„Ich habe dieser Sache mit dem Feuer keine so gro?e Bedeutung beigemessen“, sagte sie schlie?lich, „obwohl ich seit Jahren daruber nachgedacht habe. Anscheinend steckt doch mehr dahinter, als ich angenommen habe, wenn sie in deine lebensentscheidende Angelegenheit pa?t. Also gut, hier ist meine Geschichte.
Ich nehme an, du kennst die desChenes-Familie; zumindest Andre hast du gestern kennen gelernt.
Der Vater ist fruher auf einem Tanker gefahren, aber sie haben ihm einen Job an Land gegeben, als seine Frau vor sieben Jahren bei einer Geburt starb.
Es sind drei Kinder da — Andre ist das alteste —, und viele von uns haben sich irgendwann um sie gekummert. Ich furchte, wir haben keine besonderen erzieherischen Qualitaten entwickelt, denn Andre ist, um es klar und deutlich zu sagen, ein echter Widerling. Es macht ihm ausgesprochen Spa?, andere Menschen zu argern oder sogar zu verletzen. Ich wei?, da? die meisten Kinder so eine Phase durchmachen, aber die sollte mit elf Jahren langst voruber sein. Ich personlich bin der Ansicht, da? er etwas geistesgestort ist, aber Dad sagt, er hatte nur als Kind einige Schocks erlitten und wurde mit der Zeit daruber hinwegkommen.
Jedenfalls halt Andre Streiche fur ausgesprochen witzig — und ich meine damit Sachen, wie jemand eine gluhend hei?e Munze in den Kragen zu stecken oder Stolperdrahte auf Treppen zu spannen, und nicht etwa so harmlose Scherze wie einen Eimer Wasser uber der Tur. Ich hatte dadurch einmal einen verrenkten Knochel und bin mindestens ein Dutzend Mal gesturzt, ohne mich ernsthaft zu verletzen; und ich habe drei Brande geloscht, die er vor und hinter seinem Haus gelegt hat — niemals im Haus selbst, mu? ich ihm zugute halten. Vor etwa vier Jahren — ich war damals erst vierzehn und mu?te die Kinder allein huten, wahrend Mr. desChenes arbeitete — brannte es zum erstenmal, und naturlich habe ich ihm zu erklaren versucht, da? es keine sehr gute Idee sei. Er sagte mir sehr ernsthaft, da? er das besser wisse. Und er machte naturlich weiter.
Als er zum drittenmal ein Feuer ansteckte, vielleicht eineinhalb Jahre spater, verbrannte er sich dabei — nicht sehr schlimm, aber genug, um zu merken, da? Feuer weh tut. Ich glaubte, da? meine Ermahnungen diesmal wirklich etwas nutzen wurden. Er war sehr wutend; nicht auf mich, sondern auf das Feuer. Er sagte, es sei nicht gerecht, da? einer mit Feuer spielen und seinen Spa? haben konne, und ein anderer sich dabei verbrenne. Ich brauchte ein paar Wochen, um herauszubringen, was er damit meinte. Schlie?lich sagte er mir, da? er einen gro?en Jungen gesehen habe, der ol auf den Boden geschuttet und angesteckt habe, und dann sei ein Wagen in die Flammen ge fahren, und der Junge sei auf den Sitz gesprungen und habe ihn aus dem Feuer gefahren. Noch spater, vor zwei Jahren, als du zum letzten Mal zu Hause warst, war ich mit ihm zusammen, und wir sahen dich zufallig auf der Stra?e. Er sagte, du seist der gro?e Junge, der das Feuer angesteckt habe. Aber ich war mir nicht sicher, ob ich ihm glauben sollte, da er auch recht haufig lugt, und ich habe mir immer gewunscht, einmal herauszufinden, ob es stimmt oder nicht.
Da gibt es allerdings eine Komplikation. Soweit ich es feststellen konnte, geschah dies an dem Tag, an dem seine jungere Schwester geboren wurde und seine Mutter starb. Vielleicht hat es ihn deshalb so beeindruckt. Oder vielleicht ist uberhaupt nichts geschehen, aber ich hatte es gerne gewu?t.
Ich habe den Jungen nicht besonders gern, aber es ware doch sehr schon, wenn ich seine Komplexe, oder was er sonst haben mag, ausbugeln konnte.“
„Es stimmt in etwa“, sagte Bob nachdenklich.
„La? mich mal uberlegen… er war damals um die vier Jahre alt. Ich bin nicht direkt in die Flammen gefahren, aber das hat er vielleicht nicht erkennen konnen, oder er erinnert sich nicht mehr genau daran.“ Er schwieg; sowohl er als auch der Jager waren ehrlich erschuttert. Keiner von ihnen hatte auch nur den leisesten Verdacht gehabt, da? es bei der Losung ihres fruheren Problems au?er Bobs Vater noch einen Zeugen gegeben haben konnte.
Beide fragten sich jetzt, wie viel von der Story, und in welchen verzerrten Formen, innerhalb der jungeren Bevolkerungsgruppe von Ell verbreitet worden war.
„Schade, da? du nicht mit deinem Vater daruber gesprochen hast“, sagte Bob schlie?lich. „Ich wei? nicht, ob er ein guter Psychologe ist, aber zumi ndest hattest du dann gewu?t, was hinter dieser Sache steckt.“
„Dad wei? davon? Er hat nie…“
„Naturlich hat er nicht daruber gesprochen. Wie konnte er das? Ja, er wei? Bescheid.“
„Es steht aber nichts in den Krankenblattern, die er uber dich angelegt hat.“
„Ich wei?, Fraulein Sekretarin. Ich mu? sie gelegentlich auch mal lesen, damit ich erfahre,
„Die du mir aber jetzt erzahlen wirst, nehme ich an.“
„Wenn du willst. Falls du me inst, da? du ihm mehr Glauben schenken kannst als mir, warte lieber, bis du wieder zu Hause bist und sage ihm, ich hatte ihm erlaubt, dir alles vom Jager zu erzahlen.
