10

An Barlennans Seite zu bleiben, als der Commander urplotzlich die Richtung anderte, kostete den Kurier einige Muhe, jedoch gelang es ihm. Der Comma nder setzte es als selbstverstandlich voraus, da? der andere ihm folgte.

„Sind weitere Einzelheiten bekannt? Wann hat sich etwas geruhrt und was?“

„Keine Einzelheiten. Der Mensch erschien ohne Ankundigung auf dem Bildschirm und sagte wortlich: In der Esket geht etwas vor. Sagt es dem Comma nder. Mehr habe ich nicht gehort, weil Guzmeen mich sofort hierher beorderte.“

„War das exakt die Formulierung? Benutzte er unsere Sprache?“

„Nein, die menschliche. Genau sagte er folgendes…“ Der Kurier wiederholte die Durchsage im Originalwortlaut. Barlennan konnte dem Text nicht mehr entnehmen als der Ubersetzung.

„Also wissen wir nicht, ob sich jemand hat sehen lassen, etwas vor die Linse geriet oder…“

„Ersteres bezweifle ich, Commander. Der Mensch hatte einen von uns sicherlich erkannt.“

„Mag sein. Nun, womoglich sind inzwischen Details durchgegeben worden.“

Diese Annahme traf allerdings nicht zu. Boyd Mersereau war nicht einmal auf dem Bildschirm zu sehen, als Barlennan den Kommunikationsraum betrat. Zu seiner Uberraschung war uberhaupt niemand zu sehen. Der Commander warf Guzmeen einen finsteren Blick zu, aber der Kommunikationsoffizier widmete ihm nur das Aquivalent eines Achselzuckens. „Nach der Durchsage ist er sofort verschwunden.“

Barlennan betatigte die Rufschaltung, aber Boyd Mersereau hatte momentan andere Sorgen. Die meisten, obgleich nicht alle, betrafen Vorgange auf Dhrawn, aber nicht im Zusammenhang mi t der Esket. Sein Hauptinteresse galt der Beruhigung von Aucoin, der verargert war, weil man ihn von den Gesprachen zwischen Dondragmer und Katini sowie zwischen dem Captain und Tebbetts nicht in Kenntnis gesetzt hatte. Er neigte dazu, den jungen Hoffman unverantwortlichen Treibens — obendrein ohne offizielle Billigung veranstaltet — zu bezichtigen. Allerdings erlaubte er sich seinerseits keine Au?erungen, die Easy hatten in Rage bringen konnen. Er betrachtete sie — begrundeterweise — als wichtigstes Mitglied der Kommunikationsgruppe.

Folglich ertrugen Mersereau und andere geduldig das Geschimpfe des Planers. Boyd pflegte dergleichen nicht sonderlich ernst zu nehmen; schon vor Jahren hatte er gelernt, Vorgesetzte zu beschwichtigen, ohne dafur viel Muhe aufzuwenden, indem er sich einfach mit Geduld wappnete. Vorwiegend erforderte der Stand der Dinge bei der Kwembly, die sogar die Neuigkeiten uber die Esket in den Hintergrund drangten, nun volle Aufmerksamkeit. Boyd war etwas besorgt, mehr aber nicht. Die vermi ?ten Meskliniten waren keine personlichen Freunde von ihm. Er war zivilisiert genug, sich uber ihr Verschwinden in gleichem Ma?e zu beunruhigen, als seien es Menschen, aber naturlich standen sie ihm nicht so nahe wie etwa die Besatzung des Satelliten.

Das Problem, wenn auch kein ungewohnliches, war die Kwembly selbst. Es hatten sich schon die meisten Fahrzeuge in Noten befunden; fast alle hatten sich fruher oder spater herausgewunden.

Kurz, Mersereau wurde sich lediglich in seine Aufgaben vertieft haben, ware er sich selber uberlassen gewesen.

Doch das war er keineswegs. Benj Hoffman mischte sich nachdrucklich in die ganze Angelegenheit und verstand es, seine Empfindungen auszudrucken, und nicht allein durch Bemerkungen, obwohl er daran beileibe nicht sparte. Sogar wenn er schwieg, verbreitete er Unruhe. Boyd wurde immer wieder in Diskussionen um Methoden verwickelt, wie die Kwembly aus dem Eis zu befreien sei, oder um die Auswirkungen einer neuen Flutwelle auf die Situation der beiden Steuerleute. Er mu?te sich beinahe haufiger mit derlei Fragen auseinandersetzen als mit jenen Aspekten, deren Analyse ihm eine vernunftige und korrekte Lagebeurteilung ermoglichen sollte. Diese Arbeitsumstande allerdings argerten auch ihn.

Weder Beetchermarlf noch Takoorch oder gar Kervenser standen im Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit; sein Hauptproblem war das Uberleben der ganzen Besatzung.

Benj, ob er nun schweigend neben ihm sa? oder irgendwelche Au?erungen tat, blieb jedenfalls hartnackig lastig. Mersereau wu?te dagegen nichts zu tun. Easy wu?te sehr wohl Bescheid, doch unternahm sie nichts, um das Verhalten ihres Sohnes in weniger nervenzermurbende Bahnen zu lenken, denn sie teilte seine Gefuhle. Teilweise aufgrund ihres Geschlechts und teilweise infolge ihrer Ve rbundenheit mit den Meskliniten empfand sie fur Beetchermarlf und Kervenser — und sogar fur Takoorch — eine ausgepragte Zuneigung.

