trage herumsa?en oder am Boden lagen und Puff spielten. Hinter Sichren Yakow kamen sie an dem ersten Teggart-Fort vorbei, einem finster wirkenden, von Stacheldraht umgebenen Bauwerk. Ein Stuck weiter, bei Chedera, kamen sie an dem nachsten Fort vorbei, und dann schienen die Teggart-Forts bei jedem Ort und jeder Stra?enkreuzung aufzutauchen.

Hinter Chedera, in der Ebene von Scharon, war das Land noch gruner und fruchtbarer. Sie fuhren zwischen australischen Eukalyptusbaumen entlang, die sich zu riesigen Bogengangen uber ihnen wolbten.

»Alles, was Sie hier sehen, war vor funfundzwanzig Jahren noch wust und ode«, sagte Ari.

Am Nachmittag erreichten sie Tel Aviv — den Fruhlingshugel. Die Stadt erhob sich am Rande des Mittelmeeres in so strahlendem Wei?, da? es den Augen fast wehtat. Ari fuhr durch breite, mit Baumen gesaumte Boulevards, vorbei an langen Reihen hypermoderner Appartementhauser. Die Stadt war erfullt von geschaftigem Leben und Treiben. Kitty fand Tel Aviv vom ersten Augenblick an wunderbar. Ari hielt vor dem Gat-Rimon-Hotel, das in der Hayarkon-Stra?e, direkt am Meer, lag.

Am spaten Nachmittag offneten alle Geschafte wieder, die wahrend der Zeit der mittaglichen Siesta geschlossen hatten. Ari und Kitty bummelten durch die Allenby-Stra?e. Kitty wollte etwas Geld einwechseln, ein paar Sachen kaufen und ihre Neugier befriedigen. Hinter dem Mograbi-Platz lag ein kleiner Laden neben dem andern, und die Stra?e war erfullt von dem Larm der Busse und Autos und dem Gewuhl der Menschen. Kitty mu?te sich jedes Schaufenster ansehen. Sie kamen an einem Dutzend Buchhandlungen vorbei, und Kitty blieb jedesmal stehen, um sich die Buchtitel in hebraischer Schrift anzusehen, die sie nicht entziffern konnte. Sie gingen weiter und weiter, bis sie das Geschaftsviertel hinter sich gelassen hatten und am Rothschild-Boulevard waren. Hier lag der altere Teil der Stadt, aus der Zeit, als Tel Aviv sich sozusagen als ein Vorort der Stadt Jaffa zu entwickeln begonnen hatte. Je naher sie der arabischen Stadt Jaffa kamen, desto baufalliger und verkommener wurden die Hauser und Laden. Wahrend sie die Stra?e entlanggingen, die die beiden Stadte miteinander verband, hatte Kitty das Gefuhl, da? sich die Zeit zuruckdrehte. Mit jedem Schritt wurde die Umgebung schmutziger und ubelriechender, und die Laden kleiner und schabiger. Im Bogen gingen sie zuruck nach Tel Aviv und gelangten zu einem Markt, auf dem Juden und Araber ihre Waren feilboten. Auf der engen Stra?e drangten sich feilschende Menschen um einzelne Stande. Sie kehrten auf der anderen Seite der Allenby-Stra?e zuruck, uberquerten wieder den Mograbi-Platz und bogen in die Ben-Yehuda-Stra?e ein. Auch sie war eine breite, mit Baumen bestandene Stra?e, und hier lag ein Boulevard-Cafe neben dem anderen. Jedes dieser Cafes hatte seine eigene Note und sein ganz bestimmtes Publikum. In dem einen trafen sich die Anwalte, in einem anderen die Sozialisten; hier die Kunstler und dort die Geschaftsleute, und es gab auch ein Cafe, in dem vorwiegend altere, pensionierte Leute sa?en, die Schach spielten. Und alle Cafes auf der Ben-Yehuda-Stra?e waren voll von Leuten, die sich teils angeregt und teils aufgeregt unterhielten.

Die Stra?enhandler, die die vielen vierseitigen Zeitungen verkauften, riefen in hebraischer Sprache laut die neuesten Meldungen aus: die Uberfalle der Makkabaer auf den Flugplatz von Lydda und die Raffinerie bei Haifa, und die Ankunft der Exodus. Auf den Burgersteigen bewegte sich ein ununterbrochener Strom von Menschen. Orientalen in ostlichen Gewandern kamen vorbei und gepflegte Frauen in den neuesten Modellen aus einem Dutzend verschiedener europaischer Lander. Die meisten Passanten waren Einheimische in Khakihosen und wei?en Hemden mit offenen Kragen. Um den Hals trugen sie dunne Kettchen, mit einem Davidstern oder irgendeinem anderen hebraischen Anhanger, und die meisten hatten den Schnurrbart, das Abzeichen derer, die im Lande geboren waren. Es waren rauhe Menschen. Viele von ihnen trugen den blauen Kittel der Kibbuzbewohner und gingen in Sandalen. Die in Palastina geborenen Frauen waren gro?, trugen einfache Kleider oder Hosen. Sie stellten einen herausfordernden Stolz zur Schau, der sich selbst in ihrem Gang ausdruckte.

