Unfahigkeit, Sorge zu empfinden, verbrachte der Captain die nachste Minute mit einem unbestimmten Gefuhl des Unbehagens.

„Davon hat er nichts erwahnt, und ich glaube, er wird es auch nicht tun. Er hat sich schon zu haufig geirrt, um weiter voreilige Aussagen zu machen…

Einen Moment! Da ist etwas auf dem Schirm von Stakendees Kommunikator.“ Dondragmer spurte die Muskulatur seiner zahlreichen Beine sich spannen. „Ich sehe ein Licht, anscheinend heller als die Lampen der Gruppe, aber ich kann die Entfernung nicht recht beurteilen. Ich bin nicht sicher, ob Staks Leute es schon bemerkt haben, aber eigentlich mu?ten sie’s… Mutter, willst du dir das anschauen? Soll ich Barlennan verstandigen?

Ja, Stak hat es gesehen, die Gruppe halt an. Das Licht bewegt sich nicht mehr. Stak hat das Kommunikatormikrofon aktiviert, aber nichts ist zu horen. Jetzt haben sie den Kommunikatorsatz abgestellt; ich sehe alle sechs. Nun schalten sie ihre Lampen aus, und jetzt sieht man nur noch das andere Licht. Und nun hore ich jemand etwas pfeifen, aber ich kenne die Worter nicht, die er benutzt… Nun haben Staks Leute ihre Lampen wieder eingeschaltet, zwei nahern sich dem Kommunikatorsatz, er wird aufgehoben, sie tragen ihn weiter vorwarts. Sie leuchten das Gelande ab, so da? ich sehr gut alles sehen kann… dort ist ein schmales Rinnsal; es ist wieder ein wenig Nebel in der Luft. Hinter dem anderen Licht bewegt sich etwas; jetzt wird es deutlicher, kommt naher — es ist ungefahr so gro? wie ein Mesklinit. Vielleicht Kervenser oder Reffel… Ja, ich bin fast sicher, da? es ein Mesklinit ist, er befindet sich blo? noch ein paar Meter weit entfernt, und die anderen durchqueren die Flussigkeit und bewegen sich ihm entgegen. Sie unterhalten sich, aber so leise, da? ich uberhaupt nichts verstehen kann. Die ganze Gruppe schwarmt durcheinander, und ringsum ist keiner, den ich fragen konnte, wer aufgetaucht ist, doch sie werden es ohnehin gleich melden, schatze ich. Jetzt kommt auch schon wieder Ordnung in die Gruppe, sie nahert sich dem Kommunikatorsatz.

Zwei sehe ich direkt vor der Kamera; der eine ist Stakendee, glaube ich, und der andere…“

Eine Stimme unterbrach ihn aus unmittelbarer Nahe. Sie erreichte nicht allein seine Ohren, sondern auch drei eingeschaltete Mikrofone und somit drei verschiedene Empfanger auf Dhrawn, wo sie drei sehr unterschiedliche Reaktionen verursachte.

„Kabremm!“ schrie Easy. „Wo hast du in all den Monaten gesteckt?“

11

Es war wirklich nicht Kabremms Schuld, doch Barlennan verzieh ihm erst viel spater. Der Kommunikatorsatz hatte au?erhalb der Lichtkegel gestanden, und als der Ankommling sich zu Stakendees Gruppe gesellte, hatte er das Gerat nicht sehen konnen. Erst als er bis auf vierzig oder funfzig Zentimeter herangekommen war, bemerkte er es. Selbst in diesem Augenblick war er nicht sonderlich beunruhigt; fur ihn sahen alle Menschen gleich aus, und deshalb vermutete er, da? fur Menschen auch alle Meskliniten gleich scheinen mochten. Zwar hatte er sich niemals absichtlich vor die Kamera begeben, aber nun, da es einmal geschehen war, wurde jeder hastige Ruckzug weitaus verdachtiger wirken als ein selbstverstandliches Benehmen.

Als Easys Stimme, die seinen Namen ausrief, aus dem Lautsprecher drang, war es bereits vierundsechzig Sekunden zu spat, um noch etwas zu tun. Stake ndee wollte beim Klang der Stimme reflexartig nach dem Verschlu? fur das Objektiv der Kamera greifen, der auf dem Kommunikatorsatz lag, doch ihm wurde noch rechtzeitig klar, da? er die Sache hochstens verschlimmern wurde. Die beiden besa?en nicht die geringste Vorstellung, was sie nun unternehmen sollten. Keinen der beiden konnte man einen Experten fur Intrigen nennen, obwohl man auf Mesklin in politischen Fragen nicht minder entschlossen vorging als in kommerziellen. Auch schnelle Denker waren beide nicht, allerdings — im Gegensatz zu Dondragmer — begeisterte Befurworter von Barlennans Este-Manover. Sie begriffen deshalb immerhin, da? ihr Mi?geschick, was immer sie nun tun oder unterlassen wurden, wahrscheinlich mit den Ma?nahmen, die Barlennan oder Dondragmer gegenwartig trafen, in Konflikt geraten mu?te. Eine Koordination war unmoglich.

Nach einigen Sekunden dachte Stakendee daran, Kabremm als einen der Vermi?ten — Reffel oder Kervenser — auszugeben, aber er bezweifelte, da? dem Erfolg beschieden sein wurde. Mrs. Hoffman mu?te vollig sicher gewesen sein, als sie den Namen so laut ausrief, und Kabremms Reaktion pa?te nicht dazu.