Au?erdem hatte sie sich, ungefahr funfundzwanzig Jahre zuvor, in einer ziemlich ahnlichen Notlage befunden, als eine Kette ungluckseliger Zufalle dazu fuhrte, da? sie in einem Forschungsgefahrt auf einem Hitzeplaneten mit hohen Druckverhaltnissen festsa?.

In der Tat ging sie noch weiter, als ihr Sohn es gewagt hatte. Dondragmer mochte nicht abgeneigt sein, eine Hilfstruppe zu jener Stelle zu schicken, uber der die Verbindung mit Reffel abgerissen war; wahrscheinlich wurde er es aber nicht riskieren, einen der drei verbliebenen Kommunikatoren mitzuschicken. Doch Easy gelang es — zum Teil durch eigene Argumente und teilweise, indem sie Mersereau dazu bewegte, sie zu unterstutzen —, den Captain zu uberzeugen, da? das Risiko gro?er sei, wenn er keinen Kommunikator mit auf den Weg gebe.

Auch diese Diskussion wurde in Aucoins Abwesenheit gefuhrt; Mersereau fragte sich, wahrend er noch auf Easys Seite mit Dondragmer argumentierte, wie er diesen Schritt dem Planer gegenuber rechtfertigen solle. Benj grinste hinter seinem Rucken.

In diese Angelegenheit verwickelt, schenkte Boyd dem Zuruf eines der anderen Beobachter, da? sich Objekte uber den Bildschirm bewegten, der das Laboratoriumsinnere der Esket wiedergab, kaum Beachtung. Er schaltete sein Mikrofon um und ubermittelte die Feststellung an die Basis, dann verband er sich, ohne eine Entgegnung abzuwarten, wieder mit der Kwembly. Spater behauptete er, ihm sei uberhaupt nicht zu Bewu?tsein gekommen, da? es um die Esket ging, und er habe die Meldung fur eine Routinesache gehalten, die es, da er anderweitig beansprucht war, so rasch wie moglich abzuwimmeln galt. Die Unterbrechung war seinem Gedachtnis sofort so gut wie entfallen.

Benj hatte sich noch weniger dafur interessiert.

Das Scheitern der Esket hatte sich lange vor seiner Ankunft im Satelliten ereignet, und der Name sagte ihm fast gar nichts, obwohl seine Mutter einmal ihre verschollenen Freunde Destigmet und Kabremm erwahnte.

So blieb es Easy uberlassen, als einzige wirklich auf die Meldung zu reagieren. Sie bekam kaum mit, was Mersereau tat oder sagte, und sie dachte nicht daran, Barlennan zu informieren, bevor sie selbst Naheres wu?te. Sie wechselte unverzuglich den Platz, begann die Bildschirme, die zu den Kommunikatorsatzen der Esket gehorten, zu beobachten und verga? alles andere.

Barlennans Ruckruf trug ihm daher nur sehr wenig Informationen ein. Easy, der man die Anfrage durchgab, hatte personlich nichts gesehen, und inzwischen ruhrte sich nichts mehr auf den Bildschirmen. Der Mann, der die Vorgange bemerkt hatte, wu?te nur auszusagen, da? zwei Objekte, ein Stuck Seil oder Kabel und ein kurzes Rohrstuck, uber den Boden des Laboratoriums gerollt seien. Moglicherweise habe sie etwas aus ihrer ursprunglichen Lage geschoben, obwohl seit mehreren terranischen Monaten kein Lebenszeichen mehr aus dem Fahrzeug gekommen war; womoglich hatte auch das Fahrzeug selbst durch irgendeine Ursache einen Sto? erhalten, doch konnte man sich eine solche Ursache kaum vorstellen.

Die Ungewi?heit, die aus diesen Angaben resultierte, verdro? Barlennan au?erordentlich. Es war moglich, da? jemand von Destigmets Mannschaft sich unvorsichtig benommen hatte. Es konnte auch eine naturliche Ursache vorliegen, wie zu glauben die Menschen es anscheinend vorzogen.

Die dritte Moglichkeit war, da? sie den Vorfall erdichtet hatten. Der Commander neigte unter den gegebenen Umstanden am ehesten zu letzterer Annahme.

Er ratselte vergeblich daran herum, was die Menschen mit der Erdichtung einer derartigen Begebenheit zu erreichen gedachten. Um eine Falle konnte es sich kaum handeln; wie hatte eine Falschreaktion aussehen sollen? Die Meldung war mysterios. Barlennan mu?te zugeben, da? er au?erstande war, die Motive der Menschen zu begreifen. Spekulationen mochte er ohnehin nicht.

Er besa? keine Wahl; er mu?te davon ausgehen, da? die Meldung auf Tatsachen beruhte. Er wurde bei einem eventuellen Trick der Menschen den Spie? umdrehen. Er brauc hte im Moment nichts zu unternehmen, au?er sich mit Destigmet zu verstandigen, und das erforderte blo? eine Nachricht an die Deedee.

Anla?lich dieser Uberlegungen stie? er auf eine andere Methode, den Wahrheitsgehalt der von den Menschen ubermittelten Berichte zu uberprufen.

Die Meldung, was immer man auch gegen oder fur ihre Wahrhaftigkeit sagen mochte, war anscheinend

Вы читаете Stutzpunkt auf Dhrawn
Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ИЗБРАННОЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату