Von den Tischen, die fur den Arztestab reserviert waren, erklang lautes Gelachter. Es kam von einer Gruppe, deren Mittelpunkt Dr. Ralph Bell, der Rontgenarzt, bildete.
Gill Bartlett, der mit seinem Tablett von dem Serviertisch kam, stellte es ab und ging mit ausgestreckter Hand auf ihn zu. »Herzlichen Gluckwunsch, Dingdong«, sagte er. »Ich habe es gerade gehort.«
»Was gehort?« fragte Lewis Toynbee, der Internist, der gleichfalls mit einem Tablett hinter ihm herkam. Als Bell Bartlett dann strahlend eine Zigarre reichte, rief Toynbee aus: »Mein Gott, schon wieder!«
»Naturlich schon wieder. Warum nicht?« Der Rontgenarzt hielt auch ihm eine Zigarre hin. »Kommen Sie her, Lewis. Jetzt sind es genau acht Bells.«
»Acht? Seit wann denn?«
Bell antwortete gelassen: »Seit heute morgen. Noch ein Junge fur die Baseballmannschaft.«
Bill Rufiis warf dazwischen: »Seien Sie nicht so kritisch, Lewis. Er tut doch, was er kann. Schlie?lich ist er erst seit acht Jahren verheiratet.« Lewis Toynbee streckte seine Hand aus. »Drucken Sie sie nicht zu fest, Dingdong. Ich furchte, Ihre Fruchtbarkeit konnte sich dabei abnutzen.«
»Nur keinen Neid«, entgegnete Bell gutmutig. Er hatte das alles fruher schon durchgemacht.
Lucy Grainger fragte: »Und wie geht es Ihrer Frau?«
»Danke, sehr gut«, antwortete Bell.
»Wie fuhlt man sich eigentlich als Feind der Liebe?« fragte Harvey Chandler, der Chef der inneren Abteilung, von weiter unten am Tisch.
Bell antwortete: »Ich bin kein Feind der Liebe. Bei uns zu Haus wird jedes Jahr einmal verkehrt. Ich bin nur ein todsicherer Schutze.«
Lucy Grainger stimmte in das ausbrechende Gelachter ein. Dann sagte sie: »Ralph, ich schicke Ihnen heute nachmittag eine Patientin. Sie hei?t Vivian Loburton und ist eine unserer Lernschwestern.«
Das Gelachter war verklungen. »Was soll ich denn an ihr rontgen?« fragte Bell.
»Ich mochte ein paar Aufnahmen von ihrem linken Knie«, antwortete Lucy. Dann fugte sie hinzu: »Sie hat dort irgendeine Geschwulst, die mir gar nicht gefallt.«
Charles Dornberger rief Kent O' Donnell von seinem Zimmer aus an, um ihm uber den Verlauf seines Gesprachs mit Pearson zu berichten. Zum Schlu? sagte er dem Chef der Chirurgie: »Ich habe Joe uber den Mann informiert, mit dem schon korrespondiert wurde.«
»Wie hat er es aufgenommen?« fragte O'Donnell.
»Ich mochte nicht behaupten, da? er begeistert war, aber ich glaube, wenn Sie wollen, da? der Mann - wie war sein Name noch? Coleman? -, wenn Sie also wollen, da? er hierherkommt, um sich vorzustellen, wird Joe keine Schwierigkeiten machen. Ich wurde aber empfehlen, Joe uber alles zu informieren, was Sie von jetzt an unternehmen. «
»Darauf konnen Sie sich verlassen«, antwortete O'Donnell, und dann fugte er hinzu: »Jedenfalls danke ich Ihnen sehr fur Ihre Muhe, Charlie.«
Anschlie?end fuhrte Dornberger ein zweites Telefongesprach. Diesmal mit Mrs. John Alexander, die am Vormittag angerufen und ihre Telefonnummer hinterlassen hatte. Ehe er anrief, sah er in seiner Patientenkartei nach und erinnerte sich, da? sie die Frau eines Laboranten in der Pathologie war, die ihm Joe Pearson empfohlen hatte. Von Mrs. Alexander erfuhr er, da? sie gerade erst in Burlington angekommen war. Sie vereinbarten einen Termin in der kommenden Woche, an dem sie Dornberger in seiner Privatsprechstunde in der Stadt aufsuchen solle.
Etwa zur gleichen Zeit, als Mrs. Alexander mit Dornberger sprach, wurde ihr Mann zum erstenmal von Dr. Joseph Pearson abgekanzelt. Das geschah auf folgende Weise.
Nach Pearsons Ausbruch an diesem Morgen uber die schlechten Schnitte kam Bannister in das serologische Labor zuruck, wo Alexander arbeitete, und berichtete ihm den ganzen Vorfall. Bannister kochte inzwischen selbst vor Wut und lie? spater einen Teil seines Argers an den beiden Laborantinnen und ihrem Helfer aus, die im angrenzenden histologischen Labor arbeiteten. Alexander horte durch die Tur, die Bannister hinter sich offenstehen lie?, alles mit an.
