In der Negev-Wuste boten die Israelis den Agyptern Schach. Samson hatte einst tausend Fuchse mit brennenden Schwanzen auf die Felder der Philister losgelassen. Jetzt unternahmen blitzschnelle Einheiten von Jeeps mit Maschinengewehren, genannt »Samsons Fuchse«, verheerende Angriffe auf agyptische Nachschubwege und arabische Ortschaften. Sie machten der qualvollen Belagerung von Negba ein Ende.

Doch den gro?ten Erfolg errangen die Israelis im Gebiet des Scharon-Tals. Unter besonders wirkungsvollem Einsatz von JeepEinheiten und angefuhrt von der ehemaligen Chanita-Brigade des Palmach stie?en die Juden nach Lydda und Ramie vor. Diese zwei arabischen Stadte hatten eine bestandige Bedrohung der Stra?e nach Jerusalem gebildet. Sie eroberten den Flughafen Lydda, den gro?ten in Palastina, und gingen dann in das im Land Samaria gelegene »Dreieck« vor, um Latrun einzukreisen. Kurz vor dem Erfolg des Unternehmens verlangten die Araber einen zweiten Waffenstillstand. Alle diese Siege hatten die Israelis innerhalb von zehn Tagen errungen.

Wahrend Bernadotte und Bunche die Verhandlung uber den zweiten Waffenstillstand fuhrten, herrschte gro?e Aufregung in der arabischen Welt. Abdullah von Jordanien war der erste, der erkannte, was die Stunde geschlagen hatte. Heimlich nahm er Unterhandlungen mit der Provisorischen Regierung auf und erklarte sich damit einverstanden, da? sich die Arabische Legion nicht mehr an Kampfhandlungen beteiligte. Dadurch konnten die Juden ihre Aufmerksamkeit auf die Agypter konzentrieren. Sie verpflichteten sich dafur gegenuber Abdullah, keinen Angriff auf die Altstadt von Jerusalem oder das von der Legion beherrschte Dreieck von Samaria zu unternehmen.

Der alte Brigant Kawuky brach den Waffenstillstand erneut, indem er vom Libanon aus angriff. Als der zweite Waffenstillstand zu Ende ging, machte die »Operation Hiram«, so genannt nach dem libanesischen Konig der Bibel, mit den Traumen des Mufti und seinem Generalissimus Kawuky ein fur allemal Schlu?. Die israelische Armee stie? uber die libanesische Grenze vor und trieb die Reste der zerschlagenen irregularen Streitkrafte vor sich her. In den libanesischen Ortschaften gingen die wei?en Fahnen hoch. Nachdem Kawuky endgultig erledigt war, zogen sich die Juden auf ihr eigenes Territorium zuruck, obwohl sie kaum Widerstand gefunden hatten, wenn sie gleich bis nach Beirut oder Damaskus marschiert waren.

In der arabischen Welt war man inzwischen eifrig bemuht, die israelischen Erfolge zu bagatellisieren oder zu leugnen. Abdullah von Transjordanien machte offentlich den Irak fur den arabischen Mi?erfolg verantwortlich. Nach seiner Meinung hatte es den Irakern gelingen mussen, vom Dreieck aus anzugreifen und das judische Gebiet in zwei Halften zu teilen. Das Mi?lingen dieser Operation habe die Araber lacherlich gemacht. Der Irak, der seinerseits davon traumte, ein Gro?arabisches Reich anzufuhren, redete sich auf seine uberbeanspruchten Nachschublinien hinaus, die uber transjordanisches Gebiet fuhrten. Die Syrer waren die lautstarksten Schreier von allen: sie schoben die Schuld auf den amerikanischen und westlichen Imperialismus. Die Saudi-Araber, die innerhalb der agyptischen Armee kampften, beschuldigten alle ubrigen arabischen Lander, wahrend die Agypter Vorwurfe gegen Transjordanien mit der Begrundung erhoben, da? Abdullah sie durch sein Abkommen mit den Juden »verkauft« habe. Eine der bemerkenswertesten Nebenerscheinungen des Freiheitskrieges war die Art und Weise, wie die agyptische Presse und Radio Kairo die agyptischen Niederlagen in Siege umzudeuten versuchte. Die agyptische Offentlichkeit wurde in dem Glauben gehalten, da? die agyptischen Truppen den Krieg gewannen. Nur der Libanon und der Jemen hielten sich aus der Sache heraus. Sie waren von allem Anfang nicht sehr an einem Krieg interessiert gewesen.

Der Mythos der arabischen Einigkeit platzte, als die Juden den vereinten arabischen Streitkraften weiterhin eine Niederlage nach der anderen beibrachten. An die Stelle des ursprunglichen Austausches von Kussen, Handedrucken und Gelubden ewiger Bruderschaft traten feindliche Mienen, drohende Worte und politische Attentate. Abdullah wurde, als er vom Gebet aus der Omar-Moschee in der Jerusalemer Altstadt kam, von fanatischen Moslems ermordet. Intrige und Mord, das alte arabische Spiel, waren wieder einmal in vollem Gange.

In der Negev-Wuste fuhrte die israelische Armee, deren Krafte inzwischen unter einheitlicher Fuhrung zusammengefa?t waren, den Krieg seiner letzten Phase entgegen. Fort Suweidan, das Ungetum auf dem Berg, das den Kibbuz Negba gequalt hatte, fiel, obwohl die Agypter gerade hier mit besonderer Tapferkeit gekampft hatten.

