einer Kuhlbox und einem Rucksack klemmt. Er offnet den Rei?verschluss und holt ein Marlin 55 hervor.

Als er Nick das Gewehr reicht, fragt er: »Soll ich auch Munition suchen?«

»Ich bin mir ziemlich sicher, dass es bereits geladen ist«, meint Nick und klappt das Gewehr auf, um sich zu vergewissern, dass das auch wirklich der Fall ist.

Brian merkt, wie gut Nick mit der Waffe umzugehen vermag. Vielleicht ist er damit schon einmal zum Jagen gegangen. Brian war selbst nie dabei. Es war offiziell nicht sein Ding, bei den au?erst mannlichen Freizeitbeschaftigungen seines Bruders und seiner Kumpels mitzumachen, obwohl er insgeheim eigentlich nichts lieber getan hatte. »Zwei Patronen im Lauf«, verkundet Nick und klappt das Gewehr zu.

»Sei vorsichtig«, ermahnt ihn Brian.

»Ich habe damit schon Wildschweine erlegt«, versichert ihm Nick.

»Wildschweine?«

»Ja, Wildscheine … Im Chatthoochee-Reservat. Ich bin immer mit meinem Vater und Onkel Verne auf die Jagd gegangen – nachts, versteht sich.«

»Du hast Schweine gejagt?«, fragt Brian unglaubig.

»Genau. Ein Wildschein ist schlie?lich ein gro?es Schwein. Vielleicht werden Wildschweine ja alter, aber da bin ich mir nicht so …«

Wieder ertont ein lautes metallisches Knacken – diesmal naher, direkt neben Nicks Fenster.

Nick richtet den Gewehrlauf in die Richtung des Gerauschs, den Finger am Abzug. Er knirscht vor Nervositat mit den Zahnen, aber drau?en bewegt sich nichts mehr. Die beiden entspannen sich wieder und seufzen erleichtert auf. »Wir sollten allmahlich weiterfahren«, sagt Brian, »ehe …«

Wieder ein Gerausch.

Diesmal kommt es von der Fahrerseite. Das Schlurfen von Fu?en …

Ehe Nick erkennen kann, worum es sich handelt, kommt die Gestalt auf die Fahrertur zu. Er rei?t die Waffe herum und zielt auf den Schatten. Der Finger ist am Hahn und krummt sich bereits, um den Eindringling mit zwei Kugeln zu begru?en, als er eine bekannte Stimme hort.

»VERDAMMT!«

Kurz kann man Philip erkennen, ehe er sich aus der Schusslinie duckt.

»Mann, Philip, tut mir leid! Tut mir ehrlich leid«, entschuldigt sich Nick.

Philips Stimme klingt tiefer als gewohnlich. Er hat sich zwar unter Kontrolle, aber seine Wut uber Nicks Reaktion schwingt noch horbar mit. »Konntest du mit dem Ding gefalligst nicht auf mich zielen?«

Nick senkt die Waffe. »Tut mir leid, Philly. War keine Absicht – ehrlich.«

Das Schloss klickt, die Tur offnet sich. Philip steigt keuchend ein. Sein Gesicht glanzt vor Schwei?. Er schlagt die Tur zu und atmet erleichtert auf. »Nick …«

»He, Mann, tut mir echt leid, aber ich bin eben ein bisschen nervos.«

Einen Augenblick lang hat es den Anschein, als ob Philip Nick trotzdem am liebsten einen Kopf kurzer machen wurde. Doch dann lost sich die Anspannung. »Ich nehme an, wir sind alle schreckhaft … Ist ja auch nachvollziehbar.«

»Ja, Mann. Wird nicht wieder passieren.«

»Pass einfach in Zukunft besser auf.«

»Werde ich.«

Brian meldet sich von hinten. »Und? Was hast du da drau?en gefunden?«

Philip legt die Hand auf die Automatikschaltung. »Einen Ausweg aus dieser verdammten Situation.« Dann schiebt er den Hebel auf Allradantrieb.

»Alle Mann festhalten!«

Philip schlagt etwas ein und rollt dann langsam uber ein wahres Feld aus zerbrochenem Glas. Die Scherben knirschen unter den dicken Reifen des SUV. Alle halten angespannt den Atem an. Brian macht sich insgeheim Sorgen, dass sie bald einen Platten haben konnten.

Philip lenkt den Wagen uber den Mittelstreifen – ein flacher Abwasserkanal, der von Rutenhirse, Unkraut und Rohrkolben uberwuchert ist. Die Hinterrader greifen gut in der zerfurchten Erde. Als sie beinahe auf der anderen Seite sind, gibt er etwas mehr Gas, sodass der SUV hochschie?t und mit voller Wucht auf der gegenuberliegenden Fahrbahn aufkommt.

