Mul grinste ihn an.
»Hei?t es nicht, da? Geld viele Fehler verdeckt?« konterte er.
»Na schon, Mul«, seufzte Eadulf. »Aber damals hast du deinen Lohn erst bekommen, als du uns bei der Abtei abgeliefert hast, und diesmal erhaltst du ihn auch erst, wenn wir abreisen.«
Mul grinste und nahm es nicht ubel.
»Einverstanden,
»Konnen wir etwas helfen?« fragte Fidelma hoflich.
Mul zogerte und verzog das Gesicht.
»Nein, danke, Frau. Ich bin zu sehr ans Alleinsein und meine eigene Art gewohnt.«
Er brachte Teller und Loffel und setzte ihnen schon bald Holzschusseln mit der dampfenden Schweinefleischsuppe vor, die auch Wurzelgemuse enthielt. Au?erdem kamen Brot, Kase und noch mehr Apfelwein auf den Tisch.
Der Hund schien am Feuer zu schlafen, doch als Eadulf sich einmal zu schnell bewegte, waren im Nu seine Augen offen, und er bleckte die Zahne.
Mul fuhr ihn an, und der Hund schlo? die Augen wieder.
Fidelma wartete, bis die Uberreste der Suppe abgeraumt waren, ehe sie sich dem Thema zuwandte, das sie schon von dem Augenblick an bewegte, als Eadulf ihr erklart hatte, sie seien am Bauernhof Muls.
»Ich erinnere mich, Mul, da? du an dem Abend, als du uns bei Aldreds Abtei abgesetzt hast, kaum ein gutes Wort fur sie gefunden hast. War das eine allgemeine Verurteilung der Christen, oder bezog es sich besonders auf die Bewohner der Abtei?«
Mul ma? sie mit dem durchdringenden Blick seiner hellen Augen.
»Du wirst in dieser Gegend wenige Leute finden, die etwas Gutes uber den Ort zu sagen haben«, antwortete er.
»Wenn ich mich recht besinne«, bohrte Fidelma weiter, »meintest du, der Teufel wohne an dem Ort.«
»Du hast ein gutes Gedachtnis, Frau«, gab der Bauer zu und go? sich wieder Apfelwein ein. »Ich sagte, der Teufel habe seinen Schatten auf Aldreds Abtei geworfen. Dabei bleibe ich.«
»Wie kommst du darauf?«
»Kennst du den Abt?«
»Abt Cild. Ich habe ihn nicht gesehen, denn ich wurde krank, als wir dort ankamen, aber Eadulf hatte mehrmals mit ihm zu tun.«
Eadulf nickte.
»Ich wurde sagen, man konnte ihn als einen Teufel beschreiben, aber nicht als
Mul sah ihn von der Seite an.
»Ihr seid zwar Christen, aber ich dachte mir schon, da? ihr auch nicht viel Gutes uber Abt Cild zu sagen hattet.«
Fidelma entnahm seinem Ton eine unterschwellige Bedeutung. Sie schaute ihn fest an und versuchte seinen durchdringenden Blick zu entschlusseln.
»Warum sollte das so sein, Mul?« fragte sie leise.
Mul lehnte sich lachelnd zuruck.
»Dein Gefahrte, der
Bei Nennung seines Namens hob der Hund den Kopf.
Eadulfs Haltung wurde etwas steif.
»Erklar dich genauer, Mul«, forderte er.
»Ich wollte dich nur warnen, keine zu plotzlichen Bewegungen zu machen.« Mul lachelte immer noch. »Bragi mag das nicht. Er reagiert auch, doch das arme Tier hat keinen Verstand, mit dem er unterscheiden kann, ob die Bewegung in boser Absicht geschieht oder nicht. Ich mochte nicht, da? du korperlich auf das reagierst, was ich sagen will.«
Eadulfs Miene verfinsterte sich.
