in das Dorf. Der Muktar des Dorfes und die rund achtzig Mann von Kassis Leuten, die sich dort befanden, hielten das Ultimatum fur einen Bluff: es schien ihnen unmoglich, da? die Juden unbemerkt heraufgekommen sein und das Dorf umgangen haben sollten. Der Beduine kam mit der Meldung zuruck, da? es notig sei, die Dorfbewohner durch einen sinnfalligen Beweis zu uberzeugen, und Ari lie? die Davidka zwei Schu? abgeben.

Zwei Dutzend Lehmhutten flogen in die Luft. Die Araber waren uberzeugt. Nach dem zweiten Schu? des Kleinen David flohen die Irregularen, angefuhrt von ihren Offizieren, in wilder Eile uber die libanesische Grenze, und im Dorf sah man uberall wei?e Fahnen. Ari schickte rasch einen Teil seiner Gruppe in das Dorf hinein und eilte mit dem Rest zu dem zweiten Dorf, gegen das Yarkoni bereits den Angriff eroffnet hatte.

Zwanzig Minuten nach Aris Ankunft und nach drei Schu? der Davidka ergab sich das Dorf, und weitere hundert von Kassis Leuten flohen nach dem Libanon. Die beiden Dorfer hatten sich so rasch ergeben, da? man es in Fort Esther gar nicht bemerkt hatte. Man hielt dort das entfernte Gerausch der Davidgranaten und der Gewehrschusse fur eine Schie?erei der eigenen Leute.

Im Morgengrauen des dritten Tages ging David ben Ami mit seiner Gruppe von Gan Dafna aus vor und legte sich mit ihr au?erhalb von Abu Yesha, wo Kassi weitere hundert Mann hatte, in einen Hinterhalt. Nachdem Ben Amis Leute in Stellung gegangen waren, um zu verhindern, da? Verstarkung von Abu Yesha kam, naherten sich Ari und Yarkoni mit ihren Gruppen der Ruckseite von Fort Esther. Als sie mit dem Kleinen David das Feuer eroffneten, hatte Kassi nur hundert Mann innerhalb des Forts. Der Rest war in den Libanon geflohen oder befand sich in Abu Yesha. Schu? auf Schu? zischte und fauchte durch die Luft und explodierte vor den Betonmauern des Forts. Jeder Schu? kam ein wenig naher an das Ziel, das eiserne Tor an der Ruckseite des Forts, heran. Nach dem zwanzigsten Schu? war das Tor aus den Angeln gesprengt, und die nachsten funf Schusse gingen bereits in den Hof des Forts.

Ari ben Kanaan ging mit der ersten Welle vor. Die Angreifer krochen flach uber die Erde, unter dem Schutz von Maschinengewehrfeuer und den Schussen der Davidka.

Der tatsachliche Schaden, den das Fort durch den Beschu? erlitt, war unbedeutend; doch der Larm und der plotzliche Angriff waren fur Kassi und seine Helden zuviel gewesen. Sie verteidigten sich nur schwach und warteten auf Verstarkung. Die einzigen, die ihnen noch zu Hilfe hatten kommen konnen, verlie?en Abu Yesha und liefen direkt in David ben Amis Falle. Kassi sah es durch das Fernglas. Er war abgeschnitten. Die Juden waren am hinteren Tor angelangt. Uber Fort Esther ging die wei?e Fahne hoch.

Yarkoni ging mit zwanzig Mann in das Fort hinein, entwaffnete die Araber und jagte sie nach dem Libanon davon. Kassi, der jetzt ganz fugsam war, und drei seiner Offiziere wurden in die Arrestzellen gesperrt. Auf dem Fort hi?te man den Davidstern. Ari ging mit dem Rest der Leute die Stra?e hinunter, zu den Stellungen Davids und seiner Leute. Der Zeitpunkt war gekommen, Abu Yesha endgultig als arabischen Stutzpunkt zu schwachen, ja ganz und gar auszuschalten.

Die Bewohner von Abu Yesha hatten den Kampf gesehen und gehort. Sie waren sich klar daruber, da? ihr Dorf als nachstes an der Reihe war. Ari schickte einen Trupp mit einem Parlamentar in den Ort, um den ubriggebliebenen Bewohnern mitteilen zu lassen, sie hatten zwanzig Minuten Zeit, um den Ort zu verlassen. Andernfalls mu?ten sie die Konsequenzen tragen. Von seinem erhohten Standpunkt aus konnte er viele seiner alten Freunde sehen, die Abu Yesha verlie?en und sich auf die muhsame Wanderschaft in die Berge des Libanon machten. Ari fuhlte sich elend, als er sie davonziehen sah.

Es verging mehr als eine ganze Stunde.

»Es hat keinen Zweck, noch langer zu warten«, sagte David.

»Ich — ich mochte die Gewi?heit haben, da? alle heraus sind.«

»In der letzten halben Stunde hat niemand mehr den Ort verlassen, Ari. Alle, die herauswollten, sind fort.«

Ari wandte sich ab und entfernte sich ein Stuck von seinen Leuten, die auf den Befehl zum Angriff warteten. David ging ihm nach. »Ich werde das Kommando ubernehmen«, sagte er.

»In Ordnung«, sagte Ari leise.

