»Los, offnen wir die Tur«, drangt Nick und stellt sein Gewehr in eine Ecke.

Er schafft es gerade noch rechtzeitig, denn Philip und April schie?en schon den Burgersteig entlang – mit einer Schar Bei?er dicht auf den Fersen. April schlupft als Erste durch den Spalt. Das Adrenalin in ihren Adern lasst sie am ganzen Korper zittern.

Philip folgt ihr kurz darauf. Seine Augen funkeln wie bei einem Testosteron-Feuerwerk. »Unglaublich!«

Nick wirft die Tur ins Schloss. Drei Bei?er krachen gegen die Stabe, die das Sicherheitsglas schutzen. Ihr schwarzer Speichel spritzt gegen die Scheibe. Dutzende von milchig wei?en Augen starren durch die Tur auf die Menschen dahinter. Tote Finger kratzen an dem Glas, wahrend sich immer mehr Zombies zu ihnen gesellen.

Brian hat sein Gewehr langst wieder in der Hand und richtet es auf die Kreaturen auf der Stra?e. Dann weicht er einen Schritt zuruck. »Was geht hier vor sich? Wo seid ihr denn so lange gewesen?«

Nick fuhrt sie durch eine weitere Tur in den inneren Teil des Hauses. Endlich kann April ihre schwere Tasche abstellen. »Das war … Verdammt! Das war knapp!«

Philip lasst auch seine Tasche vom Rucken gleiten. »Frau, du hast echt Mumm! Beeindruckend.«

Nick tritt zu ihnen. »Was soll das, Philly? Ihr haut einfach ab, ohne jemandem zuvor Bescheid zu geben?«

»Das hat nichts mit mir zu tun, da musst du mit ihr reden«, antwortet Philip und schiebt die Ruger in den Gurtel.

»Wir haben uns solche Sorgen gemacht!«, emport sich Nick. »Wir waren kurz davor, auf der Stra?e nach euch zu suchen! Tara ist vollig au?er sich!«

»Das ist allein meine Schuld«, sagt April und wischt sich den Schmutz aus dem Nacken.

»Seht euch mal unsere Beute an, Mann!«, fordert Philip die anderen auf. Er zeigt auf die zwei Taschen zu Nicks Fu?en.

Nick hat die Fauste geballt. »Dann horen wir plotzlich eine verdammte Explosion! Was glaubt ihr, was wir uns dabei dachten? Habt ihr das verbrochen? Wart ihr das?«

Philip und April blicken einander an. Philip antwortet: »Tja, das haben wir zusammen ausgeheckt.«

April kann ein triumphierendes Lacheln nicht unterdrucken, als Philip zu ihr geht und eine Hand hochhebt. »Wie war’s mit High-Five?«

Sie schlagt ein. Nick und Brian starren die beiden unglaubig an.

Nick will gerade protestieren, als jemand aus dem Inneren des Gebaudes um die Ecke kommt.

»Um Gottes willen!« Tara steuert direkt auf ihre Schwester zu, um April voller Inbrunst an sich zu drucken. »Nein, nein, nein. Ich habe mich so was von aufgeregt! Gott sei Dank geht es dir gut! Gott sei Dank, Gott sei Dank!«

April tatschelt ihrer Schwester beruhigend den Rucken. »Tut mir sehr leid, Tara. Das war einfach etwas, was ich machen musste.«

Tara lasst ihre Schwester los. Ihre Miene wirkt jetzt wutend. »Ich sollte dich windelweich schlagen. Ehrlich! Der Kleinen erzahle ich, dass du nur schnell hochgegangen bist, aber jetzt ist sie genauso aus dem Hauschen wie ich! Was sollte ich tun? Das war verdammt dumm von dir, verdammt verantwortungslos! Aber von dir kann man wohl auch nichts anderes erwarten!«

»Was soll das hei?en?«, will April wissen. »Warum sagst du nicht einmal im Leben, was du wirklich meinst?«

»Dumme Kuh!« Tara ist drauf und dran, ihrer Schwester eine Ohrfeige zu verpassen, als sich Philip einmischt und zwischen die beiden stellt.

»Jetzt mal sachte!«, versucht er Tara zu beruhigen und legt ihr eine Hand auf die Schulter. »Eine Sekunde. Atme erst einmal durch, Schwester.« Philip weist mit dem Kopf auf die Taschen. »Ich zeige dir etwas, okay? Aber schrei mich nicht schon vorher an – versprochen?«

Er kniet sich hin, offnet einen Rei?verschluss und zeigt den anderen, was alles in der Tasche ist.

