„Keinesfalls“, pflichtete Barlennan bedachtig bei.
„Allerdings frage ich mich, ob wir ihre Chance wesentlich verminderten, warten wir einfach ab, ob sich eine andere Moglichkeit ergibt.“
„Und welche?“
„Falls es die Menschen davon zu uberzeugen gelingt, da? wir eine Rettungsaktion nicht aus eigener Kraft durchzufuhren vermogen, konnte es sein, vor allem, wenn zwei Hoffmans es guthei?en, da? sie ihrerseits etwas Diesbezugliches unternehmen.“
„Aber was konnen sie tun? Notplan 1 sieht vor, da? das Schiff, das sie >Barke< nennen, automatisch in der Nahe dieser Basis landet. Sie konnen es unmoglich fernsteuern, denn bei einer Minute Verzogerung ist die Manovrierfahigkeit so beeintrachtigt, da? sie es zu Bruch fliegen durften.
Sie konnen es auch nicht bemannt landen, denn es ist fur unsere Bedurfnisse eingerichtet; au?erdem wurde Dhrawns Gravitation einen Menschen wie Farbe ubers ganze Deck verstreichen.“
„Du solltest die Fremden nicht unterschatzen, Ben. Vielleicht sind sie nicht gerade geistreich, aber ihre Ahnen hatten genug Zeit, allerlei Erfindungen zu entwickeln, von denen wir noch nichts wissen. Ich wurde es nicht tun, kamen die beiden Steuerleute dadurch in gro?ere Gefahr als gegenwartig; ich schatze jedoch, es ist besser, die Menschen dahingehend zu bewegen, da? sie die Rettungsaktion selbst durchfuhren. Besser jedenfalls, als mu?ten wir unsere Plane aufgeben.“
„Es lauft darauf hinaus“, sagte Beetchermarlf zu Takoorch, „da? wir zwischen Leckabdichten und Luftreinigung die Zeit finden, allen Beteiligten klarzumachen, da? sich eine Bergung der Kwembly lohnt. Sie aus eigener Kraft funktionstuchtig zu halten ware die beste Methode, aber ich bezweifle, da? wir es schaffen. Dein Leben und meines gelten bei den Menschen nicht viel, au?er bei Benj, der nichts zu befehlen hat. Konnten wir aber die Versorgungsanlagen instand und die Innenatmosphare frei von Sauerstoff halten, Fortschritte bei der Freilegung und der Reparatur des Fahrzeugs erzielen — dann sehen sie womoglich ein, da? eine Rettungsaktion den Aufwand wert ist.
Selbst wenn es sie nicht uberzeugt, mussen wir es in unserem eigenen Interesse versuchen; aber konnten wir Barlennan ausrichten lassen, da? wir die Kwembly befreit haben und wieder unterwegs sind, durfte das einige Personen freuen, besonders den Commander.“
„Meinst du, das gelingt uns?“ fragte Takoorch.
„Du und ich, wir sind die ersten, die es zu uberzeugen gilt“, antwortete der jungere Steuermann. „Mit den anderen werden wir es dann leichter haben.“
„Alles lauft darauf hinaus“, sagte Benj zu seinem Vater, „da? wir die Raumbarke fur zwei Leben nicht riskieren wollen, obwohl sie zu Rettungszwecken vorgesehen wurde.“
„Das stimmt nur halb“, entgegnete Ib Hoffman.
„Ihr Einsatz ist eigentlich nur fur den Fall gedacht, da? das ganze Projekt scheitert und wir die Basis evakuieren mussen. Davon einmal abgesehen, die Barke ist auf eine Landung in der Nahe der Basis programmiert, und ohne Programmanderung wird sie automatisch an keinem anderen Fleck landen.
Sie la?t sich zwar fernsteuern, aber nicht aus dieser gro?en Entfernung, ohne da? erhohte Bruchgefahr besteht. Gewi?, wir konnten das
Computerprogramm andern und eine automatische Landung an einem anderen Fleck vorgeben, aber mochtest du die Barke wirklich, sei es nun automatisch oder ferngesteuert, in der Nahe deiner Freunde landen? Bedenke, die Barke besitzt einen Protonenantrieb, eine Masse von siebenundzwanzigtausend Pfund, und mu?te unter vierzigfacher Erdschwerkraft eine angemessen weiche Landung vollziehen, und die Dusen sind weit auseinander am Heck verteilt, um eine Kraterbildung zu verhindern. Die Folgen kannst du dir leicht ausmalen.“
Benj runzelte die Stirn. „Aber konnten wir den Satelliten nicht in eine engere Kreisbahn bringen, um die Verzogerung bei der Fernsteuerung zu mindern?“
Ib sah seinen Sohn uberrascht an. „Das wei?t du — jedenfalls solltest du es. Dhrawn besitzt eine dreitausendvierhunderteinundsiebzigfache Erdmasse und eine Rotationsperiode von funfzehnhundert Stunden. Eine synchrone Kreisbahn, die uns konstant uber dem Aquator halten soll, kann daher nicht niedriger als sechs Millionen Meilen verlaufen. Eine nur hundert Meilen uber der Oberflache verlaufende Kreisbahn wurde uns eine Umlaufgeschwindigkeit von neunzig Meilen je Sekunde verleihen und uns innerhalb von vierzig Minuten einmal um Dhrawn tragen. Davon wurden wir einen bestimmten Teil der Oberflache jeweils fur nur zwei oder drei Minuten im Sichtbereich haben.“
Benj winkte ungeduldig ab. „Das ist mir alles bekannt. Aber wir unterhalten bereits einen ganzen Schwarm von Me?satelliten in engerer Kreisbahn.
