wird. Okay?«

Sie nickt. »Okay.«

»Also, wie soll das Passwort lauten?«

»Darf ich es mir aussuchen?«

»Naturlich … Schlie?lich ist es dein Passwort. Also darfst du es dir auch aussuchen.«

Das kleine Madchen zieht konzentriert eine krause Nase, wahrend sie nach einem passenden Wort sucht. Der Anblick des in Gedanken versunkenen Kindes, das so aussieht aus, als ob es uber den Satz des Pythagoras sinnieren wurde, schnurt Brian erneut das Herz zusammen.

Endlich blickt Penny auf. Es ist das erste Mal, seitdem der Albtraum begonnen hat, dass ein Funken Hoffnung in ihren Augen aufschimmert. »Ich hab’s!« Sie flustert das Wort ihrem Stofftier zu und blickt dann auf. »Pinguin mag es auch.«

»Super … Aber mach es nicht so spannend.«

»Weg. Das Geheimwort hei?t weg.«

Die graue Morgendammerung zieht langsam herauf. Zuerst wird die Interstate von einer unheimlichen Stille erfasst. Der Wind ebbt ab, ehe ein blass leuchtendes Schimmern hinter dem Wald erscheint, das alle weckt und auf Trab bringt.

Die Dringlichkeit ihrer Situation erfasst fast sofort die gesamte Mannschaft. Ohne ihren Wagen fuhlen sich die Manner nackt und ausgeliefert, sodass sie sich auf die bevorstehende Aufgabe konzentrieren: alles zusammenpacken und so schnell wie moglich zuruck zum SUV, um den bloden Karren wieder auf die Stra?e zu bekommen.

Sie brauchen samt ihren Rucksacken mit dem ubrig gebliebenen Essen und den Schlafsacken eine Viertelstunde fur die funfhundert Meter zuruck zum Wagen. Ihren Weg kreuzt lediglich ein Zombie – ein umherirrendes junges Madchen, das Philip mit Leichtigkeit aus dem Weg raumt, indem er seinen Haarscheitel vertieft. Zuvor flustert Brian Penny noch das geheime Passwort zu.

Als sie am SUV ankommen, machen sie sich stillschweigend an die Arbeit. Zuerst versuchen sie, mehr Gewicht auf die Hinterachse zu drucken, indem sich Nick und Philip an den Rand des Kofferraums setzen, wahrend Brian Gas gibt. Doch der Wagen steckt zu tief im Morast. Dann suchen sie die unmittelbare Umgebung nach Dingen ab, die man unter die Reifen legen kann, um wieder etwas Bodenhaftung herzustellen. Es dauert eine geschlagene Stunde, ehe sie zwei kaputte Paletten im Abflussgraben entdecken. Sie schleppen sie zuruck zum Wagen und keilen sie unter die Reifen ein.

Doch auch das funktioniert nicht.

Der Schlamm scheint so sehr von Ol und sonstigem Unrat durchtrankt zu sein, dass er das Auto immer weiter nach unten zieht. Au?erdem rutscht der Wagen bei jedem Versuch, ihn zu befreien, weiter die Boschung hinab. Aber so einfach geben sie nicht auf. Eine Reihe seltsamer Gerausche wie das Knacken von Zweigen und ein tiefes Grollen aus dem angrenzenden Waldchen sowie die Furcht, dass sie ihr gesamtes Hab und Gut einschlie?lich des Proviants in dem weiter abrutschenden SUV verlieren, treiben sie an. Niemand will zugeben, dass die Situation immer hoffnungsloser wird.

Am fruhen Nachmittag, nachdem sie stundenlang mit nur einer kleinen Essenspause erfolglos versucht haben, den Wagen zu befreien, ist das Auto weitere zwei Meter in den Wald gerutscht. Penny sitzt die ganze Zeit uber im SUV, spielt mit ihrem Pinguin und druckt ihr Gesicht ab und zu gegen die Fensterscheibe.

Plotzlich halt Philip inne und starrt in Richtung Westen.

Der bewolkte Himmel wird bereits dunkel, und die Aussicht der einbrechenden Nacht gibt Philip zu denken. Vollig verschmutzt und schwei?gebadet nimmt er sein Halstuch und wischt sich damit den Nacken ab.

Nick und Brian wischen sich die Hande ab und treten zu Philip. Keiner sagt ein Wort. In ihren Gesichtern spiegelt sich Hoffnungslosigkeit wider, und als wiederholt das Knacksen eines zerbrechenden Asts zu ihnen dringt – diesmal so laut wie ein Pistolenschuss –, meint Nick leise: »Sieht nicht gut aus, oder?«

Philip steckt das feuchte Halstuch in die Hosentasche. »Nicht mehr lange und es wird dunkel.«

»Philly, was denkst du?«

»Zeit fur Plan B.«

Brian schluckt und starrt seinen Bruder an. »Ich wusste gar nicht, dass es einen Plan B gibt.«

Philip erwidert seinen Blick und verspurt einen Moment lang eine bizarre Mischung aus Wut, Mitleid, Ungeduld und Zuneigung. Dann wendet er sich seiner alten Rostlaube zu und kann sich einer gewissen Melancholie nicht erwehren. Es ist fast so, als ob er einen weiteren Freund unter die Erde bringen musste. »Doch, den gibt es.«

Sie saugen das Benzin ab und fullen es in Plastikbehalter, die sie von Wiltshire Estates mitgenommen haben. Zum Gluck finden sie einen gro?en, modernen Buick LeSabre mit steckendem Zundschlussel. Er parkt keine zweihundert Meter entfernt auf dem Standstreifen. Sie fahren ihn zum SUV zuruck. Erst tanken sie den neuen Wagen auf und packen dann so viel um, wie in den Kofferraum der riesigen Karre passt.

