Da die meisten Menschen auf Ell ihr Dinner kurz nach Sonnenuntergang einnahmen, waren sie sicher, Maeta in ihrem Haus anzutreffen. Daphne war losgeschickt worden, um Bobs Eltern zu sagen, da? er etwas spater kommen wurde; er und Jenny gingen zum Haus der Teroas, das in der Mitte eines ausgedehnten Gartens an der Kreuzung der beiden Stra?en stand, nur ein paar hundert Yards von der Bibliothek entfernt.
Bob und Jenny wurden sehr freundlich empfa ngen. Charles, der Sohn der Familie, war viele Jahre lang ein enger Freund Bobs gewesen. Er und sein Vater waren auf See, wie meistens, und die altere Schwester arbeitete im PFI-Buro auf Tahiti; doch Maeta, ihre Mutter, zwei Schwestern der Mutter und ein Schwager waren zu Hause.
Mehr Zeit, als Bob lieb war, ging damit drauf, ihre Frage nach seinem Leben auf dem College zu beantworten — und es waren Fragen, die ein Provinzler aus Boston oder New York von Polynesiern nicht erwartet haben wurde. Endlich einmal fuhlte sich der Jager von einem Gesprach nicht gelangweilt, obwohl es in keinerlei Beziehung zu seinem Problem stand.
Es dauerte eine Weile, bevor sie das Thema auf das Objekt in der Bibliothek bringen konnten, doch Bob gelang es schlie?lich. Maeta nickte, als er berichtete, da? Daphne ihn darauf aufmerksam gemacht habe, und gab, ohne durch seine Frage uberrascht zu sein, sofort zu, da? sie es in die Bibliothek gebracht habe. Als er wissen wollte, wo sie es gefunden habe, zeigte sie hofliche Neugier nach dem Grund dieser Frage, und er sagte ihr die Halbwahrheit, die er schon bei anderen Gelegenheiten verwendet hatte.
„Ich glaubte, es vor vielen Jahren im Wasser entdeckt zu haben, habe aber nie versucht, es zu bergen“, sagte er. „Es lag in einer Bucht auf der Au?enseite von Apu, und ich wollte mich nicht von den Korallen zu Hackfleisch verarbeiten lassen. Du mu?t an einem sehr windstillen Tag dort gewesen sein, oder du bist eine meisterhafte Schwimmerin.“
Eine ihrer beiden Tanten kicherte. „Maeta schwimmt und segelt besser als jeder Mann auf Ell.“ Das Madchen akzeptierte das Kompliment mit einem Nicken, und Bob erinnerte sich, von Charles vor langer Zeit bereits Ahnliches gehort zu haben. Und es mochte durchaus stimmen; ihre Kraft fiel nicht sofort ins Auge, wohl aber ihre Kondition und Koordination, wenn sie sich bewegte. Bob war nicht bewu?t, da? er sie eine Weile anblickte, doch Jenny merkte es und stellte zu ihrer eigenen Uberraschung fest, da? sie daruber ein wenig verargert war. Es war nicht uberraschend, da? das Madchen Bobs Aufmerksamkeit erregte.
Maeta Teroa war vielleicht nicht hubscher als Jenny, die in diesem Punkt eine gerechtfertigt hohe Meinung von sich hatte, doch stand sie im Aussehen dem erheblich gro?eren, rothaarigen Madchen um nichts nach. Maeta war nur knapp uber funf Fu? gro? und wog fast genau hundert Pfund. Namen lie?en auf Ell keine Ruckschlusse auf die rassische Herkunft zu; ihre dunkle Haut und das schwarze Haar verrieten polynesische Vorfahren, doch Europa — Schottland, hatte Charles einmal erwahnt — dokumentierte sich in ihren blauen Augen, der relativ schmalen Nase und dem etwas spitzen Kinn.
„Ich will mich daruber nicht streiten“, sagte sie zu dem Kompliment ihrer Tante. „Man soll seinen Alteren nicht widersprechen, auch nicht um der Bescheidenheit willen, und so bescheiden bin ich nicht. Nein, Bob, es war uberhaupt nicht riskant; ich habe es nicht auf Apu gefunden, sondern es von der Haerehaere aus auf dem Grund der Lagune entdeckt — etwa in der Mitte zwischen den Tanks Nummer sieben und zwolf, mindestens eine Meile von Apu entfernt. Ich war ein wenig uberrascht, dort eine solche Korallenformation zu sehen — es ist eine Spezies, die eigentlich nur auf dem Riff vorkommt —, also bin ich ins Wasser getaucht und habe es heraufgeholt. Es sah sehr hubsch aus, und deshalb habe ich es nicht ins Museum gegeben, sondern im Haus behalten. Als das neue Bibliotheksgebaude fertig geworden war und ich dort zu arbeiten begann, habe ich es mitgenommen — wir haben alle geholfen, die Raume ein bi?chen zu dekorieren. Ich kann mir nicht denken, wie es vom Riff in die Mitte der Lagune gekommen sein kann.
Anfangs nahm ich an, da? jemand versucht hat, es an Land zu bringen und es unterwegs uber Bord gefallen ist, aber in dem Fall konnte ich nicht einsehen, warum er es nicht wieder herausgeholt hat.
Es lag schlie?lich nur knapp zwanzig Fu? tief. Au?erdem ware es einem fruheren Eigentumer sicher aufgefallen, als es in der Bibliothek auftauchte; es gibt sicher nur wenig Menschen, die es dort nicht gesehen haben.“
Der Jager stellte Bob eine Frage, die diesen verwunderte, doch gab er sie als seine eigene weiter.
