seinem Hals zu erkennen.
»Siehst du das? Solche Male hinterla?t ein Sklavenhalsband,
Eadulf schaute ihn mi?trauisch an. »Und du bereust nicht, was du fruher getan hast? Bist du immer noch ein Dieb?«
Der Mann grinste uber das ganze Gesicht. »Und immer noch ein geschickter. Aldhere braucht keine Monche, er braucht Diebe, die ihm helfen, in diesem Moorland zu uberleben. Es hort sich gut an, wenn man sich gegen Unrecht wehrt, aber solange man fur gesetzlos erklart ist, mu? man eben ohne Gesetze leben.«
Er lachte schallend uber seinen eigenen Witz.
»Hast du denn keine Grundsatze, Wiglaf?« fragte Eadulf mi?billigend.
»Na klar,
»Aldhere ist zwar ein Geachteter, allem Anschein nach aber ein anstandiger Mensch. Ich frage mich, wieso er sich trotzdem mit dir abgibt.«
Wiglaf wandte sich ihm zu. In der Dunkelheit des hereinbrechenden Abends verschwamm alles, aber Eadulf war sich sicher, da? er ihm zublinzelte.
»Anschein? Denk daran, da? nicht alle Heilige sind, die Weihwasser benutzen,
Eadulf schuttelte traurig den Kopf. »Ich wunschte, du hattest die Lektion gelernt, die ich dir geben lie?, als ich noch
»Ich mache mir keine falschen Vorstellungen daruber, wer ich bin und was mein Schicksal sein wird«, erwiderte der Dieb.
»Wirklich nicht? Das frage ich mich. Du mu?t doch wissen, da? der Weg des Verbrechens nur zu einem Ende fuhren kann? Es gibt keinen Sonnenschein ohne Schatten.«
»Gut gesagt,
»Dann sei es so. Du sagtest, du wurdest von Aldhere und seinen Mannern nur deshalb befreit, weil du mit einem, den er retten wollte, zusammengekettet warst. Stimmt das?«
»Du hast es richtig erfa?t,
»Wie hast du es fertiggebracht, ihn davon zu uberzeugen, da? er dich in seine Schar aufnimmt? Ich hatte gedacht, er uberlie?e dich deinem Schicksal, da er doch ein anstandiger Mensch ist und darum kampft, seinen Ruf und den seiner Leute wiederherzustellen.«
Wiglaf kicherte. Sein Sinn fur schwarzen Humor war immer wach.
»Du hast einen guten Verstand,
»Wieso hat er dann ...?«
»Ich hatte das Gluck auf meiner Seite. Er lie? sich uberreden.«
»Und wie kam das?«
»Mein Vetter uberredete ihn dazu, denn er wu?te, er wurde jemanden brauchen, der diese Moore gut kennt und sich in ihnen schnell bewegen kann, also jemand mit meinen besonderen Talenten.«
»Ich verstehe. Dein Vetter war also Aldhere bekannt?«
»Und dir ebenfalls,
Diese Logik leuchtete Eadulf nicht ein, und er sagte das.
»Na, mein Vetter ist ... vielmehr war«, verbesserte sich Wiglaf mit trauriger Miene, »Botulf.«
Eadulf fuhr uberrascht auf und ri? dabei an den Zugeln, worauf sein Maultier unwillig schnaubte.
»Botulf war dein Vetter?« fragte er unglaubig.
»Habe ich das nicht gesagt?« antwortete der Dieb belustigt.
Eadulf versuchte verzweifelt, sich in seine Jugendzeit in Seaxmund’s Ham zuruckzuversetzen. Schwache Erinnerungen stellten sich ein. Botulf hatte von einem Vetter gesprochen, den seine Familie ausgesto?en hatte. Wiglaf war auf einem Bauernhof au?erhalb des kleinen Dorfes aufgewachsen und selten ins Dorf gekommen.
»Du wei?t, da? ich Botulfs enger Freund war, nicht wahr?« sagte Eadulf schlie?lich.