Was ist dir lieber?“
„Nun fang schon an. Ich werde deine Version mit der von Dad vergleichen, wenn ich ihn sehe.“
Bobs Bericht nahm den gro?ten Teil der Fahrt zu der winzigen Insel in Anspruch, da das Madchen ihn immer wieder unterbrach und nach Einzelheiten fragte. Ihre Fragen uberzeugten den Jager, da? er mit seiner fruheren Vermutung recht hatte: Jenny besa? einen scharferen Intellekt als sein Gastgeber.
Naturlich fiel es ihr anfangs schwer, ihm zu glauben, und der Alien erwartete, da? sie die Art Beweise fordern wurde, die ihr Vater vor uber sieben Jahren verlangt hatte. Doch sie begnugte sich mit ein paar klugen und wohluberlegten Fragen. Einige davon, die die physische Gestalt des Jagers betrafen, hatte Bob in den fast acht Jahren ihrer Symbiose noch nie gestellt. Die meisten ihrer Fragen sta nden im Bezug zu der Arbeit in der Praxis ihres Vaters und zeigten Bob und dem Jager, da? sie erheblich mehr als nur die Krankenblatter gelesen hatte.
Das uberraschte Bob, dessen Collegezeit noch so kurze Zeit zurucklag, da? er dazu neigte, auf Me nschen herabzublicken, die nicht den Vorzug einer hoheren Bildung genossen hatten.
„Ich habe ihr das alles nicht zugetraut“, murmelte er seinem Symbionten zu. „Ich habe nie etwas davon gehort, da? sie von dem Angebot einer College-Ausbildung Gebrauch machen oder auch nur au?erhalb von Ell zur Schule gehen wollte.“ Er war taktvoll genug, seine Uberraschung nicht laut zum Ausdruck zu bringen, doch der Jager konnte die Gefuhle seines Gastgebers oft anhand seiner inneren Reaktionen erkennen. Es gefiel dem Alien: sein Freund lernte etwas dazu, und das hatte er auch dringend notig.
Sie trugen das Kajak ans Ufer und ein gutes Stuck vom Wasser fort, obwohl sie sich an der Lee-Seite von Apu befanden und es so gut wie keine Dunung gab. Apu war eine der gro?eren der Inseln, die auf dem ganzen Riff verstreut waren, und es hatte sich im Lauf vieler Jahre nicht nur genugend Erde angesammelt, um Buschen und Strauchern Halt zu geben, sondern es wuchsen sogar mehrere Palmen dort. Nur wenig von der besonderen Vegetation, die in den Labors fur die Tanks gezuchtet wurde, und die so weite Flachen des langen Nordwest-Arms der Hauptinsel bedeckte, war bis hierher vorgedrungen.
Auf der Lagunenseite Apus befand sich ein Strand, die dem offenen Meere zugewandte Seite ging jedoch sofort in die morderischen Korallenbanke uber, aus denen das Riff bestand, selbst an windstillen Tagen gefahrlich fur einen Schwimmer und todlich bei auch nur geringer Dunung. Das Riff, das hei?t, die Region, wo die Korallen so dicht unter der Wasserflache wuchsen, da? sie die Wellenbewegung beeinflu?ten, erstreckte sich mehrere hundert Yards ins Meer hinaus. Es brach die Wucht der Wellen, lenkte sie jedoch in so schwer voraussehbare Bahnen, da? man niemals wu?te, welche Stelle des Inselufers im nachsten Moment unter Wasser stehen wurde. Der Jager und Bob erinnerten sich noch genau an einen viele Jahre zuruckliegenden Tag, an dem Ken Rice in eine der kleinen, korallenumsaumten Buchten hinabgestiegen war, um etwas aus dem Wasser zu holen, und dabei fast ertrunken ware. Das Objekt, das er entdeckt hatte, konnte nicht geborgen werden, doch der Jager hatte es deutlich gesehen und als Generatorabdeckung eines Raumschiffes erkannt, die vom Schiff des Mannes stammen mu?te, den er bis hierher verfolgt hatte, und die ihm die erste, wirkliche Gewi?heit gegeben hatte, da? der andere Alien den Absturz uberlebt hatte und an Land gekommen war.
Dies war das Objekt, das sie heute suchen wollten, in der Hoffnung, an ihm irgendwelche Hinweise zu finden, durch die das Suchgebiet nach dem Raumschiff des anderen wesentlich eingeengt werden wurde. Es war das Schiff, das ihnen bei der Durchfuhrung ihres Plans den gro?eren Nutzen versprach. Der Jager wu?te, da? sein Schiff beim Aufprall fast flach geschlagen worden und wahrscheinlich so stark korrodiert war, da? es fur einen Suchtrupp unauffindbar war. Der Schild dagegen hatte vollig intakt ausgesehen und lie? hoffen, da? das Schiff, von dem es stammte, der volligen Zerstorung entgangen war.
Die Suche erwies sich als recht schwierig. Korallen wachsen standig, und Wellen zerstoren; die dem offenen Meer zugewandte Kuste von Apu hatte sich erheblich verandert. Bob und der Jager erinnerten sich noch an die Stelle, an der Rice damals fast ertrunken ware, doch brauchten sie langer als funfzehn Minuten, um die Unzahl der