Als sie so weit sind, rasen sie der untergehenden Sonne entgegen. Jeder wirft einen letzten Blick auf den stecken gebliebenen SUV, der langsam wie ein sinkendes Schiff verschwindet.

Zahllose Anzeichen der bevorstehenden Apokalypse finden sich links und rechts entlang der Interstate in besorgniserregend kurzen Abstanden. Je naher sie der Stadt kommen, desto schwieriger wird es, den unzahligen herrenlosen Autos auszuweichen. Die Baume werden weniger und machen Wohnblocken, Gewerbegebieten und Burogebauden Platz. Die Zeichen des Untergangs sind nicht mehr zu ubersehen. Sie fahren an einem dunklen, menschenleeren Walmart vorbei. Die Fenster sind eingeschlagen, und ein Meer aus Klamotten und anderen Waren ist auf dem Parkplatz verstreut. Immer ofter sind ganze Hauserblocks in Finsternis getaucht und ragen wie riesige Grabsteine in den Himmel. Einkaufsstra?en sind geplundert, biblische Zitate als Warnungen auf Wande und Schornsteine gepinselt. Sie kommen sogar an einem einmotorigen Kleinflugzeug vorbei, das heftig rauchend in einem gigantischen Kuhlturm feststeckt.

Irgendwo zwischen Lithonia und Pathersville fangt das Heck des Buick zu vibrieren an. Philip merkt, dass die zwei Hinterreifen platt sind. Vielleicht waren sie bereits kaputt, ehe sie losgefahren sind. Doch was macht das schon aus? Sie haben weder Zeit noch Lust, die beiden auszutauschen, oder auch nur ein Wort daruber zu verlieren.

Die Nacht bricht herein. Je naher sie an den Stadtrand von Atlanta kommen, desto gro?er wird die Anzahl der ausgebrannten Wracks auf den Stra?en. Niemand spricht es aus, doch jeder fragt sich, ob sie nicht schneller zu Fu? ins Stadtzentrum gelangen konnten. Selbst die zwei doppelspurigen Stra?en Hilldale und Fairington neben der Interstate sind mit Autowracks ubersat. Wenn es so weitergeht, brauchen sie mindestens eine Woche, um ihr Ziel zu erreichen.

Deshalb trifft Philip den Entschluss, den Buick stehen zu lassen, so viel mitzunehmen, wie sie tragen konnen, und sich zu Fu? weiter durchzuschlagen. Niemand ist davon begeistert, doch keiner widerspricht ihm. Die einzige Alternative, in dieser Massenkarambolage nach passenden Reifen oder einem funktionstuchtigen Wagen zu suchen, scheint sinnlos zu sein.

Rasch holen sie das Notigste aus dem Kofferraum und stopfen Taschen und Rucksacke mit Decken, Essen, Waffen und Wasser voll. Mittlerweile kommunizieren sie einigerma?en erfolgreich mithilfe von Gesten, Nicken und im Notfall mit Flustern. Das seltsame Drohnen der Untoten dringt einmal lauter, einmal leiser aus der Dunkelheit hinter dem Highway zu ihnen vor. Es sickert durch die Baume und hallt von den Gebauden wider. Philip ist von den drei Mannern der durchtrainierteste, und er schnappt sich einen ubervollen Rucksack. Auch Penny will ihren Teil beitragen und nimmt einen kleinen Rucksack, in den immerhin ihr Bettzeug passt.

Philip bewaffnet sich mit der Ruger, den beiden scharfen kleinen Axten, die er sich in den Gurtel steckt, und einem langen Werkzeug, das einer Machete gleicht und mit dem man Unterholz und Gestrupp entfernen kann. Dieses klemmt er zwischen Rucksack und Rucken. Brian und Nick nehmen sich jeweils ein Marlin-Gewehr und einen Pickel, den sie an ihren Rucksacken festzurren.

Dann machen sie sich in Richtung Westen auf. Diesmal wirft keiner von ihnen einen Blick zuruck.

Nach einem halben Kilometer stehen sie vor einer Uberfuhrung, die von einem ramponierten Airstream- Wohnmobil blockiert wird. Die Fahrerkabine ist um einen Telegrafenmasten gewickelt. Samtliche Stra?enlaternen sind ausgefallen, und in der Finsternis ist ein dumpfes Pochen aus dem Inneren des Wagens zu horen.

Die vier bleiben auf dem Burgersteig unterhalb der Brucke stehen und lauschen.

»Verdammt! Das konnte …« Brian halt sofort den Mund, als er sieht, dass sein Bruder die Hand hebt.

»Still!«

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