vermutete, Razzien durch und legten der Gemeinde eine Geldbu?e auf, und ein- oder zweimal zerstorten sie auch einige Dorfer. Im ubrigen aber zogen sie sich in ein Schneckenhaus zuruck. Sie bauten mehr als funfzig riesige Betonbunker, die sich uber ganz Palastina erstreckten. Jedes dieser Forts bot Platz fur einige hundert oder tausend Soldaten und war dazu bestimmt, die unmittelbare Umgebung zu kontrollieren. Ein Mann namens Teggart hatte diese Betonburgen entworfen, gebaut wurden sie von den Juden.

Die Teggart-Forts, die Palastina umschlossen, beruhten auf einem System, das ebenso alt war wie das Land selbst. Schon im Altertum hatten die Juden zwolf Berge benutzt; ein Feuer auf der Spitze des einen konnte vom nachsten wahrgenommen und weitergemeldet werden. Die Kreuzritter hatten an diesem System festgehalten und ihre Burgen jeweils in Sichtweite der nachsten oder einer befestigten Stadt errichtet. Und jetzt legten die Juden ihre landwirtschaftlichen Siedlungen gleichfalls stets in Sichtweite eines Nachbardorfes an.

Am Abend zogen sich die Englander in ihre Teggart-Forts zuruck und kamen bis zum nachsten Morgen nicht wieder heraus. Die Ausfluge, die sie bei Tage unternahmen, waren wirkungslos. Kaum setzte sich eine englische Wagenkolonne von einem dieser Forts aus in Bewegung, so ging die Nachricht daruber wie ein Lauffeuer durch das Land. Wenn die Englander dann am Ziel anlangten, war naturlich kein Gegner mehr zu sehen.

Doch selbst unter diesem unvorstellbaren Druck horten die Juden nicht auf, illegale Einwanderer ins Land zu schmuggeln und neue Siedlungen fur sie zu errichten. Am ersten Tage versammelten sich mehrere hundert Bauern und Bauhandwerker aus allen umliegenden Siedlungen an der Stelle der neuen Landerschlie?ung. In der Zeit von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang errichteten sie in aller Eile einen Turm, der mit Generator und Scheinwerfer ausgerustet und rings von einer kleinen Palisade umgeben war. Am Abend, wenn Turm und Palisade standen, entfernten sich die Helfer wieder zu ihren eigenen Siedlungen, und die Neusiedler blieben, unter dem Schutz einer kleinen Gruppe der Hagana, innerhalb der Palisade allein.

Ari ben Kanaan, der eben erst zwanzig Jahre alt geworden war, entwickelte sich zu einem Fachmann fur Wehrsiedlungen. Er hatte meistens das Kommando der Hagana-Einheit, die zuruckblieb, um den Neusiedlern beizubringen, wie man mit arabischen Spitzeln und Angreifern fertig wurde, oder er bildete sie an den Waffen aus, die ihnen zur Verfugung standen. Fast jede dieser Neusiedlungen wurde von den Arabern angegriffen. Die Anwesenheit der Hagana-Leute und ihre Fahigkeit, die Angreifer in die Flucht zu jagen, hatte auf die Neusiedler einen sehr beruhigenden und ermutigenden Einflu?. Wenn Ari einige Wochen an einer Stelle gewesen war, zog er mit seinen Leuten zu der nachsten Wehrsiedlung, die gerade errichtet wurde.

Die Araber wurden immer dreister, bis schlie?lich selbst die Englander nicht mehr untatig zusehen konnten. Der Mufti und sein Generalissimus Kawuky machten sie zum Gespott. So entschlossen sie sich endlich, etwas zu unternehmen, losten den Gro?arabischen Aktionsausschu? auf und erlie?en einen Haftbefehl gegen den Mufti. Der Mufti rettete sich vor der britischen Polizei in den Schutz des Felsendoms, der Moschee Omars, der heiligsten muselmanischen Statte in ganz Palastina.

Die Englander wagten nicht, die Moschee zu betreten. Sie furchteten, dadurch moglicherweise einen »heiligen« Aufstand der gesamten muselmanischen Welt auszulosen. Nachdem er sich eine Woche lang in der Moschee verborgen gehalten hatte, floh Hadsch Amin, als Frau verkleidet, nach Jaffa, von wo ihn ein Schiff nach dem Libanon brachte. Besonders die arabische Bevolkerung atmete erleichtert auf, als der Mufti von Jerusalem Palastina verlassen hatte. Die Angriffe horten auf, die Unruhen klangen ab, und die Englander machten sich wieder einmal daran, Untersuchungsausschusse einzusetzen und Erhebungen anzustellen.

Nach einer abermaligen Uberpufung der Situation schlugen die Englander einen neuen Kurs ein und kamen mit dem Vorschlag, das Gebiet von Palastina in zwei getrennte Staaten aufzuteilen. Dabei sollten die Araber den Lowenanteil bekommen, und den Juden sollte ein schmaler Landstreifen von Tel Aviv nach Haifa und diejenigen Teile von Galilaa, die sie wieder urbar gemacht hatten, zuerkannt werden.

Der Jischuw-Zentralrat, die Zionisten in aller Welt und die Juden in Palastina waren des fortgesetzten Blutvergie?ens mude. Sie hatten genug von dem zunehmenden Fanatismus der Araber und der sich immer deutlicher zeigenden Wortbruchigkeit der Englander. Ursprunglich hatte das Mandat fur die judische Heimstatte das Land beiderseits des Jordans vorgesehen — und jetzt boten die Englander ihnen nur ein kleines Stuckchen davon an. Dennoch beschlossen die Juden, den Vorschlag zu akzeptieren.

