Die dringlichere Frage aber war, was ich als nachstes tun sollte. Drei?ig Sekunden lang probierte ich herum und kam dahinter, da? ich meine Beinchen ausfahren und wieder zuruckziehen konnte, bis die Energiezellen leer waren, ohne da? ich den Tank damit von der Stelle bewegt hatte. Die Beine hatten einfach keinen richtigen Halt. Der Boden war ein Stuck zu weit entfernt. Ich versuchte, durch Gewichtsverlagerung das Ding zum Rollen zu bringen. Das funktionierte so weit, als eine blo?e Umdrehung zustandekam, brachte mich aber dem ›Ufer‹ nicht merklich naher. Es sah aus, als ware mir als einzige Bewegung die nach oben geblieben.
Das war ein wenig argerlich. Ich hatte namlich geplant, sobald ich den Eingang gefunden hatte, daneben einen kleinen Sonar-Umsetzer als Fixpunkt fur die Polizeiboote zu platzieren. Lie? ich ihn hier fallen, dann war er wirkungslos und konnte uberdies von jedem entdeckt werden, der hier vorbeikam, sei es nun oben oder unten. Hatte ich uber die Reaktionszeit und den Vorausblick eines Romanhelden verfugt, so hatte ich einen freigesetzt, als ich merkte, da? ich nicht mehr manovrieren konnte. Aber das war nicht der Fall und Selbstmi tleid fehl am Platze.
Ich konnte auch warten, bis man den Tank entdeckte, und auf eine Chance hoffen, das Instrument unbemerkt abzusetzen. Dazu hatte es jedoch eines wahrhaft historischen Ausma?es an Optimismus bedurft.
Ich konnte mich nicht damit abfinden, an die Oberflache zuruckzugehen, ohne das Ding hier auszusetzen, obgleich dies und all die anderen Dinge, die zu erledigen so hubsch gewesen ware, unmoglich schien. Sogar eine Schlange auf einem Tablett voller Kugellager hort nicht auf sich zu schlangeln.
Und so blieb ich. Ein fruher Aufbruch war eigentlich sinnlos. Ich hatte noch ausreichend Sauerstoff und noch dazu immer die Hoffnung, mir wurde eine brauchbare Idee in den Sinn kommen, ehe man — wer immer dieser „man“ war — mich entdeckte.
Diese Hoffnung dauerte fast sechs Stunden an.
Diesmal war es kein Madchen, obwohl das Wesen zu derselben Truppe zu gehoren schien. Die Schwimmausrustung war namlich bis in die kleinste Einzelheit dieselbe, soweit ich das sehen konnte. Als ich ihn sichtete, hielt er direkt auf mich zu.
Er kam aus der Finsternis, von dort, wo ich den Eingang vermutete. Sicherlich hatte er mich, oder vielmehr den Tank erspaht. Ich wunschte, ich hatte ihn eher bemerkt — es ware interessant und vielleicht sogar nutzlich gewesen festzustellen, ob mich zufallig ein voruberkommender Schwimmer entdeckt hatte oder jemand, der das Fundgebiet des Wracks systematisch absuchte. Mir blieb nichts weiter ubrig, als uber mein Nichtwissen zu philosophieren. Ich beobachtete, wie er uber mich hinwegglitt.
Er hatte den Tank eigentlich ohne Schwierigkeiten als solchen erkennen konnen. Zwar waren an der Au?enseite jede Menge Instrumente angebracht, die nicht zur Standardausrustung gehorten, aber im Grunde genommen war es ein gewohnlicher Hochdruck-Rettungstank, den man in jedem gro?eren U-Boot finden kann — eine Kugel aus Quarzglas-Fiber und hochstbelastbaren Polymeren, geeignet, dem Druck von zwei Meilen Meerwasser standzuhalten. Im Normalfall war er leicht und beweglich, aber das speziell fur mich ausgestattete Ding trug reichlich Ballast mit sich. Neben den Beinen und deren Hilfsaggregaten hatte ich noch Beleuchtung, Transponder, verschiedene Ortungsgerate und dazu Bleistangen, die so verteilt waren, da? Schwerpunkt und geometrischer Mittelpunkt moglichst dicht beieinander zu liegen kamen. Das Blei war es, das den gro?en Unterschied ausmachte. Ohne Blei wurde ich noch immer im Wasser umhertreiben.
Der Schwimmer hielt in seinen Bewegungen inne und lie? sich auf mich zutreiben. Jetzt konnte ich sein Gesicht hinter dem Helm erkennen — eigentlich war der Helm ja kaum zu sehen. Er hatte ebenso gut barhauptig schwimmen konnen. Ich konnte mich nicht erinnern, ihm wahrend meiner funf Jahre bei der Aufsichtsbehorde jemals begegnet zu sein, doch pragte ich mir alles genau ein: schwarzes Haar, Augenschnitt, kantiges Gesicht! Ich wollte ihn fur den Fall einer weiteren Begegnung wiedererkennen. Vermutlich konnte er mich nicht sehen.
Die Gucklocher waren klein, meine Innenbeleuc htung nicht eingeschaltet. Er zeigte keine Anzeichen jener Uberraschung, die ich bei ihm erwartet hatte, wenn er vom Vorhandensein eines Menschen gewu?t hatte.