Ihm war es allerdings klar, da? die Schuld an den schlechten Praparaten nicht ausschlie?lich die Laboranten in der Histologie traf. Trotz der kurzen Zeit, die er in dem Krankenhaus war, hatte er schon erkannt, wo das wirkliche Problem lag. Darum sagte er nachher zu Bannister: »Wissen Sie, Carl, ich glaube nicht, da? es allein ihre Schuld ist. Ich finde, sie haben zuviel zu tun.«
Murrisch antwortete Bannister: »Wir haben alle zuviel zu tun.« Und mit plumpem Hohn fugte er noch hinzu: »Aber wenn Sie schon soviel davon verstehen, konnen Sie ja vielleicht zu Ihrer eigenen Arbeit den anderen noch einen Teil abnehmen.«
Alexander lie? sich dadurch nicht provozieren. »Das ist kaum moglich. Ich glaube aber, da? alles viel besser ginge, wenn sie einen automatischen Einbettungs- und Schneidapparat benutzten, statt alles auf die altmodische Weise mit der Hand zu machen.«
»Kummern Sie sich darum nicht, mein Junge. Das geht Sie gar nichts an«, antwortete Bannister hochmutig und herablassend. »Und au?erdem ist hier alles, was mit Geldausgaben verbunden ist, von vornherein gestorben.«
Alexander sagte nichts weiter, war aber entschlossen, bei der ersten Gelegenheit, die sich bot, die Frage Pearson gegenuber anzuschneiden.
An diesem Nachmittag mu?te er eine Reihe von Berichten Pearson zur Unterschrift in sein Buro bringen. Er traf den Pathologen an, wie er offensichtlich ungeduldig einen Sto? Post durchlas. Pearson blickte kurz zu Alexander auf, gab ihm dann einen Wink, die Papiere auf den Schreibtisch zu legen, und las weiter. Alexander zogerte und der alte Mann bellte ihn an: »Sonst noch was? Was gibt's denn?«
»Dr. Pearson, darf ich mir einen Vorschlag erlauben?«
»Mu? das gerade jetzt sein?«
Ein Erfahrener hatte erkannt, da? sein Ton bedeutete: La? mich in Ruhe. Alexander antwortete aber: »Ja, Sir.«
Seufzend sagte Pearson: »Also, was wollen Sie?«
Etwas nervos begann Alexander: »Es ist wegen der pathologischen Befunde, Doktor.« Als er pathologischen Befunde< sagte, legte Pearson seinen Brief hin und sah ihn scharf an. Alexander fuhr fort: »Ich frage mich, ob Sie schon einmal daran gedacht haben, einen automatischen Einbettungsund Schneidapparat anzuschaffen.«
»Was verstehen Sie vom Gewebepraparieren?« Pearsons Stimme hatte einen drohenden Klang. »Uberhaupt, ich denke, Sie sind der serologischen Abteilung zugeteilt worden, oder nicht?«
»Ich habe auf der Laborantenschule auch einen vollen Kurs in Histologie absolviert, Doktor«, erinnerte Alexander. Darauf folgte eine Pause. Als Pearson nicht antwortete, fuhr Alexander fort: »Ich habe mit einem automatischen Apparat gearbeitet, und das ist eine gute Maschine, Sir. Wir wurden bei der Anfertigung der Schnitte mindestens einen Tag einsparen. Statt das Gewebe mit der Hand in all den verschiedenen Losungen vorzubereiten, schaltet man uber Nacht den Apparat ein und hat am Morgen..«
Pearson unterbrach ihn scharf: »Ich wei?, wie sie arbeitet. Ich habe sie gesehen.« Alexander sagte: »Ich verstehe, Sir. Dann glauben Sie nicht.«
»Ich sagte, ich habe diese sogenannten automatischen Apparate gesehen und sie haben mich nicht beeindruckt.« Pearsons Ton war hart und ungnadig. »Die Schnitte haben nicht die gleiche Qualitat, wie wenn sie mit der Hand angefertigt werden. Au?erdem sind diese Maschinen teuer. Sehen Sie das hier?« Er wischte durch einen Sto? ausgefullter Formulare in einem Korb auf seinem Schreibtisch.
»Ja, Sir.«
»Das sind Einkaufsanforderungen fur Dinge, die ich in der Abteilung brauche. Und jedesmal, wenn ich sie weiterreiche, habe ich einen Kampf mit dem Verwaltungsdirektor. Er behauptet, wir geben zuviel Geld aus.«
Alexander hatte seinen ersten Fehler begangen, als er seinen Vorschlag zu einem Zeitpunkt vorbrachte, an dem Pearson ihn nicht horen wollte. Nun beging er seinen zweiten Fehler. Er mi?verstand Pearsons Antwort als Aufforderung, das Gesprach fortzusetzen.
Er sagte besanftigend: »Aber wenn es doch einen ganzen Tag einsparen wurde, vielleicht sogar zwei.« Sein Ton wurde eindringlicher. »Dr. Pearson, ich habe Schnitte gesehen, die mit dem Apparat angefertigt wurden, und die waren wirklich gut. Vielleicht wurde die Anlage, die Sie sahen, nicht richtig bedient.«
Jetzt erhob sich der alte Mann von seinem Stuhl. Worin Alexanders Provokation auch bestehen mochte, er hatte die Grenze zwischen Arzt und Laborant uberschritten. Den Kopf vorgebeugt, schrie Pearson: »Nun reicht es