Plotzlich wurde es auf der Ben-Yehuda-Stra?e still. Es war die gleiche plotzliche Stille, wie Kitty sie am Abend zuvor in dem Restaurant in Haifa erlebt hatte. Auf der Mitte der Stra?e kam langsam ein gepanzerter britischer Lautsprecherwagen angefahren. Oben auf dem Wagen standen englische Soldaten mit zusammengepre?ten Lippen hinter Maschinengewehren.

ACHTUNG!    BETRIFFT    ALLE    JUDEN!    DER

KOMMANDIERENDE GENERAL HAT EINE SPERRSTUNDE VERHANGT. ALLE JUDEN MUSSEN BEI ANBRUCH DER DUNKELHEIT VON DER STRASSE VERSCHWUNDEN SEIN! ACHTUNG!    BETRIFFT    ALLE    JUDEN!    DER

KOMMANDIERENDE GENERAL HAT EINE SPERRSTUNDE VERHANGT. ALLE JUDEN MUSSEN BEI ANBRUCH DER DUNKELHEIT VON DER STRASSE VERSCHWUNDEN SEIN!

Die Mitteilung wurde von den Passanten mit Applaus und Gelachter quittiert.

»Pa? auf, Tommy«, rief jemand. »Die nachste Querstra?e ist vermint.«

Als die englischen Wagen verschwunden waren, nahm das Leben auf der Ben-Yehuda-Stra?e sehr bald wieder seinen normalen Verlauf.

»Bitte bringen Sie mich zum Hotel zuruck«, sagte Kitty.

»Ich habe Ihnen doch gesagt, in einem Monat werden Sie soweit sein, da? Sie gar nicht mehr ohne Aufregung leben konnen.«

»Ich werde mich nie daran gewohnen, Ari.«

Sie gingen zum Hotel zuruck, bepackt mit dem, was Kitty eingekauft hatte. In der kleinen, ruhigen Bar tranken sie einen Cocktail, und danach a?en sie zu Abend auf der Terrasse, von der man einen wunderbaren Blick auf das Meer hatte.

»Ich danke Ihnen fur einen wunderschonen Tag«, sagte Kitty.

»Trotz britischer Patrouillen und Stra?ensperren.«

»Sie mussen mich nachher entschuldigen«, sagte Ari. »Ich mu? nach dem Essen fur eine Weile fort.«

»Und was ist mit der Sperrstunde?«

»Das betrifft nur Juden«, sagte Ari.

Ari verabschiedete sich von Kitty und fuhr mit dem Wagen zu dem Vorort Ramat Gan — dem »Hugelgarten«. Im Gegensatz zu den Reihenhausern von Tel Aviv lagen hier einzelne Villen in schonen Garten. Ari parkte, stieg aus und ging uber eine halbe Stunde zu Fu?, um sicher zu sein, da? er nicht beschattet wurde.

Er kam zur Montefiorestra?e 22, einer gro?en Villa, die einem Dr. Y. Tamir gehorte. Auf sein Klopfen hin erschien Dr. Tamir selbst an der Tur, begru?te Ari mit einem herzlichen Handedruck und fuhrte ihn hinunter in den Keller, in dem sich das Hauptquartier der Hagana befand.

Hier standen Kisten mit Waffen und Munition und eine Druckerpresse, auf der Flugblatter in arabischer Sprache gedruckt wurden, mit der Aufforderung an die Araber, ruhig zu bleiben und den Frieden zu wahren. In einem anderen Teil des Kellergeschosses sprach ein Madchen auf Arabisch die gleiche Aufforderung auf Tonband. Die Bandaufnahme sollte spater von dem fahrbaren Geheimsender Kol Israel — »Stimme Israels« — gesendet werden. Zu den Aufgaben des geheimen Hauptquartiers gehorte unter anderem auch die Herstellung von Handgranaten und die Lagerung von Maschinenpistolen.

Diese vielseitige Aktivitat horte schlagartig auf, als Dr. Tamir mit Ari erschien. Alles drangte sich um Ari, man gratulierte ihm zu seinem Erfolg mit der Exodus und richtete von allen Seiten ungeduldige Fragen an ihn.

»Spater«, sagte Dr. Tamir abwehrend, »spater!«

»Ich mu? zu Avidan«, sagte Ari.

Vorbei an den ubereinander gestapelten Kisten mit Gewehren bahnte er sich den Weg zu der Tur eines abgesonderten Buros und klopfte an.

»Ja?«

Ari offnete die Tur und stand vor dem kahlkopfigen, vierschrotigen Mann, der die illegale Armee befehligte. Avidan hob den Blick von den Schriftstucken, die auf seinem wackligen Schreibtisch lagen, und begann zu strahlen. »Ari!« rief er. »Schalom!« Er sprang auf, umarmte Ari, druckte ihn auf einen Stuhl, machte die Tur zu und schlug ihm mit seiner machtigen Pranke herzhaft auf die Schulter. »Fein, da? du wieder da bist, Ari! Du hast es den Englandern ordentlich gegeben! Und wo sind die andern?«

»Ich habe sie nach Hause geschickt.«

»Das ist gut. Sie haben ein paar Tage Urlaub verdient. Nimm auch ein paar Tage frei.«

Das war ein eindrucksvolles Lob aus dem Munde von Avidan, der seit funfundzwanzig Jahren nicht einen einzigen dienstfreien Tag fur sich beansprucht hatte.

»Was ist das fur ein Madchen, mit dem du gekommen bist?«

»Eine arabische Spionin. Sei doch nicht so neugierig.«

»Gehort sie zu unseren Freunden?«

»Nein.«

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