„Hast du es auf irgendeine Art verandert? Ich meine, hast du Korallenaste abgebrochen, damit es hubscher wirkt, oder ist es genau so geblieben, wie du es gefunden hast?“
„Naturlich ist es so geblieben. Ich kann an einem abgebrochenen Korallenast nichts Hubsches finden, und ich kann mich noch erinnern, wie glucklich ich daruber war, als ich feststellte, da? alle Aste unbeschadigt waren. So weit ich es sagen kann, ist das auch heute noch der Fall, aber ich habe es eine ganze Weile nicht genauer angesehen, mu? ich zugeben. Ich wollte Dad oder Charlie fragen, was dieses Metallstuck unter den Korallen sein konnte — es mu? von irgendeinem Schiff stammen, denke ich — aber ich habe nie daran gedacht, wenn sie hier waren. Wei?t du es vielleicht? Du hast es dir doch heute angesehen.“
„Ich habe nicht viel Ahnung von Schiffen“, sagte Bob ausweichend. Der Jager lie? ihn eine zweite Frage stellen. „Wurdest du es einmal mit mir gemeinsam ansehen und dich versichern, da? nichts verandert worden ist?“
„Naturlich.“ Maeta blickte ihn verwundert an, offensichtlich uberrascht von seinem Interesse, war jedoch zu hoflich, nach einer Erklarung zu fragen, wenn Bob sie nicht von sich aus gab. „Jetzt geht es leider nicht — wir wollen gleich essen — aber sofort danach, wenn du willst, oder wollt ihr mit uns essen?“
Bob und Jenny entschuldigten sich mit dem Hinweis, da? sie zu Hause erwartet wurden und gingen, nachdem sie sich fur den nachsten Vormittag mit Maeta verabredet hatten. Als sie das Haus verlie?en, fragte der Jager Bob, warum er sich nicht an diesem Abend mit ihr treffen wollte.
„Ich glaube nicht, da? sie mit dem Dinner fertig sind, bevor die Bibliothek schlie?t“, antwortete er,
„und ich wollte sie nicht merken lassen, wie wichtig es mir ist, indem ich sie bat, ihr Dinner zu verschieben, oder sie spater vom Tisch wegholen wurde.“
Jenny, die naturlich von diesem Gesprach nichts gehort hatte, fragte Bob, warum er so genaue Fragen uber den Zustand der Korallen gestellt habe.
„Den Grund dafur kenne ich auch nicht“, mu?te er zugeben. „Der Jager wollte das wissen, und ich habe seine Fragen lediglich weitergegeben.“
„Ohne den Grund dafur zu kennen?“
„Ich hatte keine Moglichkeit, ihn zu fragen, ohne da? es auffallen wurde. Ich mu? zwar nicht laut sprechen — er kann das Vibrieren meiner Stimmbander spuren, wenn ich nur unhorbar flustere — aber ich hatte eine Pause in unserem Gesprach machen mussen, und das ware den anderen sicher aufgefallen.“
„Aber jetzt konntest du ihn doch fragen.“
„Wie ist es, Jager?“ sagte Bob. Der Alien hatte keinen Grund, nicht zu antworten.
„Ich glaubte, eine gewisse Regelma?igkeit in den Korallenformationen erke nnen zu konnen, als wir in der Bibliothek waren“, sagte er. „Ich bin mir jedoch nicht sicher und wollte nichts weiter dazu sagen, bevor ich mir das Stuck nicht noch einmal genauer angesehen und von Maeta erfahren habe, ob es sich in diesem Zustand befunden hat oder nicht, als sie es fand. Au?erdem mochte ich auch feststellen, ob einem von euch etwas auffallt, wenn ihr es das nachstemal seht, also wollte ich euch nicht darauf hinweisen, worauf ihr achten sollt.“
Bob gab die Worte des Jagers an das Madchen weiter. Weder er noch Jenny waren mit der Antwort zufrieden, und das Madchen versuchte wahrend des ganzen Heimweges mehr aus ihm herauszubekommen. Doch Bob wu?te, da? der Jager sich nicht drangen lassen wurde, und so war ihre Unterhaltung steif und gezwungen, bis sie das Haus der Kinnairds erreichten.
Wie vorauszusehen war, hatte er sich am folge nden Morgen vollig erholt. Doch trat jetzt eine neue Komplikation ein, namlich starke Schmerzen in den Gelenken, besonders in Knien und Schenkeln.
Wie immer konnte der Jager den Grund dafur nicht finden, auf jeden Fall war es nicht etwas so Normales wie die Ablagerung von Harnsaurekristallen oder Gicht. Der Jager untersuchte Bob sehr grundlich. Er hatte ihn wahrend der Collegejahre dazu uberredet, einen Kurs in menschlicher Physiologie zu belegen, und alle Vorlesungen und die Lekture seines Gastgebers aufmerksam verfolgt.
Anscheinend war einer der Teller, die er balancierte — sehr wahrscheinlich handelte es sich um ein Hormon — ins Schwanken geraten, doch diese Theorie half ihm nicht weiter. Bob litt unter starken Schmerzen, schien sich jedoch mit seinem Zustand um so mehr abzufinden, je schlechter er wurde. Er war vollig ruhig und machte dem Jager nicht die geringsten Vorwurfe. Dieser jedoch wurde von einem Gefuhl der Schuld und Hilflosigkeit immer mehr in eine Art Panikstimmung versetzt. Er war sich vollig daruber im klaren, da? Panik ihnen nicht weiterhelfen