Er kam ganz nahe heran, so da? er alles anfassen konnte, so nahe, da? ich nicht mehr alle seine Handgriffe verfolgen konnte. Ich redete mir ein, da? er nicht viel anstellen wurde, wenn man in Betracht zog, was der Tank alles aushalten konnte, doch mir ware wohler gewesen, wenn ich seine Hande standig hatte im Auge behalten konnen. Er tastete drau?en herum. Ich spurte, wie die Hulle erzitterte, wenn er besonders heftig dagegenstie?.
Dann zog er sich zuruck und umschwamm den Tank zweimal, wobei er ihn nicht aus den Augen lie?. Dann lie? er sich aufs Zeltdach nieder und druckte den Kopf dagegen, als wolle er hindurchschwimmen.
Ich getraute mich nicht, mein Gewicht merklich zu verlagern, und war daher nicht flink genug an der Sichtscheibe, wahrend er noch in dieser Stellung verharrte. Ich konnte daher nicht unterscheiden, ob sein Helm das Gewebe so weit dehnte, bis er durchsehen konnte — schlie?lich war er ja viel kleiner als mein Tank. Ich lie? mich behutsam nieder, damit mein Behalter nicht ins Schwanken geriet, aber bis ich endlich mein Gesicht einem der Fenster genahert hatte, hatte er sich bereits aufgerichtet — wenigstens konnte ich gegen den Stoff nur mehr seinen Schatten ausmachen. Es sah ganz so aus, als schwamme er fort, und ich nutzte die Gelegenheit und richtete mich blitzschnell auf. Der Schatten hatte mir die Wahrheit gemeldet. Er hielt nun auf die Richtung zu, aus der er gekommen war.
Diesmal behielt ich die Uhr sorgsamer im Auge.
Er kam in genau acht Minuten mit einem zweiten Mann wieder. Sein Begleiter trug entweder den Zylinder mit sich, den man zum Abschleppen des Wracks verwendet hatte, oder einen sehr ahnlichen.
Der erste Schwimmer hatte ebenfalls etwas bei sich, das ich nicht auf den ersten Blick erke nnen konnte. Es sah aus wie ein unordentlich aufgerolltes Bundel Seil.
Kaum aber hatte er uber dem Tank angehalten und das Ding ausgeschuttelt, sah ich, da? es ein Lasten-Netz war, das er nun um den Tank zu spannen begann. Offenbar hatte er bei seiner ersten Besichtigung entschieden, da? die naturlichen Unebenheiten seines Fundes fur ein Seil nicht viel Halt boten. Diese Schlu?folgerung konnte ich ihm nicht ubel nehmen, viel lieber aber ware mir gewesen, er hatte diesen Schlu? nicht gezogen. Ich wu?te nicht, wie stark dieses Netz war. Wenn es aber ein halbwegs solides Fabrikat war, dann wurde es meine Ballast-Stucke aushallen konnen. Wenn man das Netz nun um Tank und Ballast schlang, war ein Abwerfen des Ballastes eine leere Geste. Hochste Zeit aufzubrechen. Ich fa?te nach dem Haupthebel fur den Ballastabwurf.
Da fiel mir etwas ein. Wenn ich mein Blei abwarf, wurde ich mich verraten — vorausgesetzt, sie ahnten ohnehin nicht schon meine Anwesenheit. Die Katze war jetzt aus dem Sack, und ich hatte nicht viel zu verlieren. Daher konnte ich einen Versuch wagen und etwas anderes versuchen, damit das Netz mich nicht fa?te, ehe ich wieder auf blankem Fels stand und eine Chance hatte, den Transponder wirkungsvoll abzusetzen. Ich wagte den Versuch und lie? alle Beine gleichzeitig ausfahren.
Keiner der Schwimmer wurde getroffen, aber erschrocken waren sie alle. Der mit dem Netz hatte mich eben beruhrt und glaubte nun vielleicht, er hatte die Sprungfedern ausgelost.
Nun denn, keiner schien darin einen Grund zur besonderen Eile zu sehen, wie es der Fall gewesen ware, wenn sie im Tankinneren einen Menschen vermutet hatten. Sie machten weiter und versuc hten, die Hebevorrichtung wie an dem Wrack anzubringen. Nun, da die Beine ausgefahren waren, gestaltete sich das Umspannen des Tanks viel schwieriger, wenn nicht gar unmoglich. Um so besser.
Das Prinzip war ahnlich wie beim Abschleppen des Wracks. Ich nahm an, da? der Zylinder einen chemischen Gasgenerator enthielt, da der Ballon sich gegen gro?en Druck aufblies. Aber das blieb eine fluchtige Uberlegung. Weit mehr war ich daran interessiert, wie die zwei Schwimmer mich an den Dachrand schoben, noch ehe mein Behalter sich deutlich von dem Material abgehoben hatte.
Die Lage begann sich zu meinen Gunsten zu wenden: Blo? zwei Mann, Felsboden in Sicht — halt, nur nichts ubersturzen! Vielleicht schiebt man dich genau zu dem Eingang hin, den du gerne finden mochtest. Abwarten, alter Junge! Ich nahm die Finger vom Hebel und verschrankte sie, um ganz sicherzugehen.
Wie die
Nach einer Viertelstunde drehten meine Abschlepper von den Lichtern ab und hielten auf den Hang zu, der meiner Vermutung nach immer noch rechts liegen mu?te. Zweihundert Yards in diese Richtung, und wir erreichten