machen wollte.

Ari war ein begeisterter Landwirt. Wie die meisten jungen Leute des Moschaw und des ganzen Jischuw, gehorten auch Ari und Dafna zu einer Jugendgruppe. Sie wanderten kreuz und quer durch Palastina und besuchten die Statten beruhmter Schlachten der Vergangenheit. Sie bestiegen den Berg, auf dem die Hebraer mehr als drei Jahre lang der Belagerung durch die Romer standgehalten hatten, und sie wanderten durch die Wuste auf dem Wege, den Moses mit den zwolf Stammen gezogen war. Sie trugen die traditionellen blauen Hemden und kurzen Hosen, und sie sangen Lieder, die von dem hohen Ziel der Wiedergewinnung der Heimat handelten.

Dafna war zu einem frischen, kraftigen Madchen herangewachsen. Sie war sehr attraktiv und voller Liebe fur den Sohn Barak ben Kanaans. Es schien, als ob die beiden fruh heiraten wollten. Sie hatten die Absicht, entweder in Yad El eine neue Siedlerstelle zu errichten oder aber, wie das die jungen Leute nach Beendigung der Schule haufig taten, sich mit einer Jugendgruppe aufzumachen, um irgendwo eine neue Siedlung zu grunden. Doch als die Unruhen in Palastina zunahmen, hatten Ari und Dafna immer weniger Zeit fureinander.

Ari hatte sich bei der Hagana au?erordentlich hervorgetan, und Avidan hielt ihn trotz seiner Jugend fur einen der verhei?ungsvollsten Soldaten in ganz Palastina. Tatsachlich waren die besten Soldaten der Hagana meist noch keine zwanzig. Als der Kampf mit den Englandern um die Einwanderung begann, wurde Ari von der Hagana an die Stellen kommandiert, wo die Aliyah-Bet-Schiffe an Land kamen. Er hatte die Aufgabe, die illegalen Einwanderer in den Kibbuzim untertauchen zu lassen und die Passe der »Touristen« einzusammeln, die legal nach Palastina gekommen waren. Hatte er einmal einen oder gar zwei Tage dienstfrei, dann rief er meist in Yad El an und bat Dafna, per Anhalter nach Tel Aviv zu kommen. Dort konnten sie etwa ein Konzert des neu gebildeten Philharmonischen Orchesters horen, dessen Mitglieder gro?tenteils deutsche Juden waren und dessen erstes Konzert von Toscanini dirigiert wurde. — Sie konnten Kunstausstellungen besuchen oder Vortrage horen, die im Jugendzentrum veranstaltet wurden, oder sie konnten irgendeinen einsamen Badestrand nordlich von Tel Aviv aufsuchen. Sie liebten sich sehr, und die Trennung fiel ihnen von Mal zu Mal schwerer.

Ari wollte erst heiraten, wenn er ein Stuck Land besa? und ein Haus bauen konnte. Doch da die Situation bedrohlich blieb und Aris Dienste mehr und mehr in Anspruch genommen wurden, sah es so aus, als ob diese Zeit niemals kommen werde.

Die Spannungen, die 1933 mit der Aliyah-Welle der deutschen Juden einsetzten, erreichten 1935 einen Hohepunkt. In diesem Jahr gelang es den Juden, mehr Einwanderer als je zuvor ins Land zu bringen; teils legal, teils illegal. Hatte die zweite Aliyah-Welle sowohl politische Ideen wie fuhrende Manner, und die dritte Pioniere und Siedler ins Land gebracht, so hatte die Einwanderung der deutschen Juden einen enormen kulturellen und wissenschaftlichen Aufschwung des Jischuw zur Folge.

Die Effendis, die ansehen mu?ten, wie die Juden standig weitere Fortschritte machten, gerieten au?er sich vor Wut. Ihre Erbitterung erreichte ein solches Ma?, da? sie ihre inneren Streitigkeiten zum erstenmal au?er acht lie?en und geschlossen eine ultimative Aufforderung an die Englander richteten, die judische Einwanderung und den Verkauf von Grund und Boden an die Juden zu unterbinden. Zu Beginn des Jahres 1936 erbat der Jischuw-Zentralrat von den Englandern mehrere tausend Einreisevisa, um der wachsenden Notlage der Juden in Deutschland zu begegnen. Die Englander, von den Arabern schwer unter Druck gesetzt, gewahrten nicht einmal ganze tausend Visa.

Angesichts der zunehmenden Schwache der Englander versuchte der Mufti die Macht uber Palastina nun endlich an sich zu bringen. Im Fruhling des Jahres 1936 inszenierte er eine neue Reihe von Unruhen und Ausschreitungen. Auch diesmal fielen ihnen vorwiegend die wehrlosen alten und strengglaubigen Juden in den heiligen Stadten zum Opfer. Unmittelbar nach dem Ausbruch der Unruhen verkundete Hadsch Amin die Bildung eines Gro?arabischen Aktionsausschusses mit dem Ziel, erneut einen arabischen Generalstreik als Protest gegen die »projudische« Politik der Englander zu unternehmen.

Diesmal hatte der Mufti sein Manover sorgfaltig vorbereitet. Kaum war die Bildung des Gro?arabischen Aktionsausschusses bekanntgegeben, da setzten sich seine Leute vom Klan El Husseini, verstarkt durch gedungene Rowdies, in Bewegung und uberzogen das gesamte arabische Gebiet, um die Durchfuhrung des Generalstreiks zu erzwingen und dafur zu sorgen, da? der befohlene Boykott uberall strikt eingehalten wurde. Es begann ein wildes Morden, bei dem systematisch alle Araber beseitigt wurden, die als Gegner des Mufti bekannt waren. Zwar tat man, als wurde sich die Aktion gegen Juden und Englander richten, doch das eigentliche Ziel war es, samtliche politischen Gegner des Mufti zu liquidieren.

