheftet, dessen Beseitigung Jahrzehnte erfordern sollte.
Zwar hatte die Hugel-Brigade den Bab el Wad geoffnet, doch die Englander machten es den Arabern leicht, Jerusalem zu blockieren, indem sie der Legion das Teggart-Fort von Latrun ubergaben. Das ehemalige britische Gefangnis fur politische Haftlinge, in dem irgendwann einmal alle fuhrenden Manner des Jischuw gesessen hatten, versperrte als massiver Block den Zugang zum Bab el Wad. Daher wurde Latrun zum wichtigsten Angriffsziel der Israelis. Man machte einen verzweifelten Plan zur Eroberung des Forts und stellte hierfur eine Spezialbrigade auf. Sie bestand gro?tenteils aus judischen Einwanderern, die aus der Internierung auf Zypern oder aus europaischen DP-Lagern gekommen waren. Die Offiziere waren fur eine so schwierige militarische Operation gleichfalls ungeeignet. Nach kurzer Ausbildung begab sich diese Brigade in den Korridor und versuchte einen nachtlichen Angriff auf Latrun. Er war mangelhaft geplant, wurde schlecht gefuhrt, und die Arabische Legion schlug ihn ab.
In den beiden darauffolgenden Nachten unternahm die Brigade zwei weitere Angriffe, die jedoch ebenso erfolglos blieben. Darauf trat die Hugelbrigade des Palmach, die schon sehr durch die Aufgabe uberanstrengt war, die lange Strecke des Bab el Wad, der Stra?e nach Jerusalem, zu sichern, zu einem Angriff auf Latrun an, der beinahe zum Erfolg fuhrte.
Ein ehemaliger Colonel der amerikanischen Armee, Mickey Marcus, der sich aus Grunden der Tarnung Stone nannte, war in die israelische Armee eingetreten. Man schickte ihn in den Korridor, wo seine taktischen Erfahrungen und organisatorischen Fahigkeiten dringend benotigt wurden. Es gelang ihm in allerkurzester Zeit, den Nachschub neu zu organisieren und die motorisierte Jeep-Kavallerie zu verbessern, die die Israelis bei dem Unternehmen ,Eiserner Besen' verwendet hatten. Vor allem aber richtete er sein ganzes Bemuhen darauf, moglichst rasch eine gut ausgebildete und gut gefuhrte Truppe zu bilden, die in der Lage war, strategisch zu operieren und das Hindernis von Latrun zu beseitigen. Dieses Ziel war fast erreicht, als sich ein weiteres tragisches Ungluck fur Israel ereignete:
Marcus fand den Tod und Jerusalem blieb abgeriegelt.
HULE-TAL — SEE GENEZARETH
Die syrische Armee drang von der Ostseite des Sees Genezareth und vom Jordan her in mehreren Kolonnen vor, von Panzern und durch Luftstreitkrafte unterstutzt.
Die erste syrische Kolonne richtete ihren Angriff gegen die drei altesten Kollektivsiedlungen in Palastina: Schoschana, wo Ari ben Kanaan geboren war, Dagania A und B, die dicht beieinander am Einflu? des Jordan in den See lagen.
Die Juden hatten dort so wenig Leute, da? sie taglich mit Lastwagen zwischen Tiberias und diesen Siedlungen hin- und herfuhren, um bei den Syrern den Eindruck zu erwecken, da? sie Verstarkung heranbrachten.
Die Leute von Schoschana hatten so wenig Waffen, da? sie eine Abordnung zu Ari ben Kanaan schickten. Die drei Siedlungen der Schoschana-Gruppe lagen an sich nicht mehr in seinem Befehlsbereich, doch hoffte man, da? er bereit sein werde, etwas fur seinen Geburtsort zu tun. Doch Ari, der mit Kassi bei Gan Dafna, in Safed und mit einer der anderen syrischen Kolonnen alle Hande voll zu tun hatte, erklarte der Delegation, das einzige, das sie moglicherweise retten konnte, sei die Wut. Er gab ihnen den Rat, Molotow-Cocktails herzustellen und die Syrer in das Innere der Ortschaften hereinzulassen. Wenn irgend etwas imstande sei, den Kampfgeist der Juden aufs au?erste zu steigern, dann wurde es der Anblick von Arabern auf ihrem geliebten Grund und Boden sein.
Als erstes griffen die Syrer Dagania an. Die Hagana-Kommandeure gaben den Verteidigern den Befehl, nicht eher zu schie?en, als bis die Panzer, in deren Schutz die feindliche Infanterie herankam, im Zentrum der Siedlung angelangt waren. Der Anblick syrischer Panzer, die ihre Rosengarten niederwalzten, versetzte die Juden in so erbitterte Wut, da? sie ihre Molotow-Cocktails aus einer Entfernung von nur wenigen Metern mit todlicher Sicherheit warfen und die Panzer erledigten. Die syrische Infanterie, die hinter den Panzern herankam, war fur die Siedler kein ernst zu nehmender Gegner. Sie floh.
Die zweite syrische Kolonne griff weiter sudlich an, im Jordantal und im Beth-Schaan-Tal. Es gelang ihnen, Schaar Hagolan und den Kibbuz Massada am Yarmuk-Flu? einzunehmen. Als die Juden zum Gegenangriff antraten, steckten die Syrer die Hauser in Brand, plunderten alles, was nicht niet- und nagelfest war, und flohen. Fort Gescher, das die Hagana schon zu einem fruheren Zeitpunkt erobert hatte, hielten die Juden, genau wie die ubrigen Siedlungen dieses Gebietes.
Die dritte Kolonne ging uber den Jordan in das Hule-Tal vor, in den Kommandobereich Ari ben Kanaans. Sie eroberte Mischmar Hajarden — den Wachter des Jordan. Dann formierte sie sich neu zu einem Angriff, der sie in das Zentrum des Hule-Gebietes bringen sollte, um sich hier mit den Irregularen Kawukys zu vereinigen. Doch Yad El, Ayelet Haschachar, Kfar Szold, Dan und die anderen Wehrsiedlungen leisteten dem Gegner zahen Widerstand. Sie lie?en das Artilleriefeuer, das sie nicht erwidern konnten, uber sich ergehen und kampften wie die Tiger, sobald die Syrer naher herankamen.
Es war Ari gelungen, die Vereinigung arabischer Streitkrafte im Hule-Gebiet zu verhindern. Und als eine neue Waffenlieferung bei ihm eintraf, ging er rasch zur Offensive uber. Er entwickelte einen »Defensiv-Offensiv-Plan«: diejenigen Siedlungen, die nicht unmittelbar vom Gegner bedrangt wurden, gingen ihrerseits zum Angriff