Sie enthalten Relais, denn sie ubermitteln ja laufend Daten an die Computer. Warum sollte nicht ein Kontroller auf einem der Me?satelliten abgesetzt werden, die Relais umschalten und das Landemanover von dort aus fernsteuern? Aus dieser Entfernung kann die Verzogerung hochstens eine Sekunde betragen.“
„Weil…“, begann Ib; dann verstummte er und schwieg fur volle zwei Minuten. Benj storte seine Uberlegungen nicht; er pflegte stets genau zu spuren, wann er eine vernunftige Au?erung getan hatte. „Es gabe eine mehrere Minuten lange Unterbrechung in der Ubermittlung der Neutrinomessungen“, sagte Ib schlie?lich.
„Was zahlt das schon bei viele Jahre wahrenden Messungen?“ Benj erlaubte sich gewohnlich keinen Sarkasmus gegenuber seinen Eltern, aber er begann sich wieder zu erregen. Sein Vater nickte schweigend und uberlegte weiter. Funf Minuten verstrichen, obwohl die Zeitspanne Benj viel langer schien; dann richtete Ib Hoffman sich auf.
„Du hast vollig recht, Junge. Sichere Landung und sicherer Start lassen sich bei einsekundiger Verzogerung gewahrleisten, aber einen Abstecher konnen wir uns damit noch immer nicht erlauben; allerdings werden wir ohne auskommen.“
„Es ginge!“ larmte Benj begeistert. „Zuruck in die Kreisbahn mit der Barke, den neuen Landeplatz gewahlt und wieder hinab damit!“
„Gewi?, aber davon rede lieber nicht. Seit Beginn des gesamten Projekts suche ich nach einer Begrundung; jetzt habe ich eine.“
„Begrundung? Wofur?“
„Dafur, genau das zu tun, worauf Barlennan seit langem abzielt: mesklinitische Piloten in die Barke zu bekommen. Ich vermute, er will eines Tages ein eigenes interstellares Raumschiff besitzen, damit er zwischen den Sternen das gleiche Leben fuhren kann wie auf Mesklins Ozeanen. Doch vorerst wird er sich mit einem kleinen Ausflug begnugen mussen.“
„Du glaubst, das ist seine Absicht? Ubrigens, wenn Meskliniten es zu lernen vermogen, warum hat man nicht schon Piloten ausgebildet?“
„Lernen konnen sie es zweifellos, und gedacht hat man schon fruher daran.“
„Und warum wurde darauf verzichtet?“
„Darauf mochte ich jetzt nicht eingehen. Ich bin gern so stolz auf meine Rasse, wie die Umstande es erlauben, und die Erklarung ist leider geeignet, diesen Stolz ein bi?chen zu erschuttern.“
„Ich begreife“, antwortete Benj. „Aber wieso nimmst du an, dies nun andern zu konnen?“
„Weil sich nun Aspekte ergeben haben, die den menschlichen Stolz in anderer Hinsicht verletzen.
Ich werde ins Planetologische Labor gehen und die Wissenschaftler verspotten. Ich werde die Chemiker fragen, warum sie nicht wissen, worin die Kwembly eingesunken ist, und wenn sie sagen, weil sie keine Bodenproben haben, frage ich sie, warum nicht. Ich werde sie fragen, warum sie sich mit seismischen und Neutrinomessungen plagen, obwohl ein mesklinitischer Pilot ihnen Proben uber Proben vor ihrem Labor aufstapeln konnte. Fur den Fall, da? dergleichen nicht genugt, denke dir inzwischen alle herzzerrei?enden Klagen uber die Grausamkeit aus, mit der man deinen Freund Beetchermarlf einem schrecklichen Los ausliefern will. Wenn Aucoin wegen der Kosten mault, die der Einsatz der Barke verursacht, springe ich ihm mit beiden Fu?en auf den Bauch. Au?erdem: benutzen wir die Barke nie, waren die Anschaffungskosten umsonst. Ich wei?, da? diese Logik eine winzige Lucke aufweist, aber wenn du sie unter Dr. Aucoins Ohren aussprichst, verpasse ich dir die erste Ohrfeige, seit du sieben warst, und glaube nicht, da? mein Arm im letzten Jahrzehnt erschlafft sei.“
„Du solltest dich nicht uber mich argern, Vater.“
„Das tue ich auch nicht. Ich bin weniger verargert als besorgt.“
„Besorgt? Um was?“
„Darum, was Barlennan und seinen Leuten auf diesem Himmelskorper, den deine Mutter stets