Wo er auf jener Seite eine Herberge fand. (1594) Laut begann zu rufen der Degen über Flut: “Nun hol mich über, Ferge,” sprach der Degen gut, “So geb ich dir zum Lohne eine Spange goldesrot; Mir tut das Überfahren, das wisse, in Wahrheit Not.” (1595) Es brauchte nicht zu dienen der reiche Schiffersmann, Lohn nahm er selten von jemanden an; Auch waren seine Knechte zumal von stolzem Mut. Noch immer stand Hagen auf dieser Seite der Flut. (1596) Da rief er so gewaltig, der ganze Strom erscholl Von des Helden Stärke, die war so groß und voll: “Mich Amelrich hol über; ich bin es, Elses Mann, Der starker Feindschaft wegen aus diesen Landen entrann.” (1597) Hoch an seinem Schwerte er ihm die Spange bot; Die war schön und glänzte von lichtem Golde rot, Dass man ihn überbrächte in Gelfratens Land. Der übermütge Ferge nahm selbst das Ruder in die Hand. (1598) Derselbe Schiffmann hatte neulich erst gefreit. Die Gier nach großem Gute oft böses Ende leiht: Er dachte zu verdienen Hagens Gold so rot; Da litt er von dem Degen den schwertgrimmigen Tod. (1599) Der Fährmann fuhr gewaltig hinüber an den Strand. Den er nennen hörte, als er den nicht fand, Da hub er an zu zürnen: Als er Hagen sah Mit grimmen Ungestüme zu dem Helden sprach er da: (1600) “Ihr mögt wohl sein geheißen mit Namen Amelrich: Doch gleicht ihr dem mitnichten, des ich versehen mich. Von Vater und Mutter war er der Bruder mein: Nun ihr mich betrogen habt, so müsst ihr dieshalben sein.” (1601) “Nein! Um Gottes willen,” sprach Hagen dagegen, “Ich bin ein fremder Ritter, besorgt um andre Degen: Nun nehmt, den ich geboten, freundlich hin den Sold Und fahret uns hinüber: Ich bin euch wahrhaftig hold.” (1602) Da sprach der Fährmann wieder: “Das kann nun nicht sein. Viel Feinde haben die lieben Herren mein: Drum fahr ich keinen Fremden hinüber in das Land; Wenn euch das Leben lieb ist, so tretet aus an den Strand.” (1603) “Nein, tut das nicht,” sprach Hagen, “traurig ist mein Mut; Nehmt von mir zum Lohne die goldne Spange gut, Und fahrt uns über, tausend Ross und auch so manchen Mann.” Da sprach der grimme Fährmann: “Das wird nimmer getan.” (1604) Er hob ein starkes Ruder, das war groß und breit, Und schlug es auf Hagen; dem tat es solches Leid, Dass er im Schiffe nieder strauchelt' auf das Knie. Solchen grimmen Fährmann fand der von Tronje noch nie. (1605) Noch stärker zu erzürnen den kühnen Fremdling, schwang Er seine Ruderstange, dass sie ganz zersprang, Auf das Haupt dem Hagen; er war ein starker Mann; Davon Elses Ferge bald großen Schaden gewann. (1606) Mit grimmigem Mute griff Hagen gleich zur Hand Zur Seite nach der Scheide, wo er eine Waffe fand: Er schlug das Haupt vom Rumpf ihm und warf es auf den Grund. Bald macht' er diese Mären auch den Burgonden kund. (1607) Im selben Augenblicke, als er den Fährmann schlug, Glitt das Schiff zur Strömung; das war ihm leid genug. Eh er es richten konnte, fiel ihn Ermüdung an: Da zeigte große Kräfte König Gunthers Untertan. (1608) Er versucht' es umzukehren mit schnellem Ruderschlag. Bis ihm das starke Ruder in der Hand zerbrach. Er wollte zu den Recken sich wenden an den Strand; Da hat er keines weiter: Wie bald er es zusammen band. (1609) Mit seinem Schildriemen! Einer Borte schmal. Da kehrt' er nach dem Walde das Schifflein zu Tal. Da fand er seine Herren harren an dem Strand; Es gingen ihm entgegen viel der Degen auserkannt. (1610)