Und saget Rüdigeren was er da vernommen:Dem war in langen Zeiten so liebe Kunde nicht gekommen. (1690)Man sah zu Bechlaren eilen einen Degen,Den Rüdger wohl erkannte; er sprach: “Auf diesen WegenKommt Eckewart gegangen, Kriemhildens Untertan.”Er wähnte schon, die Feinde hätten ihm ein Leid getan. (1691)Da ging er vor die Pforte, wo er den Boten fand;Der nahm sein Schwert vom Gürtel und legt' es aus der Hand.Die Märe, die er brachte, verhehlte nicht sein MundDem Wirt und sein Freunden, er macht' es blad ihnen kund. (1692)Er sprach zum Markgrafen: “Mich hat zu euch gesandtGunther mein Herre von Burgondenland,Geiselher sein Bruder und auch Gerenot.Jeglicher der Recken euch seine Dienste der entbot. (1693)“Dasselbe tut auch Hagen, Volker auch zugleich,Mit Fleiß und rechter Treue; dazu bericht ich euchWas des Königs Marschall euch durch mich entbot:Es sei den guten Knechten eure Herberge Not.” (1694)Mit lachendem Munde versetzte Rüdiger:“Nun wohl mir dieser Märe, dass die Könge hehrBegehren meiner Dienste: Dazu bin ich bereit.Wenn sie ins Haus mir kommen, des bin ich höchlich erfreut.” (1695)“Dankwart der Marschall, der hat euch kund getan,Wer euch zu Hause noch heute zieht heran:Sechzig schneller Recken und tausend Ritter gut,Und neuntausend Knechte.” Da ward ihm fröhlich zu Mut: (1696)“Wohl mir um diese Gäste,” sprach da Rüdiger,“Dass mir zu Hause kommen die edeln Ritter hehr,Denen ich noch selten einen Dienst getan.Nun reitet ihnen entgegen, sei's Freund oder Untertan.” (1697)Sie eitlen zu den Rossen, Ritter so wie Knecht.Was sie ihr Herr geheißen, das däuchte alle recht:Sie brachte ihre Dienste um so schneller dar;Noch wusst es nicht Gotlinde, die in ihrer Kammer war. (1698)
27. Abenteuer
Wie Rüdiger Gunthern empfing
Hin ging der Markgraf, wo er die Frauen fand,Sein Weib und seine Tochter. Denen macht er da bekanntDiese liebe Märe, die er jetzt vernommen,Dass ihrer Frauen Brüder zu ihrem Hause sollten kommen. (1699)“Meine liebe Traute,” sprach da Rüdiger,“Ihr sollt sie wohl empfangen, die edeln Könge hehr,Wenn sie und ihr Gesinde hier zu Hofe gehn;Ihr sollt auch schön begrüßen Hagen in Gunthers Lehn. (1700) Mit ihnen kommt auch einer mit Namen Dankwart,Ein andrer heißt Volker, an Ehren wohl bewahrt.Die sechse sollt ihr küssen, ihr und die Tochter mein,Und sollt auch in Züchten diesen Recken freundlich sein.” (1701)Das gelobten ihm die Frauen und warens gern bereit:Sie suchten aus den Kisten manch herrliches Kleid,Darin sie den Recken entgegen wollten gehn.Da sah man groß Befleißen von schönen Frauen geschehn. (1702) Gefälschte Frauenzierde gar wenig man da fand;Sie trugen auf dem Haupte lichtes goldnes Band,Das waren reiche Kränze, damit ihr schönes HaarDie Winde nicht verwehten; sie waren höfisch und klar. (1703)In solcher Unmuße lassen wir die Fraun.Da war ein schnelles Reiten auf dem Feld zu schaunVon Rüdigers Genossen bis man die Fürsten fand:Sie wurden wohl empfangen in des Markgrafen Land. (1704)