Auch Kammal, der langjahrige Freund Barak ben Kanaans und Muktar von Abu Yesha, mu?te fur seine Freundschaft mit den Juden bu?en. Husseinis Leute fanden den betagten Muktar, der in der kleinen Moschee seines Dorfes kniete und betete, und schnitten ihm die Kehle durch. Taha, sein Sohn wurde eilig nach Yad El in Sicherheit gebracht und blieb dort bei der Familie Ben Kanaan.

Der Mufti und seine Leute erzwangen mit blutiger Gewalt Generalstreik und Boykott der Juden. Den Arabern, die keinerlei Absatzmoglichkeiten fur ihre Produkte hatten, verfaulte die Ernte auf den Feldern. Im Hafen und in der Umgebung von Jaffa kam der Handel fast vollig zum Stillstand. Der Streik wirkte sich fur die arabische Bevolkerung verheerend aus; doch gegen den Mufti konnten die Leute nichts machen. Hadsch Amin el Husseini bediente sich abermals der Kanzel, um fur alles den Juden die Schuld in die Schuhe zu schieben. Verzweiflung und Wut der Araber wuchsen in dem Ma?e, in dem sich ihre Situation verschlechterte. Es dauerte nicht lange, und sie gingen dazu uber, judische Siedlungen anzugreifen, die Felder in Brand zu stecken und die Ernte zu stehlen. Wenn ihnen ein einzelner, unbewaffneter Jude in die Hande fiel, wurde er erschlagen und seine Leiche auf das grauenhafteste verstummelt.

Als die Greuel zunahmen, richtete Avidan einen Appell an die judische Bevolkerung. Er ermahnte sie instandig, Zuruckhaltung zu uben. Die Araber seien nichts als Opfer einer Hetzpropaganda, erklarte er, und es bessere sich nichts, wenn man Boses mit Bosem vergelte.

Akiba und seine Makkabaer waren anderer Ansicht. Bald, nachdem sie sich von der Hagana getrennt hatten, wurde die Organisation der Makkabaer von den Englandern verboten und gezwungen, unterzutauchen und in den illegalen Widerstand zu gehen.

Die Makkabaer versuchten, Terror gegen Terror zu setzen; doch die Organisation war noch nicht gro? und schlagkraftig genug, um mit den Marodeuren des Mufti Schritt halten zu konnen. Obwohl sich der Jischuw-Zentralrat offiziell von ihnen distanzierte, gab es nicht wenige Juden, die es gro?artig fanden, da? die Makkabaer zuruckschlugen.

Der Mufti, der schon die Hande an der Gurgel von Palastina hatte, schritt nunmehr zur nachsten Phase seines Plans. Er lie? einen in fanatischen Worten abgefa?ten Appell an die Araber aller Lander mit der Aufforderung hinausgehen, sich im gemeinsamen Kampf zur Errettung Palastinas aus den Klauen des britischen Imperialismus und des Zionismus zu vereinigen. Seine Gangster begaben sich in alle arabischen Dorfer und riefen die Manner zum Kampf gegen die judischen Siedlungen auf. Die Fellachen hatten meist nicht die geringste Lust, zu kampfen, doch sie hatten viel zu gro?e Angst vor dem Mufti, um abzulehnen.

Antwort auf den Appell des Mufti kam nicht nur aus Palastina, sondern auch von au?erhalb. Ein Offizier der irakischen Armee namens Kawuky erblickte in der Palastina-»Revolte« seine seit langem ersehnte Chance, als bewaffneter Verbundeter des Mufti zu Macht und Reichtum zu gelangen. Er lie? sich eine ganze Kollektion prachtiger Uniformen mit allen moglichen Phantasieorden anfertigen und ernannte sich selbst zum Generalissimus der Befreiungsarmee. Mit dem Geld, das der Mufti von den Arabern in Palastina erpre?t hatte, machte sich Kawuky ans Werk, au?erhalb des Landes seine Armee aufzustellen. Was er auf die Beine brachte, war eine Bande von Raubern und Banditen, Rauschgiftschmugglern, Madchenhandlern und dergleichen, denen er den Mund mit der Aussicht auf die vielen judischen Frauen wa?rig machte, die sie vergewaltigen konnten, und auf das viele »Hebraische Gold«, das ihnen als Kriegsbeute in die Hand fallen wurde.

Kawukys Taktik war dabei ebenso einfach wie hinterhaltig. Nachdem er sich vorher uberzeugt hatte, da? seinen Truppen Ruckzugswege offenstanden, errichtete er an geeigneten Orten Stra?enfallen und legte sich auf die Lauer, bis ein Autobus oder ein anderes unbewaffnetes Personenfahrzeug, gelegentlich auch nur ein paar Passanten herannahten. War er sicher, da? kein Widerstand zu erwarten war, dann sprangen die Araber aus ihrem Versteck, griffen an, plunderten und flohen.

Bald stand das ganze Land unter dem Terror der »Befreiungsarmee« Kawukys und der Banden des Mufti. Die arabische Bevolkerung war wehrlos, die Englander unwillig und gegen einen Kampf, und die Juden waren entschlossen, nur im Falle der Notwehr zu den Waffen zu greifen.

Die Englander schlugen die arabischen Angriffe nicht nieder, sondern beschrankten sich auf Ma?nahmen, die geradezu lacherlich waren. Ein paarmal fuhrten sie in Ortschaften, in denen man ein Versteck der Banditen

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