»Er sprach oft von dir,
»Wei?t du auch, da? ich seinetwegen zuruckgekommen bin?«
»Ja. Ich habe seine Botschaft auf dem ersten Teil ihres Weges nach Canterbury befordert. Botulf freute sich, als er horte, da? du dort warst. Ich brachte die Botschaft zum Hafen von Domnoc’s Wic und vertraute sie einem Schiffskapitan an, den ich kannte.«
»Du wu?test also, da? es dringend war? Botulf hat dir gesagt, da? er mich unbedingt sprechen wollte?«
»Ich wu?te, da? er dich dringend sprechen wollte und Aldhere ebenfalls. Ich habe auch Aldhere seine Botschaft gebracht. Aber alles hat mir Botulf nicht anvertraut. Von dem, was er mir gesagt hat, wei? ich nicht mehr viel.«
»Doch warum wollte er Aldhere sprechen? Und warum wollte er mich sprechen?« rief Eadulf verzweifelt.
»Wenn ich das wu?te, gabe es kein Geheimnis. Eins hat er gesagt, und du mu?t sehen, was du daraus machen kannst: Er sagte, in der Abtei lauere eine gro?e Gefahr fur das Konigreich. Er sagte, es sei ein Ubel, dem man entgegentreten musse, sonst gingen wir alle unter.«
Eadulf runzelte die Stirn. »Ein Ubel?« Es war das Wort »Ubel«, das ihn erschauern lie?. »Und Gefahr fur das Konigreich - fur Ealdwulfs Konigreich? Von wem?« Er seufzte resigniert. »Das wird ja immer verwirrender.«
Sie ritten eine Weile schweigend weiter, wahrend sich die Dunkelheit uber das Moorland senkte.
»Es ist nicht mehr weit,
An einer Wegbiegung kam ihnen eine Gestalt entgegengeeilt. Sie tauchte so plotzlich aus der Finsternis auf, da? ihre Reittiere scheuten. Als Eadulf sein Maultier wieder unter Kontrolle hatte, war sie vom Weg weggeglitten und zwischen den Baumen zu ihrer Linken verschwunden, fort vom Moorland. Eadulf horte noch ihr Keuchen und das Knacken der Zweige, als sie sich den Weg durchs Unterholz bahnte.
»Im Namen von .!« rief er aus.
Er hatte eine schlanke Gestalt erkannt, eine Frau mit langem Haar, aber sonst nichts weiter.
Wiglaf kicherte vor sich hin.
»Was findest du daran so komisch?« fragte Eadulf. »Wer war das?«
»Das war Lioba. Sie ist eine . eine Freundin von Aldhere und anderen, wenn du verstehst, was ich meine.« Er grinste obszon. »Ein Madchen aus dieser Gegend.« Nach kurzer Pause fuhr er fort. »Wie gesagt, wir sind nicht mehr weit von der Abtei entfernt.«
Eadulf nickte zerstreut. Seine Gedanken kehrten zu ihrem vorigen Gesprach zuruck. Er wollte es weiterfuhren, bevor er sich von Wiglaf verabschiedete.
»Wann hast du Botulf zuletzt gesehen?« fragte er, wahrend sie weiterritten.
»Vor ein paar Tagen. Ich war Aldheres Zwischentrager und brachte Botschaften zur Abtei und zuruck. Aber mein Vetter war nicht blod. Er behielt solche Sachen fur sich. Ich war nichts weiter als der Bote. Wie ich dir schon sagte, ich wei? nur, da? in der Abtei Gefahr lauerte.«
»Aber du mu?t doch irgendeine Ahnung gehabt haben, was in der Abtei vor sich ging?« drangte ihn Eadulf. »Dein Vetter ist tot, Wiglaf, und ich will seine Morder vor Gericht bringen.«
»Das verstehe ich ja. Ich glaube, du brauchst die Mauern der Abtei nicht zu verlassen, um seinen Morder zu finden.«
»Meinst du damit, da? du den Abt fur den Morder deines Vetters haltst?«