vor, statt dazusitzen und abzuwarten, bis sie angegriffen wurden. Durch diese Methode gelang es Ari, die Syrer vollig durcheinanderzubringen. Er konnte jeweils an die Stellen, wo der Druck besonders heftig war, Verstarkungen zur Unterstutzung der Verteidiger heranbringen. Er baute sein Nachrichten- und Transportwesen so weit aus, da? das Hule-Gebiet zu einer der starksten judischen Positionen in Israel wurde. Die einzige strategisch wichtige Stellung in seinem Befehlsbereich, die sich noch in der Hand des Feindes befand, war Fort Esther.
Die ganze syrische Invasion verpuffte wirkungslos. Mit Ausnahme von Mischmar Hajarden und ein oder zwei kleineren Siegen war sie ein Fiasko. Die Syrer beschlossen daher, ihre Bemuhungen auf einen einzelnen Kibbuz zu konzentrieren. Ziel ihres Angriffes war Ejn Gev am ostlichen Ufer des Sees von Genezareth, der Ort der winterlichen Konzerte.
Die Syrer beherrschten die Hohen, die Ejn Gev auf drei Seiten umgaben. Die vierte Seite war der See. Ejn Gev war vollig abgeschnitten, bis auf die Bootsverbindung bei Nacht, von Tiberias her quer uber den See. Als die Artillerie der Syrer den Kibbuz erbarmungslos bombardierte, waren die Juden gezwungen, in Bunkern unter der Erde zu leben. Dennoch fuhrten sie den Schulunterricht weiter, gaben eine Zeitung heraus, und sogar ihr Symphonie- Orchester ubte und spielte weiter. Nachts kamen sie aus den Bunkern heraus und bestellten ihre Felder. Der Ausdauer der Verteidiger von Ejn Gev konnte nur die heldenhafte Verteidigung von Negba an die Seite gestellt werden.
Die Syrer legten samtliche Gebaude in Trummer. Sie steckten die Felder in Brand. Die Juden besa?en nicht ein einziges Geschutz, mit dem sie das Feuer hatten erwidern konnen.
Nach wochenlanger Artillerievorbereitung gingen die Syrer zum Angriff vor. Zu Tausenden stie?en sie von ihren Hohenstellungen herunter. Dreihundert Kibbuz-Bewohner in kampffahigem Alter standen ihnen entgegen. Sie eroffneten ein gezieltes, zusammengefa?tes Abwehrfeuer, und Scharfschutzen nahmen sich die syrischen Offiziere aufs Korn. In immer neuen Wellen griffen die Syrer an und drangten die Juden an das Ufer des Sees zuruck. Doch die Verteidiger gaben nicht auf. Sie hatten noch zwolf Schu? Munition, als der syrische Angriff zusammenbrach. Ejn Gev — und damit der Anspruch des Staates Israel auf den See Genezareth .— war siegreich verteidigt worden.
SCHARON, TEL AVIV, DAS DREIECK
Ein ausgedehnter Landstrich in Samaria, an dessen drei Enden die rein arabischen Orte Jenin, Tulkarem und Ramleh lagen, bildete das »Dreieck«. Nablus, von Anfang an Stutzpunkt fur Kawukys Irregulare, wurde Hauptstutzpunkt der irakischen Armee. Die Iraker hatten versucht, den Jordan zu uberschreiten und in das Bet- Schaan-Tal vorzudringen, waren aber heftig zuruckgeschlagen worden und hatten sich dann im arabischen Teil von Samaria festgesetzt. Westlich von dem Dreieck lag das Scharon-Tal. Dieses Gebiet war sehr verwundbar; in der Hand der Juden befand sich nur ein zehn Meilen schmaler Landstreifen langs der von der jordanischen Grenze bis zur Mittelmeerkuste verlaufenden Stra?e von Tel Aviv nach Haifa. Gelang es den Irakern hier durchzusto?en, dann hatten sie Israel in zwei getrennte Halften zerschnitten. Doch die Iraker waren nicht geneigt, zu kampfen. Der Gedanke, das dichtbesiedelte Scharon-Tal angreifen zu sollen, war ihnen zuwider.
Tel Aviv hatte mehrere Angriffe durch agyptische Luftstreitkrafte zu erleiden, allerdings nur so lange, bis Flak kam, die weitere Angriffe verhinderten. Die arabische Presse brachte allerdings mindestens ein Dutzend Berichte daruber, wie Tel Aviv durch agyptische Bomber dem Erdboden gleichgemacht worden war.
Es gelang den Juden, ein paar Maschinen in Dienst zu stellen, und sie errangen einen gro?en Luftsieg, indem sie einen agyptischen Kreuzer vertrieben, der an der Kuste erschienen war, um Tel Aviv zu beschie?en.
WEST-GALILAA
Kawukys Irregulare hatten es im Laufe von sechs Monaten immer noch nicht fertiggebracht, auch nur eine einzige judische Siedlung zu erobern. Kawuky verlegte sein Hauptquartier in das vorwiegend arabisch besiedelte Gebiet in der Mitte von Galilaa, in der Gegend von Nazareth. Hier wartete er auf die Vereinigung mit den syrischen, libanesischen und irakischen Streitkraften, die aber niemals erfolgen sollte. Im Gebiet von Nazareth gab es viele Araber christlichen Glaubens, die nichts mit dem Krieg zu tun haben wollten und Kawuky wiederholt aufforderten, sich aus dem Teggart-Fort von Nazareth zu entfernen.
Der gro?te Teil von West-Galilaa war vom Feind gesaubert worden, bevor die Invasion der arabischen Armeen erfolgte. Haifa war in die Hand der Juden gefallen, und die Operation »Eiserner Besen« der Chanita-Brigade hatte mit vielen feindlichen Stutzpunkten aufgeraumt. Nach dem Fall der arabischen Stadt Akko beherrschten die Juden das gesamte Gebiet bis hinauf zur libanesischen Grenze. Bis auf Kawuky war Galilaa frei vom Feind.