Ari stand einsam am Hang, wahrend David die Manner zu dem Bergsattel fuhrte, in dem Abu Yesha lag. Sein Gesicht wurde bleich, als er die ersten Schusse horte. David lie? die Leute, als sie an die ersten Hauser des Dorfes kamen, sich in Schutzenkette entwickeln. Sie wurden von heftigem MG- und Gewehrfeuer empfangen. Die Juden warfen sich zu Boden und arbeiteten sich einzeln vorwarts.

In Abu Yesha hatten rund hundert Araber, angefuhrt von Taha, beschlossen, sich zum Kampf zu stellen. Dabei ergab sich eine Situation, die in diesem Krieg eine seltene Ausnahme darstellte: die Juden waren zahlenma?ig und waffenma?ig uberlegen. Einem heftigen Sperrfeuer von automatischen Schu?waffen folgte ein Hagel von Granaten auf die vordersten arabischen Stellungen. Das erste arabische Maschinengewehr wurde zum Schweigen gebracht, die Verteidiger wichen zuruck, und die Juden konnten im Ort selbst Fu? fassen.

Der Kampf ging um jede Stra?e, um jedes Haus, und er war hart und blutig. Diese Hauser waren nicht aus Lehm, sondern aus Stein, und die Bewohner des Ortes, die geblieben waren, wehrten sich in erbittertem Nahkampf.

Die Stunden vergingen. Ari ben Kanaan bewegte sich nicht von der Stelle. Das unablassige Gerausch des Gewehrfeuers, das Krachen der Handgranaten, und sogar die Schreie der Menschen drangen an sein Ohr.

Eine Position nach der anderen mu?ten die Araber von Abu Yesha raumen, wahrend der unbarmherzig nachdrangende Gegner sie immer mehr aufsplitterte und isolierte. Schlie?lich wurden alle, die noch lebten, in einer Stra?e am Ende des Ortes zusammengedrangt. Mehr als funfundsiebzig Araber waren gefallen, nachdem sie sich bis zuletzt in einem der erbittertsten Kampfe, der jemals von Arabern zur Verteidigung eines ihrer Dorfer gefuhrt worden war, zur Wehr gesetzt hatten.

Die letzten acht Mann verschanzten sich im Palast des Muktar, der gegenuber der Moschee am Ufer des Stromes stand. David forderte die Davidka an, um dieses letzte Bollwerk in Trummer legen zu lassen. Die letzten acht Mann, darunter auch Taha, fanden den Tod. Es war fast schon dunkel, als David ben Ami bei Ari ankam.

»Es ist alles vorbei«, sagte er mit muder Stimme.

Ari starrte ihn wortlos an.

»Es waren annahernd hundert, die dageblieben waren. Alle tot. Unsere Verluste — vierzehn Jungens, drei Madchen. Ein weiteres Dutzend Verwundeter sind oben in Gan Dafna.«

Ari schien uberhaupt nicht gehort zu haben, was David sagte.

»Was wird aus ihren Feldern werden?« sagte er leise. »Und was wird aus ihnen — wohin sollen sie gehen?«

David ergriff Ari an der Schulter. »Geh nicht hinunter, Ari«, sagte er.

Ari richtete den Blick auf die flachen Dacher des Dorfes. Alles war so still.

»Ist das Haus am Strom —.«

»Nein«, sagte David. »Versuche, es in Erinnerung zu behalten, wie es war.«

»Was soll aus ihnen werden?« fragte Ari. »Sie sind meine Freunde.« »Wir erwarten deinen Befehl, Ari.«

Ari sah David an und schuttelte langsam den Kopf.

»Dann mu? ich den Befehl geben«, sagte David.

»Nein«, flusterte Ari, »ich werde ihn geben.« Er richtete zum letztenmal den Blick auf das Dorf. Dann sagte er: »Macht Abu Yesha dem Erdboden gleich.«

XII.

David schlief in Jordanas Armen. Sie druckte seinen Kopf fest an ihre Brust. Sie konnte nicht schlafen. Mit weit geoffneten Augen starrte sie in die Dunkelheit.

Ari hatte sie von Gan Dafna beurlaubt, damit sie mit David uber das Wochenende nach Tel Aviv fahren konnte. Morgen mu?te sie Abschied von ihm nehmen, und Gott allein wu?te, wann sie ihn wiedersehen wurde, falls sie ihn uberhaupt jemals wiedersehen sollte. Jordana hatte schon die ganze Zeit geahnt, da? sich David freiwillig fur eine heikle Aufgabe melden werde. Seit dem Beginn der Belagerung hatte ihm die Sorge um Jerusalem keine Ruhe gelassen. Jedesmal, wenn sie in seine Augen sah, hatte sie den abwesenden Ausdruck schmerzlicher Trauer darin gesehen.

Er bewegte sich unruhig im Schlaf. Sie ku?te ihn sanft auf die Stirn und strich ihm mit den Fingern durch das Haar, und er lachelte im Schlaf und lag wieder ruhig.

Ein Sabre-Madchen durfte dem Geliebten nicht verraten, da? sie krank vor Sorge um ihn war. Sie durfte nur lacheln und ihm Mut machen, aber die Furcht in ihrem Herzen mu?te sie verschlie?en. Die Angst um ihn pre?te ihr das Herz zusammen. Sie hielt ihn in ihren Armen und wunschte sich, da? diese Nacht kein Ende nahm.

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