mir zwei Seiten Funkspruche vorgelesen, die Sie aufgefangen haben, und die Sie nicht entschlusseln konnten, und diese Funkspruche stammen Ihrer Meinung nach von einem Geheimsender, dessen Standort Sie nicht feststellen konnen.«

Alistair und Caldwell warfen sich einen raschen Blick zu, als ob sie sagen wollten: »Das wird heute mal wieder schwierig mit dem Alten.«

»Verzeihung, Sir«, sagte Alistair, »wir sind bei unserer Arbeit notwendigerweise zu einem gro?en Teil auf Vermutungen angewiesen. Andererseits haben wir aber auch einwandfreie Tatsachen festgestellt und mitgeteilt, ohne da? daraufhin irgend etwas unternommen worden ist. Es ist uns bekannt, da? es in Caraolos von Palmach- Leuten aus Palastina wimmelt, und da? diese Leute auf dem Spielplatz militarische Ausbildungskurse durchfuhren. Es ist uns au?erdem bekannt, da? die Organisationen in Palastina ihre Agenten, die sie nach Zypern schicken, an einer bestimmten Stelle in der Nahe der Ruinen von Salamis an Land bringen. Und wir haben allen Grund zu der Annahme, da? dieser Grieche, Mandria, mit ihnen zusammenarbeitet.«

»Herrgott noch mal!« sagte Sutherland argerlich. »Das wei? ich auch. Sie scheinen zu vergessen, meine Herren, da? es nur der Anwesenheit dieser Leute aus Palastina zu verdanken ist, wenn sich die Lagerinsassen noch nicht in eine wilde Horde verwandelt haben. Sie sind es, die die Schulen leiten, die Lazarette, die Kuchen und uberhaupt alles, was es sonst noch im Lager gibt. Au?erdem sorgen sie fur Disziplin und verhindern Massenausbruche, indem sie immer nur bestimmte Leute ins Lager hinein- und aus dem Lager herauslassen. Wenn wir diese Manner aus Palastina 'rauswerfen, werden wir uns die schonsten Schwierigkeiten einhandeln.«

»Dann sollte man sich ein paar von diesen Burschen kaufen«, meinte Caldwell, »damit wir wenigstens wissen, was sie vorhaben.« »Man kann diese Leute nicht kaufen«, sagte Alistair. »Sie halten zusammen wie Pech und Schwefel. Jedesmal, wenn wir denken, wir hatten einen, der uns was erzahlt, dann bindet er uns irgendeinen Baren auf.«

»Dann mu? man den Kerlen eben die Holle hei? machen«, sagte Caldwell mit aller Heftigkeit. »Man mu? ihnen die Furcht Gottes einbleuen.«

»Freddy, Freddy!« sagte Sutherland tadelnd und brannte sich seine Pfeife an. »Man kann diesen Leuten keine Angst einjagen. Es sind Uberlebende aus den Konzentrationslagern. Wissen Sie noch, wie es in Bergen-Belsen aussah, Freddy? Meinen Sie, wir konnten diesen Leuten irgend etwas antun, was noch schlimmer ware?«

Major Alistair begann zu bedauern, da? er Caldwell gebeten hatte, mitzukommen. Er war so schrecklich engstirnig. »Herr General«, sagte Alistair rasch, »wir alle hier sind Soldaten. Dennoch ware es unverantwortlich von mir, wenn ich Ihnen berichten wollte, in Caraolos sei alles friedlich, und meiner Meinung nach sei es das Beste, weiterhin nichts zu unternehmen und einfach abzuwarten, bis es irgendwo knallt.«

Sutherland stand auf, verschrankte die Hande auf dem Rucken und begann nachdenklich auf und ab zu gehen. Er zog ein paarmal an seiner Pfeife und klopfte sich mit dem Pfeifenstiel gegen die Zahne. »Ich habe hier in Zypern den Auftrag, dafur zu sorgen, da? es in diesen Lagern ruhig bleibt, bis sich unsere Regierung daruber klar wird, was sie in der Frage des Palastina-Mandats zu tun gedenkt. Wir mussen deshalb unbedingt alles vermeiden, was in der Offentlichkeit unnotigen Staub aufwirbeln konnte.«

Fred Caldwell war wutend. Er begriff einfach nicht, wieso Sutherland dafur sein konnte, nichts zu unternehmen und die Juden machen zu lassen, was sie wollten. Das war zu hoch fur ihn, wirklich vollig unbegreiflich.

Allan Alistair verstand es zwar, war damit aber nicht einverstanden. Er war dafur, irgendwelche judischen Plane in Caraolos durch rasche Gegenma?nahmen zu durchkreuzen. Aber er konnte schlie?lich nichts weiter tun, als Sutherland das Ergebnis seiner Ermittlungen vorzulegen; die Entscheidung daruber, wie man darauf reagieren sollte, lag bei dem Brigadier. Seiner Meinung nach war der Brigadier viel zu milde.

»War sonst noch etwas?« fragte Sutherland.

