an der Stelle, die der Position der Esket entsprach, und waren rot vermerkt.

Deshalb wurde es in diesem Raum niemals eine Kamera geben, solange Barlennan die Expedition befehligte.

Im Moment jedoch richtete er seine Aufmerksamkeit auf einen Punkt, der einige Dutzend Zoll sudlich der Position der Esket lag und in dessen Bereich es au?erordentlich wenig Eintragungen gab. Die Linie, die den von der Kwembly zuruckgelegten Weg darstellte, verlief recht isoliert. Barlennan hatte das vordere Ende seines Korpers so weit erhoben, wie es ohne Unbequemlichkeit ging, und musterte aus zehn oder zwolf Zentimeter Hohe duster die Karte, wahrend die Wissenschaftler sich um ihn scharten.

Seine Haltung zeugte weder von besonderem Optimismus noch von besonderem Pessimismus.

Der Commander war sich selbst nicht daruber klar, welche dieser moglichen Auffassungen von der Lage der Dinge ihn bewogen hatte, nahezu zwanzig Wissenschaftler zu bemuhen, die nun geduldig seine Informationen und Fragen erwarteten. Ohne jede Einleitung begann er zu sprechen.

„Dort befand sich die Kwembly, als ihr letzter Bericht einging“, erklarte er. „Sie uberquerte ein Schneefeld aus Wasserschnee, das hier beginnt.“ Er kroch zu einer etwa achtzig Zentimeter nordwestlich der Positionsmarkierung liegenden Stelle hinuber. „Es erstreckt sich zwischen zwei Gebirgsketten, die wir bisher nur fluchtig erkundet haben.

Destigmets Ballons sind so weit nach Suden nicht vorgedrungen — oder die Meldung hat uns nicht erreicht. Wahrend eines Routinestopps der Kwembly kam plotzlich starker Wind auf, dem dichter Nebel aus reinem oder fast reinem Ammoniak folgte. Dann stieg die Temperatur abrupt um mehrere Grad, ein Schmelzproze? setzte ein, und die Kwembly begann zu schwimmen und wurde vom Wind ungefahr ostwarts getrieben. Wir benotigen eine Erklarung und sehr dringend konstruktiven Rat. Warum stieg die Temperatur, warum schmolz der Schnee? Besteht zwischen diesen Vorgangen ein Zusammenhang? Die hochste gemeldete Temperatur betrug doch lediglich einhundertdrei Grad, lag also sechs- oder siebenundzwanzig Grad unter der Wasserschmelztemperatur. Weshalb entstand der Wind? Wie lange wird er voraussichtlich anhalten?

Er treibt die Kwembly in die warmen Regionen innerhalb der Tiefdruckzone Alpha, sudlich der Position der Esket.“ Heftig deutete er auf einen grellrot markierten Ausschnitt der Karte. „La?t sich feststellen, wie weit es sie treiben kann? Ich mochte diesen unfreiwilligen Abstecher nicht hinnehmen, und selbstverstandlich mochte ich Dondragmer noch weniger verlieren. Wir werden jede mogliche Unterstutzung von den Menschen anfordern, aber ihr mu?t eure Gehirne auch anstrengen. Einige von euch haben Dhrawns Klima zu analysieren versucht; liegen Resultate vor, die weiterhelfen konnten?“

Seinen Ausfuhrungen folgte mehrere Minuten lang Schweigen. Fur eine Weile schien sich kein konstruktiver Gedanke zu ergeben. Dann entfernte sich einer der Wissenschaftler mi t der Bemerkung, er wolle eine Tabelle einsehen; nach drei?ig Sekunden kam er zuruck.

„Der Temperaturanstieg und der Schmelzvorgang sind erklarlich“, sagte er. „Das Schneefeld bestand aus Wassereis, der Nebel aus Ammoniak. Als sie sich vermischten, verursachte die Losungswarme den Temperaturanstieg. Losungen aus Wasser und Ammoniak sind von eutektischer Beschaffenheit, die einen Schmelzvorgang bereits bei einundsiebzig Grad ermoglicht.“

Die anderen Wissenschaftler gestikulierten beifallig mit ihren Zangen. Barlennan hatte nicht alles begriffen, erhob jedoch keinen Einwand.

Noch standen Fragen offen.

„La?t sich daraus schlie?en, wie weit die Kwembly abgetrieben werden kann?“

„So einfach nicht. Wir brauchen Angaben uber die vormalige Ausdehnung des Schneefelds. Da sich nur die Kwembly in diesem Bereich aufhalt, sind wir auf die Informationen der Menschen angewiesen. Du wei?t, wie wenig sie uns nutzen.

Bei der Halfte kann man Eis und Wolken nicht unterscheiden. Au?erdem wurden ihre Karten allesamt vor unserer La ndung angefertigt.“

„Auf jeden Fall mu?t ihr alles versuchen“, ordnete Barlennan an. „Mit etwas Gluck sollte man wenigstens feststellen konnen, ob die ostliche Bergkette die Fortbewegung der Kwembly hemmen wird. Dann durfte das Fahrzeug kaum mehr als um einige hunderttausend Kabel abgetrieben werden.“

„Richtig“, antwortete einer der Wissenschaftler.

„Wir prufen das. Ben, Dees, kommt mit, ihr kennt euch mit den Fotos besser aus als ich.“ Die drei verschwanden durch die Tur. Die anderen teilten sich in kleine Gruppen auf und begannen halblaut zu diskutieren. Barlennan duldete dieses Verhalten ein paar Minuten lang, bis er entschied, da? hier etwas mehr Zielstrebigkeit angebracht war.

