ublichen blauen Shorts und Sandalen an den Fu?en. »Ich fliege mit Ihnen und kummere mich um die Passagiere.« In diesem Augenblick fing die Sache an, fur Fester interessant zu werden. Hanna schien nicht zu bemerken, mit welcher Aufmerksamkeit er sie musterte. »Haben Sie irgendwelche besonderen Anweisungen? Es ist schlie?lich das erstemal, da? wir mit diesen Leuten einen Flug unternehmen.« »Besondere Anweisungen? Nein. Wenn Sie nur dafur sorgen, da? diese seltsamen Gestalten da nicht nach vorn in die Kanzel kommen. Bei Ihnen ist das naturlich was anderes — Sie sind jederzeit herzlich willkommen. Und bitte nennen Sie mich einfach Tex.«

Fester beobachtete das Einsteigen der Leute. Die Reihe der Jemeniten schien kein Ende zu nehmen. »He — was ist hier eigentlich los! Was denken Sie denn, wieviel von diesen Leuten in der Maschine Platz haben?«

»Auf der Liste stehen hundertvierzig.«

»Sind Sie wahnsinnig? Damit bekomme ich die Kiste nicht vom Boden hoch. Also, Hanna, laufen Sie hin und sagen sie dem, der dafur zustandig ist, er soll die Halfte wieder ausladen.«

»Aber diese Leute wiegen doch so wenig«, sagte das Madchen bittend.

»Erdnusse wiegen auch wenig. Das bedeutet noch lange nicht, da? ich eine Milliarde Erdnusse einladen konnte.«

»Bitte — ich verspreche Ihnen, da? sie keinerlei Arger mit ihnen haben werden.«

»Nein, bestimmt nicht. Am Ende der Rollbahn werden wir namlich alle miteinander tot sein.«

»Herr Flugkapitan — unsere Situation ist verzweifelt. Die Englander verlangen von uns, da? wir die Leute aus Aden abtransportieren. Jeden Tag kommen Hunderte von ihnen uber die Grenze.«

Fester brummte vor sich hin und studierte die Gewichtstabelle. Die israelischen Helfer, die in seiner Nahe standen, hielten den Atem an, wahrend er rechnete. Er beging den Fehler, den Blick zu heben und Hanna in die Augen zu sehen. Er machte einen neuen Uberschlag, schummelte dabei ein bi?chen und meinte dann, da? er der alten Kiste mit ein bi?chen Gluck genugend Dampf machen konne, um sie dazu zu bewegen, sich in die Luft zu heben. Und wenn er erst einmal mit ihr oben war, wurde er es schon irgendwie fertigbringen, auch oben zu bleiben. »Von mir aus sollen sie einsteigen«, sagte er. »Das ist sowieso meine erste und letzte Tour.«

Der Lagerleiter uberreichte ihm die Liste. Insgesamt einhundertzweiundvierzig Jemeniten befanden sich an Bord. Fester stieg die Leiter hinauf.

Der Gestank, der ihm an der Kabinentur entgegenschlug, lie? ihn zuruckfahren.

»Wir hatten nicht Zeit, alle Leute zu baden«, sagte Hanna entschuldigend. »Wir wu?ten nicht, wann Sie kommen wurden.« Foster steckte den Kopf durch die Tur. Der Passagierraum war vollgestopft mit den kleinen Leuten. Sie sa?en voller Angst auf dem Fu?boden.

Der Geruch war grauenhaft.

Foster ging hinein, machte die Tur hinter sich zu und riegelte sie ab. In der unbewegten Luft und in der Hitze von mehr als funfzig Grad begannen sich die Geruche voll zu entfalten. Foster stieg uber Arme und Beine hinweg und bahnte sich muhsam den Weg nach vorn. Er stie? das Fenster der Kanzel auf, um frische Luft zu bekommen. Er brachte die Motoren auf Touren, und wahrend er mit der Maschine langsam an den Anfang der Startbahn rollte, hielt er den Kopf aus dem Fenster und ubergab sich. Er mu?te noch immer wurgen, als er die Startbahn entlangbrauste und die Maschine im letzten Augenblick mit knapper Not vom Boden losbekam. Er lutschte eine Zitrone, wahrend er sich abmuhte, Hohe zu gewinnen. Als kuhlere Luft hereinkam, beruhigte sich endlich auch sein Magen wieder.

Die Luft war unruhig, und die Maschine ruttelte heftig im Steigflug. Er »bog um die Ecke« uber der Stra?e von Bab el Mandeb und flog dann geradeaus in Richtung des Roten Meeres, Saudi-Arabien auf der einen und Agypten auf der anderen Seite.

Hanna kam nach vorn in die Kanzel. Auch ihr war ubel. »Konnen Sie es diesem Flugzeug nicht abgewohnen, solche Sprunge zu machen?« sagte sie. »Da drin ubergeben sich alle.«

Foster stellte die Heizung im Passagierraum ab. »Machen Sie die Luftklappen auf. Ich werde versuchen, noch ein bi?chen hoher zu gehen. Durch die kalte Luft wird den Leuten wieder besser werden.« Sein Schadel brummte noch immer. Warum hatte er sich blo? von Stretch Thompson uberreden lassen!

