Drau?en waren laute Stimmen zu horen. Eadulf ging zur Tur der Hutte und schaute hinaus.

»Es ist Aldheres Frau - die frankische Frau, von der ich dir erzahlt habe.«

Fidelma kam ebenfalls zur Tur.

Drau?en war die flachsblonde Frau vom Pferd gestiegen und sprach schnell auf Aldhere ein. Ein anderer Mann stieg auch ab und lud Tragkorbe ab, die anscheinend Lebensmittel enthielten. Das bestatigte wohl Aldheres Aussage, da? sie zur nahen Stadt geritten waren, um einzukaufen. Aldhere antwortete Bertha ruhig und ebenso rasch. Bertha unterbrach ihn und hieb mit der Faust durch die Luft, um ihre Worte zu unterstreichen. Dann wandte sie sich jah um, stieg wieder auf und ritt davon. Sie hatten zu weit ab gestanden, als da? Eadulf und Fidelma ihr Gesprach hatten verstehen konnen. Fidelma zuckte die Achseln und kehrte zu ihrem Platz zuruck.

»Wie es scheint, sind nicht alle sachsischen Frauen in Gegenwart ihrer Manner still«, meinte sie spitz.

»Bertha ist Frankin«, entgegnete Eadulf.

»Ein feiner Unterschied. Jedenfalls mu? ich unseren Freund Wiglaf noch befragen, bevor wir von hier aufbrechen«, sagte sie, als Eadulf wieder in den Raum kam.

»Er wollte doch um diese Zeit im Lager zuruck sein«, antwortete Eadulf beunruhigt. »Ich frage mich, wo er bleibt.«

»Wo wer bleibt?« schaltete sich Aldhere ein. Er war unbemerkt hinter Eadulf eingetreten.

Fidelma lie? sich nicht aus der Ruhe bringen.

»Wiglaf. Der Mann, der uns herbrachte.«

Aldhere kniff einen Moment die Augen zusammen.

»Was konnte er euch sagen, was ich euch nicht sagen kann?« fragte er mi?trauisch.

»Vielleicht nichts. Immerhin stand er in direkter Verbindung mit Bruder Botulf im Kloster bis zu dem Abend, an dem Botulf sich mit dir treffen wollte.«

Aldhere nickte langsam. »Das stimmt.«

»Also konnte er vielleicht etwas beitragen, was nutzlich ware.«

»Nun, wie ihr wi?t, steht er auf Posten, aber er sollte bald ins Lager zuruckkehren. Ich nehme an, ihr bleibt doch zum Mittagessen?«

»Das wurde uns freuen.« Fidelma lachelte. »Wird deine frankische Freundin auch dabei sein?«

Aldhere zogerte einen Moment, dann lachelte er.

»Bertha mu? sich im Augenblick um andere Dinge kummern, Schwester. Vielleicht kommt sie spater dazu.«

»Und Lioba?« fragte Eadulf mit plotzlicher Bosheit. »Ist sie oft hier zu Gast?«

Aldheres Gesicht rotete sich leicht. Trotzig schob er das Kinn vor.

»Was wei?t du von Lioba?«

»Ich horte, sie sei ein recht eigenwilliges Madchen, wohlbekannt in der Abtei - und in deinem Lager.«

Aldhere uberlegte einen Moment, dann zuckte er die Achseln.

»Du hast ein gutes Ohr fur Tratsch, heiliger gerefa. Das Madchen ist die Tochter eines Bauern aus dieser Gegend, und sie mu? sich irgendwie ihren Lebensunterhalt verdienen. Sie hat Verbindungen zur Abtei, deshalb kommt sie in mein Lager und versorgt mich mit Nachrichten, die ich auf andere Weise nicht erhalten konnte.«

Es war klar, da? Aldhere an einer Fortsetzung dieses Themas nicht gelegen war. Fidelma wechselte es, denn sie hatte noch anderes im Sinn.

»Hast du von Geruchten gehort, wonach Kriegertrupps aus Ost-Sachsen kurzlich Uberfalle verubt haben?« fragte sie.

Aldhere schaute Eadulf lachelnd an.

»Dein Freund, der heilige gerefa, konnte dir davon berichten. Er wurde neulich beinahe von der Mannschaft eines Langschiffs aus Ost-Sachsen umgebracht.«

»Ach, das wei? ich. Ich meine einen gro?eren Angriff von mehreren Schiffen.«

Aldheres Miene druckte Spott aus.

»Sprichst du von Sigehere und seinen Kriegertrupps? Die sind nicht in der Lage zu starkeren Angriffen. Das Konigreich der Ost-Sachsen ist zu sehr gespalten. Sige-here und Sebbi liegen sich in den Haaren. Einzelne Langschiffe konnen von Zeit zu Zeit hier und dort zuschlagen, und es gab ein paar Uberfalle an der Grenze, aber keinen gro?eren Angriff. Sigeheres Manner sind wie Mucken uber dem Moorland im Sommer. Lastige Stiche, aber mehr nicht. Wie kommst du zu dieser Frage?«

Es war das, was sie erwartet hatte.

