den oberen Rand einer weiteren Senke oder Vertiefung, ahnlich der, in der ich mich vor wenigen Stunden wie in einer Falle gefangen hatte, nur gro?er. Der Mittelpunkt dieser Senke war noch heller erleuchtet als das Zeltdach, und genau in der Mitte dieses hellen Feldes lag der Eingang.
Sehr genau konnte ich mir die Sache nicht ansehen. Ich handelte nun ubersturzt. Ich sah vor mir einen von glatten Wanden umgebenen Schacht von vierzig Fu? Durchmesser, von dessen Rand ein paar Dutzend Leitern hinunterfuhrten. Das Licht drang aus den Tiefen des Schachtes hervor und lag au?erhalb meines Sehbereiches. Zwischen mir und der Offnung tummelten sich ein Dutzend oder mehr Schwimmer, und ihr Anblick war es, der mich zum Handeln trieb. Wenn mich ein ganzer Schwarm von Schwimmern umringte, konnte ich meine Chance, einen Transponder unbemerkt fallen zu lassen, getrost vergessen. Und ohne weitere Zeit mit Uberlegungen zu vergeuden, lie? ich Ballast und eines der Instrumente gleichzeitig fallen. Sofort wurde mir klar, da? ich vielleicht einen Fehler begangen hatte, da jeder einzelne Bleistab auch unter Wasser so schwer war, da? er das Instrument zerschmettern konnte, und als ich spurte, da? der Tank nach oben schnellte, lie? ich ein zweites der kleinen Instrumente fallen. Es bestand immerhin die Moglichkeit, da? meine Begleitmannschaft durch den Ballast abgelenkt worden war — eine Moglichkeit, die zutraf, wie ich spater entdeckte.
Ich horte, wie das Blei auf den Fels auftraf. Und die um das Loch Schwimmenden horten es ebenso.
Es dauerte wenige Sekunden, bis sie die Larmquelle entdeckt hatten. Ein Mensch stellt die Richtung, aus der ein Ton kommt, anhand des unterschiedlichen Ankunftszeitpunktes der Schallwelle an den beiden Ohren fest. Wegen der erhohten Geschwindigkeit des Schalls im Wasser und der Tatsache, da? der Schall auch durch den Fels ubertragen wurde, und wegen ihrer Helme, konnten sie nur vage feststellen, wo das Gerausch seinen Ursprung hatte. Als sie nun in meine Richtung kamen, war es die Reaktion auf einen Scheinwerfer, den einer meiner Abschlepper auf sie richtete.
Die zwei ursprunglichen Schwimmer hatten sich an meine Beine gehangt — besser gesagt an die Beine des Tanks. Klar, da? sie mich nicht unten halten konnten. Um ein paar Tonnen Blei zu ersetzen, braucht es mehr als zweier im Wasser treibender menschlicher Korper. Sie wichen nicht von meiner Seite und fuhrten sozusagen die anderen.
Das beunruhigte mich zunachst nicht weiter, da nicht genugend Menschen in Sicht waren, die mich hatten am Grunde festhalten konnen, und selbst fur den Fall, da? es so gewesen ware, so hatten nicht alle Platz gefunden, sich festzuhalten. Der einzig wirkliche Grund zur Beunruhigung war die Mo glichkeit, da? sich in der Nahe ein Arbeits-Boot mit entsprechender Abschleppvorrichtung herumtrieb.
Und auch vor denen war ich einigerma?en sicher, wenn sie ihr Auftauchen nur wenige Augenblicke hinausschoben. War ich erst au?er Sicht, dann mu?te man mich mittels Sonar orten, und ich wurde das Gefuhl nicht los, da? das Aussenden von Sonar-Wellen wohl das allerletzte war, was dieser Haufen hier unten wollte. Diese verdammten Wellen pflanzen sich zu schnell fort und sind zu leicht erkennbar. Ich hatte immer noch keine Ahnung, was diese Typen hier vorhatten, doch sah es mir hier so stark nach Illegalitat aus, da? ich sicher war, Geheimhaltung wurde auf ihrer Prioritatenliste ganz oben stehen.
Die Schwimmer, die sich an mich klammerten, wurden sehr bald loslassen mussen. Denn es gibt keine Unterwasser-Atmungs-Einrichtung, mit der ein Mensch drei Fu? pro Sekunde langer als ein paar hundert Fu? aushalt, ohne in Dekompressionsschwierigkeiten zu geraten. Dabei war es gleichgultig, welche Gas-Mischung diese Typen atmeten. Es gibt gewisse physikalische Gesetze, denen sich der menschliche Korper beugen mu?.
Die entfernteren Schwimmer kamen naher, als mir dieser Gedanke durch den Kopf ging. Ich konnte sie vor dem verblassenden Hintergrund des beleuchteten Schachtes sehen. Ebenso konnte ich, wenn auch nur schwach, das Licht sehen, das einer meiner Anhalter in ihre Richtung schwenkte. Er schien sich noch immer Hoffnungen zu machen.
Vielleicht war nun tatsachlich ein U-Boot in der Nahe, und er wollte mir so lange auf der Pelle bleiben, bis er dem Boot Zeichen geben konnte. Wenn es aber nicht bald aufkreuzte, wurde er die Runde verlieren und bei dem Handel sein Leben einbu?en.
