»Die Sache hat einen Haken, Sir.«

»Das ware?«

»Eine gro?e Anzahl meiner Kameraden von Hamischmar sind von den Englandern ins Gefangnis geworfen worden.«

Das Gesicht des Generals lief dunkelrot an. »Wir werden ihre Entlassung veranlassen.«

»Jawohl, Sir. Und noch etwas. Ich habe hier zwei Leute, die ungewohnlich befahigte Soldaten sind. Ich wurde sie gern nach Hamischmar mitnehmen und bitte darum, die beiden in das britische Heer zu ubernehmen.«

»Bitte«, sagte Haven-Hurst, »nehmen Sie die beiden mit.«

Ari erhob sich und ging zur Tur. »Eine Invasion in Syrien zu diesem Zeitpunkt ist eine strategisch hervorragende Ma?nahme, Sir. Die britische Achte Armee bekommt dadurch ausreichenden Spielraum, um sich nach Indien abzusetzen.«

Haven-Hurst starrte den Juden feindlich an. »Ich glaube, Ben Kanaan, ich brauche Ihnen kaum zu erklaren, da? wir uns beide eines Tages auf gegnerischen Fronten gegenuberstehen werden.« »Das tun wir bereits, Sir.«

Ari verlie? Beth Alonim, »mit Seew Gilboa und David ben Ami als seinen Sergeanten, und ging wieder nach Hamischmar, auf den Berg, mit dem ihn so bittere Erinnerungen verbanden. Von Hamischmar aus, dem Stutzpunkt und Hauptquartier, gingen Aris Aufklarungskommandos bis nach Damaskus vor. Sie mu?ten dabei mit gro?ter Vorsicht zu Wege gehen, denn die Invasion sollte vollig uberraschend kommen.

Aris Methode war sehr einfach. Die meisten seiner Leute sprachen flie?end Arabisch und kannten das Gebiet sehr genau. Er schickte sie bei Tage los, verkleidet als Araber, und sie gingen einfach die Stra?en entlang und machten Augen und Ohren auf. Obwohl Ari auf diese Weise Informationsmaterial erhielt, das sich als luckenlos und exakt erwies, wollte er es gern noch durch einen Mann bestatigt haben, der sich bis in die Innenstadt von Damaskus und Beirut vorwagte. Es war eine sehr riskante Sache, fur die Ari einen Einzelganger mit besonderen Voraussetzungen brauchte. Der Betreffende mu?te in der Lage sein, sich vollig frei zu bewegen, ohne Verdacht zu erregen. Ari setzte sich mit der Hagana in Verbindung, und man schickte ihm einen jungen Mann von siebzehn Jahren namens Joab Yarkoni.

Yarkoni war ein marokkanischer Jude, geboren und aufgewachsen in Casablanca, der uberall glatt als Araber passieren konnte. Er war klein und schmal, hatte gro?e leuchtende schwarze Augen und einen geradezu unverschamten Humor. In Casablanca hatten er und seine Familie in einer Mellah gelebt, der orientalisch- afrikanischen Abart eines Ghettos. Diese orientalischen und afrikanischen Juden hatten kulturell wenig mit ihren russischen oder deutschen Glaubensgenossen gemein. Sie stammten gro?tenteils von spanischen Juden ab, die vor der Inquisition geflohen waren.

Viele von ihnen hatten noch immer spanische Namen. In den meisten arabischen Landern wurden die Juden menschenwurdig, fast als Gleichberechtigte behandelt. Sie wurden Hofarzte, Philosophen und Kunstler und zahlten zur Elite der Gesellschaft. Mit dem Untergang der arabischen Gro?e bu?ten auch die Juden ihre Bedeutung in den arabischen Landern ein.

Es gab Juden in Bagdad und Kairo, und in Damaskus und Fez, in Kurdistan und in Casablanca, an der ganzen afrikanischen Kuste und tief im Innern der Lander des Nahen Ostens.

Gewi? hatte es auch Feindschaft gegeben. Doch die Moslems hatten nie so viele Juden getotet wie die Christen. Die arabischen Pogrome waren immer in Grenzen geblieben; man hatte jeweils nur ein paar Dutzend Juden totgeschlagen.

Joab Yarkoni war mit seinen Eltern aus der Mellah von Casablanca geflohen, als er noch ein kleiner Junge war. Die Familie ging in einen Kibbuz an der Kuste von Samaria. Der Kibbuz war eine Fischersiedlung bei Caesarea und hie? Sdot Yam. In der Nahe von Caesarea gingen viele Schiffe mit illegalen Einwanderern an Land, und Joab begann als Waffenschmuggler fur Aliyah Bet zu arbeiten, als er kaum zwolf Jahre alt war.

Mit funfzehn leistete er sich ein Husarenstuck, das seinen Namen bei allen Juden in Palastina beruhmt machte. Er zog von Sdot Yam mit seinem Esel los und begab sich nach Bagdad. Dort stahl er eine Anzahl junger Dattelpalmenscho?linge, uber die die Iraker mit Eifersucht wachten, und schmuggelte sie nach Palastina hinein. Diese Scho?linge wurden nach dem Kibbuz Schoschana gebracht und bildeten die Grundlage fur einen ganz neuen Exportzweig.

