verursacht hatten, war eine Routineangelegenheit, die er nach wenigen Minuten bewaltigt hatte; doch die Toxine, die sie produziert hatten, lie?en sich nur schwer neutralisieren, und die Gewebe des Arms, in das sie eingedrungen waren, waren zum gro?en Teil zerstort. Der gebrochene Knochen war nicht dafur verantwortlich, weder der Jager noch Dr. Seever hatten da eine Fehldiagnose gestellt. Ein winziger Holzsplitter war dicht au?erhalb des Gipsverbandes in Bobs linke Hand eingedrungen. Das mu?te geschehen sein, nachdem der Jager ihn verlassen hatte; Bob hatte es wahrscheinlich nicht einmal gemerkt, doch dem Alien ware es bestimmt nicht entgangen. Da Bobs naturliche Abwehrkrafte gegen Infektionen langst versagt hatten, wurde Bob wahrend der Abwesenheit seines Symbionten zu einer wandelnden Bakterienkultur. Der Jager hatte nicht geglaubt, da? die Widerstandskraft seines Gastgebers so vollkommen zusamme ngebrochen war, doch die Tatsachen sprachen fur sich. Nicht zum erstenmal wunschte er, sich grundlicher mit Biochemie befa?t zu haben. Aber jetzt bestand die Hoffnung, da? sie bald Kontakt mit dem Suchteam finden wurden, und seine Leute hatten sicher ein paar Spezialisten auf diesem Gebiet bei sich.

Aber er mu?te weitermachen. Er konnte das zerstorte Gewebe des Arms entfernen und erwarten, da? es im Lauf eines normalen Heilprozesses ersetzt werden wurde, auch wenn das einige Zeit dauern mochte. Wirkliche Sorge bereitete ihm Bobs Gehirn. Eine Anzahl der Bakterien und ein Quantum des von ihnen produzierten Toxins mu?ten durch den Blutkreislauf auch in dieses Organ getragen worden sein, und man durfte es nicht als gegeben nehmen, da? nichts davon aus den Blutgefa?en in die Hirnmasse eingedrungen war.

Der Jager hatte immer eine gewisse Scheu davor gehabt, in das Nervengewebe selbst vorzudringen, obwohl er standig ein Netz des eigenen Gewebes in den Kapillaren unterhielt. Die Gehirnzellen waren fur ihn tabu gewesen, weil er Angst gehabt hatte, dort einen nicht wieder gutzumachenden Schaden anzurichten, der durch den Umstand zustande kommen konnte, da? die Biochemie des menschlichen Korpers sich wesentlich von der jener Humanoiden unterschied, mit denen er normalerweise zusammenlebte. Jetzt aber erforderten die Umstande, so ein Risiko einzugehen; doch er arbeitete au?erst langsam und sehr, sehr vorsichtig.

Es war eine Situation, die er spater weder seinem Gastgeber noch Seever, der sich naturlich brennend dafur interessierte, genau schildern konnte. Der Jager verfugte uber die Fahigkeit, Gewebestrukturen bis zum Niveau der Gro?molekule ertasten zu konnen. Gleichzeitig wurden ihm auch die Trillionen von Zellen eines lebenden Organismus bewu?t, und er konnte mit jeder von ihnen gleichzeitig mit derselben Konzentration arbeiten, die ein Uhrmacher einem einzigen Stuck zuwenden mochte. Als er einmal versucht hatte, dies einem menschlichen Wesen zu schildern, schien darin fur seinen Zuhorer jedoch ein Kontrast zu liegen; der Mensch begann, ihn als Bestandteil einer Rasse zu sehen und nicht als Individuum. Das hatte den Jager sehr verstort, da er sich nur als Individuum sah.

Manchmal, wenn er sich Problemen gegenuberfand, die seine Fahigkeiten uberstiegen, wunschte er, da? wirklich mehr von seiner Art hier waren.

Dieses Problem konnte er jedoch vorerst losen.

Nur wenige Bakterien waren bis zu Bobs Gehirnzellen vorgedrunge n, und der Alien konnte sie vernichten, ohne da? in der Nahe gelegene Zellen in Mitleidenschaft gezogen wurden. Ihm war bekannt, da? Gehirnzellen nicht repariert oder ersetzt werden konnten; das traf auf alle humanoiden Spezies zu, die er kannte, und wurde von den Wissenschaftlern seiner eigenen Spezies als evolutionares Nebenprodukt von Uberspezialisierung der Gehirnzellen betrachtet. Doch war das Gehirn ein Organ mit einer gewaltigen Uberkapazitat an Zellen, und obwohl Bob Tag fur Tag mehrere tausend von ihnen verlor, wurde es viele, viele Jahre dauern, bis die kumulative Wirkung ernst werden konnte.

Und dies war wirklich nicht der richtige Moment, sich um Dinge zu sorgen, die noch weit in der Zukunft lagen.

Am folgenden Montag war Bob bei Bewu?tsein und bis auf den Arm wieder in Ordnung. Er befand sich noch immer in den Krankenraumen von Seevers Haus — Mrs. Seever bemerkte, da? sie mit den beiden Patienten zum erstenmal das Gefuhl habe, in einem Krankenhaus zu sein —, und nach dem Dinner versammelte sich die ganze Gruppe, um die letzten Ereignisse zu besprechen. Selbst Bobs Eltern waren immer dabei; Daphne war fur diese Nacht bei einer Freundin untergebracht worden.

