hatte achthundert Juden an Bord, die aus Europa entkommen wollten. Der Dampfer war seeuntuchtig und die Menschen auf ihm in gro?ter Bedrangnis.

Fast kniefallig bat der Jischuw-Zentralrat die Englander um die erforderliche Einreisegenehmigung, doch die Englander lehnten ab. Nicht genug damit, wurde die turkische Regierung von ihnen unter scharfsten diplomatischen Druck gesetzt, die Struma zur Raumung der Gewasser um Istanbul zu veranlassen. Turkische Polizei kam an Bord, schleppte die Struma durch den Bosporus und lie? das leichte Flu?schiff im Schwarzen Meer treiben, ohne Nahrung, ohne Wasser, ohne Brennstoff. Die Struma erlitt Schiffbruch, und 799 Menschen kamen ums Leben. Nur einer wurde gerettet.

Vom Seegang arg mitgenommen, hatten zwei andere Dampfer mit zweitausend Fluchtlingen an Bord endlich die Gewasser vor Palastina erreicht, doch die Englander lie?en sie nicht landen. Statt dessen schafften sie die Fluchtlinge auf die Patria, die sie nach Mauritius, eine ostlich von Afrika gelegene Insel, bringen sollte. Auf der Hohe von Haifa, noch in Sichtweite der palastinischen Kuste, erlitt auch die Patria Schiffbruch, und hundert Fluchtlinge fanden den Tod.

Und so ging es weiter. Die Englander hielten an ihrem Wei?buch fest; denn die Araber durften nicht aufgebracht werden.

Der Krieg entwickelte sich fur die Englander sehr schlecht. Gegen Ende des Jahres 1941 hatten die Juden von Palastina ihren Weg zur kampfenden Truppe gemacht, trotz der Warnung General Haven-Hursts. Denn die Englander befanden sich in verzweifelter Lage, und von den Arabern bekamen sie nicht einen Mann. Wahrend die Araber untatig dasa?en, trugen funfzigtausend Juden der Jischuw-Elite britische Uniformen.

Nach dem Zusammenbruch Westeuropas warteten die deutschen Truppen am Armelkanal auf den Befehl zur Invasion. England kampfte mit dem Rucken zur Wand.

Wie einst die Englander das Reich der Ottomanen untergraben hatten, so schickten sich jetzt die Deutschen an, das Britische Empire zu unterhohlen. Rommels starkes Afrikakorps setzte zu einer Reihe von Schlagen an, die die Englander aus dem Nahen Osten vertreiben und den Weg zum Orient und nach Indien offnen sollte.

Hadsch Amin el Husseini ging, auf der Suche nach gruneren Weiden, aus dem Libanon fort. Er landete in Bagdad, im Staate Irak, der dem Namen nach ein Verbundeter der Englander war; aber wirklich nur dem Namen nach.

In Bagdad wurde Hadsch Amin als Martyrer fur die Sache des Islam begru?t. Gemeinsam mit einer Reihe irakischer Offiziere inszenierte er eine Revolte, um das Land den Deutschen in die Hande zu spielen. Mit knapper Not konnten die Englander das Gelingen dieses Planes in letzter Minute verhindern.

Hadsch Amin begab sich von neuem auf die Flucht. Diesmal fuhr er nach Deutschland, wo ihn Adolf Hitler personlich als bruderlichen Freund begru?te. Die beiden Irren verbanden sich miteinander zu beiderseitigem Nutzen. Der Mufti erblickte in den militarischen Planen der Deutschen eine neue Chance fur sich selbst, die Macht uber die ganze arabische Welt zu gewinnen. Hitler brauchte den Mufti, um zu demonstrieren, welche warme und herzliche Freundschaft zwischen einem Araber und einem Deutschen moglich war. Als Propagandist der Nazis hielt Hadsch Amin von Berlin aus an alle Araber eine Ansprache nach der anderen. Alle Araber schienen den Worten des Mufti aufmerksam zu lauschen. Syrien und der Libanon waren in der Hand der Vichy-Regierung, und in Massen kam aus Deutschland alles heran, was zur Vorbereitung einer Invasion in Palastina und Agypten erforderlich war. Der agyptische Generalstab verkaufte den Deutschen Kriegsgeheimnisse. Konig Faruk von Agypten weigerte sich, den Englandern auch nur einen einzigen Soldaten zur Verfugung zu stellen, um Agypten gegen Rommel zu verteidigen. Im Irak wurden weitere Komplotte ausgeheckt.

Der einzige treue Freund der Alliierten war der alte Despot Ibn Saud, der mit amerikanischen Dollars gekauft worden war. Doch fur die britische Achte Armee, die um ihr Leben kampfte, hatte Ibn Saud nicht einmal ein einziges Kamel ubrig.

Im ganzen Nahen Osten hatten die Alliierten nur einen wirklichen Freund, der Seite an Seite mit ihnen kampfte — die judische Bevolkerung von Palastina!

Rommel, von Stolz geschwellt uber den Sieg in Libyen, war zum Durchbruch nach Alexandria angetreten, wo die Einwohner bereits deutsche Fahnen nahten, um die »Befreier« gebuhrend begru?en zu konnen.

In Ru?land stand die deutsche Wehrmacht vor den Toren von Stalingrad! Es war die dunkelste Stunde der Alliierten.