Philips Hande scheinen am Lenkrad festgewachsen zu sein, als er auf den Standstreifen zufahrt. »Festhalten!«, warnt er erneut seine Mitfahrer, als sie plotzlich eine mit Unkraut uberwucherte Boschung hinabsturzen.

Der Wagen neigt sich wie ein sinkendes Schiff zur Seite. Brian halt Penny fest, wahrend sich Nick an die Mittelkonsole klammert. Philip rei?t das Lenkrad herum und tritt dann aufs Gaspedal.

Der SUV schlingert in Richtung der schmalen Lucke zwischen den Wracks. Drei Aste liegen im Weg, doch Philip achtet nicht auf sie. Einen Moment lang greifen die Hinterreifen nicht, finden dann aber wieder Halt im Schlamm. Philip kampft wie ein Wilder am Lenkrad. Die Mannschaft halt den Atem an, als sich der Wagen durch die kleine Lucke zwangt.

Als sie durch sind, brechen sie spontan in Jubel aus. Nick klopft Philip auf den Rucken, und Brian sto?t einen triumphierenden Freudenschrei aus. Selbst Pennys Gesicht hellt sich etwas auf, als der Anflug eines Lachelns uber ihre Lippen huscht.

Durch die Windschutzscheibe sehen sie ein Wirrwarr aus Autos, das vor ihnen liegt – mindestens zwanzig Wagen, darunter SUVs und Kleintransporter –, die in einer Massenkarambolage auf der Gegenfahrbahn daran glauben mussten. Von den meisten sind nur noch rauchende Karosserien ubrig geblieben. Dieser Anblick bietet sich ihnen uber etliche Meter.

Philip tritt aufs Gas und schafft es, den SUV zuruck auf die Stra?e zu lotsen. Er rei?t das Steuer erneut herum, wodurch der Wagen hinten ins Schlittern gerat.

Irgendetwas lauft schief. Brian merkt, wie sie einen Augenblick lang die Bodenhaftung verlieren. Plotzlich heult der Motor auf.

Der Jubel nimmt ein abruptes Ende.

Der Wagen steckt fest.

Einen Moment lang will Philip es nicht glauben. Er gibt noch mehr Gas und wippt mit dem Korper vor und zuruck, als ob das etwas helfen wurde. Wut steht ihm ins Gesicht geschrieben. Er strengt sich noch einmal an, doch der SUV bewegt sich keinen Zentimeter vorwarts. Nur die Hinterachse schlingert hin und her. Bald greift keiner der Reifen mehr, sondern Schlammfontanen spritzen in die vom Mond erhellte Finsternis hinter ihnen.

»MIST! MIST! MIST! MIST!«, brullt Philip und schlagt mit der Faust so hart auf das Lenkrad ein, dass das Plastik bricht. Schmerzen schie?en ihm bis in die Schulter. Dann tritt er noch einmal mit aller Gewalt aufs Gaspedal, und der Motor heult laut auf.

»Lass es sein, Mann!«, sagt Nick. »Damit grabst du uns nur noch tiefer ein.«

»MIST!«

Philip nimmt den Fu? vom Gas.

Der Motor wird leiser. Der SUV neigt sich zur Seite – ein sinkendes Boot in seichtem Wasser.

»Wir mussen schieben«, erklart Brian nach einem angespannten Schweigen.

»Halt mal das Lenkrad«, bittet Philip Nick, offnet die Tur und steigt aus dem Wagen. »Gib Gas, wenn ich dir es sage. Brian, hilf mir mal.«

Brian offnet die Hintertur, steigt aus und stellt sich im Schein der Rucklichter neben seinen Bruder.

Die Hinterrader stecken mindestens funfzehn Zentimeter tief in dem oligen Matsch, und die hinteren Kotflugel sind voller Schlamm.

Den Vorderreifen ergeht es kaum besser. Philip legt seine gro?en Pranken auf die Heckklappe. Brian folgt seinem Beispiel auf seiner Seite.

Beide stellen sich breitbeinig hin, damit sie in dem Matsch nicht so leicht den Halt verlieren.

Keiner der beiden bemerkt dabei die dunklen Gestalten, die aus dem Wald auf der anderen Seite des Highways auf sie zustolpern.

»Okay, Nick. Jetzt!«, brullt Philip und stemmt sich mit ganzer Kraft gegen den SUV.

Der Motor heult auf.

Die Reifen drehen sich, ohne zu greifen. Schlamm spritzt in den Himmel, wahrend die Blake-Bruder schieben, was das Zeug halt. Sie geben ihr Bestes, doch es nutzt nichts. Die Gestalten nahern sich fast lautlos.

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