Er zogerte, uberlegte, kalkulierte; aber die Entscheidung wurde ihm schlie?lich abgenommen.

Das Zischen und Rohren der Dampfsaule verstummte, und unter dem Druck von Dhrawns Atmosphare brach sie augenblicklich zusammen.

Dondragmer fand sich damit ab, da? ein weiteres Stuck der Radiatorstange verloren war, entspannte sich und wartete, wahrend die Wasserreste abkuhlten, der Dunst sich verfluchtigte und der Nebel aus Eiskristallen sich verzog. Unterdessen wurde es ihm reichlich warm, aber solange sich unter ihm noch hei?es Wasser befand, vermochte er der Versuchung, zuruck auf die Eisoberflache zu klimmen, leicht zu widerstehen. Er wartete.

Jedenfalls lebte er noch, als die Sicht sich klarte, und war ungefahr einen Meter von der Konvertereinheit entfernt; nun, da er sich ungehindert umschauen konnte, erreichte er sie auf dem Umweg uber einige unregelma?ig verteilte Steine. Er schaltete die Einheit ab. Die beiden Wissenschaftler hatten sich inzwischen an der Kante uber ihm an einer Stelle eingefunden, von der aus sie vermutlich den neuen Schaden am besten begutachten konnten. Direkt gegenuber, unter dem Rumpf der Kwembly, klaffte ein finsterer Hohlraum, in den das Licht der Au?enscheinwerfer nicht eindrang. Der Captain verspurte wenig Lust, die Hohle zu betreten; sehr wahrscheinlich wurde er darin die beiden toten Steuerleute entdecken. Im Satelliten bemerkte man sein Zogern.

„Warum steht er da untatig neben dem Konverter?“ murmelte McDevitt. „Ach, ich schatze, auf dem verbliebenen Wasser ist noch keine ausreichend dicke Eisschicht.“

„Nicht nur deshalb, wette ich.“ Benjs Tonfall lie? den Meteorologen den Blick vom Schirm wenden.

„Was ist los?“ fragte er.

„In diesem Loch steckten Beetch und sein Freund, dessen bin ich sicher. Wie sollten sie sich vor dem kochenden Wasser gerettet haben? Ich wette, daran hat der Captain uberhaupt erst jetzt gedacht. Hatte er es geahnt, er wurde nicht zugelassen haben, da? die beiden Wissenschaftler so rucksichtslos vorgingen. Man kann sich leicht vorstellen, was nun aus Beetch geworden ist!“

McDevitt uberlegte hastig; ein vernunftiger Kommentar wurde den Jungen weder uberzeugen noch beruhigen, zumal McDevitts vernunftigster Schlu? die Annahme nahe legte, da? Benj wahrscheinlich recht hatte. Aber er bemuhte sich.

„Es sieht ubel aus, aber ich wurde nicht so schnell aufgeben. Ich zweifle daran, da? der Erhitzer das gesamte Eis unter dem Rumpf aufgelost hat, und das hei?e Wasser mu? sie nicht unbedingt erreicht haben; andernfalls besteht die Moglichkeit, da? sie sich auf der anderen Seite, die wir nicht sehen konnen, an die Oberflache retten konnten.

Vielleicht war dieses Loch auch gar nicht ihr Aufenthaltsort.“

„Auch wenn sie nicht unmittelbar ins Hei?wasser gerieten, so mu? das Wassereis, in dem sie steckten, doch den Schmelzpunkt erreicht haben, und diese Temperatur genugt bei einem Meskliniten fur einen Hitzschlag. Ich dachte, das Zeug sei gefroren, weil es Ammoniak verlor und nicht wegen des Temperaturabfalls.“

„Das war meine Vermutung“, gestand der Meteorologe, „aber selbstverstandlich besitze ich noch keinerlei Gewi?heit. Mir liegen nicht genug Me?ergebnisse vor. Ich raume ein, da? deine beiden kleinen Freunde unter Umstanden tot sind; aber wir wissen so wenig uber die Vorgange dort unten, da? es verfruht ware, jede Hoffnung aufzugeben. Warten wir es ab, sonst konnen wir sowieso nichts tun. Dondragmer wird sich darum kummern, sobald er es kann.“

Benj fa?te sich einigerma?en und begann sich einzureden, da? tatsachlich noch alles unentschieden sei; sein Blick, der eigentlich der Tatigkeit von Stakendees Gruppe gewidmet sein sollte, wich jedoch nicht mehr von dem Bildschirm, auf dem der Captain zu sehen war.

Mehrere Male streckte Dondragmer seinen Vorderkorper aus, doch jedes Mal zog er ihn wieder zuruck. Endlich hatte er sich anscheinend zu der Auffassung durchgerungen, da? die zwischen dem Gestein entstandene Eisschicht sein Gewicht tragen wurde, und schob seinen langen Raupenkorper Zentimeter fur Zentimeter auf die Oberflache hinaus. Dann verharrte er fur einen Moment, als erwarte er, da? etwas geschehe; das Eis hielt, und er setzte seinen Weg fort, auf den Rumpf der Kwembly zu. Die Menschen beobachteten ihn; Benjs Hande waren zu Fausten geballt, und auch der Meteorologe war gespannter als gewohnlich.