Nach der Frage war kein Wort mehr vom Satelliten gekommen; offenbar erwartete man eine Antwort. Was konnte die Frau zwischen ihrem Ausruf und dem Ablauf der Ubermittlungsverzogerung gesehen haben?

Auch Barlennan hatte Easy gehort und befand sich gleicherweise in peinlicher Lage. Warum Kabremm sich in der Nahe der Kwembly herumtrieb, lie? sich nur vermuten, obschon der Zwischenfall mit Reffels Kommunikator ihn ein wenig vorbereitet hatte; nur eines der drei Luftschiffe wurde fur den Pendelverkehr zwischen der Esket und der Basis eingesetzt; die anderen unterstanden Destigmet und befanden sich meistens auf Forschungsflugen. Andererseits war Dhrawn so gro?, da? es eines geradezu unwahrscheinlichen Zufalls bedurft hatte, ware eines der Forschungsschiffe in der Nahe der Kwembly aufgetaucht.

Dennoch, dergleichen mu?te geschehen sein. So etwas war einfach Pech, fand Barlennan, wozu sich die Tatsache gesellte, da? der einzige Mensch des Universums, der Kabremm mit ziemlicher Sicherheit zu identifizieren in der Lage war, ausgerechnet in dem Moment zur Stelle hatte sein mussen, als Kabremm sich blicken lie?.

Nun wu?ten die Menschen also, da? die Besatzung der Esket nicht ausgeloscht war. Fur einen solchen Fall war nicht vorgesorgt worden; keine abgesprochene Ausrede existierte, deren Kabremm mit Barlennans Kenntnis sich hatte bedienen konnen. Vielleicht griff Dondragmer ein; er konnte sich in dieser Beziehung vollig auf ihn verlassen, gleichwohl wie der Captain uber die ganze Angelegenheit dachte, aber was wurde er tun? Die Schwierigkeit lag darin, da? Barlennan nicht zu erfahren imstande war, wie Dondragmer sich zu Kabremms Erscheinen au?erte, und deshalb nicht wu?te, was er selber, wenn die zweifellos zu erwartenden Fragen der Menschen kamen, ihnen sagen sollte. Wahrscheinlich war es die sicherste Taktik, sich absolut unwissend zu stellen und freundlich einen detaillierten Bericht Dondragmers anfordern zu lassen. Jedenfalls wurde der Captain Kabremm, den anscheinend die ganze Schuld an dieser Entwicklung traf, daran hindern, noch mehr verraterische Tollheiten zu begehen.

Fur Barlennans Gemutszustand war es ein Gluck, da? er nicht wu?te, wo Kabremm aufgetaucht war.

Easy hatte ihm gegenuber einige Sekunden vor dem Zwischenfall erwahnt, da? Benj gerade eine Schilderung von Ereignissen gebe, die auf einem Bildschirm zu sehen seien, der zu einem Kommunikator der Kwembly gehore; andernfalls hatte der Commander angenommen, Kabremm ware vor die Linse eines Kommunikators der Esket gelaufen. So nahm er an, der Zwischenfall habe sich in oder bei der Kwembly zugetragen, nicht aber funf Meilen von ihr entfernt. Die funf Meilen waren so nachteilig, wie funftausend es gewesen waren, da jede Verstandigung zwischen den Fahrzeugen und der Basis ausschlie?lich uber den Satelliten der Menschen erfolgte, und Dondragmer war wie Barlennan au?erstande, bose Folgen abzuwenden.

Es gelang dem Captain dennoch, wenn auch ganz unbeabsichtigt. Er hatte Easys Ausruf ebenfalls vernommen, ihn aber als kaum mehr denn eine Ablenkung empfunden, da seine Uberlegungen sich vollstandig mit der Schilderung von Benj beschaftigten. In der Tat hatte ein gewisser Aspekt ihn in solchem Ma?e beunruhigt, da? er sich zu etwas verleiten lie?, das zu vermeiden ihn die bisherigen Erfahrungen mit der Kommunikation gelehrt hatten. Wahrend Benj noch sprach, richtete er eine dringende Anfrage an den Satelliten.

„Bitte, bevor du etwas anderes unternimmst, berichte mir Naheres uber diese Flussigkeit, die durch das Flu?bett rinnt! Sollte das als Ankundigung einer neuen Flut zu werten sein, gib Stak bitte folgendes durch: Er moge mit zweien seiner Matrosen und dem Kommunikator weiter stromaufwarts marschieren und standig uber die Natur des Rinnsals berichten, vor allem, ob es anschwillt. Die drei anderen sollen dem Rinnsal folgen und feststellen, wie nahe es bereits der Kivembly gekommen ist. Sobald sie sich dieser Dinge vergewissert haben, sollen sie die entsprechenden Informationen durchgehen, damit du sie an mich weiterleiten kannst. Wir mussen, falls wirklich eine zweite Flutwelle bevorsteht, unverzuglich das Fahrzeug und das Tal verlassen.

Bitte bestatige und ubermittle Stakendee diese Befehle sofort!“

Die Durchsage erreichte den Satelliten, als Easy soeben der Ausruf entfahren war. Mersereau und Aucoin waren noch abwesend, und Benj zogerte nicht, Dondragmers Anweisungen umgehend weiterzugeben. Easy dachte eine oder zwei Sekunden lang nach, beschlo? dann, das Problem Kabremm aufzuschieben, und informierte Barlennan von Dondragmers Befurchtungen. Wenn Don die Situation als Notfall betrachtete, konnte man schlecht etwas dagegen einwenden; er mu?te es am besten beurteilen konnen. Dennoch wandte sie ihren Blick nicht von

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