Der angekundigte gro?angelegte »Plan« der Araber war zu einem volligen Fehlschlag geworden. Der neugeborene judische Staat hatte die erste Erschutterung der Invasion mannhaft bestanden. Uberall auf der ganzen Welt schuttelten die militarischen Fachleute unglaubig staunend die Kopfe. An hundert Fronten hatten die Juden einen Krieg gegen die irregularen Streitkrafte gefuhrt und sich dort an einem Dutzend weiterer Fronten siegreich im Kampf gegen zahlenma?ig stark uberlegene regulare Truppen des Gegners behauptet.
Der gro?te Erfolg von der arabischen Seite war von der Legion errungen worden, die noch immer Latrun in ihrer Hand hatte, die Schlusselstellung fur die Blockade Jerusalems. Die ubrigen arabischen Armeen hatten zusammen nur eine Handvoll von Siedlungen, aber keinerlei gro?ere Ortschaften oder Stadte erobert. Es war ihnen allerdings gelungen, bedrohlich nahe an Tel Aviv heranzukommen.
Waffen kamen jetzt in gro?en Mengen nach Israel herein, und mit jedem Tag verbesserte sich die militarische Ausrustung der Juden. Am Tag der Proklamation eines unabhangigen judischen Staates war der erste Spatenstich fur sechs neue Siedlungen erfolgt, und wahrend der ganzen Zeit der Invasion begrundeten neue Einwanderer weitere Gemeinschaftssiedlungen. Ein Staat nach dem andern erkannte Israel an.
X.
Barak ben Kanaan hatte in Europa eine Reihe diplomatischer Aufgaben erfullt und Vertrage uber Waffenlieferungen abgeschlossen. Er war allmahlich krank vor Heimweh und bat darum, nach Israel zuruckkehren zu durfen. Er war jetzt uber Achtzig, und seine Krafte begannen merklich nachzulassen, wenn er das auch nicht zugeben wollte.
Er kam nach Neapel, um von hier aus mit dem Schiff weiterzufahren. Er wurde von Israelis begru?t, die in Neapel ein Buro unterhielten. Es waren gro?tenteils Agenten von Aliyah Bet, die jetzt damit beschaftigt waren, die DP-Lager in Italien zu raumen, so rasch es der Schiffsraum erlaubte, den sie beschaffen konnten. Denn alle Arbeitskrafte wurden in Israel dringend benotigt. Einwanderer in wehrfahigem Alter wurden sofort nach ihrer Landung in Ausbildungslager uberfuhrt. Alle anderen wurden zu einem gro?en Teil an die Grenzen geschickt, um dort Wehrsiedlungen zu errichten.
Baraks Ankunft in Neapel wurde zum Anla? fur eine Zusammenkunft, und die Lampen in den Quartieren der Israelis brannten bis spat um Mitternacht. Bei vielen Cognaks wollten alle immer wieder die Geschichte des »Wunders von Lake Success« horen.
Dann kam die Rede auf den Krieg. Besonders besorgt waren alle uber die Belagerung von Jerusalem; eben war die Nachricht durchgekommen, da? ein neuer Versuch, Latrun zu erobern, fehlgeschlagen war. Niemand wu?te, wie lange die hunderttausend eingeschlossenen Zivilisten noch aushalten konnten.
Gegen zwei Uhr morgens kam man auf einen kleinen Privatkrieg zu sprechen, den die Israelis hier in Neapel um ein Schiff namens Vesuvius fuhrten, einen italienischen Frachter von viertausend Tonnen. Die Vesuvius war von den Syrern gechartert worden, um Waffen nach Tyra zu bringen. Die Ladung umfa?te zehntausend Gewehre, eine Million Schu? Munition, tausend Maschinengewehre, tausend Granatwerfer und alle moglichen anderen Waffen.
Vor einem Monat war die Vesuvius kurz vor dem Auslaufen gewesen. Durch einen befreundeten Beamten des italienischen Zolls hatten die Israelis Kenntnis von dem Schiff und seiner Ladung erhalten, und in der Nacht vor der festgesetzten Ausreise schwammen israelische Froschmanner an das Schiff heran und befestigten unterhalb der Wasserlinie Haftminen an seinem Rumpf. Die Minen sprengten zwar drei ansehnliche Locher in die Bordwand der Vesuvius, brachten jedoch nicht, wie man gehofft hatte, die an Bord befindliche Munition zur Explosion. Das Schiff sank zwar teilweise unter die Wasseroberflache, ging aber nicht unter.
Der syrische Oberst Fawdzi, der die Verantwortung fur diese Ladung hatte, die einen Wert von vielen Millionen Dollar besa?, lie? das Schiff ins Trockendock bringen, wo die Locher in der Bordwand repariert wurden. Er holte funfzig arabische Studenten aus Rom und Paris herbei, die die Umgebung des Schiffes bewachten, und ersetzte die Crew von zwolf Mann durch Araber. Nur der Kapitan und der Erste und Zweite Offizier waren Italiener von der Reederei, der die Vesuvius gehorte. Der Kapitan, der den aufgeblasenen Oberst Fawdzi nicht riechen konnte, versprach den Israelis heimlich, da? er ihnen helfen wolle, allerdings nur, wenn sie ihm zusicherten, sein Schiff nicht noch einmal zu beschadigen. Und jetzt hatten sie gerade wieder die Mitteilung bekommen, da? die Vesuvius bereit zum Auslaufen sei.
Die Israelis mu?ten unter allen Umstanden zu verhindern versuchen, da? die Waffen nach Tyra gelangten —