Nach einer halben Stunde erschien Hanna von neuem. »Jetzt jammern sie alle daruber, da? es so kalt ist — und ich selbst friere auch.«

»Entweder oder — wenn ich die Heizung anstelle, fangen sie wieder an zu kotzen.«

»Dann sollen sie lieber frieren«, sagte Hanna mit matter Stimme und begab sich zu ihren Passagieren zuruck.

Wenige Augenblicke spater kam sie in die Kanzel gerannt und schrie Fester aufgeregt irgend etwas in hebraischer Sprache zu. »Reden Sie englisch!«

»Feuer!« rief Hanna und zeigte zur Kabine. »Sie haben ein Feuer angemacht, um sich zu warmen!«

Fester schaltete die automatische Steuerung ein und war mit einem Satz in der Kabine. In der Mitte brannte auf dem Fu?boden ein kleines Feuer. Er stie? die freundlichen kleinen Leute wutend beiseite und trat das Feuer aus. Dann ging er zu Hanna, die mit weichen Knien an der Tur der Kanzel lehnte.

»Konnen Sie sich mit diesen Leuten da irgendwie verstandigen?« »Ja, auf Hebraisch.«

Fester druckte ihr das Mikrofon der Sprechanlage in die Hand. »Machen Sie den Leuten gefalligst klar, da? der nachste, der seinen Platz verlassen sollte, sich auf ein Bad im Roten Meer gefa?t machen kann!«

Die Jemeniten hatten noch nie in ihrem Leben einen Lautsprecher zu Gesicht bekommen. Als sie Hannas Stimme horten, begannen sie alle nach oben zu zeigen, schrien auf und duckten sich angstvoll. »Was ist los? Was haben Sie denen denn erzahlt?«

»Sie haben noch nie einen Lautsprecher gehort und meinten, es sei die Stimme Gottes.«

»Sehr gut. Lassen Sie sie ruhig dabei.«

Wahrend der nachsten Stunden verlief alles ziemlich reibungslos. Es gab einige kleinere Zwischenfalle, aber es passierte nichts, was eine Gefahr fur die Maschine bedeutet hatte. Foster hatte gerade angefangen, sich ein wenig zu entspannen, als er erneut Larm aus der Kabine horte. Er machte die Augen zu. »Lieber Gott«, sagte er seufzend, »ich will in Zukunft ein guter Christ sein — nur la? bitte diesen Tag zu Ende gehen.«

Hanna erschien von neuem bei ihm in der Kanzel.

»Ich wage nicht, zu fragen, was jetzt wieder los ist«, sagte Foster. »Tex«, sagte sie, »Sie sind Patenonkel.«

»Was!«

»Ja, eine der Frauen hat eben einen Sohn geboren.«

»Nein — nein — nein!«

»Sie brauchen sich nicht aufzuregen«, sagte Hanna. »Ein Kind zur Welt zu bringen ist fur diese Menschen nichts Besonderes. Mutter und Sohn sind wohlauf.« Fester schlo? die Augen und schluckte. Danach passierte eine Stunde lang nichts. Fester kam das verdachtig vor. Die kleinen Leute gewohnten sich an das Gerausch der Motoren des »Adlers« und nickten einer nach dem anderen ein, erschopft von all dem Aufregenden, das sie erlebt hatten. Hanna kam mit einer hei?en Fleischbruhe zu Foster, und sie lachten gemeinsam uber die Ereignisse dieses Tages. Foster hatte eine Menge Fragen an Hanna zu stellen, uber die Jemeniten und uber den Krieg.

»Wo sind wir jetzt eigentlich?« fragte Hanna schlie?lich.

Foster, erster Pilot, zweiter Pilot, Nautiker und Funker in einer Person, sah auf die Karte. »Wir werden sehr bald um die Ecke biegen und dann den Golf von Akaba hinauffliegen. Auf dem Flug nach Aden konnte ich die Stellungen in der Wuste sehen.« »Hoffentlich ist der Krieg bald zu Ende.«

»Ja, Krieg ist 'ne uble Sache. Sagen Sie mal, wie sind Sie eigentlich zu diesem Job hier gekommen? Ganz gleich, was Ihnen die Leute zahlen, Ihre Arbeit ist das Doppelte wert.«

Hanna lachelte. »Ich werde dafur nicht bezahlt.«

»Sie werden nicht dafur bezahlt?«

»Nein, es ist ein Auftrag, den ich ausfuhre. Moglicherweise gehe ich mit diesen Leuten hinaus aufs Land, um irgendwo eine Siedlung zu errichten, vielleicht aber fliege ich auf dieser Route auch weiter.« »Ich verstehe kein Wort.«

»Es ist schwer zu erklaren. Und fur einen Au?enstehenden ist es manchmal auch kaum zu verstehen. Geld bedeutet uns nichts. Aber diese Menschen nach Israel hereinzubekommen, das bedeutet uns alles. Vielleicht kann ich es Ihnen irgendwann einmal noch besser erklaren.«

Foster zuckte die Achseln. Lauter sonderbare Sachen erlebte er da. Aber schlie?lich, was ging es ihn an. Ein interessanter Flug, aber eine einzige solche Tour war genug.

Nach einer Weile zeigte er nach unten. »Das da ist Israel«, sagte er. Hanna griff hastig nach dem Mikrofon.

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