»Ja, Sir«, sagte Alistair, »es gibt noch ein weiteres Problem.« Er blatterte in seinen Akten. »Ich wollte Sie fragen, ob Sie meinen Bericht uber diese Amerikanerin, Katherine Fremont, und den Korrespondenten Parker gelesen haben?«

»Was ist mit den beiden?«

»Also, wir wissen nicht genau, ob sie seine Geliebte ist, jedenfalls aber steht fest, da? Mrs. Fremont kurze Zeit nach Parkers Ankunft in Zypern angefangen hat, im Lager Caraolos zu arbeiten. Es ist uns von fruher her bekannt, da? Parker den Englandern nicht gerade freundlich gesinnt ist.«

»Unsinn. Er ist ein hervorragender Reporter. Seine Berichte uber die Nurnberger Prozesse waren gro?artig. Wir haben damals in Holland einen Fehler gemacht, der uns teuer zu stehen kam, und dieser Mann fand ihn heraus und berichtete daruber. Schlie?lich war er Kriegsberichterstatter.«

»Scheint es Ihnen richtig, Sir, wenn wir es fur durchaus moglich halten, die Tatsache, da? Mrs. Fremont in Caraolos arbeitet, konnte etwas damit zu tun haben, da? Parker einen Bericht uber das Lager vorbereitet?«

»Major Alistair — sollten Sie jemals angeklagt werden, einen Mord begangen zu haben, so mochte ich Ihnen wunschen, da? man Sie nicht auf Grund von Beweisen verurteilt, wie Sie mir sie soeben erbracht haben.«

Auf den Wangen des Majors erschienen vor Erregung kleine rote Flecken.

»Diese Fremont ist nun einmal eine der fahigsten Kinderpflegerinnen im ganzen Nahen Osten. Die griechische Regierung hat sie nach Saloniki geholt, wo sie ein Waisenheim geleitet hat, und zwar hervorragend. Das steht auch in Ihrem Bericht. Mrs. Fremont und Mark Parker sind seit ihrer Kindheit miteinander befreundet. Das steht gleichfalls in Ihrem Bericht. Und es steht ferner in Ihrem Bericht, da? es die judische Wohlfahrt war, die sich wegen der Arbeit im Lager an sie gewandt hatte. Sie lesen doch Ihre Berichte, Major Alistair, oder?«

»Verzeihung, Sir ...«

»Ich bin noch nicht zu Ende. Nehmen wir einmal an, unser schlimmster Verdacht sei begrundet. Nehmen wir also an, da? Mrs. Fremont tatsachlich Material fur Mark Parker sammelt. Nehmen wir weiter an, da? Mark Parker eine Artikelserie uber Caraolos schreibt. Ich bitte Sie, meine Herren, wir haben jetzt Ende 1946; der Krieg ist seit mehr als anderthalb Jahren vorbei. Die Leute wollen nichts mehr von Fluchtlingen horen, und wenn sie etwas daruber lesen, dann macht es auf sie sehr wenig Eindruck. Wenn wir aber eine amerikanische Kinderpflegerin und einen amerikanischen Pressemann aus Zypern hinauswerfen, ist das sicherlich eine Sensation fur die Leute. Meine Herren, die Sitzung ist beendet.«

Alistair nahm rasch seine Akten zusammen. Fred Caldwell, der kochend vor Wut dagesessen hatte, sprang auf. »Und ich sage, wir sollten ein paar von diesen Dreckjuden aufhangen, damit sie sehen, wer eigentlich der Herr im Hause ist.« Damit wollte er hinaus.

»Freddy!« rief Sutherland hinter ihm her. Caldwell, schon in der Tur, blieb stehen und drehte sich um. »Wenn Sie den Juden unbedingt an den Kragen wollen, kann ich veranlassen, da? Sie nach Palastina versetzt werden. Die Juden dort sind nicht hinter Stacheldraht, und sie sind bewaffnet. Solche Mannlein wie Sie essen sie gern zum Fruhstuck.«

Caldwell ging rasch mit Alistair den Flur entlang und brummte wutend in sich hinein. »Kommen Sie mit in mein Buro«, sagte Alistair. Caldwell lie? sich in einen Stuhl fallen und fuchtelte mit den Handen herum. Alistair nahm einen Briefoffner von seinem Schreibtisch und spielte nervos damit, wahrend er im Buro auf und ab ging.

»Also, wenn Sie mich fragen«, sagte Caldwell, »man sollte den Alten adeln und in den Ruhestand versetzen.«

Alistair kam zuruck zum Schreibtisch und bi? sich unschlussig auf die Lippe. »Horen Sie, Freddy, ich habe mir die Sache schon seit mehreren Wochen uberlegt. Sutherland verhalt sich wirklich ganz unmoglich. Ich werde General Tevor-Browne einen personlichen Brief schreiben.«

Caldwell zog die Augenbrauen in die Hohe. »Das ist ein bi?chen riskant, alter Junge.«

»Wir mussen irgend etwas unternehmen, ehe uns diese verdammte Insel eines Tages um die Ohren fliegt. Sie sind Sutherlands Adjutant. Wenn Sie mich dabei unterstutzen, dann garantiere ich Ihnen, da? nichts ins Auge geht.«

Caldwell hatte es satt mit Sutherland. Und Alistair war ein angeheirateter Verwandter von Tevor-Browne. Er nickte zustimmend.

»Dann konnten Sie bei der Gelegenheit bei Tevor-Browne auch gleich ein gutes Wort fur mich einlegen.«

Es klopfte, und herein kam ein Korporal mit einem Bundel neuer Informationen. Er ubergab Alistair das Bundel und ging wieder hinaus. Alistair blatterte die Meldungen durch und seufzte. »Als ob ich nicht schon genug Sorgen hatte. Auf der Insel ist eine organisierte Bande von Dieben tatig. Die Burschen sind so gerissen, da? wir nicht einmal herausbekommen, was sie eigentlich klauen.« Einige Tage spater traf Major Alistairs dringender und vertraulicher Bericht bei General Tevor-Browne ein. Seine erste Reaktion war, Alistair und Caldwell nach London

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