Der Jager gab einen ausfuhrlichen Bericht daruber, was ihm passiert war, unterstrich die offenkundige Tatsache, da? seine Leute irgendwo in der Nahe sein mu?ten, und erwahnte so wenig wie moglich von seinem Mangel an Wachsamkeit, der zu diesem Zwischenfall gefuhrt hatte. Die anderen berichteten ihm von der Nachricht, die sie beim Schiff hinterlassen hatten, und ihrem Inhalt, und der Jager druckte seine Anerkennung aus. Er stimmte mit der Ansicht des Arztes uberein, da? sein Eindringen in das Schiff gleichzeitig mit dem paralysierenden Mittel wahrscheinlich auch ein Signal ausgelost hatte und das Team, das sich auf der Erde befand, zweifellos wissen wurde, da? jemand das Schiff aufgesucht hatte. Was sie davon halten wurden, wenn sie das Einla?ventil geoffnet, doch keinen Gefangenen vorfanden, konnte er nur raten. Wenn sie gleichzeitig auch die Nachricht fanden, war naturlich alles in Ordnung, doch der Jager schlo? sich Bobs pessimistischer Ansicht an, da? sie wahrscheinlich auf das Signal reagiert hatten, bevor die Flasche auf dem Schiff hinterlegt worden war. Es ware weniger uberraschend gewesen, wenn sie bereits erschienen waren, bevor das Rohr mit seiner bewu?tlosen Substanz wieder hinaufgezogen worden war.

„Sie sind in der Lage, innerhalb einer Stunde jeden beliebigen Punkt der Erde zu erreichen und brauchten nicht bis zum Einbruch der Nacht warten, um das Schiff zu uberprufen“, versicherte der Jager seinen menschlichen Freunden.

„Dann sollten wir so bald wie moglich zuruckgehen“, sagte Maeta sofort. „Wir — oder der Jager — sollten feststellen, ob die Flasche gefunden und die Nachricht gelesen wurde, vor allem aber werden wir eine zweite und viel ausfuhrlichere Nachricht in der Sprache des Jagers hinterlassen, mit genauen Anweisungen, wo er zu finden ist, und wie sie Bob erkennen konnen. Das hast du in deiner Nachricht sicher nicht erwahnt, Bob.“

„Nein. Daran habe ich nicht gedacht. Mir war es wichtiger, die Tatsachen aufzulisten. Wenn sie sie gelesen haben, wissen sie zumindest, da? der andere tot ist und es nicht mehr notig ist, Fallen fur ihn aufzustellen.“

„Sie werden lesen, da? der andere tot ist“, sagte Seever, „aber ob sie es glauben werden?“

„Aus diesem Grund soll der Jager die Nachricht erganzen“, erklarte Maeta. „Er sollte in der Lage sein, sich einwandfrei auszuweisen — durch seine Dienstnummer oder so etwas.“

„Aber ich habe die Nachricht mit meinem Namen unterzeichnet“, sagte Bob, „also sollten sie doch imstande sein, mich zu finden.“

„Warum?“ konterte Maeta. „Wir konnen es nicht als gegeben annehmen, da? sie Ell und seine Bevolkerung kennen.“

„Und warum nicht? Sie mussen die Insel recht genau untersucht haben, als sie hier eintrafen.

Wahrscheinlich hatten sie uns schon damals gefunden, aber der Jager und ich waren nicht hier.“

„Aber wieso sollten sie die Menschen beim Namen kennen?“ widersprach Maeta. „Ich nehme an, da? sie sich menschliche Gastgeber gesucht haben, genau wie der Jager. Aber vielleicht haben sie nicht in Kommunikation mit ihnen gestanden, mit ihnen gesprochen und ihre Hilfe gesucht, wie es der Jager bei dir getan hat?“

„Mit Sicherheit nicht“, antwortete der Jager.

„Wenn es nicht durch eine ganz besondere Situation erforderlich wird, wie es bei mir damals der Fall war, versto?t es gegen alle unsere Prinzipien und Vorschriften. Ich habe es getan, weil ich damals uberzeugt war, da? auch nicht die geringste Chance bestand, Hilfe von zu Hause zu erhalten und der Kriminelle eine Gefahr fur die Menschen darstellte.“

„Richtig“, nickte Maeta. „Und die Leute, die jetzt hier sein mogen, haben in all den Jahren bestimmt Wichtigeres zu tun gehabt, als sich um die Menschen auf dieser Insel zu kummern. Wenn dem so ware, mu?ten wir dann nicht mehr Menschen in Bobs Lage haben? Jager-Abhangige, wenn du diesen Ausdruck entschuldigst?“

„Sehr unwahrscheinlich“, antwortete der Alien.

„Die Gruppe hatte Spezialisten mitgebracht, um solche Zwischenfalle zu verhindern. Aus diesem Grund versuchen wir doch, mit ihnen in Verbindung zu kommen, wenn du dich daran noch erinnern kannst.“

„Trotzdem aber solltest du Bobs Nachricht noch etwas Personliches hinzufugen.“

„Er ist einverstanden“, ubermittelte Bob. „Er sagt, ihr sollt noch eine Flasche besorgen — eine ganz kleine reicht vollkommen — und etwas, womit man Glas schneiden kann. Haben Sie einen Karborundum-Stift, Doktor, oder einen kleinen Diama nten?“

„Ich kann einen Schreiber besorgen“, sagte Bobs Vater.

„Er braucht nicht den ganzen Stift, nur die Carbo-Spitze. Er will auf die Innenflache der Flasche schreiben

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