Die Englander versuchten den Arabern klarzumachen, da? sie klug daran taten, auf diesen Vorschlag einzugehen, da das Gebiet, das man den Juden zugemessen hatte, nicht sehr viel Einwanderer mehr aufzunehmen vermochte. Doch die Araber verlangten nicht mehr und nicht weniger, als da? alle Juden ins Meer geworfen wurden. Von Beirut aus setzte Hadsch Amin el Husseini die arabische Rebellion gegen die Juden erneut in Gang.

Teggart, der Erbauer der britischen Forts, errichtete langs der libanesischen Grenze einen elektrisch geladenen Stacheldrahtzaun, um den Strauchdieben und Waffenschmugglern des Mufti von Jerusalem den Weg zu versperren. Zur Verstarkung dieses Walls aus Stacheldraht baute Teggart in geringen Abstanden Betonbunker. Eines der Forts des Teggart-Walls wurde oberhalb von Abu Yesha und Yad El ungefahr an der Stelle errichtet, an der sich nach judischer Uberlieferung die Grabstatte der Konigin Esther befinden soll. Es wurde unter dem Namen »Fort Esther« bekannt. Der Teggart-Wall behinderte zwar die arabische Infiltration, war aber nicht in der Lage, sie auszuschalten.

Die Hagana, die sich lange zuruckgehalten hatte, wurde allmahlich immer unruhiger, und die Juden in Palastina fingen an, sich zu fragen, wann der Zentralrat der Hagana endlich erlauben werde zu kampfen. Unter diesem wachsenden Druck fand sich Ben Gurion schlie?lich bereit, einem Vorschlag zuzustimmen, den Avidan gemacht hatte. Die Zionistische Siedlungsgesellschaft erwarb ein Stuck Land im au?ersten Norden von Galilaa, unmittelbar an der libanesischen Grenze, an einer Stelle, wo nach Ansicht des Geheimdienstes der Hagana ein Schwerpunkt der arabischen Infiltration war. Kurze Zeit nach dem Ankauf dieses Landes wurden Ari ben Kanaan und zwei weitere junge Leute der Hagana-Elite aufgefordert, nach Tel Aviv zu kommen und sich in dem geheimen Hauptquartier der Hagana bei Avidan zu melden.

Der kahlkopfige Fuhrer der judischen Schutzwehr entfaltete eine Karte und zeigte mit dem Finger auf die neuerworbene Parzelle. Die Bedeutung dieser Stelle fur die Fortfuhrung der arabischen Revolte war offensichtlich.

»Ich mochte, da? ihr drei das Kommando einer Einheit ubernehmt, die sich auf dieses Stuck Land begibt und dort einen Kibbuz errichtet. Wir werden mit Sorgfalt achtzig unserer besten Manner und zwanzig Frauen auswahlen, die mit euch gehen. Ich brauche euch nicht zu erklaren, was ihr zu erwarten habt.«

Die drei nickten stumm.

»Wir sind uns daruber klar, da? der Mufti alles daran setzen wird, um euch von dort zu vertreiben. Es ist das erstemal, da? wir eine Stelle fur die Errichtung eines Kibbuz unter dem Gesichtspunkt seiner strategischen Bedeutung ausgesucht haben.«

Sara ben Kanaan pre?te es das Herz zusammen, als sie von der neuen Aufgabe ihres Sohnes erfuhr. Seit Jahren hatte sie Ari nicht mehr ohne Ochsenziemer oder Gewehr in der Hand gesehen. Doch nun hatte sie zum ersten Male Angst, wie sie sie bisher nie gekannt hatte. Jetzt wurde er also mit hundert der besten Leute des Jischuw auf ein Selbstmordkommando geschickt.

Ari ku?te seine Mutter und sagte, indem er ihr behutsam die Tranen aus dem Gesicht wischte, da? alles in Ordnung gehen werde und sie sich keine Sorgen machen sollte. Seinem Vater schuttelte er nur die Hand. Ihm brauchte er nichts zu sagen; sie verstanden sich auch ohne Worte.

Dafna kam und verabschiedete sich gleichfalls.

Gemeinsam verlie?en sie Yad El. Nur einen kurzen Blick warfen sie zuruck, auf die Felder und auf die Freunde, die zu ihrer Verabschiedung gekommen waren. Barak seufzte und legte seinen Arm um Saras Schulter, als das junge Paar ihrem Blick zu entschwinden begann.

»Sie haben so wenig von ihrem Leben«, sagte Sara. »Wie oft werden wir ihn noch hergeben mussen?«

Barak schuttelte den Kopf, wahrend sich seine Augen anstrengten, seinen Sohn und Dafna noch mit einem letzten Blick zu erhaschen. »Gott hat von Abraham gefordert, da? er Ihm seinen Sohn zum Opfer bringe. Das ist der Schatten, in dem wir leben. Wir mussen Ari so oft hergeben, wie Gott ihn will.«

Hundert der besten jungen Manner und Frauen des Jischuw zogen hinaus an die libanesische Grenze, um Dieben und Mordern den Weg zu versperren. Ari ben Kanaan, zweiundzwanzig Jahre alt, war stellvertretender Kommandeur.

Sie gaben dem neu zu errichtenden Kibbuz den Namen Hamischmar — der Wachtposten.

XVI.

Zehn Lastwagen, die hundert junge Manner und Frauen der Hagana und ihre Ausrustung geladen hatten, fuhren rasch die Kusten-Stra?e entlang, an der letzten judischen Siedlung Naharia im Norden von Galilaa vorbei und

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