Horen konnten sie nichts, und so vernahmen sie den Pfiff, der plotzlich uber das Eis hallte, ebenfalls nicht; er drang nicht durch den Brucke naufbau bis an das Mikrofon des anderen Kommunikators, der auf dem Bruckendeck stand. Sie vermochten nicht einmal zu erraten, warum Dondragmer, als er gerade unter dem Rumpf in dem Hohlraum verschwinden wollte, auf einmal herumfuhr. Sie sahen ihn nur zuruck uber das Eis eilen und ihn, als er unterhalb des Standorts der beiden Wissenschaftler ankam, heftig nach oben gestikulieren, offenbar gleichgultig gegenuber dem, was den beiden Steuerleuten widerfahren sein mochte.

12

Dondragmer war keineswegs gleichgultig, aber fur ihn war es absolut normal, die ganze Aufmerksamkeit einer neuen Angelegenheit zu schenken, die wahrscheinlich Ma?nahmen einzuleiten erforderte, bevor man sich einer alten Sache annahm, die sich wahrscheinlich nicht mehr andern lie?. Er hatte die beiden Steuerleute durchaus nicht vergessen, aber als ein ferner Pfeifton ihm den Ausruf zutrug: „Hier endet der Bach!“ — da anderte er seine Absichten augenblicklich und drastisch.

Er konnte nicht ermitteln, woher die Stimme kam, weil er sich etwa einen halben Meter unterhalb der ursprunglichen Eisoberflache aufhielt, doch Borndender meldete, er sehe in ungefahr einer halben Meile Entfernung Licht schimmern. Auf Befehl des Captains erkletterte der Wissenschaftler den Fahrzeugrumpf, um einen besseren Ausblick zu erhalten, wahrend sein Kollege sich anschickte, ein Seil zu suchen, mit dem er dem Captain aus dem Eisloch helfen wollte. Hieruber verging einige Zeit. Die Matrosen hatten, mit der ihnen eigenen Sorgfalt, samtliches Seilwerk, das fur das Herablassen der Radiatorstange gebraucht worden war, zuruck in die Lagerraume des Fahrzeugs geschafft, und als Skrenda — Borndenders Assistent — die Kwembly durch die Hauptschleuse zu betreten versuchte, fand er sie von einer klaren, etwa drei Zentimeter dicken Eisschicht versiegelt, die einen Teil der Steuerbordseite bedeckte und bei der es sich offenbar um einen Niederschlag des aus dem Schmelzpfuhl aufgestiegenen Dampfs handelte. Zum Gluck ragten die meisten Klammereisen weit genug aus der Schicht, da? er in der Lage war, die Bruckenschleuse zu erreichen.

Borndender rief in das Loch hinab, da? sich zwei Lichter naherten. Der Captain befahl ihm, die Ankommlinge anzurufen, und der Wissenschaftler brullte einige Fragen uber das Flu?bett, dann lauschten die beiden wachsam auf Antwort; auch mesklinitischen Stimmen fiel es schwer, auf diese Entfernung zwei Lagen Schutzanzugmaterial zu durchdringen. Als Dondragmer endlich aus der Grube war, stand fest, da? es sich bei den Ankommlingen um jenen Teil von Stakendees Gruppe handelte, der stromabwarts geschickt worden war; sie hatten das Ende des Rinnsals weniger als eine Meile vom Fahrzeug entfernt gefunden; uber Details konnte man sich noch nicht verstandigen.

Als die drei schlie?lich eintrafen, begriff der Captain ihre Beschreibung nicht ganz; sie fugte sich in nichts, das er sich vorzustellen vermochte.

„Der Bach behielt uber die gesamte stromabwartige Strecke gleichen Umfang“, berichteten die Matrosen. „Er schien keinen Zuflu? zu besitzen und nirgendwohin abzuflie?en. Er wand sich ein Stuck weit durch das Gestein des Flu?betts, bis wir die seltsamsten Dinge entdeckten. Wir stie?en auf eine Art von Eisdamm, um den die Flussigkeit ihren Weg nahm, und nach einem halben Kabel kam wieder so ein Damm. Uns schien es, als gefriere ein Teil der Flussigkeit, sobald sie das Eis zwischen den Steinen erreichte, aber nur eine gewisse Menge am Anfang; das nachflie?ende Wasser blieb liquide, bis es neuem Eis begegnete.

Die Damme turmten sich jeweils bis zu ungefahr einer halben Korperlange auf, bevor das Wasser zu gefrieren aufhorte und weiterflo?. Den letzten Damm, an dem der Gefrierproze? noch nicht beendet war, fanden wir vor wenigen Minuten. Wir hatten diese helle Wolke gesehen und uberlegten uns, ob wir uns zuruckmelden sollten, fur den Fall, da? ein Ungluck geschehen sei, aber dann einigten wir uns, dem Befehl mindestens in dem Umfang nachzukommen, da? wir erst die Verfolgung des Wassers einstellen wurden, wenn es von der Kwembly fortzufuhren beganne.“

„Gut“, sagte der Captain, „ihr seid sicher, da? der Bach nicht anschwoll?“

„Ja, soweit wir es beurteilen konnten.“

„Nun gut. Vielleicht haben wir mehr Zeit, als ich glaubte, und diese Flussigkeit ist kein Vorzeichen einer

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