Die Aufgabe, die Ari ihm stellte, war fur den siebzehnjahrigen Joab eine Kleinigkeit. Er begab sich nach Damaskus, nach Beirut und nach Tyra und kam drei Wochen spater wieder nach Hamischmar zuruck. Seine Feststellungen bestatigten das, was sie bereits wu?ten, in allen Einzelheiten und erbrachten au?erdem luckenlose Informationen uber die Stationierung und die zahlenma?ige Starke der Vichy-Truppen.

In aller Stille bewegten sich Streitkrafte des unbesetzten Frankreichs nach Palastina und massierten sich in Galilaa fur die geplante Invasion. Aris funfzig Leute wurden durch vierzig ausgesuchte Australier verstarkt, die Fachleute im Umgang mit Landminen, automatischen Waffen und Sprengstoffen waren. Diese neunzig Mann wurden in drei Gruppen zu je drei?ig Mann aufgeteilt. Jede dieser Gruppen erhielt einen Sonderauftrag, als Vortrupp der Invasion uber die Grenze nach Syrien und in den Libanon zu gehen, um entscheidende Stra?en und Brucken so lange gegen einen etwaigen Gegenangriff zu halten, bis die Invasionsarmee herangeruckt war.

Aris Gruppe hatte den gefahrlichsten dieser Sonderauftrage. Sein Auftrag lautete, mit seinen drei?ig Mann an der libanesischen Kuste vorzugehen, bis an eine Garnison der Vichy-Truppen heran, um diese daran zu hindern, ein halbes Dutzend wichtiger Brucken in den Bergen zu besetzen oder zu sprengen und dadurch das Vorgehen der Invasionsarmee aufzuhalten. Ari nahm Joab, Seew und David mit, au?erdem noch sechzehn Juden und zehn Australier.

Sie setzten sich vierundzwanzig Stunden vor Beginn der Invasion in Bewegung und gingen ohne jede Schwierigkeit an der Kuste vor, da sie jeden Meter des Gelandes genau kannten. Unangefochten uberschritten sie die sechs wichtigsten Brucken und machten drei Meilen vor Fort Henried, einer Garnison der Vichy-Streitkrafte, bei einem Ubergang uber das Gebirge halt. Sie verminten die Stra?en, brachten ihre Maschinengewehre in Stellung und warteten auf das Eintreffen der Invasionsarmee.

Wie so oft bei einem gro?angelegten kriegerischen Unternehmen passierte eine Panne: der ostliche Keil der Invasionsarmee begab sich von Transjordanien aus zwolf Stunden vor dem planma?igen Zeitpunkt X nach Syrien hinein, marschierte auf Damaskus zu und verriet dadurch die gesamte Operation.

Fur Ari bedeutete das, den Pa? uber das Gebirge zwolf Stunden lang und noch weitere drei bis vier Stunden halten zu mussen, bis die Hauptmacht bei ihm angelangt war. Die Vichy-Leute hatten, nachdem die Panne passiert war, innerhalb weniger Stunden in Fort Henried zwei Bataillone mit Tanks und Artillerie aufgestellt und kamen damit auf der Kustenstra?e heran, um die Brucken in den Bergen zu zerstoren. Als Ari sie herankommen sah, schickte er eilig David und Seew nach Palastina zuruck, um Verstarkung heranzuholen.

Die Vichy-Truppen marschierten ahnungslos auf den Pa? zu, wurden von den Stra?enminen hochgejagt und von den Hohen rechts und links des Passes mit Maschinengewehrfeuer empfangen. Sie wurden in die Flucht geschlagen, sammelten sich wieder und belegten den Pa? mit Artilleriebeschu?. Sechs hollische Stunden vergingen, bis David und Seew mit einem Bataillon der Streitkrafte des unbesetzten Frankreichs zuruckgekommen waren.

Samtliche Brucken waren intakt. Es war den Vichy-Truppen nicht gelungen, durchzubrechen. Der Pa? war mit den Leichen von mehr als vierhundert Vichy-Soldaten ubersat, die versucht hatten, Aris Stellung zu uberrennen. Als die Hilfe kam, waren von Aris Leuten nur noch funf am Leben. Ari selbst hing zwischen Leben und Tod. Sein Rucken sa? voll von Schrapnell-Splittern, er hatte zwei Steckschusse im Korper, und ein Bein und seine Nase waren gebrechen. Die Streitkrafte des freien Frankreichs gingen uber den Pa? vor und fuhrten die Invasion in Syrien zu Ende.

Fur Ari ben Kanaan war der Krieg vorbei. Er wurde nach Palastina gebracht, wo er lange im Lazarett lag und sich nur langsam erholte. Die Englander beforderten ihn zum Major und verliehen ihm fur die heldenhafte Verteidigung des Passes einen Orden.

Nicht nur Ari hatte fur den Sieg der Alliierten gekampft. Mitglieder des Jischuw gehorten zu Selbstmord- Kommandos, die bei der Einnahme von Tobruk und Bardia beteiligt waren. Spater nahm ein Bataillon palastinischer Juden an der heldenhaften Verteidigung von Tobruk teil.

Sie kampften in Italien, in Griechenland, in Kreta und in den Niederlanden. Tausende von ihnen waren Angehorige der Royal Air Force. Die Hagana hielt die Araber in Palastina in Schach. Sie kampften in der Wuste und waren bei der Einnahme von Siddi Barrani, von Sollum und Fort Capuzzo dabei.

Judische Selbstmord-Einheiten wurden ihrer besonderen Tapferkeit wegen bei den Kampfen in Eritrea und Athiopien verwendet. Dreitausend Juden aus Palastina kampften bei den tschechischen, den hollandischen, den

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