»Sprich weiter«, drangte ihn Fidelma. »Was willst du uns mitteilen, das uns erschrecken konnte?«
»Ein Reiter aus der Abtei hat die umliegenden Bauernhofe und Dorfer aufgesucht und verkundet, da? der Abt eine Belohnung von drei Goldstucken auf eure Kopfe ausgesetzt hat. Er fordert jeden, der euch begegnet, auf, euch entweder gefangenzunehmen oder der Abtei euren Aufenthalt mitzuteilen. Drei Goldstucke scheinen mir ein gro?es Vermogen, vor allem fur die armen Bauern dieser Gegend.«
Fidelma blickte Eadulf besorgt an. Er hatte mit den Handen die Tischkante gepackt, seine Kiefer waren zusammengepre?t, aber sonst hatte er sich nicht bewegt.
»Und welchen Grund gibt Abt Cild dafur an, da? er diese Belohnung aussetzt?« fragte Fidelma gelassen.
Mul erwiderte ihren ruhigen Blick.
»Das wei?t du wahrscheinlich sehr gut, Frau. Du wirst der Hexerei beschuldigt und der
Eadulf hatte sich immer noch nicht bewegt, doch jetzt sprach er leise: »Wie du schon sagst, Mul, drei Goldstucke sind viel Geld.«
Der Bauer nickte selbstgefallig. »Mehr als ich in diesem Jahr verdienen werde und selbst noch das nachste Jahr dazugerechnet. Ja, das ist wirklich viel Geld. Mehr als ich wohl je auf einmal besitzen werde.«
»Und wir wissen, wie sehr du Geld liebst«, murmelte Eadulf. Seine Blicke schossen hin und her auf der Suche nach einem Mittel, sich zu verteidigen.
Der Hund hatte den Kopf gehoben, und seine Augen waren hellwach. Er hatte die unheimliche Fahigkeit der Hunde, in der kleinsten Veranderung des menschlichen Tonfalls die Stimmung zu erfassen.
Mul sa? auf seinem Stuhl zuruckgelehnt, ein leichtes Lacheln auf dem Gesicht, den Becher mit Apfelwein in der Hand.
»Du scheinst sehr beunruhigt,
»Beunruhigung ist eine vernunftige Reaktion, nachdem du zugegeben hast, da? dein Hauptinteresse dem Geld gilt und du wegen dieses Winters in tiefen finanziellen Schwierigkeiten steckst«, erwiderte Eadulf. »Ich werde dir sagen, weshalb du dieses Gold scheuen solltest ...«
Fidelma legte ihm leicht die Hand auf den Arm.
»Ich glaube nicht, da? Beredsamkeit etwas an Muls Absichten andern kann. Publilius Syrus schrieb einmal, wenn Gold fur eine Sache spricht, ist die Beredsamkeit machtlos.«
Mul kicherte anerkennend.
»Du hast Verstand und Witz, Frau. Der Fehler der Monche und Nonnen ist, da? sie den Verhungernden Moral predigen. Halte einem Mann eine beredte Vorlesung uber Gut und Bose und gib einem anderen Mann einen Penny, dann wirst du sehen, wer dich hoher achtet.«
Es trat Schweigen ein, bis Fidelma ruhig fragte: »Was willst du also tun, Mul?«
Der Bauer go? sich wieder Apfelwein ein.
»Tun? Nichts.«
Einen Moment antworteten weder Eadulf noch Fidelma .
»Das verstehe ich nicht«, sagte Fidelma schlie?lich. »Willst du damit sagen, da? die drei Goldstucke keine Versuchung fur dich sind?«
»Ach, eine Versuchung sind sie schon. Aber ich ware nicht sicher, ob Abt Cild sie wirklich bezahlt, wenn er erreicht hat, was er will. Ich bezeichne ihn als Teufel. Lieber wurde ich erfrieren, als mit ihm zu tun haben.«
Eadulf lehnte sich zuruck und entspannte sich etwas.
»Treibst du ein Spiel mit uns, Mul?«
»Du,
»Nun, nachdem du jetzt unsere Irrtumer korrigiert hast«, schaltete sich Fidelma ein, »sollte ich dir vielleicht erklaren, wieso die Beschuldigungen des Abts falsch sind.«