Da sah ich ganz nahe, zwischen mir und dem Licht, noch einen Schwimmer. Mein zweiter Passagier mu?te sich wohl losgelassen haben. Wann wurde wohl der erste aufgeben? Sein Licht leuchtete immer noch, doch konnte es ihm jetzt kaum mehr nutzen. Ich konnte den Schacht nicht mehr sehen, und andererseits konnte von denen unten niemand mehr seine kleine Lampe sehen. Das mu?te ihm wohl auch klargeworden sein, denn nach ein paar weiteren Sekunden erlosch es. Ich erwartete nun, er wurde loslassen, wie sein Begleiter, da er mit seiner Klammertaktik keine Wirkung erzielte, aber er dachte daruber offenbar anders. Er stellte wohl ganz andere Uberlegungen an, und eine davon war von seinem Standpunkt aus eine sehr gute. Mir hingegen gefiel sie weniger.
Das Dual-Phasen-Zeug, aus dem man die Druck-Tanks herstellt, ist kein Metall und unterscheidet sich von Metallen gewaltig durch seine Dehnbarkeit. Aber ahnlich den Metallen verursacht es Larm, wenn man dagegenschlagt. Ich wu?te nicht, womit mein Reiter nun zu schlagen begann, aber der Larm war gewaltig.
Das kann ich, der ich drinnen hockte, bestatigen.
Ein hubsches, stetiges, sekundenschnelles Schlagen hallte nun durch den Tank, tat meinen Ohren weh und meinen Planen noch Schlimmeres an. Sein Licht brauchte er nicht mehr. Jedes Arbeitsboot, das auch nur uber ein Minimum an Instrumenten verfugte, konnte auf diesen Larm hin uber eine Entfernung von Meilen den Ursprung orten.
Und mir fiel keine Moglichkeit ein, den Kerl zum Aufhoren zu bewegen.
V
Gewi?, ich konnte es wieder mit den Beinen versuchen, und ich versuchte es. Aber mittlerweile war es zappenduster geworden, da das Licht vom Eingangsschacht und vom Zeltdach zu einem winzigen Schimmer zusammengeschrumpft war, so da? der Kerl vielleicht gar nicht merkte, da? ich wieder aktiv wurde. Wenn er sich an einem der Beine festhielt, wurde es ihn vielleicht aus dem Konzept bringen, falls ich dieses Bein einzog. Andererseits wurde er ein paar Schrammen abbekommen, wenn ich es wieder herausschnellen lie?. Tatsachlich aber trat weder das eine noch das andere ein, denn ich betatigte die Beine der Reihe nach etliche Male, ohne damit die kleinste Anderung des Klopfrhythmus zu erreichen.
Nun versuchte ich es mit einer Gewichtsverlagerung, um den Tank ins Rollen zu bringen. Das klappte, doch mein Passagier lie? sich davon nicht storen. Warum auch? Einem Schwimmer ist es egal, wo oben und unten ist, und einem Unterwasser-Anhalter in totaler Finsternis ist es noch gleichgultiger. Ich war eigentlich derjenige, der Grund zur Besorgnis hatte.
Wieso war dieser Typ uberhaupt noch am Leben, bei Bewu?tsein und dazu noch hochst aktiv? Wir waren mittlerweile mehr als tausend Fu? gestiegen und hatten Druckunterschieden standgehalten, die seinen Anzug eigentlich zum Platzen hatten bringen mussen, falls dieser tatsachlich so dicht abschlo?, wie ich vermutete. War dies nicht der Fall und lie? der Kerl Gas ab, um sein Lungenvolumen zu verringern, dann wurde er beim Hinuntertauchen in ernste Schwierigkeiten geraten. Uberdies hatte ihn langst eine Embolie au?er Gefecht setzen mussen, egal, ob er mit dem Volumen Schwierigkeiten hatte oder nicht, oder ob er Helium atmete.
Es war eine schlichte und fur mich betrubliche Tatsache, da? er noch immer bei Kraften war und sich nicht abschutteln lie?.
Die Genies in der Aufsichtsbehorde, die diese Mission austuftelten, hatten nichts dergleichen vorausgesehen. Kein Zweifel, irgendein U-Boot wurde mich in Kurze aufnehmen — etwas anderes war purer Irrsinn in Anbetracht der Tatsache, da? dieser Kerl noch topfit war und nicht lockerlie?. Naturlich gibt es immer wieder verruckte Moglichkeiten, die man nicht au?er acht lassen sollte. Vielleicht hatte er sich entschlossen, sein Leben zu opfern, damit sichergestellt war, da? ich nicht wieder an die Oberflache kam, doch auch diese Version ging davon aus, da? „etwas“ kommen wurde. Ein Torpedo etwa, oder eben irgend etwas. Personlich hatte ich meine Zweifel bei dieser Opfer-Idee. Es gibt naturlich viele Menschen, die ihr Leben fur eine Sache hingeben, die ihnen bedeutend erscheint, aber noch nie war ich einem Gesetzesbrecher begegnet, der so dachte. Und im besonderen noch nie einem Energieverschwender. Bei diesen Typen ist Selbstsucht stets die treibende Kraft.
Schlu? mit der Psychologie. Tu etwas! Aber was?
Der Kerl mochte mittlerweile schon ein lebender Leichnam sein, aber er war immerhin noch da und gab