Sie starren wortlos auf die Beute. Philip richtet sich wieder auf, blickt Tara in die Augen und sagt: »Die ›dumme Kuh‹ dort hat uns heute das Leben gerettet – jetzt haben wir wieder Wasser und Essen. Die ›dumme Kuh‹ hat Kopf und Kragen riskiert und wusste nicht, ob ihr Plan aufgehen wurde. Am wichtigsten war ihr, dass niemand sonst dabei in Gefahr gerat. Du solltest dieser ›dummen Kuh‹ die Fu?e kussen.«

Tara wendet den Blick von den Taschen ab und schaut zu Boden. »Wir haben uns nur Sorgen gemacht. Sonst nichts«, verteidigt sie sich mit schwacher Stimme.

Nick und Brian sturzen sich bereits auf die Taschen und durchwuhlen die Beute. »Philly«, meldet sich Nick. »Eines muss ich euch lassen: Das war echt cool von euch!«

»Super! Einfach super!«, stammelt Brian fassungslos, wahrend er das Toilettenpapier, das Beef-Jerky und die Wasserfilter betrachtet. Die Angespanntheit lasst nach, die Wolken verschwinden, und jetzt ist auf jedem Gesicht ein breites Lacheln zu sehen.

Lange kann sich auch Tara nicht der Neugier erwehren. Sie wirft einen verstohlenen Blick auf die Taschen. »Sind da auch Zigaretten drin?«

»Hier ist was in der Richtung«, erwidert April, buckt sich und nimmt eine Packung mit Glimmstangeln. »Viel Spa? damit, du dumme Kuh!«

Sie lachelt ihre Schwester an und wirft ihr die Schachtel zu.

Alle lachen.

Niemand sieht die kleine Gestalt, die hinter einer halb geoffneten Tur in die Eingangshalle schielt, bis Brian sie bemerkt. »Penny? Ist alles in Ordnung?«

Das kleine Madchen sto?t die Tur ganz auf und tritt heraus. Es tragt einen Schlafanzug, und sein niedliches Gesicht ist voller Ernst, als es sagt: »Der Mann da drinnen. Mr. Chalmers. Der ist gerade hingefallen.«

Sie finden David Chalmers auf dem Boden des Schlafzimmers mitten zwischen unzahligen Papiertaschentuchern und Medikamenten. Die Scherben einer zerbrochenen Flasche mit Aftershave liegen um seinen zitternden Kopf und lassen ihn aussehen, als ob er einen Heiligenschein hatte.

»O Gott! Daddy!« Tara kniet sich neben den alten Mann und rei?t ihm den Sauerstoffschlauch von der Nase. Davids graues Gesicht hat jetzt eine gelbliche Farbe angenommen. Er keucht wie ein Fisch nach Luft, der auf Land versucht, Wasser zwischen die Kiemen zu bekommen.

»Er erstickt!« April eilt auf die andere Seite des Bettes und entwirrt den Schlauch des Sauerstofftanks, der vor dem Fenster auf dem Boden liegt. Der alte Mann hat ihn bei seinem Sturz vom Nachttisch gerissen.

»Daddy? Kannst du mich horen?« Tara gibt ihrem Vater in kurzen Abstanden ein paar leichte Schlage auf die Wangen.

»Schau dir seine Zunge an!«

»Daddy? Daddy?«

»Tara, schau dir die Zunge an!« April sturzt mit Tank und Schlauch zu Tara und ihrem Vater. Philip, Nick, Brian und Penny schauen dem Drama unter der Tur zu. Philip fuhlt sich machtlos. Er wei? nicht, ob er ins Zimmer treten oder stehen bleiben soll. Die beiden Frauen machen den Eindruck, als ob sie wussten, was sie tun.

Vorsichtig offnet Tara dem alten Mann den Mund und wirft einen Blick in seinen Rachen. »Alles in Ordnung.«

»Dad?« April kniet jetzt ebenfalls neben ihm und versucht, den Schlauch unter die Nase zu klemmen. »Daddy? Kann du mich horen? Daddy?«

David Chalmers keucht weiter, ohne ein Wort hervorzubringen. Seine Kehle knarzt schmerzhaft wie eine alte Schallplatte mit einem Sprung. Seine Augenlider – alt und durchsichtig wie die Flugel einer Eintagsfliege – fangen zu flattern an. Beinahe panisch tastet Tara seinen Nacken und Hinterkopf nach Verletzungen ab. »Keine Anzeichen von Blut«, verkundet sie. »Daddy?«

April legt eine Hand auf seine Stirn. »Eiskalt.«

»Ist der Sauerstoff an?«

»Naturlich!«

»Daddy?« April dreht ihren Vater vorsichtig um, bis er mit dem Sauerstoffschlauch uber der Oberlippe auf dem Rucken zu ruhen kommt. Dann verpasst sie ihm erneut ein paar leichte Ohrfeigen. »Daddy? Daddy, kannst du uns horen? Daddy?«

Der alte Mann hustet. Seine Augenlider flattern noch immer. Dann offnet er sie kurz und versucht, sich die Lunge mit Luft vollzusaugen, aber sein flacher Atem bleibt ihm im Hals stecken. Seine Augen sind nach hinten gerollt, und er scheint nur halb bei Bewusstsein zu sein.

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