Eine von den Juden belagerte agyptische Stellung bei Fallacha wurde spater unter Waffenstillstandsverhandlungen evakuiert. Einer der agyptischen Offiziere in diesem Raum war ein junger Hauptmann, der bald durch seine Fuhrerschaft im Putsch gegen Konig Faruk bekannt werden sollte. Sein Name war Gamal Abdel Nasser.

Der Stolz der agyptischen Flotte, der Kreuzer Faruk, hatte den Versuch gemacht, kurz vor Beginn der Waffenstillstandsverhandlungen eine judische Stellung zu bombardieren, um dadurch einen taktischen Vorteil zu erringen. Er wurde durch israelische Motorboote versenkt, die man vorher mit Dynamit gefullt hatte und dann ferngesteuert auf den Kreuzer als Ziel lenkte.

Ber Scheba — die Sieben Quellen, die Stadt Vater Abrahams — erlag im Herbst 1948 einem Uberraschungsangriff der Israelis.

Die Agypter gruben sich unterhalb von Ber Scheba ein und verschanzten sich in einer Verteidigungsstellung, die uneinnehmbar schien. Doch auch hier kam den Juden ihre genaue Kenntnis des Landes zu Hilfe. Sie entdeckten einen jahrtausendealten Pfad der Nabataer, der es ihnen ermoglichte, die agyptischen Stellungen zu umgehen und sie vom Rucken her anzugreifen.

Von da an entstand eine wilde Flucht. Die israelische Armee jagte die Agypter vor sich her. Sie ging an dem Gebiet von Gaza vorbei und stie? uber die Grenze der Halbinsel Sinai vor.

Die Englander waren angesichts des agyptischen Debakels und der Moglichkeit, da? die Israelis in die Nahe des Suez-Kanals vordringen konnten, au?erordentlich beunruhigt. Sie forderten die Juden auf, haltzumachen, wenn sie es nicht mit der britischen Armee zu tun bekommen wollten. Als Warnung lie?en sie Kampfflieger vom Typ Spitfire aufsteigen, die die Israelis aus der Luft angreifen sollten. Irgendwie schien es nur logisch, da? die letzten Schusse im Freiheitskrieg gegen die Briten gerichtet sein sollten. Die israelische Luftwaffe scho? sechs der britischen Kampfflieger ab. Dann gab Israel dem internationalen Druck nach und lie? die Agypter entweichen. Die zerschlagene agyptische Armee formierte sich neu, marschierte nach Kairo und inszenierte mit unglaublicher Unverschamtheit eine »Siegesparade«.

Der Sieg im Freiheitskrieg war zu einem historischen Faktum geworden!

Die arabische Bevolkerung Palastinas hatte sich mit der Ruckkehr der Juden seit langem vertraut gemacht und war bereit, mit ihnen in Frieden zu leben und an dem Fortschritt teilzuhaben, der nach einem Jahrtausend des Stillstands ins Land kam. Diese Menschen wollten nicht kampfen. Sie wurden jedoch von Fuhrern, die im Augenblick der Gefahr als erste die Flucht ergriffen, betrogen und irregefuhrt. Ihr Mut war der Fanatismus von Wahnsinnigen gewesen. Man hatte sie gegen die Juden aufgehetzt und ihnen Furcht vor einem militanten Zionismus eingejagt, den es nie gab. Die arabischen Fuhrer hatten die Unwissenheit der breiten Massen fur ihre eigenen durchsichtigen Zwecke ausgenutzt.

Gewi? hatten manche der arabischen Armeen Kampfwert bewiesen. Man hatte ihnen leichte Siege, fette Beute und Frauen versprochen. Sie hatten an eine arabische Einheit geglaubt, die sich jedoch als trugerische Illusion gezeigt hatte. Ihren Fuhrern war aber offenbar die »Sache« doch nicht so gro? erschienen, als da? auch sie ihr Blut fur sie zu opfern bereit gewesen waren.

An der judischen Bereitschaft, fur Israel zu sterben, konnte es hingegen niemals Zweifel geben. Am Ende hatten die Juden unter Opfern an Blut und Eigentum das erkampfen mussen, was ihnen schon vorher rechtma?ig gehorte und vom Gewissen der Welt gegeben worden war.

Von nun an sollte die Fahne mit dem Davidstern, der zweitausend Jahre hindurch nicht gezeigt werden konnte, wieder wehen, von Elath bis Metulla, um nie mehr herabgeholt zu werden.

Zu den Folgen des Freiheitskrieges gehorte eine der meist diskutierten und strittigsten Fragen des Jahrhunderts: das arabische Fluchtlingsproblem. Mehr als eine halbe Million der in Palastina ansassigen Araber waren in die angrenzenden arabischen Staaten geflohen. Jede sachliche Erorterung der Situation dieser Menschen ging in einem wilden Streit der Meinungen unter, in Anklagen und Diskriminierungen, in Verwirrung und Nationalismus. Die Entstellung des Sachverhalts nahm derartige Formen an, da? die Angelegenheit schlie?lich zu einem bedrohlichen politischen Zundstoff wurde.

Wieder einmal erging an Barak ben Kanaan die Aufforderung, seine Krafte in den Dienst seines Landes zu stellen. Die Regierung von Israel forderte ihn auf, eine ausfuhrliche Darstellung dieser anscheinend hoffnungslos verwickelten Situation zu geben. Er untersuchte die Sache mit gro?ter Grundlichkeit, und sein Bericht uber das Ergebnis seiner Ermittlungen fullte mehrere hundert Seiten.

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