»Jemand behauptete, vor zwei Tagen hatte ein solcher Angriff stattgefunden. Ich nehme an, das war ein Irrtum?«

Aldhere nickte nachdrucklich. »Wenn die Leute Angst haben, bilden sie sich alles mogliche ein. Von einem solchen Angriff wurde ich etwas wissen.«

»Mir ist eingefallen«, meinte Fidelma in nachdenklichem Ton, »da du doch in Feindschaft mit deinem Konig lebst, ob du vielleicht den Konig von OstSachsen ganz gern in diesem Land sahst?«

Aldhere richtete sich mit zorniger Miene auf.

»Ich mag ein Geachteter sein, aber ein Verrater bin ich nicht«, fauchte er. »Horte ich solche Worte von einem Mann, wurde ich mein Schwert ziehen.«

»Dann ist es ja ein Gluck, da? ich blo? eine Frau bin«, antwortete Fidelma ohne Zerknirschung. »Wei?t du, es gibt Leute, die wurden sagen, es ware doch logisch, da? du dich in deiner Wut auf Ealdwulf nun Sigehere zuwenden wurdest.«

»Zeig sie mir, und ich werde ihr Wort gegen meins mit der Schwertklinge prufen«, knurrte Aldhere.

Fidelma lachelte leicht. »Damit wurdest du nur prufen, wer der bessere Fechter ist. Was meinst du, weshalb solche Geschichten uber dich im Umlauf sind?«

»Ich vermute, da? solche ublen Geschichten im Umlauf sind, weil mein Bruder sie verbreitet. Wer sollte es denn sonst tun?«

»Dann sind sie also boshaft und entbehren jeder Grundlage?«

»Du hast Gluck, da? ich von ruhiger Gemutsart bin, Schwester«, lachelte Aldhere, doch es war kein frohliches Lacheln. »Ich habe dir schon gesagt, da? ich mein Volk nicht verkaufe. Ealdwulf wird es vielleicht eines Tages bereuen, da? er sich von einem Vorurteil hat leiten lassen und mich geachtet hat. Aber er ist der Konig, und mein Streit mit ihm bleibt in den Grenzen dieses Konigreichs. Ich konnte wohl einmal in diesem Land ein Heer aufstellen und ihn zwingen, meinen Standpunkt anzuerkennen, aber ich wurde mich nie mit einem auswartigen Feind verbunden, um ihn zu sturzen.« Er hielt inne und fuhr dann fort: »Ich nehme an, damit bist du mit deinen Fragen am Ende. Hier ist Brot, Fleisch und Met. Wir wollen essen und auf Wiglaf warten.«

Fidelma akzeptierte diesen Abbruch ihrer Nachforschungen, und sie widmeten sich der Mahlzeit, bei der Aldhere sich nach den Landern erkundigte, die sie besucht hatten, und dem Leben der Menschen in ihnen. Besonders interessiert zeigte er sich an der Pilgerfahrt nach Rom, die Fidelma und Eadulf unternommen hatten. Er stellte seine Fragen mit Witz und Scharfsinn.

Einige Zeit verging, und Wiglaf und seine Manner waren immer noch nicht zuruckgekehrt. Fidelma merkte, da? Aldhere trotz seines gelassenen und freundlichen Umgangs begann, sich Sorgen zu machen. Es war weit uber die Zeit hinaus, zu der Wiglaf erwartet worden war, und endlich konnte Aldhere seine Befurchtungen nicht mehr verhehlen. Er stand auf und entschuldigte sich: »Wenn ihr gestattet, nehme ich ein paar Manner mit und suche nach Wiglaf.«

Fidelma erhob sich sofort.

»In dem Fall reiten wir mit dir. Es wird spat, und wir haben auch noch viel zu tun. Vielleicht haben wir Gluck und treffen Wiglaf unterwegs, dann kann ich ihm meine paar Fragen gleich dort stellen.«

Aldhere hatte nichts dagegen einzuwenden, und kurz darauf strebten er und zwei seiner Manner sowie Fidelma und Eadulf auf ihren Pferden den Waldweg entlang nach Suden.

Sie waren noch nicht weit gekommen, als einer der Manner einen Ruf ausstie?.

Der Grund dafur war nicht zu ubersehen.

Auf dem Boden vor ihnen lag ein Leichnam. Sie erkannten schnell, da? es einer von Wiglafs Mannern war. Zwei Pfeile staken in seiner Brust, und der Schnee um ihn herum war blutgetrankt.

Ein neuer Ruf.

Zwischen den Baumen, nur wenige Schritt entfernt, fanden sie zwei weitere Tote. Auch sie waren Pfeilen

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