Die Deutschen hatten es in erster Linie auf den Suez-Kanal abgesehen, auf Agypten und Palastina — den Solarplexus des Britischen Imperiums. Ein Durchbruch bei Stalingrad konnte die andere Seite einer Zange ergeben, die uber den Kaukasus griff und die Tur nach Indien und dem Orient offnete.

Schlie?lich kamen die Englander zum Jischuw-Zentralrat und baten die Juden, Guerilla-Einheiten zu bilden, um den Ruckzug der Englander zu decken und der deutschen Besatzungsmacht Schwierigkeiten zu verursachen. Diese Guerilla-Truppe erhielt den Namen Palmach und sollte sich zur aktiven Elite der Hagana entwickeln. Eines Abends, als sich die Familie gerade zum Essen setzte, teilte Ari ben Kanaan beilaufig mit: »Ich bin heute in das britische Heer eingetreten.«

Am nachsten Tag meldete sich Ari zum Dienst im Kibbuz Beth Alonim, wo sich junge Manner und Frauen aus ganz Palastina versammelt hatten, um den Palmach zu bilden.

XVIII.

Beth Alonim lag in der Mitte des Jesreel-Tales, am Fu?e des Berges Tabor. Die Englander gaben Ari ein Offizierspatent in der britischen Armee und ubertrugen ihm das Kommando uber die Operationen der Guerilla- Einheiten. Diese Einheiten bestanden aus jungen Mannern und Madchen, von denen die meisten noch keine Zwanzig waren. Die Offiziere gehorten gro?tenteils zur »Alten Garde« und waren, genau wie Ari, Mitte Zwanzig.

Viele ehemalige Angehorige der Kommandotruppe traten in den Palmach ein, um die jungen Leute in der Kriegfuhrung auszubilden, die sie von Major P. P. Malcolm gelernt hatten. Der Palmach trug keine Uniformen; im Mannschaftsstand gab es keine Rangunterschiede; und die Madchen wurden genauso behandelt wie die jungen Manner.

Zwei der Soldaten zeigten so hervorragende Fahigkeiten, da? Ari sie zu Einheitsfuhrern und zu seinen unmittelbaren Stellvertretern ernannte. Der eine war ein vierschrotiger Siedler aus Galilaa. Sein Name war Seew Gilboa. Er trug den machtigen schwarzen Schnurrbart, der spater das Kennzeichen eines mannlichen PalmachAngehorigen werden sollte. Der andere war ein schmalgliedriger, feinnerviger Student aus Jerusalem namens David ben Ami. Beide waren noch keine Zwanzig.

Eines Tages kam General Haven-Hurst zu Besuch. Haven-Hurst war ein schlanker, blonder Mann von etwas uber Funfzig. Wahrend er das Lager inspizierte, spurte er die kuhle Ablehnung, mit der die Palmach-Leute seine Anwesenheit zur Kenntnis nahmen. Haven-Hurst bat Ari, sich im Anschlu? an die Inspektion im Dienstzimmer des Lagers bei ihm zu melden.

Als Ari den Raum betrat, begru?ten sich die beiden Manner mit einem steifen Nicken, und keiner von ihnen machte einen Hehl daraus, wie wenig er fur den anderen ubrig hatte.

»Nehmen Sie Platz, Leutnant Ben Kanaan«, sagte Haven-Hurst. »Ich mu? Ihnen mein Kompliment uber Ihre Arbeit hier mit dieser Palmach-Truppe machen.«

»Danke, Sir.«

»Der eigentliche Anla? meines heutigen Kommens war, Sie zu fragen, ob Sie bereit waren, einen Sonderauftrag zu ubernehmen. Ich wei?, da? Sie in das britische Heer unter der Voraussetzung eingetreten sind, da? man Ihnen die Ausbildung der PalmachTruppen anvertraut; doch wir sind der Meinung, da? es sich hier um eine so vordringliche Sache handelt, da? Sie bereit sein sollten, von diesem Vorbehalt abzugehen.«

»Ich bin Soldat im britischen Heer, Sir. Ich werde jeden Auftrag akzeptieren, den man mir erteilt.«

»Also gut. Es handelt sich um Folgendes. Die Deutschen haben starke Krafte in Syrien zusammengezogen. Wir halten es fur moglich, da? sie in diesem Fruhling eine Invasion in Palastina versuchen werden.«

Ari nickte.

»Wir befinden uns mit Vichy-Frankreich nicht im Krieg und konnen also auch keine Invasion in Syrien machen, doch wir haben im Nahen Osten in ausreichender Menge Streitkrafte des unbesetzten Frankreichs, die dazu in der Lage waren, vorausgesetzt, da? wir einen Abwehrdienst aufziehen konnten, der die Feindlage einwandfrei klart. Wir haben Sie fur diese Aufgabe gewahlt, da Sie Syrien und den Libanon von Ihrer Zeit in Hamischmar her kennen und au?erdem gut arabisch sprechen. Wir mochten, da? Sie die Leute, die mit Ihnen in Hamischmar waren, zusammenholen und mit Ihnen wieder nach Hamischmar gehen, um von dort aus die Feindaufklarung vorzunehmen. Bei Beginn der Invasion ist au?erdem vorgesehen, Sie zum Captain zu befordern.«

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