„Wenn die Eisschicht aus purem Wasser bestand, kann dort lange kein Ammoniakniederschlag stattgefunden haben. Weshalb hat sich das so plotzlich geandert?“

„Mit einiger Wahrscheinlichkeit durfte der Wetterumschlag jahreszeitlich bedingt sein“, lautete die Antwort. „Die Annahme liegt nahe, da? das Plateau wahrend einer Jahreszeit nur Wasserniederschlag kennt und wahrend der nachsten ausschlie?lich Ammoniakniederschlag.

Wir werden uns damit beschaftigen, aber dies ist einer jener Anlasse, bei denen uns Datenmaterial, das die gesamte Oberflache des Planeten und ein volles Jahr umfa?t, von allergro?tem Nutzen ware.

Die Menschen haben es anscheinend wie immer schrecklich eilig; sie hatten diese Welt langer beobachten sollen, bevor sie uns landeten.“

Barlennan machte eine Geste, deren menschliches Aquivalent ein nichtssagendes Grunzen sein mochte. „Du mu?t dir lediglich vergegenwartigen, da? du hier bist, um genau dieses Gesamtmaterial zu sammeln.“

„Naturlich. Wirst du die Kalliff oder die Hoorsh zu Dondragmers Unterstutzung ausschicken? Diese Sache ist selbstverstandlich anders gelagert als im Fall der Esket.“

„Gewi?, aber wir mussen warten; der Wind kann die Kwembly in mehr als nur eine Richtung treiben. Macht euch an die Arbeit, wahrend ich mir etwaige Ma?nahmen uberlege.“

„In Ordnung, Commander.“ Der Wissenschaftler wollte sich abwenden, aber Barlennan fugte hinzu:

„Noch etwas, Jemblakee. Bestimmt gehst du jetzt in den Kommunikationsraum, um mit deinen menschlichen Kollegen zu sprechen. Erwahne nicht, da? wir von der Losungswarme und diesen…

diesen eutektischen Prozessen wissen. Sie sollen zuerst davon sprechen, und falls und wenn sie es tun, dann spiele den Beeindruckten. Klar?“

„Vollig.“ Der Wissenschaftler und sein Commander hatten sich verstandnisvoll angegrinst, waren ihre Gesichter einer derartigen Muskelregung fahig gewesen. Jemblakee ging hinaus, und nach einem Moment des Uberlegens tat Barlennan das gleiche. Er beabsichtigte, sich alsbald ebenfalls mit dem Satelliten in Verbindung zu setzen; aber falls es zu einer Auseinandersetzung kam, wie er es fur sehr wahrscheinlich hielt, mu?te er zunachst Klarheit uber sein weiteres Vorgehen gewinnen. Einige der zweibeinigen Giganten, zum Beispiel jener namens Aucoin, der anscheinend sehr viel Einflu? besa?, pflegten jede Erganzung oder gar Gefahrdung von Reserveausrustungen nur widerstrebend zu gestatten, gleichwohl wie wichtig eine solche Ma?nahme vom Standpunkt der Meskliniten aus erschien. Diese Haltung war, da die Fremden die Kosten tr ugen, absolut verstandlich. Barlennan sah darin jedoch keineswegs einen Hinderungsgrund, seine Absichten nach Moglichkeit durchzusetzen zu versuchen, und gewohnlich gelang ihm dies am besten uber jene besonders sympathische Frau namens Hoffman. In dieser Hinsicht bedeutete die Unregelma?igkeit, mit der die Menschen ihren Bereitschaftsdienst ausubten, einen Nachteil; einen ordnungsgema?en Schichtdienst hatte Barlennan langst durchschauen konnen, und es ware ihm moglich gewesen, ausschlie?lich wahrend der Schichten, die die Frau versah, mit dem Satelliten Kontakt aufzunehmen. Er hatte sich bereits haufig gefragt, ob der Bereitschaftsdienst nicht absichtlich so unregelma?ig eingerichtet worden war, um genau diese Taktik zu vereiteln. Erkundigen konnte er sich kaum.

Das Kommunikationszentrum der Basis lag weit genug vom Forschungsko mplex entfernt, um ihm unterwegs ausreichend Gelegenheit zum Nachdenken zu geben. Es lag jedoch auch nahe genug bei seinem Buro, um eine Pause fur einige Notizen einlegen zu konnen, bevor er sich auf ein Gesprach einlie?.

Hauptthema wurde die Frage einer Hilfsaktion fur den Fall sein, da? Dondragmers Fahrzeug beschadigt wurde. Vermutlich, nach ihrer Haltung bei dem nun mehrere Monate zuruckliegenden Zwischenfall mit der Esket zu schlie?en, wurden die Knauser an Bord des Satelliten sich dagegen aussprechen, die Kalliff auszuschicken. Naturlich konnten sie Barlennan im Ernstfall nicht hindern, seine eigenen Absichten in die Tat umzusetzen, weder in dieser noch irgendeiner anderen Frage, aber der Commander zog es vor, diese Tatsache nicht betonen zu mussen. Deshalb wu?te er Easy Hoffman als Diskussionspartnerin hoher als die anderen Menschen einzuschatzen;

Вы читаете Stutzpunkt auf Dhrawn
Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ИЗБРАННОЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату